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Deutsche Literatur 1890-1920

Deutsche Literatur 1890-1920. Vorlesung 13. Jahrhundertwende. Epocheneinordnung Impressionismus Jugendstil Symbolismus Dekadenz fin-de-siècle Literatur der Jahrhundertwende Zeitalter des Ästhetizismus.

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Deutsche Literatur 1890-1920

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  1. Deutsche Literatur 1890-1920 Vorlesung 13

  2. Jahrhundertwende

  3. Epocheneinordnung • Impressionismus • Jugendstil • Symbolismus • Dekadenz • fin-de-siècle • Literatur der Jahrhundertwende • Zeitalter des Ästhetizismus

  4. Impressionismus, Symbolismus und Jugendstil bezeichnen eine literarische Epoche zwischen 1890 und 1910/1914 Der Impressionismus löst den Naturalismus ab. Es wird Kritik an der „platten“ Abspiegelung von Wirklichkeit und an sozialkritischen Ambitionen geübt; man wendet sich gegen naturalistische „Rinnsteinkunst“ und setzt die „Goldschmiedekunst des Wortes“ (Friedrich Nietzsche) dagegen Der Impressionismus ist geprägt durch ein Streben nach Verinnerlichung und neuer Romantik. Die Welt wird sinnenreich erlebt: Eindruck und Empfindung verdrängen die Reflexion „Geheimnis“, „Schönheit“ und „Seele“ sind Schlüsselbegriffe

  5. Wirtschaftlich und politische Situation • rapide Zunahme der Industrialisierung seit 1850 • Aufkommen des ökonomischen, industriellen und technologischen Modernismus • massive Veränderungen auf sozialem, wissenschaftlichem und technischem Gebiet • Entwicklung zum Finanz- und Monopolkapitalismus • - massives Vordringen des Nationalismus, des Antisemitismus und des Imperialismus; man erobert „Schutzgebiete“ in Afrika, Neuguinea, der Südsee, den Samoainseln und China

  6. Damit einher geht eine Aufwertung des „Dichterberufes“ Der Dichter ist Magier, Wissender, er kann „tiefste Seelenregungen in ganzer Klarheit ans Licht ziehen“ Der Dichter besitzt Zugang zu den Bereichen des Geheimnisvollen, Phantastischen, Überwirklichen

  7. Gesellschaft und Politik • Es existieren unbefriedigende Herrschaftsverhältnisse: • Deutschland wird von einem Monarchen regiert, der sich in einem hohen Maße durch Selbstüberschätzung und hohle Machtdemostration auszeichnet • das Parlament hat wenig Befugnisse • das Bürgertum ist, obwohl zu Ansehen und ökonomischem Einfluss gekommen, von der Macht ausgeschlossen • es regiert der Militarismus, der alle Teile der Bevölkerung erfasst • die Arbeiterparteien sind zur stärksten politischen Gruppierung aufgestiegen, aber ohne Machtbefugnis

  8. Die Macht lag in den Händen der feudalaristokratischen Junkerkaste. „Dieser Typ war gesellschaftlich tonangebend. Seine führende Rolle fand ihren Ausdruck im Militarismus. Man kann diese Erscheinung als die Übertragung militärischer Denk- und Verhaltensweisen auf zivile Lebensverhältnisse definieren. Der Militarismus realisierte sich im Volksheer der Kaiserzeit, in dem nahezu jeder Bürger neben seinem Beruf einen militärischen Rang als Reservist bekleidete, und nach diesem Rang – nicht nach seiner Stellung im bürgerlichen Leben – bemaß sich seine gesellschaftliche Geltung.“ (Ulrich Karthaus)

  9. Die Folgen der gesellschaftlichen Entwicklung: Die Künstler geraten ins Abseits, werden zu Außenseitern in einer rein materiell wahrgenommenen Umwelt Gemeinsam ist den Künstlern eine kritische Spannung zum wilhelminischen Kaiserreich, das eine geistfeindliche, autoritäre und waffenstarre Fassade aufweist

