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Ökonomische Analyse des Rechts WiSe 10/11 Teil 3 - Produkthaftung

Ökonomische Analyse des Rechts WiSe 10/11 Teil 3 - Produkthaftung. „Rasen, rasen, rasen, fliegen, fliegen, fliegen, Gefahr, Gefahr, Gefahr.“ Filippo Tommaso Marinetti, Manifesto del Futurismo. Rechtliche Regelungen der Produkthaftung / 1. § 1 ProdHaftG : Haftung

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Ökonomische Analyse des Rechts WiSe 10/11 Teil 3 - Produkthaftung

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  1. Ökonomische Analyse des Rechts WiSe 10/11Teil 3 - Produkthaftung „Rasen, rasen, rasen, fliegen, fliegen, fliegen, Gefahr, Gefahr, Gefahr.“ Filippo Tommaso Marinetti, Manifesto del Futurismo Professor Dr. Michael Adams

  2. Rechtliche Regelungen der Produkthaftung / 1 • § 1 ProdHaftG : Haftung • Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist. Professor Dr. Michael Adams

  3. Rechtliche Regelungen der Produkthaftung / 2 • § 1 ProdHaftG : Haftung • Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn • 1. er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat, • 2. nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte, • 3. er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat, • 4. der Fehler darauf beruht, dass das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder • 5. der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte. Professor Dr. Michael Adams

  4. Rechtliche Regelungen der Produkthaftung / 3 • § 1 ProdHaftG : Haftung • Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden. • Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast. Professor Dr. Michael Adams

  5. Rechtliche Regelungen der Produkthaftung / 4 • § 3 ProdHaftG : Fehler • Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere a) seiner Darbietung, b) des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, c) des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde, berechtigterweise erwartet werden kann. • Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde. Professor Dr. Michael Adams

  6. Grundbegriffe / 1 • Homogene Konsumenten: • Menschen, die im Falle eines Produktfehlers einen gleich hohen Schaden erleiden. • Beispiel: Bei Verlust eines Beines erleiden alle einen Schaden von 30000. • Heterogene Konsumenten: • Menschen, die im Falle eines Produktfehlers einen deutlich unterschiedlich hohen Schaden erleiden. • Beispiel: Bei Verlust eines Beines erleidet die eine Gruppe einen Schaden von 30000, die andere Gruppe einen Schaden von 100000. Professor Dr. Michael Adams

  7. Grundbegriffe / 2 • Gesamtpreis: • Der Marktpreis für das gekaufte Gut zuzüglich des erwarteten Schadens im Falle eines Produktfehlers. • Beispiel: Gesamtpreis bei Kauf eines Rasenmähers: Kaufpreis 1300 und erwarteter Schaden bei Fußverlust von 300 (bei einer Unfallwahrscheinlichkeit von 1%: 1%*30000 = 300) führt zu einem Gesamtpreis von 1600. • Risikoneutralität: • die Kunden sind gleichgültig gegenüber einer Situation, in der sie sicher keinen Unfall erleiden, und einer Situation, in der sie einen Unfall erleiden können. • Beispiel: Die Kunden sind indifferent gegenüber einer Situation, in der sie 1600 Kaufpreis zahlen müssen und sicher keinen Unfall erleiden und einer Situation, in der sie 1300 Kaufpreis zahlen müssen und mit 1% einen Schaden von 30000 erleiden. Professor Dr. Michael Adams

  8. Grundbegriffe / 3 • Risikoscheu: • die Kunden bevorzugen es, für ein Gut einen höheren zusätzlichen Kaufpreis als den erwarteten Schaden zu zahlen, wenn sie dadurch vermeiden können, einem Risiko ausgesetzt zu sein. • Beispiel: die Kunden sind bereit, für den sicheren Rasenmäher mehr als 1600 zu zahlen, statt 1300 Kaufpreis und 300 erwarteter Unfallschaden für den unsicheren Rasenmäher. • Wohlinformiert: • Kunden und Hersteller kennen und verstehen sowohl die Unfallwahrscheinlichkeiten als auch die Höhe der Schäden. • Beispiel: Kunden und Herstellen wissen, dass die Unfallwahrscheinlichkeit 1% und der Schaden jeweils 30000 oder 100000 beträgt. Professor Dr. Michael Adams

