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Spracherwerb

Spracherwerb. 4. Vorlesung (28.04.2011). apl. Professor Dr. Ulrich Schade Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie ulrich.schade@fkie.fraunhofer.de. Spracherwerb. Kontaktdaten. apl. Professor Dr. Ulrich Schade Fraunhofer-Institut für Kommunikation,

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Presentation Transcript


  1. Spracherwerb 4. Vorlesung (28.04.2011) apl. Professor Dr. Ulrich Schade Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie ulrich.schade@fkie.fraunhofer.de

  2. Spracherwerb Kontaktdaten apl. Professor Dr. Ulrich Schade Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) Neuenahrer Straße 20 53343 Wachtberg E-Mail: ulrich.schade@fkie.fraunhofer.de Telefon: 0228 9435 376 Fax: 0228 9435 685

  3. Spracherwerb Überblick • Frühphase • Zum Erwerb der Syntax • Zum Erwerb des Lexikons • Zum Erwerb der Phonologie • Zum Erwerb der Schriftsprache • Sprachentwicklungsstörungen

  4. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Wir haben bislang diskutiert, in welchen Phasen der Erwerb der Syntax abläuft und was dabei zu Problemen führt. Im Folgenden werden wir versuchen, Vorstellungen davon zu entwickeln, wie der Erwerbsprozess ablaufen könnte.

  5. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Der Nativistische Ansatz fußt auf den Vorstellungen von Noam Chomsky, wonach Sprach-kompetenz angeboren ist. Auf der Grundlage der postulierten Universalgrammatik werden durch den entsprechenden Erwerbs-mechanismus („Language Aquisition Device“ – LAD) nach einem genetischen Plan Sprachverstehen und Sprachproduktion entwickelt. Sprache ist nach Chomsky (1988) ein Teil der biologischen Ausstattung des Menschen und entwickelt sich unabhängig von anderen kognitiven Fähigkeiten (Modularität).

  6. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Der Nativistische Ansatz Die Universalgrammatik verfügt über zahlreiche Parameter, die beim Erwerb gesetzt werden. Die Parameterwerte sind spezifisch für die einzelnen Sprachen. Beim Erwerb hören die Kinder syntaktische Muster (ihrer Muttersprache), was dazu führt, dass die entsprechenden Parameter ihre Werte zugewiesen bekommen (Tracy, 2000). Spracherwerb ist also genetisch programmiert. Durch die Umwelt wird lediglich bestimmt, welche Sprache erlernt wird.

  7. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Der Nativistische Ansatz hat mehrere Probleme: • Wegen der Modularität sind Wechselwirkungen des Spracherwerbs mit anderen kognitiven Entwicklungsprozessen nur schwer zu erklären. • Es ist zweifelhaft, ob es eine universelle Grammatik geben kann, aus der die sprachspezifischen Grammatiken durch reine Wahl von Parameterwerten abgeleitet werden können (Tomasello, 2000).

  8. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Der Nativistische Ansatz hat mehrere Probleme: • Kinder bilden keinesfalls zunächst eine universelle Kinder- grammatik aus, die sich dann nach und nach zu der Grammatik der Muttersprache entwickelt (analog zu dem Prozess, der für die Phoneme zu beobachten ist). Statt dessen nutzen Kinder von Anfang an die Spezifika ihrer Mutter- sprache, wenn auch unvollkommen (Bowerman, 1993). • Beispiel: „Nominativ-Akkusativ“-Sprachen vs. ergative Sprachen

  9. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Der Sozial-Kognitive Ansatz geht davon aus, dass Kinder Sprache in einem Prozess erwerben, der stark mit anderen kognitiven Entwicklungsprozessen, aber auch mit sensorischen und motorischen Entwicklungsprozessen interagiert. Auch hierbei gibt es eine genetisch gesteuerte Reifung, die aber stärker einer Variation unterliegt, die sich aus Umwelteinflüssen (andere sprachliche Äußerungen und die Reaktionen anderer auf eigene sprachliche Äußerungen) und den Wechselwirkungen mit den anderen Entwicklungsprozessen ergibt.

  10. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Der Sozial-Kognitive Ansatz In diesem Ansatz liegt also die Betonung nicht auf der genetischen Vorprägung, sondern auf dem Einfluss der Umwelt in Form von Interaktionen bei der Kommunikation (Bruner, 1975; Tomasello, 2000) und in Form von Wechselwirkungen mit der Entwicklung der Kognition (Piaget, 1923).

  11. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Der Sozial-Kognitive Ansatz Bei Piaget steht die kognitive Entwicklung im Mittelpunkt. Wir werden darauf zurückkommen, wenn wir den Erwerb des Lexikons behandeln. Grundlage der Erwerbsprozesse sind dabei die kognitive Anpassung an die Umwelt, die Akkomodation, und die aus der Kognition erfolgende Anpassung der Umweltwahrnehmung an das Wissen, die Assimilation.

