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Europäische Literatur und deutsche Wanderbühne

Europäische Literatur und deutsche Wanderbühne. 3. Die Stücke und ihre vermutlichen Vorlagen. Textsammlungen. 1620 Engelische Comedien und Tragedien Leipzig: Gottfried Große 1624 2. Auflage 1630 Liebeskampff 1670 Schaubühne englischer und frantzösischer Comödianten

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Europäische Literatur und deutsche Wanderbühne

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  1. Europäische Literatur und deutsche Wanderbühne 3. Die Stücke und ihre vermutlichen Vorlagen

  2. Textsammlungen • 1620 Engelische Comedien und Tragedien • Leipzig: Gottfried Große • 1624 2. Auflage • 1630 Liebeskampff • 1670 Schaubühne englischer und frantzösischer Comödianten • 1694 in Nürnberg drei Bände durch Johannes Velten: Histrio Gallicus comicosatyricus sine exemplo, oder die überaus anmuthigen und lustigen Comödien des fürtrefflichen frantzösischen Comödianten Molière.

  3. Repertoire • englische Truppen 1586-1626: religiöse Stücke → Shakespeare • Green 1626 in Dresden: • Tragödie von Hamlet, Prinz von Dänemark • Tragödia von Romeo und Julietta • Kaufmann von Venetien • Tragödia von Lear, König in Engeland • Julius Caesar • spanische Stücke von Calderòn oder Lope de Vega meist über holländische oder französische Bearbeitungen • Shakespeare oder Molière immer umgearbeitet: • Monologe gestrichen • spektakuläre Geister- und Teufelserscheinungen eingefügt • effektvolle Aktionen gesteigert

  4. Pomp und Aufregung • Schul- und Bürgertheater: Heilsgeschichte, Legenden, Allegorien, propagandistische Reformationsstücke • wenig ereignisreiche Handlung, kaum Unterhaltung • Neugierde nach höfischer Welt • bürgerliche Figuren (die Parabel vom verlorenen Sohn) → Adelswelt • Haupt- und Staatsaktion • Skala menschlicher Affekte: Wut, Leidenschaft, Verzweiflung, Wahnsinn • Rasen der Triebkräfte • Psychologie von Descartes • meist rührend-tröstlicher Ausgang

  5. Neue Faszination der Schauspielkunst • unvorhersehbare Ereignisse • Göttin Fortuna • Spaßmacher durchbricht die Tragik auf der niedrigen Ebene • Froschperspektive der Trivialität • nicht Katharsis durch Gleichsetzung im verkleinerten Format, sondern Schranke zwischen zwei Welten • extreme Manieriertheit der galanten Welt des Hofes • derbe Ausdrucksweise der ungehemmten Triebwelt • zwei sprachliche Ebenen • im 16. Jh. stilisiertes Vortragen von Versen • nun lebendige Prosa

  6. Ein effektvolles Spiel • expressive Prosa • heftige Gestik • Handlung aufregend,nicht ergreifend • grausige Szenen • Zweikämpfe,Wahnsinnsszenen, Selbstmord, Folter, Hinrichtungen • Pracht – Kostüme • gravitätische Aufzüge • Chor der Untertanen und Musik

  7. Die Bühne • Ritualhandlungen (Krönungen, Audienzen) • Saal mit Thron • Handlungsebenen: • vorne niedrige • hinten hohe Ebene • Mittelgardine

  8. Das erste Stück • Bearbeitung von Nobody and Somebody • 1608 von John Green: • Niemand und JemandEin warhafftigeunndtglaubwirdigeHistoryunndGeschicht, wie es sich vor villenJarrn in Engllandt mit KhünigArtzngall und seinen dreyen Prüder zu getragen. • aus der Stadt an den Hof • 1620 noch verstärkt

  9. Niemand und Jemand • Gerichtstag vor dem König: Streit um eine Grafschaft • Klage gegen Niemand • Hertzngal: Schweig du schtill, eur Rat bederfen wir nicht. Waß finden wir hie für ein Suplication gegen Niemantß wegen sein Parmherzigkheit, Frombheit, Freigibigkheit, Kheischheitvndfiellanderdeß gleichen? Sag mir, wer khent in?Elidor:Genedigster Herr und Prueder, ich khen in woll, er ist from und erlich; Wukherei, Unkheischheit, Veraterey und Trunkenheit thuet er von Herzen hassen. Niemantß ist euer getreuer Unterthan, ja Niemantß hat eurMeyestet von Herzen lieb.Hertzngal:Eßgieldtgeleich, wir wollen in verbanen, weill er ein Liebhaber ist aller Tugent; laß in verbanet sein; aber wo fint man in?