  10. Die Stimmung des "fin-de siècle", also das Bewußtsein, in einer zerrütteten und dem Ende zugehenden Zeit zu leben, ist ein zeitspezifisches Gefühl. Der Begriff wird aus Frankreich übernommen und steht dort in Zusammenhang mit dem Begriff der Décadence. In Deutschland wird das Leben – die europäische Entwicklung rasant aufholend – immer unübersichtlicher und hektischer und als solches empfunden, so daß die Vorstellung vom nahenden Untergang einen paradoxen Halt bieten konnte und das „Fin-de-siècle“ als Vokabel populär wurde.

  11. Philosophie und Geistesgeschichte • bahnbrechend ist die Philosophie Friedrich Nietzsches, die eine „Umwertung aller Werte“fordert; man glaubt, die Welt sei nur im Ästhetischen zu retten; der Dichter wird zum Erneuerer und Seher • Aufkommen der Psychoanalyse (Siegmund Freud) • „Verwissenschaftlichung der Welt“; Rationalismus und Positivismus

  12. Abkehr der Intellektuellen von der Politik: Tobt der Pöbel in den Gassen, ei, mein Kind, so lass ihn schrei’n. Denn sein Lieben und sein Hassen ist verächtlich und gemein! Während sie uns Zeit noch lassen, wollen wir uns Schönerm weih’n. Will die kalte Angst dich fassen, spül sie fort mit heißem Wein! Lass den Pöbel in den Gassen: Phrasen, Taumel, Lügen, Schein, Sie verschwinden, sie verblassen – Schöne Wahrheit lebt allein. (Hugo von Hofmannsthal, 1890, angesichts einer Arbeiterdemonstration in Wien) Aber für politische Freiheit habe ich gar kein Interesse. (Thomas Mann in einem Brief, 1904)

  13. Zustandsbeschreibung der Literatur um 1900 Nie zuvor war die deutsche Literatur stilistisch und formal so vielgestaltig wie in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Das spezifische der Literatur der Jahrhundertwende ist - mehr als in jeder anderen literarischen Epoche vielleicht - die Gleichzeitigkeitd des Ungleichzeitigen, das Nebeneinander verschiedenster Stilrichtungen und literarischer Tendenzen, die sich schwerlich in die pauschalen Begriffe der obengenannten "Epochen" einzwängen lassen. Die Zeit der homogenen Epochenstile in der deutschsprachigen Literatur ist endgültig vorbei. Die deutschsprachige Literaturszene um 1900 ist unübersehbar und weist eine bis dahin ungekannte Pluralität der Stilrichtungen auf.

  14. "Merkwürdig genug: der Naturalismus war an der Tagesordnung, und Gerhart Hauptmann galt als sein Fahnenträger [...] die geisterhaften Suggestionen der späten Ibsen-Stücke waren da; die vom französischen Parnaß herstammende, esoterische Spracherneuerung Stefan Georges [...]; die kulturgesättigte [....], wienerisch-mürbe Kunst Hugo von Hofmannsthals; der pathetisch-moralisierende Sexual-Zirkus Frank Wedekinds; Rilke und sein so neuer, so verführerischer lyrischer Laut, all das behauptete Gleichzeitigkeit, war Willensausdruck dieser sehr reich bewegten Zeit [...]." (Thomas Mann) Das Bild wird noch vielfältiger, wenn man z.B. die damals so erfolgreiche, zivilisationskritische "Heimatkunstbewegung" hinzunimmt, oder die Tradition der proletarischen Literatur, oder die beiden großbürgerlichen Jungautoren Thomas und Heinrich Mann, oder auch einen Zeitgenossen wie Karl May.