  12. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Der Sozial-Kognitive Ansatz Akkomodation ist die Angleichung der kognitiven Repräsentationen an die sprachlichen Angebote, also etwa die Schaffung und Schärfung von Kategorien, also von Phonemklassen, von Begriffen als Bezeichnung von Objektklassen (über die zugehörigen Wörter) oder von syntaktischen Kategorien wie „Nomen“, „Verb“ etc. Diese Kategorien entstehen implizit.

  13. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Der Sozial-Kognitive Ansatz Assimilation ist der Einbau und die Zuordnung von Umwelt-erfahrungen in die kognitiven Strukturen. Lautliche Wahrnehmungen werden Phonemkategorien zugeordnet. Die (optische) Wahrnehmung von Objekten wird Begriffen zugeordnet. Diese Objekte können dann mit den Wörtern bezeichnet werden, die dem Begriff zugeordnet sind. (Unbekannte) Wörter werden syntaktisch kategorisiert. „Das havenitische Schiff …“  „havenitisch“ ist ein Adjektiv.

  14. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze Sowohl in dem nativistischen Ansatz als auch in dem Sozial-Kognitiven Ansatz wird die Frage, wie der Prozess des Spracherwerbs tatsächlich abläuft, eher abstrakt behandelt. In einem Fall läuft ein genetisch vorgegebener Prozess ab, den wir nicht näher spezifizieren können, im anderen Fall wirkt die Umwelt. Wenigstens für diesen Prozess sollten wir den prozeduralen Ablauf präziser modellieren können.

  15. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Das „Competition Model“ Das „Competition Model“ wurde von Brian MacWhinney vorgeschlagen (Bates & MacWhinney, 1987; MacWhinney, 1987). Sein Ziel ist die Festlegung (und Erklärung) der Erwerbsreihenfolge von sprachlichen Mitteln. Das betrifft insbesondere die Erwerbs-reihenfolge solcher Mittel, die miteinander konkurrieren, da sie beide eine bestimmte semantische Funktion erfüllen können. Als Quelle des Erwerb wird die Sprache angesehen, die die Kinder wahrnehmen.

  16. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Das „Competition Model“ Die wahrgenommene Sprache enthält Hinweisreize auf semantische Funktionen in der Form von sprachlichen Formen. Die Bedeutsamkeit eines solchen Hinweisreizes ergibt sich nach dem Model als Kombination (Produkt) seiner Verfügbarkeit und seiner Verlässlichkeit.

  17. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Das „Competition Model“ Beispiel eines Hinweisreizes: Agens/Effektor ist als NP realisiert und steht direkt vor dem Verb. Verfügbarkeit heißt in diesem Fall: Steht vor dem Verb eine NP? Verlässlichkeit heißt in diesem Fall: Bezeichnet die NP vor dem Verb, sofern sie dort steht, tatsächlich Agens bzw. Effektor?

  18. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Das „Competition Model“ Beispiel eines Hinweisreizes: Agens/Effektor ist als NP realisiert und steht direkt vor dem Verb. Im Englischen ist die Verfügbarkeit für diesen Hinweisreiz höher als im Deutschen. „Then you know nothing, Jon Snow!“ „Dann weißt Du nichts, Jon Snow!“

  19. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Das „Competition Model“ Beispiel eines Hinweisreizes: Agens/Effektor ist als NP realisiert und steht direkt vor dem Verb. Im Englischen ist auch die Verlässlichkeit für diesen Hinweisreiz höher als im Deutschen. Auch diesen Trainer entließ der Vorstand nach wenigen Spieltagen.

  20. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Das „Competition Model“ Die Verfügbarkeit und die Verlässlichkeit von Hinweisreizen lässt sich auf der Grundlage von Korpora auszählen. Sie sind also statistische Daten. Aus diesen Werten kann dann die Bedeutsamkeit berechnet werden. Aus der Bedeutsamkeit folgt dann die Erwerbsreihenfolge.

  21. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Error Back-Propagation Der zweite prozedurale Ansatz eines Models zum Spracherwerb ist noch mathematischer. Er zielt auf die Vorstellung, dass Kognition auf Netzen von Knoten modelliert werden kann. Entsprechende Modelle werden konnektionistische Modelle genannt. Frühe konnektionistische Modelle waren erste semantische Netze (s. etwa Anderson, 1983) und das Perzeptron (Rosenblatt, 1958).

  22. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Error Back-Propagation Das Perzeptron setzt den Ansatz von Hebb (1949) um, wonach Lernen durch eine Verstärkung einer Verbindung zwischen zwei Neuronen genau dann erfolgt, wenn beide gleichzeitig aktiv sind. Letztlich besteht ein Perzeptron aus zwei Schichten von Knoten, einer Eingabeschicht und einer Ausgabeschicht, wobei zu einer Menge von Eingabemuster die dazu gehörenden Ausgabemuster gelernt werden müssen.