  10. Niemand und Jemand • der höfische Schmarotzer: • Van Schmaroz: Ich hab eine Fraindt, großmehtigsterKhenig, der im veriagen soll; einer, der Schellmerey, Wucherey, Trunkenheit, Unkheischheit, und alle Sündt von Hertzen lieben thuet; dem selbigen will ich bevelchen, daß er im außdisenLandt vertreiben solt.Hertzngal: Wie ist er genenet? wie heist man in?Van Schmaroz: Er ist JemandtßgenenetgroßmechtigisterKhenig.Hertzngal: Ich bin eßwollzufriden, laßJemantß in vertreiben und veriagen, wir sein gerecht, danNiemantß hat über unßzukhlagen.

  11. Niemand und Jemand • absurde Wortspiele: • (Ein Paurkhombt ein mit ein Par Hörner unnd sein Weib.)Paur: Holla, holla, Frau wo seit ihr solang gewest die gancze Nacht, bei wem seit ihr gewesen?Frau: Ich, ich bin peimNiemantß gewesen.Niemantß: Straf mich der Teufl, eß ist erlogen, sie ist bei mir nit gewesen.Paur:Khumb, sagt mir die rehteWarheit, wer hat mir daß Par Herner auf geseczt, sagt mir, wer solcheß verursacht hat?Frau: Ich sag nacheinmall und nacheinmall, Niemantßhatß verursacht.Niemantß:Daß dich Paczschlaperment, sie werden mich balt zum Huernjager machen.

  12. Niemand und Jemand • König gestürzt – Elidor auf den Thron • Martianus:Daß Unrecht, so du uns beweist hast, soll dir dein Leben costenHerczngall; mein Graffschaffthastu mit Gewalt und Unrecht eingenamben und durch Gewalt solstu dein Leben enden.Elidors Gemahlin: Sein Graffschaft dein Grab verursacht Herzngall, darumbpraeparir dich; dan hie var unser khöniglich Augen solstu dein Leben enden.Elidor: Solang allß ich die khöniglichKhronregirnthue, soll mein herzlieber Prueder bei Leben bleiben. Du unbarmhercziges Weib vexier in nit, dan er ist rehter Erb und die khoniglichKhrongehert im zue; darumb es gebürt dir nit, sein khöniglichen Nam mit schantlosen Worten zu beflekhen. Ich sag nach eins, mein PruederHerczngal ist rehterKhönig, und durch Gewalt, und nit mit Reht habt ihr die Khrongenamen.

  13. Niemand und Jemand • Rivalität zwischen den beiden Königinnen • Wechsel zwischen den zwei Ebenen: • die Staatsebene mit dem Komplott gegen den König • die untere Ebene mit Niemand und seinem Diener • Samuel Beckett: En attendant Godot (1952)

  14. Niemand und Jemand • (Gehen alle ab, Niemandtskhambt ein mit villnPüchernundt mit ein Rosnkhrancz, und sein Jung mit im.)Jung: Herr, warumb habt ihr sovilBuehergekhaufft, ich will gern die Ursach wissen.Niemantß: Jung, du weist Niemantß ist gottßferhtig, darumb hab ich vill Gelt außgeben ehe ich diese heyligePuecherbekhamen hab; geldt, Niemantß ist gottsferhtig, eccesignum, hie ist mein Paternoster, Niemantßwirt sich bekhern van allen Sünden, NiemantßwirdtPuesthuen, Niemantß will fasten und beten und alle Tag wirtNiemantß 6 mall zum wenigsten in der Khirchen erscheinen auf gebognenKhnie.Jung: Und Niemantß Diener wirt sein Herrn Gesellschafft leisten.

  15. Niemand und Jemand • Staatsebene – mehrere Umschwünge: • Elidors Gemahlin:Secz mir die khöniglicheCron auf mein Haubt und laß mich sterben.Khönigin: Ja frailich, das gebürt sich; vor langer Zeit hab ich solcheßgeordinirt: Da hastu eine; ein schlechte Cron und ein schlecht Khöniginaccordirn gar wollzusamen.(Sie seczt ihr ein papireneCron auf.)Schmarocz: Ha, ha, Gott behieteurkhöniglichMeiestet! ein papirnCron stehet ihr gar woll an.Khönigin:Jecztpraeparir dich, danjeczundermuestu sterben.(Zeucht ihr Messer aus, sie zu erstehen. Cornuelkhombt ein.)