  15. Der "Stilpluralismus" der Jahrhundertwende ist nicht nur ein ästhetisches Oberflächenphänomen, sondern Resultat eines grundsätzlich neuen, modernen Verhältnisses von Literatur und Gesellschaft. Die Literatur wird hier auf bisher ungekannte Weise mit ihrer eigenen Machtlosigkeit angesichts der harten gesellschaftlichen Tatsachen konfrontiert - und reagiert darauf mit experimenteller Pluralisierung. Eben dies macht die Literatur der Jahrhundertwende um 1900 auch und gerade für die Beobachter an der Jahrhundertwende von 2000 zu einem faszinierenden und vielleicht lehrreichen Gegenstand.

  16. Wie ein in tausend Farbnuancen schillerndes Jugendstil-Mosaik stellt sich die literarische Landschaft der Jahrhundertwende dar. Mehr noch: so eklatant klaffen die Gegensätze zwischen der Lyrik Stefan Georges und Christian Morgensterns, den Dramen Frank Wedekinds und Hugo von Hofmannthals, der Prosa Robert Musils und Paul Scheerbarts, daß die Zusammenfassung dieser Literaten auf reiner Zeitgenossenschaft zu beruhen scheint. So fragwürdig literaturgeschichtliche Periodisierungsansätze oft sein mögen – im Fall der etwa vier Jahrzehnte, die das Jahr 1900 umrahmen, kann durchaus von einer Epoche die Rede sein, wenn man bereit ist, unter der Oberfläche auseinanderstrebender Strömungen und Einzelerscheinungen eine gemeinsame Tiefenstruktur zu entdecken, die allerdings nicht auf programmatischen und ästhetischen Übereinstimmungen beruht, sondern Reflex des historischen Bewußtseins jener Jahre ist: 'Zeitgeist' im völlig wertfreien Sinne.

  17. Ein Spezifikum der Dichtung ist die Sprachskepsis: Nach 1886 setzen radikale Zweifel an der Sprache selbst ein; die Frage nach der Genauigkeit und Unmittelbarkeit der Sprache rückt in den Vordergrund: "Eine völlig exakte Reproduzierbarkeit der Natur durch die Kunst ist ein Ding der absolutesten Unmöglichkeit, - und zwar (...) aus dem einfachen (...) Grunde, weil das betreffende Reproduktionsmaterial, das uns Menschen nun einmal zu Verfügung steht, stets unzulänglich war, stets unzugänglich ist und stets unzulänglich bleiben wird" (Arno Holz) "Ist es möglich, denkt er, daß man noch nichts Wirkliches und Wichtiges gesehen, erkannt und gesagt hat" (Rilke)

  18. Bedeutende Vertreter der Epoche (Lyrik) Symbolismus: Stefan George, Hugo von Hofmannsthal Impressionismus: Detlev von Liliencron, Max Dauthendey, Richard Dehmel, Christian Morgenstern, Julius und Heinrich Hart, Peter Hille.... (Drama) Frank Wedekind (Frühlings Erwachen) Arthur Schnitzler (Der Reigen) (Prosa) Hugo von Hofmannsthal, Peter Altenberg, der frühe Hermann Hesse, der frühe Thomas Mann, Rainer Maria Rilke, Otto Julius Bierbaum...

  19. Benjamin Franklin (Frank) Wedekind 1864- 1918

  20. Impressionismus

  21. Charakteristika des Impressionismus • die Intuition wird zum Prinzip des Kunstschaffens gemacht • der Künstler beansprucht fern der gesellschaftlichen Welt eine ästhetizistisch-“schöne“ Eigenwelt • man fordert eine „Kunst frei von jedem Dienst“ (so Stefan George 1892 in seiner Zeitschrift „Blätter für die Kunst“ • Kritik am Impressionismus: • - wirklichkeitsferner Eskapismus; Flucht aus der Realität in subjektivistisch-phantastische Traumwelten • - Unbestimmtheit der inhaltlichen Aussage

  22. Einfluss der Malerei Der Impressionismus als Kunstform wird von der Malerei geprägt. In Frankreich lösen Monet und Manet, in Deutschland Liebermann feste Formen in Farbflecke und Punkte auf, die sich erst unter einer bestimmten Perspektive wieder zusammenfügen und neue und überraschende Eindrücke hervorrufen. Entsprechend wird in der Dichtung mit Beobachtungen, Bildern, seelischen Operationen und Prozessen verfahren, die ekstatisch und subjektiv erfahren werden.