  9. Grundbegriffe / 4 • Perfekter Schadensausgleich: • Die Höhe der Zahlung des Herstellers an den geschädigten Kunden entspricht genau seinem Schaden („Nutzenverlust“). • Beispiel: Der Kunde empfindet den Verlust seines Beines ebenso schwer wie den Verlust von 30000, so dass eine Zahlung von 30000 ihn so stellt, als ob er keinen Beinverlust erlitten hätte. Er ist gegenüber dem schädigenden Ereignis indifferent. • In der Realität sind die Menschen heterogen, risikoscheu und schlecht informiert. Zudem ist der Schadensersatz nicht perfekt, sondern stark verzerrt. • Die Analyse der Haftungswirkungen wird nach und nach diese Unvollkommenheiten berücksichtigen. Professor Dr. Michael Adams

  10. Grundbegriffe / 5 • Haftungsdefinitionen: • Verschuldenshaftung: • Hersteller haftet nur bei Verschulden. Hersteller verhält sich - rationalerweise - in den Beispielen nicht schuldhaft und haftet deshalb nicht. Der Kunde zahlt den Kaufpreis und muss seinen erwarteten Schaden selbst tragen. • Produkthaftung / Gefährdungshaftung: • Hersteller haftet ohne sein Verschulden bei einem Unfall aufgrund eines fehlerhaften Produktes. • Beispiel: Hersteller haftet für alle Schäden bei gesicherten wie ungesicherten Rasenmähern. Hersteller wird zum Unfallversicherer. Professor Dr. Michael Adams

  11. Wirkung der Verschuldenshaftung / 1 • Es gebe zwei Rasenmäher mit unterschiedlichem Sicherheitsniveau: • einen sicheren und teureren Rasenmäher mit einer kostspieligen Sicherheitsvorrichtung, die es unmöglich macht, dass das rotierende Messer vom Fuß berührt werden kann, • einen billigen unsicheren Rasenmäher, der diese Schutzmaßnahmen nicht aufweist. Ansonsten sind die Rasenmäher völlig gleich. • Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Unfall kommt, sei bei dem sicheren Rasenmäher 1 Prozent, während sie bei dem ungesicherten Typ 2 Prozent betragen soll. • Unter den heterogenen Rasenmäherkäufern gebe es Kunden, die im Falle einer Fußverletzung ihre berufliche Existenz gefährden (z.B. einen Verlust von 100000), wie etwa Ballett-Tänzer und gewöhnliche Kunden, für die der Unfallschaden niedriger (z.B. 30000) ist. Professor Dr. Michael Adams

  12. Wirkung der Verschuldenshaftung / 2 • Der erwartete Unfallschaden beträgt: • für die gesicherten Rasenmäher • bei den Ballettstars: 0,01 * 100000 = 1000 • bei den gewöhnlichen Kunden: 0,01 * 30000 = 300, • für die ungesicherten Rasenmäher infolge der doppelt so hohen Unfallwahrscheinlichkeit (2%) • bei den Ballettstars: 0,02 * 100000 = 2000 • bei den gewöhnlichen Kunden: 0,02 * 30000 = 600. Professor Dr. Michael Adams

  13. Wirkung der Verschuldenshaftung / 3 • Der Kaufpreis für den gesicherten Rasenmäher betrage 1500, der Kaufpreis für den ungesicherten Rasenmäher betrage 1300. • Der Gesamtpreis der Kundengruppen (Marktpreis + erwartete Unfallkosten): • Bei Kauf der sicheren Rasenmäher für die • gewöhnlichen Kunden: 1500 + 300 = 1800; • Ballettstars: 1500 + 1000 = 2500 • Bei Kauf der ungesicherten billigeren Rasenmäher für die • gewöhnlichen Kunden: 1300 + 600 =1900; • Ballettstars: 1300 + 2000 = 3300 Professor Dr. Michael Adams