  16. Niemand und Jemand • Situationswechsel unvorhergesehen • die Strafe Gottes • Hertzngall stirbt überraschend • Elidor rechtmäßig auf den Thron • sinnvolles Gewebe – überirdische Mächte • eine herbe Sozialkritik: • (Jemantßkhlopfft an und ainfürnemer Herr khombt aus.)Herr spricht: Was begert ihr?Jemantß: Ich beger ein halbßPfundtGerechtigkheit, genediger Herr.Niemantß: Mein Seel, er hat nitGeldtgenuegumb ein halbsQuintling; ein halbes Pfundt! ist nitsovilGerehtigkheit in der ganczen Welt zubekhamen.

  17. Niemand und Jemand • Jemantß: Mein Herr, khan ich ainhalbeßPfundtGerechtigkheitumb Gelt bekhamen oder nit?Herr:Umb Gelt meht ihr villGerehtigkheitbekhamen; ober mein Sell, ich hab nitsovil bei mir, und wen ich gleich sovil bei mir het, ich glaub nit, daß der Herr sovilkhauffenwurdt, danGerechtigkheit ist gar ein teureßKhleinoth; ein ½ Loth, mein Herr, costfünffhundertTaller.Niemantß: Ha, ha, ha, hab ich nit zuvor gesagt.Jemantß: Fünfhundert Taller? Hei, eß ist gar zuvill.Herr: Mein Seel, wen ihr nit van Adl wert, ihr khundteßnit so guetenKhaufbekhamen, dansowahr ich leb, die PauernmueßensibenhundertTaller für ein halbßLodtbezollen, die Purger sechshundert und die EdlleidtfünffhundertTaller.

  18. Niemand und Jemand • Monolog von Niemand • captatiobenevolentiae des Autors • Handschrift aus Stift Rein • 1620 veränderte Version in EngelischeComedien • Gerichtsszene gestrichen • Handlung beginnt mit Komplott gegen den König und Rivalität der beiden Frauen • pompöser im Ton • Unterteilung in 5 Akte • wesentlich längere Monologe

  19. Niemand und Jemand • Jetzt kömptJemandt.Jemandtjemandt bin ich geheissen/ in der Welt durch und durch wolbekandt/ und ziehe durch alle Königreich und Fürstenthümber/ die ärgestenSchelmstücken/ bring ich zu wegen und auff die Bahn/ ich bin ein heimlicher Mörder/ Brenner/ ein Rauber/ viel Jungfrawenthu ich schenden/ doch geschicht es alles heimlich. In Summa alle Schelmerey/ so auff Erden heimlich geschicht/ darin bin ich der Autor. Es ist aber ein ander Schelm/ der heist Niemand/ auff den ich alle meine Schuld werffe/ der muß alles was ich thue entgelten/ derselb Schelm machet mir viel Unruh/ denn er wil kein Schuldt haben/ sondern thut sich verantworten. Derhalben gehe ich jetzt allenthalben/ und suche den ehrvergessenen Schelm/ den Niemandt/ und wo ich ihn antreffe/ wil ich in anklagen/ und an den höchsten Galgen hencken lassen.

  20. Niemand und Jemand • Alter.Fraw dich sol bald der Teuffel holen/ sag wo bistu diese gantze Nacht uber gewesen?Fraw.Wie nun sachte/ ich mag ja gehen wo ich hin wil? Ich bin beyNiemande gewesen.Alter.Ja jabeyNiemandt/ so offt du Hure auß dem Hause bleibest/ sagstu du seystbey Niemand gewesen/ solches wolt ich dir wol vergönnen/ denn Niemand ist ein außbündiger ehrlicher Mann/ den ich meine Frawewol hundert Nacht auß guter Freundschafft lehnen wolte. Aber ich erfahre andere Possen/ daß du beyJemandt des Nachts seyn sollest/ und bey ihn schlaffen/ dieses ist mir vor eine Warheit gesagt worden/ höre/ du weist daß derselbe Jemandt mein ärgester Feind ist/ und daß ich dir niemalen gestatten wollen mit ihm zu reden. Ich schwer es dir zu bezahlen/ denn ich dich/ mit sampt den Huren Jäger Jemandtwil an den Kack außstreichen lassen.