  23. Impressionismus ist die Kunst des „Eindrucks“, dessen individuelle Nuance und Farbschattierung gestaltet werden soll; eine Kunst der Stimmung, wie sie der vergängliche Augenblick hervorruft; ihn will der Impressionist festhalten. Der Farbreiz ist wichtiger als Inhalt und Komposition der Bilder: Die reale Struktur der Dinge schwindet vor der Beleuchtung, sie lösen sich auf in Farb- und Lichtreflexe. Im Mittelpunkt steht die Kunst der „persönlichen Augenblicksempfindung“; die Dinge, wie sie wirklich sind, werden vom Künstlergenie nicht reproduziert, sondern subjektiv gestaltet. Bevorzugte Gattungen sind die Lyrik und die Prosaskizze.

  24. Orientierung sucht man in einem „Zurück zur Natur“. Es ist die Zeit der Reformkleidung und der Reformhäuser. Neoromantik statt Technisierung, Industrialisierung und Verwissenschaftlichung des Lebens; statt dessen Rückbesinnung auf die Ursprünge des Lebens. Gleichzeitigkeit der Phänomene: rassisch-völkische, national-religiöse, idealistisch-formalistische und romantisch-antikapitalistische Strömungen sind nicht auf einen Nenner zu bringen. Kritik an der Epoche: „Von der Revolution (1848) zur Enttäuschung, zum Pessimismus und einer resignierten, machtgeschützten Innerlichkeit“ (Thomas Mann)

  25. Es wurde der Übermensch geliebt, und es wurde der Untermensch geliebt; es wurde die Gesundheit und die Sonne angebetet, und es wurde die Zärtlichkeit brustkranker Mädchen angebetet; man begeisterte sich für das Heldenglaubensbekenntnis und für das soziale Allemannsglaubensbekenntnis; man war gläubig und skeptisch, naturalistisch und preziös, robust und morbid; man träumte von alten Schlossalleen, herbstlichen Gärten, gläsernen Weihern, Edelsteinen, Haschisch, Krankheit, Dämonien, aber auch von Prärien, gewaltigen Horizonten, von Schmiede- und Walzwerken, nackten Kämpfern, Aufständen der Arbeitssklaven, menschlichen Urpaaren und Zertrümmerung der Gesellschaft. Dies waren freilich Widersprüche und höchst verschiedene Schlachtrufe, aber sie hatten einen gemeinsamen Atem; würde man diese Zeit zerlegt haben, so würde ein Unsinn herausgekommen sein wie ein eckiger Kreis, der aus hölzernem Eisen bestehen will, aber in Wirklichkeit war alles zu einem schimmernden Sinn verschmolzen.“ (R. Musil in: Mann ohne Eigenschaften)

  26. Symbolismus

  27. Was ist Symbolismus ? Unter Symbolismus versteht man eine literarische Bewegung, die in den achtziger Jahren in Paris ihren Ausgang nahm und sich von dort nach Europa und Amerika ausbreitete. In dem Bewusstsein, einer dem Untergang geweihten Kultur anzugehören, wenden sich die Künstler und Dichter von der alltäglichen Wirklichkeit ab und dem Geheimnisvollen, dem Exklusiven, der artifiziellen Schönheit zu. Die Künstler wenden sich von der technischen, sozialen Realität ab, indem sie ihre subjektiven Empfindungen und Wahrnehmungen zum Ausdruck bringen.

  28. Die Rätselhaftigkeit der Welt äußert sich in der Symbolkraft der Dinge, die über sich hinaus auf eine Welt des Traums, der Mystik weisen. Der Symbolismus ist eine Gegenströumg zum Naturalismus.

