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Zur Notwendigkeit und Möglichkeit minimaler Anwendung von Neuroleptika

Zur Notwendigkeit und Möglichkeit minimaler Anwendung von Neuroleptika. Volkmar Aderhold Hamburg Universität Greifswald. Gliederung. Dopaminsystem und „Schizophrenie“ Dopaminsystem und Neuroleptika

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Zur Notwendigkeit und Möglichkeit minimaler Anwendung von Neuroleptika

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  1. Zur Notwendigkeit und Möglichkeit minimaler Anwendung von Neuroleptika Volkmar Aderhold Hamburg Universität Greifswald

  2. Gliederung • Dopaminsystem und „Schizophrenie“ • Dopaminsystem und Neuroleptika Positiv-Symptomatik – Upregulation - Negativ-Symptomatik – Neurokognition –- Neurodegeneration - Mortalität - Metabolisches Syndrom • Langfristige Wirksamkeit der Neuroleptika • Therapeutische Konsequenzen • Forschung • Fazit

  3. Befunde zum Dopamin-System sind eher „subtil“

  4. „Schizophrenie“ - Dopamin subcortical: Basalganglien - Mesolimbisches System • überwiegend D2 Rezeptoren • „phasische Sensibilisierung“ : präsynaptisch erhöhte Dopamin-Ausschüttung bei akuter Psychose > Positiv-Symptome

  5. Präfrontal • überwiegend D1 – Rezeptoren • tonisch hypodopaminerg(indirekter Nachweis) > Negativsymptome > kognitive Defizite (Arbeitsgedächtnis) > erhöhte Ansprechbarkeit des mesolimbischen DA-Systems unter Stress

  6. Neuroleptika und Dopamin-Sytem dauerhafte postsynaptische D2 Rezeptorblockade therapeutisches Fenster: 50-80% D2-Blockade 2 mg Haldol = 60-70% D2-Blockade • präfrontal: dauerhafte postsynaptische D1 Rezeptorblockade Verstärkung des hypodopaminergen Zustand

  7. Neuroleptika-Problematik Nebenwirkungen: • Positiv-Symptomatik • Upregulation • Negativ-Symptomatik • Neurokognition • Neurodegeneration • Mortalität • Metabolisches Syndrom

  8. Positiv-Symptomatik • „Schizophrenie“ ist in 50-70% episodisch • akute Psychosen enden oft auch ohne Neuroleptika „Spontanremission“ zum Teil kontextabhängig • Nicht jede akute Psychose muss mit Neuroleptika behandelt werden

  9. Langzeitverlauf 55-65 % psychotische Episoden ohne zunehmendes Residuum

  10. Upregulation - erhöhte Rezidivrate Schnelle Upregulation der D2-Rezeptoren um 34% (– 98%) in Wochen bis Monaten. > bei schneller Upregulation (4 Wo) schlechte Remission > ansteigende Dosierungen im Laufe der Behandlung = partielle Neuroleptikatoleranz > nach abruptem Absetzen: - kurzfristige Reboundphänomene - 3-6 fach höhere Rückfälle

  11. Upregulation > verstärkte Positiv- und Negativ-Symptomatik in nachfolgenden Psychosen > erhöhte Vulnerabilität für Psychosen ohne NL > neuroleptikainduzierte Supersensitivitäts- psychosen: „Durchbruchpsychosen“ unter NL

  12. Vergleichstudie Bockoven (1975) Vergleich von 2 Kohorten ohne und mit Neuroleptika 1947-52: 7% therapieresistent - immer stationär 45% schnelle Therapieresponse (10 Wochen) keine Wiederaufnahme über 5 Jahre 41% langsame Therapieresponse mit Entlassung 2 Rückfälle und 12 Mon. stationär in 5 Jahren 1967-72: 100% entlassen 31% schnelle Therapieresponse (5 Wochen) keine Wiederaufnahme über 5 Jahre 66% langsame Therapieresponse mit Entlassung 3,5 Rückfälle und 10 Mon. stationär in 5 Jahren größere soziale u. ökonomische Abhängigkeit

  13. Erhöhte Rezidivrate und verstärkte Akutsymptomatik nach NL-Behandlung mit diskontinuierlicher Einnahme. • Ca. 70% der Patienten setzen Neuroleptika innerhalb von 18 Monaten wieder ab. (CATIE) • Ein Anteil des Drehtüreffektes ist durch Neuroleptika verursacht.