  21. Niemand und Jemand • sozialkritische Szene im 2. Akt • Streitgespräch von Niemand und Jemand vor dem neuen König Ellidorus • Jemand als Betrüger entlarvt • literarische Stilisierung (für den Druck) auf Kosten der theatralischen Effekte

  22. Engelische Comedien • geistliche Spiele • 2. Comoedia von dem verlornen Sohn in welcher die Verzweiffelung und Hoffnung gar artig introduciret werden • allegorische Stücke • 3. Comoedia von Fortunato und seinem Seckel und Wünschhütlein/ darinnen erstlich drey verstorbenen Seelen als Geister/ darnach die Tugendt und Schande eingeführet werden • Auftritte von Pickelhering • Comoedia = positiver Ausgang

  23. 1. Comoedia von der Königin Esther und hoffertigen Haman • Geschlechterkonflikt auf zwei Ebenen • Königin Vasthi ungehorsam • Frau von Hans Knappkäse tyrannisch • Jetzt kömpt Hans Knapkäsehat ein Schwerdt in seiner Hand mit einem Schilde.Nun nunsol mein Fraw potz schlappermentauff den Kopff bekommen/ denn nun hab ich mir erst ein Hertz gefasset/ ho ho ich bin so toll als ein Bull/ potz schlapperment wie werde ich das Weib schlagen. Nun wird sie bald kommen als ein Teufel und mich wieder schlagen wollen/ aber laß sie nur ankommen. Ho ho ich bin nun so nicht mehr als ich war. Sieh da/ sieh da/ kömpt der Teufel.

  24. Königin Esther • Das Weib kömpt hat einen Korb.Weib.Daß dich loser Schelm potz schlappermen/ worbistu so lang gewesen.Hans.Ho ho du Hure kömpstu/ gehe zu rücke oder ersteche dich.Machet ein hauffen Fechterstreiche.Weib.Sieh hie du Schelm trage mir den Korb.Hans.Du faule Hur trag ihn selber.

  25. Königin Esther • Hans wieder überlistet • Königin verstoßen – Suche nach neuer Königin • Esther • Komplott gegen den König • Mardocheus, Ziehvater von Esther • Judenverfolgung • Esther deklariert sich

  26. Königin Esther • König.Esther und Mardochee in ewrem Geschlecht sol keinem kein Leid widerfahren/ darumbMardochee/ laß schreiben nach deinem Willen/ also/ daß das vorige Gebot nicht gelten sol/ sondern all ewerm Geschlecht sicher Geleite zu geben/ auch daß die Jüden sich praepariren sollen/ alle die/ so sie hassen/ mit der Scherffe des Schwerts umbzubringen. Nim unser Secret, und bestetige es damit.Mardocheus.Allergnädigster König/ hiefür werden sie täglich umb Ihrer Majestät langes Leben/ und glückselig Regierung bitten.

  27. Königin Esther • König schlichtet auch Ehekonflikt • König.Ihr zwey albern Leut/ ihr meynetgäntzlich/ daß eines kein rechter Herr im Hause sey/ er müsse denn zuschlagen. Nein ihr irret. Aber ich sehe wol/ ihr werdet euch nimmer können vertragen. Darumbseynd wir resolviret, euch von einander zu scheiden. Mann du soltbey uns am Hofe seyn/ damit wir was kurtzweil an dir haben/ und Fraw/ dich gebe ich meiner Königin. Königin Esther nembt sie zu euch/ damit ihr ein ZeitVertreiber habet.

  28. 4. Eine schöne lustig triumphirende Comoedia von eines Königes Sohne auss Engellandt und des Königes Tochter auss Schottlandt • Krieg zwischen England und Schottland • ein Jahr Waffenstillstand • Sohn als Hofnarr nach Schottland • Zauberer: Tochter wird einen Narren heiraten • Prinz kommt als Mohr verkleidet • Sohn und Tochter vom anderen König gefangen • große Versöhnungsszene

  29. 5. Eine kurtzweilige lustige Comoedia von Sidonia und Theagene • CALARISIS Jungfrawen Vater. CNEMON Bawr.CHRASILLA Jungfrawen Mutter. THEAGENES Jüngling.NAUSICLES Ein alter Buler. Knabe oder Jung.SIDONIA Jungfraw. Aleke der Jungfraw Magt. • Theagenes, Sidonia aus hellenistischen Romanen • SIDONIA.Lieber Herr/ ob schon das Glück an zeitlichen Gütern mich arm und gering geschaffen/ und ich darzu euch nicht zu einen Mann bekom/ hoffe ich doch darumb nit nackend zu gehen/ darzu wenn ich schon alles uberflüssig hette/ und ihr leget bey mir an meiner Seiten wie ein Klotz/ mich deucht ich solte gefischet haben/ die Herrligkeit würde mir ubel gnug belohnet werden.