  29. Entstehung und Entwicklung Der deutsche Symbolismus entstand in der symbolistischen Poesie in Frankreich. Andererseits beeinflusste die deutsche Romantik den französischen Symbolismus. Die kreative Eigenart der deutschen symbolistischen Dichtung steht im Bezug zu den französischen Vorbilder. Symbolismus ist in einer seiner Haupttendenzen verfeinerter Impressionismus (impressionistische Errungenschaften sind in den Symbolismus eingegangen) Der Jugendstil hat die Impulse der symbolistischen Poetik in sich aufgenommen, ist eigentlich eine Abänderung des Symbolismus.

  30. Autoren und Werke Ricarda Huch (1864 - 1947): Gedichte Stefan George (1868 - 1933): Algabal; Das Jahr der Seele Hugo von Hofmannsthal (1874 - 1929): Der Tor und der Tod; Jedermann Rainer Maria Rilke (1875 - 1926): Das Stunden-Buch Thomas Mann (1875 - 1955): Buddenbrooks; Tonio Kröger

  31. Der Begriff Symbolismus richtet sich gegen den naturwissenschaftlichen Positivismus, den Realismus und Naturalismus. Er sucht das den Dingen zugrunde liegende Geheimnis. Dieses spricht er nicht aus, sondern beschwört es durch ästhetisch-suggestive Darstellungsmittel. Stilmittel sind Klangmalerei, Assonanzen, Metrum und Reime werden bewusst in die Aussagestruktur integriert. Mit Vorliebe bedient man sich der Synästhesie, der Vermischung von Eindrücken verschiedener Sinnesorgane. Der frz. Symbolismus geht auf Charles Baudelaire zurück, der 1857 die „Fleur du Mal“ veröffentlichte. Weitere Vertreter des frz. Symbolismus sind Verlaine, Rimbaud, Mallarmé, Valery und Claudel. Ihr Ziel ist die „poésie pure“ oder das Prinzip des „l’ art pour l’art“, der Kunst um ihrer selbst willen, ohne Zweck und Absicht. „Der Künstler ist der Schöpfer schöner Dinge“ und „Etwas, wie ein moralisches oder unmoralisches Buch, gibt es nicht. Bücher sind gut geschrieben oder schlecht geschrieben.“ (Oscar Wilde in „Das Bildnis des Dorian Gray“)

  32. Der Symbolismus gewinnt in Deutschland zuerst um 1890 durch die Dichtung Baudelaires und Verlaines Einfluss. Er ist vor allem eine Reaktion gegen den Naturalismus. Die Kunst hat nicht Sachverhalte mitzuteilen oder gar Lehren zu vermitteln, sondern soll mit Hilfe einer bewusst gestalteten Sprache, die symbolische Kraft und Musikalität vereint, eine tiefere Wirklichkeit erschließen. In Deutschland sind George, Rilke und Hofmannsthal die bedeutendsten Vertreter. Unter dem Einfluss der Franzosen bekennt sich Stefan George zu einer strengen Form, zur Distanz vom Alltäglichen und Gemeinen, und stellt den Alltagsjargon der Naturalisten eine hochartifizielle, gestelzte Sprache entgegen.

  33. Mein garten bedarf nicht luft und nicht wärme Der garten den ich mir selber erbaut Und seiner vögel leblose schwärme Haben noch nie einen frühling erschaut Von kohle die stämme von kohle die äste Und düstere felder am düsteren rain Der früchte nimmer gebrochene läste Glänzen wie lava im pinienhain Ein grauer schein aus verborgener höhle Verrät nicht wann morgen wann abend naht Und staubige dünste der mandel-öle Schweben auf beeten und anger und saat Wie zeug ich Dich aber im heiligtume – So fragt ich wenn ich es sinnend durchmass In kühnen gespinsten der sorge vergaß – Dunkle grosse schwarze blume? (Stefan George)

