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Psychologisch-psychiatrische Sichtweisen der Klientel

Psychologisch-psychiatrische Sichtweisen der Klientel. Dr. med. Thomas Knecht Psychiatrisches Zentrum Appenzell Ausserrhoden 9101 Herisau. Was fällt uns zu „Jugend“ ein?. Viel Problematisches! Kriminalität Gewalt Banden Drogenkonsum Medienkonsum Verschuldung Indoktrinierbarkeit

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Psychologisch-psychiatrische Sichtweisen der Klientel

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  1. Psychologisch-psychiatrische Sichtweisen der Klientel Dr. med. Thomas KnechtPsychiatrisches Zentrum Appenzell Ausserrhoden9101 Herisau

  2. Was fällt uns zu „Jugend“ ein? Viel Problematisches! • Kriminalität • Gewalt • Banden • Drogenkonsum • Medienkonsum • Verschuldung • Indoktrinierbarkeit • Verführbarkeit Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  3. Wir realisieren: • Der Entwicklungsweg kann in dieser Phase viele (unerwünschte) Abzweigungen nehmen. • Warum dies? • Es ist die Kehrseite einer umfassenden Lernfähigkeit, welche in dieser Phase ihr Allzeit-Maximum erreicht. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  4. In der Tat: Mit 12 – 14 Jahren besteht im jugendlichen Gehirn das grösste Angebot an funktionstüchtigen Neuronen und Synapsen (bei Mädchen 1- 1 ½ Jahre früher als bei Jungen). Danach setzt das „Pruning“ ein (use them or lose them) In dieser Phase kann alles Mögliche gelernt werden, leider auch Unsinn (Aberglauben, Ideologien etc.) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  5. Wofür ist denn die Jugend gut? • Es ist die Phase des Lernens. • Sie dauert beim Menschen länger als bei allen anderen Tierarten. • Der Mensch hat mehr zu lernen: • in Schule und Beruf • über sich selbst • über seine oekologische Nische • (d.h. die ganze Welt) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  6. Warum der Mensch so ein grosses Gehirn hat • Werkzeuggebrauch? • Soziales Navigieren in der Grossgruppe? • Maximale Gruppengrösse proportional zum Hirnvolumen • Dunbar‘s Number 150 (- 200) • Für grössere Verbände sind „soziale Klammern“ notwendig, welche kulturelle Errungenschaften sind (Sprache, Religion, Gesetze etc.) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  7. Hirnreifung = Verkabelung der höchst entwickelten Hirnareale (v.a. Frontalhirn) • Zwei gegenläufige Prinzipien im Gehirn:„Bottom-up“-System: Aggressive sexuelle Impulse etc. aus dem Hirnstamm beruhen auf dem Dopamin-System (Lustzentrum) • „Top-down“-System (Kontrollsystem): Die Impulskontrolle muss von höheren Zentren (v.a. Stirnhirn) aus erfolgen. Selektive Hemmung und Enthemmung der nachgeordneten Hirnstrukturn (erst mit ca. 25 Jahren komplett) •  Der Adoleszente hat ein natürliches Frontalhirndefizit! Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  8. Die Jugend – eine wilde, turbulente Zeit • J.J. Rousseau: Jugend als „zweite Geburt“ • „Wir werden sozusagen zweimal geboren; einmal um zu existieren, das zweite Mal um zu leben, einmal für die Gattung und einmal für das Geschlecht ….. Wie das Meeresgrollen den Sturm ankündigt, so kündigt sich diese stürmische Umwandlung durch das Raunen der erstarkten Leidenschaften an; eine dumpfe Gärung zeigt die nahende Gefahr an. Stimmungswechsel, häufige Zornausbrüche, ständige geistige Erregung machen das Kind fast unlenkbar…. Es wird empfindlich, ohne zu wissen was es empfindet. Es ist ohne Grund unruhig…… .“ • aus: „Emile“, Erziehungsroman Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  9. Jugend als „psychosoziales Moratorium“: Ringen um Identität • Gesellschaft gewährt einen Aufschub der Erwachsenenverpflichtungen; es ist jedoch nur ein selektives Gewährenlassen • Der Jugendliche soll Zeit haben, sich selbst zu finden, resp. etwas aus sich zu machen. • Auf diesem Weg macht er viele Erfahrungen, positive wie auch negative: • - Erfahrungen mit seiner eigenen Entwicklung (Gestaltwandel, Trieberwachen etc.). • - Erfahrungen mit der Aussenwelt (unvermeidlich, da er nun aus der sozialen Nische des behüteten Kindes