  14. Wirkung der Verschuldenshaftung / 4 Professor Dr. Michael Adams

  15. Wirkung der Verschuldenshaftung / 5: Ergebnis • Es gibt kein Angebot ungesicherter Rasenmäher: Der Gesamtpreis der ungesicherten Rasenmäher liegt für beide Konsumentengruppen über dem Gesamtpreis der gesicherten Rasenmäher. • Das ändert sich bei teurerer Sicherheitstechnik: Wenn der Kaufpreis sicherer Rasenmäher 2000 beträgt: Dann ist der Gesamtpreis der sichereren Rasenmäher für Ballettstars 3000 und für gewöhnliche Kunden 2300. Der Gesamtpreis der ungesicherten Rasenmäher bleibt wie zuvor für Ballettstars 3300 und für gewöhnliche Kunden 1900. • Das Angebot am Markt: sichere Rasenmäher für Ballettstars und ungesicherte für gewöhnliche Kunden. Professor Dr. Michael Adams

  16. Wirkung der Verschuldenshaftung / 6: Ergebnis Professor Dr. Michael Adams

  17. Wirkung der Gefährdungshaftung / 1 • Im Fall der Gefährdungs-/Produkthaftung hat der Hersteller zusätzliche Kosten in Höhe der erwarteten Schäden. Er muss diese auf die jeweiligen Rasenmäherpreise aufschlagen. • Der Kaufpreis für ungesicherte Rasenmäher bei gewöhnlichen Kunden ist dann 1300 + 600 = 1900 und für Ballettstars 1300 + 2000 = 3300. • Der Kaufpreis der gesicherten Rasenmäher ist dann 1500 + 300 = 1800 für gewöhnliche Kunden und 1500 + 1000 = 2500 für Ballettstars. Professor Dr. Michael Adams

  18. Vergleich der Wirkungen:Verschuldenshaftung ↔ Gefährdungshaftung • Für die wohlinformierten, risikoneutralen und perfekt entschädigten Kunden bleibt der Gesamtpreis der Rasenmäher bei beiden Haftungssystemen unverändert. Damit bleibt auch das Marktgleichgewicht unverändert. • Daraus folgt: Das Haftungssystem ist unerheblich! (Coase-Lösung) Professor Dr. Michael Adams

  19. Wirkung der Verschuldenshaftung bei Informationsasymmetrien bei den Unternehmen / 1 • Die Unternehmen können nun nicht mehr erkennen, ob ein gewöhnlicher Kunde oder ein Ballettstar den Rasenmäher kauft: • Bei Verschuldenshaftung haften die Unternehmen nicht. Die Höhe der Schäden der jeweiligen Kunden ist damit für das Unternehmen nicht erheblich. • Da die Kunden ihr Schadenspotential kennen, kennen sie den Gesamtpreis und kaufen die richtigen Produkte. • Es ergeben sich bei einer Informationsasymmetrie auf Seiten der Unternehmen keine Änderungen. Professor Dr. Michael Adams

  20. Wirkung der Produkthaftung bei Informationsasymmetrien bei den Unternehmen / 1 • Da die Unternehmen nicht erkennen können, ob ein gewöhnlicher Kunde oder ein Ballettstar den Rasenmäher kauft und sie bei Produkthaftung haften, ist ihre Haftungslast je nach Kunden unterschiedlich, jedoch nicht im Preis einforderbar. Der Rasenmäherpreis ist damit für alle Kunden zwangsläufig gleich. • Beispiel: Die Unternehmen lernen aufgrund ihrer Erfahrung, dass ihr Schadensersatz pro sicheren Rasenmäher 370 und pro unsicheren Rasenmäher 740 beträgt, da 90 % gewöhnliche Kunden sind und 10 % Ballettstars. Ihr erwartetes Schadensaufkommen pro sicheren Rasenmähers ist dann 0,1*1000 + 0,9*300 = 370 und für ungesicherte Rasenmäher 0,1*2000 + 0,9*600 = 740. Professor Dr. Michael Adams