  30. Sidonia und Theagene • Nausicles.Ob ich denn schon von Jahren alt bin/ weiß ich doch wol was einer Braut gebühret/ es kömpt mich ja auch noch zu zeiten an.Sidonia.Zu zeiten nur? O so gehet/ es ist nichts mit euch/ ich muß ein wackern jungen Cavallier haben/ mit welchen ich mich besser erlüstenkan/ darumb gehet nur/ bey mir erlangt ich ewer Lebtag nichts.Abit.Nausicles.Solussecum. O Gott/ Gott muß ich denn umb Liebe willen so erbärmlich sterben/ Ach/ ach/ Amor ist dieses der Lohn/ den du deinen Dienern giebest/ O Tugendt und Großmütigkeit/ musset ihr so schändlich von einem Weibe verachtet werden/ O Gott/ O Gott. Tacitus paululumobambulat.

  31. Sidonia und Theagene • Cnemon auf derbe Art • Theagenes wirbt edel • Lectishisait.Ach Iupiter ach Venus was seynd das für Wort? Ach Theagenes mein Trost mein Auffenthalt/ bistu der Schreiber? O Mein Schatz/ O mein Hertz/ dir hab ich mich für langer Zeit ergeben/ sey willkommen O süsserBrieff/ nach dir hab ich offt und viel gewünschet/ ach den Göttern seydanck/ daß du es gewaget/ und mir deines HertzenCreutz und Anliegen eröffnet. • lange Monologe mit rhetorisierter Liebesklage • CnemonAd spectatores

  32. 7. Tragaedia von Julio vnd Hyppolita • höfisches Milieu mit Pickelhering • Romulus – Hyppolita – sein Freund Julius: • JULIUS.Ziehe daß du mögst den Halß brechen/ und nicht wieder kommen. Jetzt muß ich auff Practicken dencken/ Romule Romule getrewer Freundt bistu wol/ aber jetzt muß ich dir untrewe Brüderschafft beweisen. O schon Hyppolita was kan dein schön Gestalt/ nicht zu wegen bringen/ O was solte LiebesBrunst nicht außrichten. O Hyppolita du Wunder unter allen Weibespersonen/ du must mein seyn/ oder ich muß nicht leben/ nun muß ich gedencken wie ichs wolle anfahen/ man sagt Practica est multiplex, nun ich muß auch eins darvon versuchen. Gehet ab.

  33. Julio vnd Hyppolita • Julius gewinnt die verzweifelte Hyppolita • Die Musicanten machen auff/ Juliustantzet mit der Braut/ unter dessen giebt sich Romulus zu erkennen/ zeucht die Kappen ab/ und mit blossen Dolch spricht er zu Julio.Sieh du untrewerverrähterlicher Mensch kennestu mich noch wol. Siehe hie diese Tragaediamhastugetantzet.Ersticht ihn mit den Dolchen und wirfft ihn hernach auff die Erden/ der Fürst und seine Tochter erzitern für schrecken/ Romulus spricht zu ihr.Und du untrewesteCreatur/ warumbbistu mir so untrew worden/ ist die recompens/ meiner getrewen beständigen Liebe. O HyppolitaHyppolita, ist deine Liebe so gering kegen mir gewesen/ und hast dich von mir deinen getrewen Liebhaber zu dem Schandtfleck aller Manspersonen/ den ungetrewen Julio gewandt.

  34. Julio vnd Hyppolita • HYPPOLITA.Ist noch in der Meynung/ das ROMULUS die Brieffe geschrieben.O weh/ O weh/ wie angst ist meinen jungen betrübten Hertzen/ O weh/ O weh/ sol dann nun umb meinet willen ungestrafft/ ein solcher Mordt geschehen/ Nein nein das muß nicht seyn/ sondern hiemit wil ichs büssen.Nimpt den Dolch von der Erden auff/ und ersticht sich.FÜRST.O du Mörder/ eines schrecklichen Todes mustu sterben.