heraustritt) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  10. Entwicklungsaufgaben des Jugendalters (Havighurst 1953): • Neue Beziehungen zu Altersgenossen beiderlei Geschlechts • Übernahme der männlichen/weiblichen Geschlechtsrolle • Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung • emotionale Unabhängigkeit von Eltern, etc. • Vorbereitung auf Ehe- und Familienleben • Vorbereitung auf berufliche Karriere • Erlangung eines ethischen Wertesystems • Erreichen eines sozial verantwortlichen Verhaltens Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  11. Jugendzeit als „sensible Phase“ (i. S. von Montessori) • Der/die Jugendliche ist krisenanfällig aufgrund seiner/ihrer emotionalen Labilität • und relativen Impulskontrollschwäche. Prototypisch ist die „narzisstische • Selbstwertkrise“ • Verschärfend wirken: • Hohe Ideale, hohe Selbstansprüche • Starke Gegenwartsorientierung Augenblicksbestimmtheit • Starker Wunsch nach Unmittelbarkeit, Spontaneität, Echtheit • Ausgeprägte Subjektivität (persönliche Betroffenheit); Abhängigkeit von momentaner Befindlichkeit • Starkes Bedürfnis nach sozialer Nähe und Bestätigung durch Andere („Peer Group“) • Gruppenabhängigkeit  Gruppendruck/-zwang • Sehnsucht nach Rauscherlebnissen, nach ozeanischen Selbstentgrenzungserlebnissen und Verschmelzung Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  12. Beglückend oder bestürzend: Die Erfahrung des eigenen sozialen Stellenwertes • Heutiger Erkenntnisstand: • Säuglinge sind noch weitgehend hierarchiefrei • Spätestens im Kindergartenalter: „Aufmerksamkeitshierarchien“ • Spätestens mit 10 oder 11 Jahren: Kameraden werden nach ihrem sozialen Status gewählt (potentieller Wert als Bündnispartner) • Phänomene wie Cliquenbildung, Mobbing, etc. treten auf • Später schichtspezifische Bandenbildung (vgl. Drapes vs. Squares, Punks vs. Mods) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  13. Identitätsfindung über Gruppenzugehörigkeit • Auch menschheitsgeschichtlich von Bedeutung: • vgl. Stammesreligionen  Hochreligionen • Gruppenidentität von Jugendlichen wird gestärkt durch: • Stabile Hierarchie • Initiationsrituale z.B. Mutprobe • Szenesprache • Kleidung • Frisuren • Körperschmuck • Fahrzeuge • Graffiti (v.a. wo Banden territoriale Ansprüche erheben) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  14. Der Versuch von Gopnik zum Einfluss der Peer Group • Gopnik liess Jugendliche mit einem Fahrsimulator riskante Strecken fahren, derweil ein MRI aufgenommen wurde. • Das Belohnungszentrum in ihrem Gehirn wurde deutlich stärker aktiviert, wenn sie sich vorstellten, dass sie von ihren Freunden beobachtet würden. • Gleichzeitig begannen sie, grössere Risiken einzugehen. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  15. Subkultur der Jugendlichen auch in der Institution • Subkultur der Insassen • Drogenkonsum/-schmuggel • Handel und Geldverleih unter-einander • Alkoholproduktion/Konsum • Gassengespräche (gewalt- und drogenverherrlichend) • Kampfbünde • Latente Rangordnungen • Gewalt, illegaler Waffenbesitz etc. • Institutionskultur • Mehrheitskultur • Hierarchie • Hausordnung • Arbeitsverpflichtung • Urlaubsreglung • Freizeitangbote • Stufenpläne • etc. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  16. Nebenwirkung von Gruppenbildung und Hierarchisierung: Ausgrenzung von Aussenseitern • Bei den subjektiv Deklassierten sind verschiedene Reaktionen, allenfalls Anpassungsstörungen möglich: • Mitläufertum • Anschluss an Randständige • Affektive Störungen: Depression, Schulangst, etc. • Suizidalität • Suchtbildung (stofflich, nicht-stofflich) • Antisoziales Verhalten • Entwicklung in Richtung Amok / autogenes Massaker Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  17. Brandgefährlich: Entwicklung hin zum autogenen Massaker • Fünf Faktoren sind hier fast regelhaft von Bedeutung: • Kritischer Reifungszustand: vgl. Altersgipfel für Gewalttätigkeit • Frustriertes Statusstreben: Man erhält in der Gruppe tiefere Rangposition als angestrebt • Ressentiments: Hass auf die Gruppe, der oft generalisiert wird („Welthass“) • Isolation: Rückzug führt zu Serotoninmangel mit