  34. Ballade des äußeren Lebens Und Kinder wachsen auf mit tiefen Augen Die von nichts wissen, wachsen auf und sterben, Und alle Menschen gehen ihre Wege. Und süße Früchte werden aus den herben Und fallen nachts wie tote Vögel nieder Und liegen wenige Tage und verderben. Und immer weht der Wind, und immer wieder Vernehmen wir und reden viele Worte Und spüren Lust und Müdigkeit der Glieder. Und Straßen laufen durch das Gras, und Orte Sind da und dort, voll Fackeln, Bäumen, Teichen, Und drohende, und totenhaft verdorrte... Wozu sind diese aufgebaut? und gleichen Einander nie? und sind unzählig viele? Was wechselt Lachen, Weinen und Erbleichen? Was frommt das alles uns und diese Spiele, Die wir doch groß und ewig einsam sind Und wandernd nimmer suchen irgend Ziele? Was frommts, dergleichen viel gesehen haben? Und dennoch sagt der viel, der „Abend“ sagt, Ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinnt Wie schwerer Honig aus den hohlen Waben. (Hugo von Hofmannsthal)

  35. Wozu sind diese aufgebaut? und gleichen Einander nie? und sind unzählig viele? Was wechselt Lachen, Weinen und Erbleichen? Was frommt das alles uns und diese Spiele, Die wir doch groß und ewig einsam sind Und wandernd nimmer suchen irgend Ziele? Was frommts, dergleichen viel gesehen haben? Und dennoch sagt der viel, der „Abend“ sagt, Ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinnt Wie schwerer Honig aus den hohlen Waben. (Hugo von Hofmannsthal)

  36. Rainer Maria Rilke(1875-1926) Der österreichische Dichter, vielleicht der genialste Lyriker seiner Zeit, hat viele europäische Dichter und Philosophen beeinflusst. Die zarten Bilder und Klänge seiner Verse erschließen eine neue Welt der Innerlichkeit und des dichterischen Ausdrucks. Werke: Gedichtsammlungen: „Das Stundenbuch“, „Neue Gedichte“, Essays: „Rodin“, „Worpswede“, Übersetzungen.

  37. Der Dichter  Du entfernst dich von mir, du Stunde. Wunden schlägt mir dein Flügelschlag. Allein: was soll ich mit meinem Munde? mit meiner Nacht? Mit meinem Tag? Ich habe keine Geliebte, kein Haus, keine Stelle auf der ich lebe. Alle Dinge, an die ich gebe, werden reich und geben mich aus. (Rainer Maria Rilke)

  38. Regenduft Schreie. Ein Pfau. Gelb schwankt ein Rohr. Glimmendes Schweigen von faulem Holz. Flüstergrün der Mimosen. Schlummerndes Gold nackter Rosen Auf braunem Moor. Rauschende Dämmerung in weißen Muscheln. Granit blinkt eisengrau. Matt im Silberflug Kranichheere Über die Schaumsaat stahlkühler Meere. (M.v. Dauthendey)

  39. Jasmin  Wachsbleich die Sommernacht. Auf erddunkeln Moderlachen Singen rosigblaue Irislichter. Wetterleuchten, schwefelgrün, in Splittern. Eine weiße dünne Schlange sticht Züngelnd nach dem blauen Mond. Rosen Weinrot brennen Gewitterwinde. Purpurblau der Seerand. Hyazinthentief die ferne Küste. Ein Regenbogen, veilchenschwül, Schmilzt durch weihrauchblaue Abendwolken. Im Thaudunkel lacht Eine heiße Nachtigall. (Max Dauthendey)

  40. Liebeslied Ich bin eine Harfe Mit goldenen Saiten, Auf einsamem Gipfel Über die Fluren Erhöht.  Du lass die Finger leise Und sanft darübergleiten, Und Melodien werden Aufraunen und aufrauschen, Wie nie noch Menschen hörten Das wird ein heilig Klingen Über den Landen sein.  Ich bin eine Harfe Mit goldenen Saiten Auf einsamem Gipfel Über die Fluren Erhöht, Und harre Deiner, Oh Priesterin! Dass meine Geheimnisse Aus mir brechen Und meine Tiefen Zu reden beginnen Und wie ein Mantel Meine Töne Um Dich fallen – Ein Purpurmantel Der Unsterblichkeit (Christian Morgenstern)