  35. 8. Eine sehr klägliche Tragaedia von Tito Andronico und der hoffertigen/ Käyserin/ darinnen denckwürdige Actiones zu befinden • fälschlich Titus Andronicus von Shakespeare • Very Lamentable Tragedy of Titus Andronicus and the Haughty Empress • Feldherr Vespasianus – Vater Titus Andronicus zum Kaiser • T. A. verzichtet und gibt Tochter Andronica zur Frau • Kaiser verliebt sich in Aetiopia • Liebhaber Morian und 2 Söhne

  36. Tragaedia von Tito Andronico • Jetzt kömptheraußHelicatesund Saphonus/ welche zuvor mit derAndronica in den Walde gangen/ ihre Wollust mit sie gebrauchet/ und sie jämmerlich zugerichtet/ beyde Hände haben sie ihr abgehauen/ und die Zunge auß dem Munde gerissen/ haben sie zwischen sich.Also muß man es machen/ wenn man bey schönen Frawengeschlaffen/ daß sie es nicht können nachsagen/ die Zungen muß man ihr außschneiden/ damit sie es nicht sagen/ auch ihre beyde Hände abhawen/ daß sie es auch nicht schreiben/ gleich wie es hier mit dieser gemachet/ aber was sol man nun weiter mit ihr anfahen/ wir müssen sie hie im wilden Walde gehen lassen/ daß sie nur zu letzt doch den wilden Thieren zu Theil werden. So kom lieber Bruder laß uns gehen. Nun ade adeAndronica.Gehen weg. Andronica bleibet alleine seufftzen/ siehet kläglich kegen Himmel: Nicht lange darnachkömptVictoriades/ und siehet sie/ da sie ihn aber siehetleuffet sie ins Holtz.

  37. Ovids Metamorphosen: Io (I) und Tereus – Philomela (VI) Ja warlich ihr sollet mir solche willkommene Gäste seyn/ wie ich nimmermehr gehabt/ Holla Soldaten/ kommet eilends herausser. Kommen ihrer zween herausser. Kompt hie/ und haltet mir diese beyde steiff und feste. Nun ihr ehrvergessene und mörderliche Schelme/ meynt ihr daß ich so gar von sinnen kommen bin/ daß ich euch nicht kennen solte. Ziehet ihn die Kappe vom Angesichte. Seyd ihr nicht der Keyserinnen Söhne/ und meynet mich verrätherlich umb mein Leben zu bringen. Aber jetzt habe ich/ woran ich mich rechnen kann/ bringt mir da alßbald ewer ein/ ein scharffes Scheermesser und ein SchlachtTuch herausser. Ja jetzt hab ich ein heimlichen Rath bey mir erdacht/ worin ich alle meine Feinde fangen wil/ und meinen Muth wiederumb genugsam an sie kühlen. Jetzt kömpt einer/ bringet ihm ein scharffes Scheermesser und SchlachtTuch/ er macht das Tuch umb/ gleich als wenn er schlachten will. Tragaedia von Tito Andronico

  38. Gehe auch geschwinde hin/ und hole ein Gefäß. Gehet hin. Und du kom mit demselben Mörder/ den du hast hieher und halte ihm seine Gurgel herüber/ daß ich sie kan abschneiden. Bringt Gefäß. Und du kom hie mit deinem Gefäß/ halt es ihme unter die Gurgel/ und fange alles Blut darein. Der elteste Bruder wird erstlich herüber gehalten/ er wil reden/ aber sie halten ihm das Maul zu. Titus schneidet ihm die Gurgel halb abe. Das Blut rennet in das Gefäß/ legen ihn da das Blut außgerennet/ todt an die Erden. Nun kom du ander auch heran. Helt ihn eben so die Gurgel herüber. Er weigert sich hefftig zum Tode/ wil reden/ aber sie halten ihm das Maul zu. Titus schneidet ihm in die Gurgel/ das Blut wird auffgefangen/ darnach todt an die Erden gelegt. Nun habe ich ihnen die Gurgel beyde halb abgeschnitten/ was ich aber nun geschlachtet/ darüber wil ich selber Koch seyn/ die Häupter wil ich gar klein zuhacken/ und sie in Pasteten backen/ worauff ich denn den Keyser sampt ihrer Mutter zu gaste bitten wil/ und alßbald ein Friedes Boten nach dem Keyer schicken/ ihr aber nempt alßbald die Cörper/ und bringet sie mir in die Küchen. Gehet hinein. Bringen die Cörper weg. Tragaedia von Tito Andronico