  23. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Error Back-Propagation Eingabe- und Ausgabeschicht bestehen aus Knoten. Jeder Knoten der Eingabeschicht ist mit jedem Knoten der Ausgabeschicht verbunden. Das Lernen erfolgt durch die Änderung der Stärken dieser Verbindungen auf der Grundlage von Abweichungen (Fehler). Eine Abweichung entsteht, wenn das erzielte Ausgabemuster zu einem Eingabemuster (Ist-Zustand) von dem zu erlernenden Ausgabemuster (Soll-Zustand) abweicht.

  24. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Error Back-Propagation • Error Back-Propagation bezieht sich auf Netze mit mehr als zwei Schichten (Eingabeschicht, Versteckte Schicht(en), Ausgabeschicht), für die die Berechnung der für das Lernen vorzunehmenden Änderungen der Leitungsstärken mathematisch komplizierter ist als beim Perzeptron. Das entsprechende Verfahren wurde mehrfach entwickelt [Werbos, 1976; Le Chun, 1982; Parker, 1982], aber erst durch Rumelhart und McClelland (1986) bekannt.

  25. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Error Back-Propagation • Rumelhart und McClelland nutzten ein entsprechendes Netz, um dieses die Vergangenheitsformen englischer Verben lernen zu lassen (Eingabe: Infinitiv / Ausgabe: Vergangenheitsform) (vgl. dazu Rumelhart & McClelland, 1987; Marcus, 1995). • Wenn man die Verben mit ihren Vergangenheitsformen lernen lässt, indem man mit wenigen Verben beginnt und dann mehr Verben hinzunimmt und die Häufigkeiten beachtet (häufigere Verben sind (zumeist unregelmäßig), ergibt sich ein dreistufiges Lernen.

  26. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Error Back-Propagation Stufe 1: Wenige Verben mit korrekter Form went Stufe 2: mehr Verben mit Übergeneralisierungen goed Stufe 3: viele Verben, Abbau der Übergeneralisierungen wented went Dies entspricht den empirischen Befunden, aber …

  27. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Prozedurale Ansätze: Error Back-Propagation … das Verfahren hat Nachteile: • kein „one shot learning“ • Probleme bei Änderungen im Lernset • stark abhängig von der Anzahl der Knoten in der versteckten Schicht • problematisch in Bezug auf die Repräsentation von Sequentialität

  28. Spracherwerb Erwerb der Syntax Theorien des Spracherwerbs Das Sequenzproblem ist zum Teil lösbar durch „Simple Recurrent Networks“ (SRNs) (Jordan, 1986; Elman, 1990). Ausgabeschicht copy Zwischenschicht copy Eingabeschicht Kontext

  29. Spracherwerb Literatur Anderson, J.R. (1983). The Architecture of Cognition. Cambridge, MA: Havard University Press. Bates, E. & MacWhinney, B. (1987). Competition, variation, and language learning. In MacWhinney, B. (Ed.), Mechanisms of Language Acquisition. Hillsdale, NJ: LEA. Bowerman, M. (1993). Learning a semantic system. In Bloom, P. (Ed.), Language Acquisition. New York: Harvester Wheatsheaf. Bruner, J. (1975). From communication to language. Cognition, 3, 255-287. Chomsky, N. (1988). Language and the Problems of Knowledge. Cambridge, MA: MIT Press.

  30. Spracherwerb Literatur Elman, J. (1990). Finding Structure in Time. Cognitive Science, 14, 179-211. Hebb, D. (1949). Organization of Behaviour. New York: Wiley. Jordan, M.I. (1986). Attractor dynamics and parallelism in a connectionist sequential machine. 8th Conference on Cognitive Science. Amherst, MA. MacWhinney, B. (1987). The competiton model. In MacWhinney, B. (Ed.), Mechanisms of Language Acquisition. Hillsdale, NJ: LEA. Marcus, G.F. (1995). The acquisition of the English past tense in children and multi-layered connectionist networks. Cognition, 56, 271-279. Piaget, J. (1923). La langage et la pensée chez l’entfant. Neuchâtel: Delchaux & Niestlé.

  31. Spracherwerb Literatur Rickheit, G., Weiss, S. & Eikmeyer, H.-J. (2010). Kognitive Linguistik. Tübingen: A. Francke Verlag (= UTB 3408). Rosenblatt, Frank (1958). The perceptron: A probabilistic model for information storage and organization in the brain. Psychological Review,65, 386-408. Rumelhart, D.E. & McClelland, J.L. (1987). Learning the past tense of English verbs. In MacWhinney, B. (Ed.), Mechanisms of Language Acquisition. Hillsdale, NJ: LEA. Rumelhart, D.E., McClelland, J.L. & the PDP Research Group (Eds.) (1986). Parallel Distributed Processing (2 Volumes). Cambridge, MA: MIT Press.

  32. Spracherwerb Literatur Szagun, G. (1996). Sprachentwicklung beim Kind. Weinheim: Beltz, 6. Auflage. Tomasello, M. (2000). First steps towards a usage-based theory of language acquisition. Cognitive Linguistics, 11, 61-82. Tracy, R. (2000). Sprache und Sprachentwicklung: Was wird erworben? In Grimm, H. (Ed.), Sprachentwicklung. Göttingen: Hogrefe.

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