  41. In meinem schwarzen Taxuswald singt ein Märchenvogel – die ganze Nacht.  Blumen blinken.  Unter Sternen, die sich spiegeln, treibt mein Boot.  Meine träumenden Hände tauchen in schwimmende Wasserrosen.  Unten, lautlos, die Tiefe.  Fern das Ufer! Das Lied... Um mein erleuchtetes Schloss wehn Cypressen. Ich höre sie nicht. Ich fühle sie. Alle meine Lichter werden erlöschen, der letzte Geigenton verklingt, durchs Fenster in meinem brechenden Blick spiegelt sich der Mond (aus Arno Holz, Phantasus)

  42. Thomas Mann 1875 6. Juni: Thomas Mann wird als Sohn des Speditionskaufmanns und späteren Senators Heinrich Mann und dessen Frau Julia (geb. Bruns) in Lübeck geboren. 1894 Mann verläßt das Gymnasium in der Obersekunda. In München arbeitet er als Volontär bei einer Versicherungsgesellschaft. Seine erste Novelle "Gefallen" erscheint in der Zeitschrift "Die Gesellschaft".

  43. Thomas Mann 1895 Aufgrund des Erfolgs seiner ersten Veröffentlichung gibt er seine Stellung auf und entschließt sich, als freier Schriftsteller zu arbeiten. 1895/96 Beiträge für die von seinem Bruder Heinrich Mann herausgegebene konservative Zeitschrift "Das Zwanzigste Jahrhundert. Blätter für deutsche Art und Wohlfahrt". 1898 Die Novellensammlung "Der kleine Herr Friedemann" wird publiziert.

  44. Thomas Mann 1899 Auf einer Urlaubsreise nach Dänemark entsteht die Novelle "Tonio Kröger". 1901 Manns größtes Prosawerk " Buddenbrooks" - ursprünglich als Gemeinschaftsarbeit der Brüder geplant - erscheint in zwei Bänden und wird von der Kritik begeistert aufgenommen 1903 Die Novellensammlung "Tristan" - darin enthalten "Tonio Kröger"- erscheint. 1912 Die Erzählung "Der Tod in Venedig" erscheint. 1922 Aussöhnung mit dem Bruder. Mit seiner Rede "Von deutscher Republik" tritt Mann zum ersten Mal als politischer Mahner und Befürworter der Republik hervor. 1924 In einem Prozeß geistiger und politischer Neuorientierung entsteht der Zeit- und Bildungsroman "Der Zauberberg", an dem er seit 1913 gearbeitet hat.

  45. ThomasMann 1929 Nobelpreis für Literatur für die "Buddenbrooks". 1930 Die Erzählung "Mario und der Zauberer" erscheint. 1933 11. Februar: Mann begibt sich auf eine Reise durch Europa 1938 Emigration nach Princeton (USA), wo er als Gastprofessor an der Universität tätig ist. 1939 Der Roman "Lotte in Weimar" entsteht. 1945 Nach dem Zweiten Weltkrieg vertritt Mann in dem offenen Brief "Warum ich nicht nach Deutschland zurückkehre" die Kollektivschuld-These. Sie stößt vor allem bei den Autoren der "Inneren Emigration" auf Widerstand.

  46. Thomas Mann 1947 Sein Altersroman "Doktor Faustus" erscheint. Zwei Jahre später wird als Selbstkommentar "Die Entstehung des Doktor Faustus" veröffentlicht. 1949 Erster Besuch im Nachkriegsdeutschland. 1954 Mann vollendet den ersten Teil des Romans "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull", der fragmentarisch bleibt. 1955 Er erhält den Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Kunst. 12. August: Thomas Mann stirbt in Zürich.

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