  14. Non-Responder • Positiv-Symptome auch infolge nicht-dopaminerger Mechanismen. • 25% der schizophrenen Patienten sind Non-Responder auf Neuroleptika • Bei weiteren besteht partielle Non-Response. • Häufige Fehlbehandlung mit hohen Dosierungen und NL-Kombinationen

  15. Neuroleptikabedingte Negativ-Symptomatik • Neuroleptikainduziertes Defizit-Syndrom (NIDS) - Akinese, Parkinsonoid, akinetische Depression - - - Sedierung, Energieverlust - affektiver Rückzug - erschwertes gerichtetes Denken, Gedankenverarmung • Experimentelle PET-Studie: Je geringer die D2 Blockade umso geringer die Negativ-Symptomatik (Risperdal u. Olanzapin).

  16. NL und Negativ-Symptomatik • Keine Zulassung der Atypika für Negativ-Symptomatik (FDA) • Positive geringe Effekte gegenüber Haldol nur unter Niedrigdosierung und Monotherapie von • Olanzapin mit 5 mg (r = 0.08) • Amisulprid mit 50 - 100mg (r = 0.14) (nicht mehr unter 150 mg) • Aripiprazol ? • Kein Effekt bei primärer Negativ-Symptomatik

  17. NL und Negativ-Symptomatik • Negativ-Symptomatik unter mehr als 5 mg Olanzapin oder 100 mg Amisulprid ist vermutlich (anteilig) durch ein NIDS verursacht. • Geringst mögliche Dosierungen verhindern Negativ-Symptome am wirksamsten. • Psychotherapie/Familientherapie ist wirksam.

  18. Neurokognition unter Neuroleptika • Dauerhaft hypodopaminerger Zustand präfrontal • Neuroleptikaeffekte: (1) Blockade D1 Rezeptoren (-) (2) Downregulation D1 Rezeptoren (-) (3) frontale Neurodegeneration (-) (4) 5HT2A Antagonismus + 5HT 1A Agonismus (+) - nur bei niedrigen Dosierungen - zeitlich limitiert ?

  19. Neurokognition unter NL • Kein Unterschied zwischen 5mg Hal und 6 mg Ris • Kein Unterschied zwischen 5mg Hal und 10mg Ola CATIE: • Geringfügiger Vorteil von Atypika allenfalls für weniger als 1 Jahr • Vorteil für Perphenazin = Typikum nach 18 Monaten

  20. Neurokognition • Neuroleptika beeinträchtigen die Neurokognition zusätzlich. • D1 Agonisten verbessern die Neurokognition.

  21. Neurodegeneration durch NL Reduktion der grauen Substanz durch Neuroleptika • Graue Substanz insgesamt (Cahn et al AJP 2002; Lieberman et al AJP 2005; Dazzan et al 2005AESOP) • Frontal (Madsen et al Lancet 1998; Gur et al AGP 1998; Lieberman et al AGP 2005; Dazzan et al 2005, McClure et al 2006) • temporolimbisch (Gur et al AGP 2000; Dazzan et al 2005, McClure et al 2006) • Cingulum, Insula, Precuneus (Dazzan et al 2005, McClure et al 2006)

  22. Neurodegeneration durch NL • abhängig von der kumulativen Gesamtdosis • früh eintretend - initial stärker nach 2 - 8 Wochen messbar im MRT • Hochrisikogruppe mit mehr als 4 % Reduktion nach 2 Jahren (?) • Frontale Degeneration korreliert mit neurokognitiven Defiziten

  23. Neurodegeneration durch NL • Bei Typika vermutlich stärkere Effekte als bei Atypika • Reversibel ? Tierexperimente widersprüchlich Wenn, dann nur nach Jahren.