  21. Wirkung der Produkthaftung bei Informationsasymmetrien bei den Unternehmen / 2 • Bei der Frage, welchen Rasenmäher sie anbieten sollen, ergibt sich: Der Kaufpreis der sicheren Rasenmäher ist 1500 plus erwarteter Schaden von 370 also: 1870. Der Kaufpreis der unsicheren Rasenmäher ist dann 1300 plus erwarteter Schaden von 740, also: 2040. • Ergebnis: Nach der haftungsbedingten Übernahme der Unfallkosten auf die Hersteller und ihrer Umlage auf den Preis sind ausschließlich sichere Rasenmäher im Marktangebot, da die unsicheren Geräte durch ihre höheren Unfallkosten teurer als die gesicherten angeboten werden. • Jedoch: Umverteilung zugunsten Ballettstars! Professor Dr. Michael Adams

  22. Wirkung der Produkthaftung bei Informationsasymmetrien bei den Unternehmen / 3 • Die Auswirkung der Gefährdungshaftung bei teurer Sicherheitstechnik: Die Sicherheitsvorkehrungen am Rasenmäher sollen den Verkaufspreis nun um 700 von 1300 auf 2000 erhöhen. • Bei gleicher Kundenmischung ist der Preis der sicheren Rasenmäher dann 2000 zuzüglich die durchschnittlichen Haftungskosten: 2000 + 370 = 2370. Der Preis der ungesicherten Rasenmäher bleibt unverändert 1300 + 740 = 2040. • Ergebnis: Die Produkthaftung führt bei teurer Sicherheitstechnik zu einer Verdrängung der sicheren Rasenmäher, d.h.: zu geringerem Sicherheitsniveau und mehr Unfällen und zu einer Umverteilung zu Lasten der Kunden mit geringem Schadensaufkommen. Professor Dr. Michael Adams

  23. Vergleich der Wirkungen:Verschuldenshaftung ↔ Gefährdungshaftung • Ergebnis des Vergleichs von Verschuldenshaftung und Gefährdungshaftung bei Informationsasymmetrien auf Seiten der Unternehmen • Bei wohlinformierten, risikoneutralen Konsumenten und Unternehmen ist die Wirkung von Gefährdungs‑ und Verschuldenshaftung gleich. (Coase-Fall). • Sind heterogene Kunden über die bei ihnen auftretenden Schäden und Risiken der Güter wohlinformiert, während dies die verkaufenden Unternehmen nicht sind, dann ist die Verschuldenshaftung das überlegene Haftungssystem. Eine Gefährdungshaftung würde infolge der informationsbedingt fehlenden Preisdifferenzierungsmöglichkeiten der Unternehmen entweder zu gefährliche oder zu sichere Güter mit sich bringen. Professor Dr. Michael Adams

  24. Wirkung von Haftungssystemen bei Fehlwahrnehmung von Produktrisiken durch die Konsumenten • Beide Seiten eines Kaufvertrages sind in der Gefahr, die bei einem Produktversagen zu erwartenden auftretenden Schäden mal zu überschätzen und mal zu unterschätzen, während die Gegenseite die Gefahr richtig einschätzen kann. • Die Fehlwahrnehmungen haben Auswirkungen für die Wirkung der Haftungssysteme. Professor Dr. Michael Adams