  39. Engelische Comedien, 1620 • performative Ankündigungen des Handelns • komische Person in Zwischenspielen • Nach- und Singspiele • Pickelhering die Zentralfigur • 9. Lustig Pickelherings Spiel/ von der schönen Maria und alten Hanrey • … können nach Belieben zwischen die Comödien agiret werden • Sinnlichkeit • das gesprochene Wort als Reizträger

  40. Engelische Comedien, 1620 • Fischer: Den Großteil der weltlichen Stücke bildet die sogenannte ‚Haupt- und Staatsaktion‘. Das eine bezieht sich auf die Stellung des Stückes im Spielplan und bei der Vorstellung, das andere auf den Inhalt. Die ‚Hauptaktion‘, nur dieser Teil erscheint auf dem Komödienzettel, ist das Hauptstück der Vorstellung, darauf folgt meist ein ‚Nachspiel‘. Es heißt ‘Staatsaktion‘, weil es um politische Ereignisse, Staatsangelegenheiten geht, um Krieg und Frieden, Landesverrat, um die Gegenüberstellung von ‚Staatsraison‘ und menschlichem Empfinden. [...] Die Haupt- und Staatsaktion ist idealistisch in ihrer Anlage: gefeiert werden Edelmut, Opferbereitschaft, Charakter, Selbstbeherrschung. Das Gute siegt, das Böse wird verdammt. [... vgl. Titus Andronicus] Das ‚Nachspiel‘ soll den Zuschauer von der Wirkung lösen, der tiefen Erschütterung befreien, die die Tragödie der Hauptaktion auf ihn ausübte. Das ‚Nachspiel‘ ist daher ein Stück leichter Natur, ein Ballett, meist jedoch eine Burleske.

  41. Liebeskampff • belehrende Absicht: • Etliche aber durch liebliche Comoedien und Tragoedien sich unterfangen/ dem Menschen dadurch lust zu schaffen/ die auch nützlichen und rühmlich seyn/ denn fürnemlich an jetzo von den Comoedien und Tragoedien allein zu reden/ ist ihr intent darmit gewesen/ uns Menschen dahin zu wenden/ und gleich lebendige Exempel der Lust fürzustellen/ damit wir lernen/ sehen und erkennen/ welcher massen wir unser Leben Bürgerlich/ züchtig und ehrlich/ zu erhaltung allerhand Tugenden/ und meidung den Lüsten anrichten sollen. • Vorrede zu Liebeskampff, 1630 • Ludwig Tieck: Anfänge des deutschen Theaters, 1817

  42. Liebeskampff • Deß Streitbaren Helden/ Amadis auß Franckreich sehr schöne Historien Darinnen fürnemblich gehandelt wird von seinem Ursprung Ritterlichen vnd Ewiggedenckwürdigen Thaten/ deßgleichen seines gantzen Stammens (in glück vnd Unglück/ auch freud vnd leyd) außbündige vnd vber Menschlichs verstandt Tapfferkeit/ sampt außführung trefflicher/ seltsamer Abentheuren vnd Zaubereyen/ so sich mit jme/ seinen Sönen/ Enckeln/ vnd andern auch Rittermessigen Königen/ Fürsten/ Herren vnd vom Adel/ verloffen und zugetragen haben. [...]

  43. Liebeskampff • Alles auß Frantzösischer in vnser allgemein Teutsche Sprach transferiert. [...] Gedruckt zu Franckfurt am Mayn/ In verlegung Sigmund Feyerabends. M. D. LXXXIII. • Auszüge aus Kapitel XXXIV von Antonio de Guevaras Ander Theil. Der guldenen Sendtschreiben • Übersetzung von Ägidius Albertinus (München 1615) • Verteidigung des Schauspielerstandes – Kapitel I.28 von Petrarcas De remediis utriusque fortunae

  44. 1. Comoedia und Macht des kleinen Knabens Cupidinis • 1. Venus, Eine stumme Person. 4. Florettus LiebhaberKan auch gar außgelassen werden. 5. Balandus Betrieger.2. Cupido. 6. Corcillana Kuplerin.3. Jucunda Jungfraw. 7. Hans Worst.Handlung in Rom • lange Monologe • Corcillana.Ja wol eine Nonne werden/ und des Ewigen Fewers hüten/ wann das galanisiren nicht vorhanden wer. Bey Tage könt man sich noch wol keusch stellen/ wann man nur bey Nacht dürffte. So möchte es heissen/ bey Tag heilig und rein/ bey Nacht nicht gerne allein.