Zustandsverschlechterung • Modell-Lernen: Mit Killer-Spielen und Waffengebrauch wird Rachefeldzug vorweg genommen Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  18. Häufige Merkmale bei jugendlichen Amok-Kandidaten • 95% männlich • keine soziale Integration bei gesundem Selbstwertgefühl • Underachiever: Soziales Versagen trotz genügender Intelligenz • Tendenz zum Aggressionsstau • Pessimistische Zukunftserwartung (z.B. Lehre abgebrochen) • Narzisstische Selbstwertproblematik • Apokalyptisches Outfit (z.B. schwarze Mäntel) • Nebenrealität, wo man sich in Rächerrolle sieht • Kränkungserlebnis, oftmals Auslöser für Amokvorstellungen • „Wegfall der letzten Hoffnung“ durch schwere persönliche Niederlage • Sog- oder Modellwirkung durch ähnlich gelagerte Fälle Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  19. Aggression: Allgemeine Definition • (von lat.: aggredi, herangehen, angreifen) • Aggression ist jegliche Verhaltensform, die das Ziel hat, andere Lebewesen zu schädigen oder zu verletzen, oder Dinge zu beschädigen bzw. zu zerstören, insofern dies nicht ihre gesellschaftlich zugewiesene Aufgabe ist. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  20. Erklärungsansätze • Triebtheoretisch: Aggression ist ein Trieb, der ab und zu befriedigt werden muss. • Frustrations-Aggressions-Hypothese Aggressivität tritt auf, wenn vitale Strebungen blockiert werden. • Lernen am Modell: Aggressives Verhalten orientiert sich an Vorbildern. • Lernen am Erfolg: Operante Konditionierung. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  21. Aus: „Das sogenannte Böse“ von Konrad Lorenz (1963): • „Vor allem aber ist es mehr als wahrscheinlich, dass das verderbliche Mass an Aggressionstrieb, das uns Menschen heute noch als böses Erbe in den Knochen sitzt, durch einen Vorgang der intraspezifischen Selektion verursacht wurde, der durch mehrere Jahrzehntausende, nämlich durch die ganze Frühsteinzeit, auf unsere Ahnen eingewirkt hat.“ Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  22. Was ist für K. Lorenz das „sogenannte Böse“? • Die Aggression • Im Sinne von dem auf den Artgenossen gerichteten Kampftrieb von Tier und Mensch • = innerartliche Aggression Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  23. Aggressionsauslösende Bedingungen (kleine Auswahl) • G. Medicus (1994) nennt rund 40 Beispiele: • Behinderung beim Hungerstillen • Behinderung des Sexualtriebs • Komment- und Beschädigungskampf (Rivalen) • Verhinderte Flucht („Angstbeisser“) • Behinderung des Besitzstrebens • Behinderung von Gewohnheiten • Behinderung des Bewegungsdranges • Unterschreiten einer kritischen Individualdistanz • Überforderung • Raufspiele • Behinderung des Anschlussbedürfnisses • Eifersucht (sozial und sexuell) • Bedrohung von Frauen, Kindern, Verwandten oder Freunden • Mobbing, etc. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  24. Die legendären Hirnreizversuche von W.R. Hess • Experimente am lebenden Tier (Katze)Zur Abklärung der Beziehung zwischen Zwischenhirn und vegetativen Funktionen • Wenig überschwellige elektrische Reizung des Diencephalons und angrenzender Hirnstrukturen (gewöhnlich mit 3 Spannungsstufen) • Reizwirkung von ca. 3000 Stellen erfasst. • Quelle: Hess W.R. (1947): Vegetative Funktionen und Zwischenhirn, • Schwabe Basel Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

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  27. Subtypen aggressiven Verhaltens • 1. Impulsiv-aggressives Verhalten • Ungeplant, affektiv, expressiv, offen, eher reaktiv/ defensiv • Leitaffekte: Ärger, Wut, Angst • 2. Instrumentell-aggressives Verhalten • Kontrolliert, geplant, verdeckt, offensiv • Leitaffekte: Selbstvertrauen, Machtgefühl Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  28. Innerartliche und zwischenartliche Aggression • Beispiel: Hauskatze • Reizung des medialen Hypothalamus: • → hochgradige affektive Erregung, Angriff erfolgt nicht auf spezifisches Ziel gerichtet. • Reizung des lateralen Hypothalamus: • → ruhiger, „kaltblütiger“ Angriff auf typisches Beutetier (z.B. Ratte) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  29. Aggressionsschwelle genetisch bedingt ? • Durch gezielte Zuchtwahl lassen sich Haustierrassen recht schnell auf erhöhte Aggressivität hin verändern. (Lorenz 1963) • Andererseits können wild gefangene Ratten über 20 Generationen hinweg so gezüchtet werden, dass sie handzahm werden („domestiziert“). Damit verbunden ist ein erhöhter Gehalt an Serotonin und Metaboliten im Gehirn (Naumenko 1989). Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  30. Aggressives Verhalten stärker genetisch determiniert als delinquentes Verhalten • Edelbrock et al. (1995): Zwillingsstudie • Aggressives Verhalten: • Genetik • 60 • Gemeinsame Umwelt • 15 • Nicht gemeinsame Umwelt • 25 • Delinquentes Verhalten: • Genetik • 35 • Gemeinsame Umwelt • 37 • Nicht gemeinsame Umwelt • 28 Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  31. Gen-Polymorphismen mit Auswirkungen auf Aggressivität • Monoaminooxidase-A-Gen: • Serotonin-Abbau • Low Activity (MAO-L-Variante) • → gesteigerte Aggressität • COMT-Gen: auf Chromosom 22 • Val 108/158 Met-Polymorphismus • Falls Met statt Val: • 3-4-fach reduzierte enzymatische Aktivität • → mehr Dopamin im synaptischen Spalt • → daneben morphologische Veränderungen (V.a. ACC) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  32. Geschlechtsunterschiede bezüglich Aggressivität • Sind Männer wirklich das aggressivere Geschlecht ? • Bei physischer Aggression Ja • (Ausnahme: Partnerschaftsaggression?) • Bei verbaler Aggression Ja • Bei indirekter Aggression Nein • (üble Nachrede, sozial-manipulativ) • Was macht den Unterschied? • Grosse Körperkraft versus frühentwickelte soziale Intelligenz • Frauen erleben ihre expressiven Aggressionsdurchbrüche schamhaft (als Kontrollverlust) Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  33. Testosteron und Aggression: Geschlechtsspezifität • Beispiel: Rhesusaffen: Männchen werden auf Testosteron- • Injektion deutlich angriffsbereiter. • Männliche Jungtiere kämpfen spontan mehr als • weibliche. • Beispiel: Mäuse: Spritzt man weiblichen Neugeborenen • 1 Tag nach Geburt Testosteron, findet eine Sensiti- • vierung des Gehirnes statt. Spritzt man diesen Tieren • später erneut Testosteron, werden sie ebenfalls hoch • aggressiv. Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  34. Testosteron, Aggression und Dominanz • Bei weiblichen Strafgefangenen: • Höchste T-Werte bei Frauen mit unprovozierten Gewalttaten • Normale Werte bei Täterinnen mit defensiver Gewalt (Dabbs et al. 1988) • Testosteron beeinflusst verbale Aggression, Maskulinität und Dominanzverhalten (Virkkunen et al. 1996) • Bei Affen: Anführer einer Gruppe haben höhere T-Werte als die anderen Gruppenmitglieder Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  35. Serotonin und Aggressivität • Beim Menschen scheint Serotonin aggressionshemmend zu wirken • ähnliche Befunde bei Gefängnisinsassen mit Gewaltdelikten „Serenica“-Forschung • verminderter Serotonin-Spiegel bei aggressiven, antisozialen und hoch risikobereiten Rekruten Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  36. Pheromone steuern aggressives Verhalten • Männliche Mäuse attackieren fremde Männchen, die in ihr Territorium eindringen, nicht aber Weibchen • Trennt man bei ihnen die sog. vomeronasalen Nerven durch, attackieren sie auch weibliche Tiere • Zerstört man den Bulbus olfactorius, attackieren sie weiterhin nur Männchen Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  37. Entwicklung der menschlichen Aggression Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  38. Neue Einteilung: Formen von Aggression und Gewalt (Howard 2010) • Appetitive impulsive violence* • Appetitive controlled violence ** • Aversive impulsive violence • Aversive controlled violence • *) Bsp. spontane Zusammenstösse zwischen Hooligans • **) Bsp. Happy Slapping, Bum Hunting, Schwulenklopfen Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  39. FBI index arrests per 100‘000 population Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  40. Die Hirnreifung – ein langwieriger Prozess Primär mot. Areal Primär sens. Areal Myelinisation Abschluss erst mit ca. 25 J. Ab 25 J. allmählicher Hirnzellverlust (graue Substanz) Jedoch Zunahme der Vernetzung (weisse Substanz) bis ins AHV-Alter! Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  41. Taxonomy of antisocial behavior Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  42. Häufige Aggressionsdelikte jugendlicher Straftäter (n. Freisleder) • (Schwere) Körperverletzung eines Einzeltäters • (Schwere) Körperverletzung eines Gruppentäters • Tötungsdelikte • Sexualdelikte (Vergewaltigung, Nötigung, Missbrauch von Kindern • Brandstiftung Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  43. Faktoren, die zur Jugenddelinquenz-Zunahme in den letzten Jahrzehnten geführt haben: • Konsum von medialen Gewaltdarstellungen • Migration: Zwei Drittel durch Ausländer verübt • Drogen und Alkohol • Bildung von Jugendbanden: Bandenmitglieder verüben bis zu 10 mal mehr Delikte • Rückgang der elterlichen Kontrolle Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  44. Kinder- und jugendpsychiatrische Störungen mit aggressivem Verhalten • ADHS • Impulskontrollstörungen • Spezielle hirnorganische Störungen • Expansive Sozialverhaltensstörungen • Persönlichkeitsentwicklungsstörungen • Borderline-Syndrom • Depressiv-suizidale Syndrome • Akute schizophrene bzw. manische Psychosen • Alkohol- und Drogenmissbrauch Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  45. Neuropsychiatrische Störungen bei institutionalisierten Jugendlichen (Stahlberg 2002) • 64% hatten ein psychiatrische Diagnose • Ohne Drogenprobleme waren es noch 53% • ADHS 33 % • Depression 15 % • Tics (incl. Tourette-Syndrom) 3 % • Geistige Retardierung 12 % • Asperger Autismus 5 % Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  46. Aufmerksamkeitsdefizits-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) • Prävalenz: • Kinder 6-8% • Erwachsene 3-4% • : 4:1 • Familiäre Häufung: nachgewiesen • Besondere Merkmale: • Distanzlosigkeit in sozialen Beziehungen • Unbekümmertheit bezüglich Gefahren • Missachtung sozialer Regeln Bildquelle: http://www.zuonline.ch Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  47. Subtypen: • hyperaktiv-impulsiv • aufmerksamkeitsgestört • Prognose: •  1/3 remittieren in Adoleszenz •  1/3 leichtere Handicaps als Erwachsene •  1/3 Vollbild im Erwachsenenalter • Komplikationen: • Tics, Tourette-Syndrom • Affektpsychosen • Zwangserkrankungen • Suchtleiden • Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  48. ADHS als gewaltfördernder Faktor • ADHS = Risikofaktor für Delinquentenlaufbahn! • Prävalenz ADHS in Untergruppen: • College Studenten 4% • Eigentumsdelinquenten 40% • Gewaltdelinquenten 60% • Sexualdelinquenten 70% • Betrüger keine Häufung! • Hyperaktiv-impulsiver Typ für Forensik wichtiger. • ADHS bedeutet: • Delinquenz beginnt bis zu 10 Jahren früher • Rückfallrisiko ist höher • Typische Delikte im Adoleszentenalter • Raserunfälle • Drogendelikte • Kreditbetrug • Sexualstraftaten Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  49. Merkmale für persistierendes dissoziales Verhalten bei Jungtätern • Früher Beginn (Grenze ca. 10 Jahre) • „Schwieriges Temperament“ • Kindliche Störung des Sozialverhaltens (Je mehr, desto mehr) • Inadäquate Erziehung • Neuropsychologische Probleme (POS, ADHS, Teilleistungsstörungen) • Suchen aktiv problematische Umwelten auf • Dissoziale Persönlichkeitsstörung • Körperliche Auseinandersetzungen schon im Kindergartenalter • Ominös: Frühes aggressives Verhalten (stabiles Merkmal, vergleichbar mit Intelligenz • 1 Jahr .76 • 5 Jahre .69 • 10 Jahre .60 Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

  50. Suizidalität bei Adoleszenten • Suizid ist die zweithäufigste Todesursache in der frühen und späten Adoleszenz bei beiden Geschlechtern • In den USA: Suizidrate Jugendlicher ist in den letzten 40 Jahren um das Dreifache angestigen • Schweiz: Kein anderes Land hat unter den Adoleszenten eine höhere Suizidrate • Bei den Adoleszenten überwiegen die männlichen Suizidanten um das Fünffache! Th. Knecht, Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden

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