  25. Verschuldenshaftung / 1Risikounterschätzung durch die Konsumenten • Wenn die Kunden die Gefahren nicht hoch genug wahrnehmen und sie den Schaden selbst tragen müssen, errechnen sie einen zu niedrigen Gesamtpreis des Gutes. • Da die Unternehmen bei Verschuldenshaftung nicht haften, spiegelt auch der Produktpreis die Schäden nicht richtig wieder. • Die Produktsicherheit wird aufgrund des Wettbewerbsdrucks auf das geringste gerade noch nicht als fahrlässig und damit haftungsverlagernd angesehene Niveau absinken. • Ergebnis: Bei Verschuldenshaftung und Risikounterschätzung durch die Konsumenten werden zu viele und zu gefährliche Güter auf dem Markt nachgefragt und angeboten werden. Professor Dr. Michael Adams

  26. Verschuldenshaftung / 2Risikoüberschätzung durch die Konsumenten • Glauben die Kunden, die von einem Gut ausgehenden Gefahren seien größer als sie es in Wirklichkeit sind, dann setzen sie den Gesamtpreis des Gutes zu hoch an und werden sich daher in ihren Käufen auf Grund der eingebildeten Gefahren zu sehr zurückhalten und andere Güter bevorzugen, die sie bei richtiger Wahrnehmung der Gefahrenlage nicht gekauft hätten. • Auch kommt es zu einem Einbau von Sicherheitsvorkehrungen, die angesichts ihrer Kosten nicht gewollt worden wären. • Die gesetzlichen Gefahrenvorkehrungskosten pro menschlichem Leben schwanken zwischen $ 0,1 Mio. (Sicherheitsgurte), $ 131 Mio. (Asbestverbot) und $ 6700 Mio. (Holzschutzmittel). Professor Dr. Michael Adams

  27. Ergebnis: Verschuldenshaftung und Fehlwahrnehmungen auf Konsumentenseite • Die Verschuldenshaftung liefert bei Fehlwahrnehmungen der Konsumenten sowohl bei Unterschätzung wie auch bei Überschätzung der Gefahren einen fehlerhaften Verhaltensanreiz für die Konsumenten. Der Umgang mit den gefahrträchtigen Gütern ist entweder zu unvorsichtig oder zu ängstlich. Professor Dr. Michael Adams

  28. Gefährdungshaftung / 1Risikofehlwahrnehmung durch die Konsumenten • Im Falle einer Gefährdungshaftung wird den Kunden der Gesamtpreis richtig vor Augen geführt, da die Unternehmen die Risiken kennen und im Marktpreis widerspiegeln. • Die risikounterschätzenden Kunden werden sich über den hohen Preis wundern, aber zur richtigen Nachfrage angehalten. • Die risikoüberschätzenden Kunden können sich sagen, dass ihnen infolge des perfekten Schadensersatz ein wirtschaftlich gefahrenloses Gut erstaunlich billig angeboten wird. Sie entfalten daher die richtige Nachfrage. Professor Dr. Michael Adams

  29. Fehlerhafte Risikowahrnehmungen durch die Produzenten • Wenn die Gefahr durch die Konsumenten richtig gesehen und Verschuldenshaftung Anwendung findet, ist die Risikoüberschätzung oder Risikounterschätzung durch die Produzenten folgenlos, da sie für diesen Preisbestandteil nicht verantwortlich sind. • Gibt es bei Gefährdungshaftung keine Möglichkeit, die Hersteller von ihrem Irrtum abzubringen, ist es möglich, dass infolge eines von den Produzenten zu hoch angesetzten Risikos die Preise zu hoch sind und kein Angebot mehr erfolgt. Schätzt der Produzent das Risiko zu niedrig ein, macht er Verluste und muss den Markt verlassen. Die Kunden kaufen zu viele subventionierte Güter. • Die Diversifikation der Menschen im Konsum und ihre Spezialisierung in der Produktion legt die Vermutung nahe, dass die Produzenten die Eigenschaften der von ihnen hergestellten Güter einschließlich deren Gefahren erheblich besser beurteilen können als dies den Konsumenten möglich ist. Professor Dr. Michael Adams