  45. Macht des kleinen Knabens Cupidinis • zumindest halb gebildetes Publikum • Hans Wurst.Ich suche meinen Herren/ und kan ihn nicht finden, sintemahl ich ihn hier finden soll und sol zu im sagen/ Tu generis feminini, Marcus Tullius Cicero, Marco Tullio Cicerone & Tulliae, dicit salutem plurimum filiis clarissimis salutem plurimum dicit. Es sol kommen.Jucunda.Ihr redet nerrische sprachen/ die ich nicht verstehen/ aber hier habt ihr einen Groschen/ und lauff mit hin.

  46. Macht des kleinen Knabens Cupidinis • Gabriel Rollenhagen: Amantes amentes. Das ist Ein sehr Anmutiges Spiel von der blinden Liebe/ oder wie mans Deutsch nennet von der Leffeley (Magdeburg 1610) • Jakob Ayrer: Von der schönen Phoenicia und Tugend- und Liebesstreit (1618) • Samuel Israel von Straßburg: Pyramus-Thisbe (ca. 1601) • Monolog Cupidos am Beginn des vierten Aktes – Heinrich Kornmann: Mons Veneris, Fraw Veneris Berg: das ist, Wunderbare und eigentliche Beschreibung der alten Heydnischen und Newen Skribenten Meynung von der Göttin Venere (Frankfurt 1614)

  47. 2. Comedia von den Aminta und Silvia • Torquato Tasso: Aminta • Pastorales Drama in 5 Akten • 1573 auf der Po-Insel Belvedere • Venedig 1580 • Hirte Aminta liebt Schäferin Silvia • Vergewaltigungsversuch eines Satyrs • Aminta stürzt sich von einem Felsen • französische Vorlage ? • Aminte Pastorale du Sieur Torquato Tasso traduite en prose Française par Cathérin le Doux [Catharinus Dulcis]. A Francfort chez Jean Charles Unckel [1618].

  48. Vorrai dunque, pur, Silvia,da i piaceri di Venere lontanamenarne tu questa tua giovanezza?Né ’l dolce nome di madre udirai,né intorno ti vedrai vezzosamentescherzar i figli pargoletti? Ah cangia,cangia, prego, consiglio,pazzarella che sei. Wollet ihr dann nun allezeit vielgeliebte Silviaewer zarte Jugendt von der Venus lieblichenWohlgefallen und ergetzlichkeiten gantzabgewendet vollenden/ und niemals mit demsüssen Mutternahmen euch rufen lassen/ nochumb euch herumb lieblich spielen sehen/ zarteliebe Kinderlein? Ach endert doch ewren Sinn/Vielgeliebte Silvia. Aminta und Silvia

  49. Altri segua i diletti de l’amore,se pur v’è ne l’amore alcun diletto:me questa vita giova; e ’l mio trastulloè la cura de l’arco e de gli strali,seguir le fere fugaci, e le fortiatterrar combattendo; e se non mancanosaette a la faretra o fere al bosco,non tem’io che a me manchino diporti. Ein ander mag der Lust der Liebe folgen/ doanderst einige lust und frewde darinnen ist/ mirbeliebet diß Leben/ und ist dis meine höchsteFrewde/ das ich mich umb das Nehpult undspinrad bekümmere und so fern mir es nit anNeh- und Stricknadeln/ Zwirn/ Garn/ Seiden/und allerley subtiler Leinwandt gebrechen thut/besorge ich mich auch nicht/ daß mir anKurtzweil und Frewde im geringsten etwas mangeln werde. Aminta und Silvia

  50. Aminta und Silvia • provinzadeliges Milieu • Tirsi. Silvia t’attende a un fonte, ignuda e sola.Silvia wartet dein bey einem Brunnen gantz nackent und gantz allein/ Ardirai tu d’andarvi? wilstu dich wol wagen dahin zu gehen? • Aminta. Oh che mi dici?Was sagestu? Silvia m’attende, ignuda e sola?Wartet Silvia mein bey einem Brunnen gantz nackent und alleine? • Tirsi. Sola:Gantz alleine/se non quanto v’è Dafne che è per noi. es sey dann das Dafne bey ihr were/ so auff unser seiten ist. Aber: • Aminta. Ignuda ella m’aspetta? • Tirsi. Ignuda, ma...!

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