  30. Zur Wahl des Haftungsregimes • Bei fehlerhaften Risikoabschätzungen sind die Produzenten durch die Spezialisierung des Wissens bei der Produktion häufig in einer besseren Lage als die Konsumenten durch Lernen zu besseren Abschätzungen zu gelangen. Häufig verstehen die Hersteller besser als die Konsumenten deren eigenes Verhalten. • Damit ist die Gefährdungshaftung bei Informationsproblemen im allgemeinen das überlegene Haftungssystem. Die Gefährdungshaftung führt zu einem den Irrtum des Herstellers berichtigenden zentralisierenden Informationsfluss und damit zu einer Selbstkorrektur der Risikofehlwahrnehmungen der Produzenten. Die Informationsvernetzung der Konsumenten ist weniger dicht und fehleranfälliger. Professor Dr. Michael Adams

  31. Haftungssysteme und Versicherung • Unsicherheit heißt, dass mehr geschehen kann als letztlich geschieht. • Bisherige Annahme war, dass sich die Parteien risikoneutral verhalten. Die Haftungssysteme sind bei Risikoneutralität gleichwertig, da die Erwartungswerte gleich sind. Bei Risikoscheu der Konsumenten erzeugt die Gefährdungshaftung die bessere Risikolastverteilung: Der Produzent als „besserer Versicherer“. • Beispiel: Falls es den Konsumenten lieber ist, bei jedem Rasenmäherkauf 300 mehr zahlen zu müssen, um hierdurch auszuschließen, dass sie mit 1% Wahrscheinlichkeit einen Schaden von 30000 erleiden, sind sie risikoscheu und würden ein Gefährdungshaftungssystem einer Verschuldenshaftung vorziehen, obwohl ihnen infolge des um die Unfallkosten erhöhten Preises nichts geschenkt würde, sondern lediglich ein Erwartungswert durch eine sichere Zahlungsverpflichtung ersetzt würde. Professor Dr. Michael Adams

  32. Gleicher Grenznutzen des Einkommens durch Versicherungen • Die Wirkung einer Versicherung besteht in der Umwandlung möglicher Vermögensschwankung des Versicherten in einen gleichmäßigen Strom von Prämienzahlungen. Durch ein Versicherungssystem ist es den Versicherten möglich, ihr Einkommen so auf die verschiedenen möglichen Schadensereignisse und die damit verbundenen Lebenslagen umzuverteilen, dass dieses Einkommen ihnen insgesamt den höchsten Nutzen erbringt. Dies ist der Fall, wenn der Grenznutzen des Einkommens in jeder Lebenslage gleich hoch ist. Professor Dr. Michael Adams

  33. Haftungssysteme als Versicherungen • Risikosenkung durch Zusammenfassung der Risiken: • Die von risikoscheuen Personen verlangte Verminderung der Vermögensschwankungen erfolgt dadurch, dass viele Schadensfälle in einem „großen Topf“ zusammengefasst und jeder der Beteiligten unabhängig von seinem individuellen Schadensverlauf nur mit dem durchschnittlichen Schaden als einzuzahlender Prämie belastet wird. Durch eine solche Regelung geht das Risiko d.h. die Schwankung der zur Finanzierung des „großen Topfes” dienenden individuellen Prämie immer mehr gegen Null, je größer die Zahl der Teilnehmer an dieser Vereinbarung wird. • Versicherungen senken nicht die zu zahlenden Erwartungswerte, sondern nur die Streuung. Professor Dr. Michael Adams

  34. Haftungssysteme als Versicherungen • Risikoabsenkung durch Schadensverteilung: Ein weiterer Weg der Risikosenkung besteht darin, einen möglichen großen Schaden auf viele Personen zu verteilen. Dadurch, dass der eine große Unfallschaden nunmehr von vielen Personen getragen wird, sinkt die Vermögensschwankung je größer die Zahl der Personen ist, auf die der Schaden umgelegt werden kann. Professor Dr. Michael Adams

  35. Haftungssysteme als Versicherungen • Versicherungsbedingte Anreize zu sorglosem Verhalten: • In der Wirklichkeit ist es den Versicherungen aufgrund von Kosten häufig unmöglich, die Unfallvorbeugemaßnahmen der Beteiligten richtig einzuschätzen und mit den richtigen Prämien zu bedenken. • Die Beteiligten werden sich dann weniger sorgfältig verhalten, da die eingesparten Sorgfaltskosten dem Versicherungsnehmer voll zugute kommen, während der hierdurch verursachte Schaden fast vollständig auf die Mitversicherten überwälzt wird. • Aus der Nichtbeobachtbarkeit des Verhaltens der Versicherten ergibt sich dann ein geringeres Sorgfaltsniveau und infolge des höheren Unfallaufkommens auch eine erhöhte Prämie: „Moral‑Hazard Problematik“, mit der Folge einer Nichtexistenz und Ineffizienz von Versicherungsmärkten. Professor Dr. Michael Adams

  36. Schutz vor Moral-Hazard • Auf einem Wettbewerbsmarkt werden sich die Versicherer auf Druck der auf niedrige Prämien achtenden Versicherungskunden durch Selbstbeteiligungsregelungen, Regressverfahren und durch Bonus‑Malus‑Systeme gegen das mit einem Absinken der Sorgfalt der Versicherten ansteigende Schadensaufkommen wehren. • Dies hat den Nachteil, dass die Kunden im Interesse der Prävention einen Teil des Risikos nunmehr selbst tragen müssen. Sie erhalten trotz ihrer Risikoaversion keine Vollversicherung, da eine Vollversicherung infolge der hohen Schäden mit einer zu hohen Prämie verbunden wäre. Professor Dr. Michael Adams

  37. Gefährdungshaftung als Versicherung • § 11 ProdHaftG : Selbstbeteiligung bei Sachbeschädigung • „Im Falle der Sachbeschädigung hat der Geschädigte einen Schaden bis zu einer Höhe von 500 € selbst zu tragen.“ • Da es bei jedem Produktgebrauch verschiedene nichtbeobachtbare Sorgfaltsabstufungen gibt, erweist sich der gesetzliche Selbstbehalt der Konsumenten bei Sachschäden nach dem Produkthaftungsgesetz als ein notwendiger, im Interesse der Kunden liegender Anreiz, dem von der Versicherungswirkung der Gefährdungshaftung ausgehenden Anreiz zu geringerer Sorgfalt nicht nachzugeben. • Der Selbstbehalt bewirkt einen geringeren Produktpreis, da er die von sorglosem, aber nicht beobachtbaren Verhalten der Konsumenten ausgelösten Schäden nicht entstehen lässt. Professor Dr. Michael Adams

  38. Präventionslücke beim Schadensersatz für immaterielle Schäden • § 8 ProdHaftG sieht inzwischen einen Ersatz für immaterielle Schäden vor: • „Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, dass infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert ist oder seine Bedürfnisse vermehrt sind. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.“ • Haftung bei Verschulden nach § 253 Abs. 2 BGB: • „(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.“ • Bei Tötung eines Menschen: • Die Freistellung der Zerstörung nicht-monetärer Güter von einer Schadensersatzverpflichtung bewirkt einen Anreiz, diese Güter nicht zu berücksichtigen. • Beispiel: Kraftfahrer sehen in ihren Versicherungsprämien keinen Anteil für die nichtmonetären Schäden, die sie im Straßenverkehr etwa durch das Töten von Kindern verursachen. Professor Dr. Michael Adams

  39. Vom Wert immaterieller Güter • Alle Güter beziehen ihren Wert nur aus ihrer Wirkung auf die Zufriedenheit, den „Nutzen“ der Menschen. Der Verlust eines immateriellen Gutes ist in gleicher Weise real wie der Verlust eines monetär bewerteten Gutes. (z.B.: Leben versus Hauseinsturz). • Die Schwierigkeiten der Messung bedeuten nicht verminderte Wichtigkeit. Der Ausschluss des Ersatzes nichtmonetärer Schäden im geltenden Recht bedeutet somit eine Anreizlücke im Rechtsgüterschutz. • Beispiel: Berechnung der 140000 Toten durch Rauchen: • Industrie: Schaden ist 0. • Volkswirtschaftlich: ca. 140 Mrd. €. Professor Dr. Michael Adams

  40. Nichtvermögensgüter als nicht versicherungswerte Güter • Es gibt Güter, deren Verlust keinen Einfluss auf den jeweiligen Nutzen von Geld in den einzelnen Lebenslagen hat. Viele nichtmonetäre Güter gehören hierzu. • Während die Zerstörung der üblichen „vermögenswerten Güter“ einen Bedarf nach Geld für eine Ersatzbeschaffung auslöst und es für den Betroffenen sinnvoll macht, von anderen Lebenslagen Geld in diese Notlage im Wege einer Versicherungsprämie umzuschichten, ist eine solche finanzielle Umschichtung bei vielen Nichtvermögensschäden mit keinem Nutzen verbunden und unterbliebe daher. Professor Dr. Michael Adams

  41. Gefährdungshaftung als Versicherung • Die Einführung einer Gefährdungshaftung hat für die Konsumenten die Wirkung einer Versicherung. • Die Haftungsfreistellung der Schädigung immaterieller Güter kommt dem Wunsch der Bürger entgegen, nicht mit einer Versicherung überzogen zu werden, die für diese Güter keinen Vorteil aufweist. • Wenn die Kunden eines Gutes sanktionsfrei den vom Hersteller zu ersetzenden Schaden herbeiführen können, besteht ein Interesse der Kunden an einem diesem Anreiz und dem Anstieg des Produktpreises entgegen wirkenden Selbstbehalt. Professor Dr. Michael Adams

  42. Beispiel: Der tödliche Unfalls eines Kindes • Der Tod des Kindes ändert das Bedürfnis der Eltern nach Geld nicht. Die Eltern werden finanziell eher entlastet. Es handelt sich daher um einen „Nichtvermögensschaden“, gegen den sich die Eltern nicht zu versichern wünschen. Ebenso wollen die Eltern auch keine durch das Haftungsrecht für tödliche Unfälle von Kindern vermittelte Versicherung. • Würde etwa der Hersteller eines Dreirades immer dann einen sehr hohen Betrag als Schadensersatz unabhängig vom Sicherheitsniveau seiner Produkte zu zahlen haben, wenn ein Kind sich beim Dreiradfahren tödlich verletzt, dann würde eine solche Produktschadensversicherung in Gestalt einer Haftungsregel nicht den Wünschen der Vertragschließenden entsprechen. Da die Eltern im Preis des Dreirads die vom Hersteller zu leistende Versicherung aufzubringen hätten, erhielten sie eine Versicherung, die ihnen eine ungünstigere Einkommensgestaltung beschert. Professor Dr. Michael Adams

  43. Nichtvermögensschaden als Selbstbehalt • Da für den Ersatz von Nichtvermögensschäden kein Interesse der Konsumenten an einer Versicherung in Form einer Gefährdungshaftung besteht, der Nichtvermögensschaden für sie jedoch einen Verlust darstellt, ist der Verzicht auf den Ersatz eines Nichtvermögensschadens ein besonders günstig zu beurteilender Selbstbehalt, da er die Konsumenten mit einem richtigen Präventionsanreiz versieht, ohne dass dieser wie bei monetären Schäden mit einem Verlust an gewünschtem Versicherungsschutz einhergeht. • Der Verzicht auf den Ersatz von Nichtvermögensschäden ist ein ökonomisch besonders günstiger Selbstbehalt. Professor Dr. Michael Adams

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