  24. Neurodegeneration durch NL • Es gibt auch von Neuroleptika unabhängige Reduktion Grauer Substanz im Krankheitsverlauf, auf die jedoch auch Atypika nicht neuroprotektiv wirken.

  25. Neuroleptika im Langzeitverlauf • Kein Nachweis einer wesentlichen Verbesserung des Langzeitverlaufs seit Einführung der NL. - Metaanalyse Hegarty 1995

  26. Hegarty et al. 1994 AJP

  27. Mortalität durch Neuroleptika

  28. Epidemiologische Studien 1979 Norwegische Studie Anstieg der cardiovaskulären Mortalität seit Einführung der NL 2000 Stockholmer Verlaufsstudie 1976-1985 Anstieg vaskulärer Erkrankungen Männer 4,7 Frauen 2,7

  29. Faktoren erhöhter Mortalität Ernährung Bewegungsmangel - auch durch NIDS und EPS Rauchen - korreliert mit der Höhe der D2 Blockade durch NL Unfälle Substanzmißbrauch Lungenerkrankungen - Lungenembolien und Asthma auch durch NL Schlechtere medizinische Versorgung

  30. Mortalität durch Neuroleptika Kardiale Ursache Mortalität Rhythmusstörung (Torsades de Pointes) QT-Zeit Verlängerung im EKG > 500 ms • Einflussfaktoren: - Dosishöhe - Kombinationen von NL u. a. Medikamenten: Neuroleptika - Antidepressiva (auch SSRI) - Lithium Antibiotika – Antiarrhythmika - Antihistaminika • aktuelle Zunahme von Kombinationstherapien UK 2002: 20 % Hochdosis – 36% Kombinationen

  31. Metabolisches Syndrom (MS) Metabolische Ursache der Mortalität • 47% von 689 Patienten der CATIE-Studie haben ein Metabolisches Syndrom(McEvoy et al 2005)- HDL-Erniedrigung - Hypertonus - Triglyceriderhöhung - abdominelleGewichtszunahme - erhöhter Nüchtern-Blutzucker - Diabetes • Beitrag der SGA zum MS ist nicht sicher einschätzbar MS in der Allgemeinbevölkerung ca. 20% (USA 24%) ;

  32. Metabolisches Syndrom (MS) • Folgen des metabolischen Syndroms: Verdopplung (risk ratio 2.16) des 10-Jahres Risikos für koronare Herzerkrankungen: Angina pectoris, Herzinfarkt, plötzlicher Herztod Dazu weitere Folgeerkrankungen: - andere Gefäßerkrankungen - Diabetes - Altersdemenzen - Vermehrung von Rhythmusstörungen

  33. Diabetes • 3-4 fach erhöhte Inzidenz für Diabetes unter Atypika • Einflussfaktoren: - Substanz: Cloz, Ola, Quet, Ris, Phenothiazine, (Zip) - Dosishöhe - Anzahl der Neuroleptika

  34. Diabetes Durch Neuroleptika: • Gestörter Glucosestoffwechsel • Neuerkrankung Typ 2 Diabetes • Verschlechterung Typ 1 + Typ 2 Diabetes • Ketoazidose (möglicherweise tödlich) • Neuroleptika bedingter Diabetes auch ohne Übergewicht (ca. 25%) • Bei erhöhten Glucosewerten ohne Diabetes mehr kardiovaskuläre Erkrankungen + Herzinfarkte • Diabetes auch durch Antidepressiva

  35. Metabolisches Syndrom (MS) • MS + Diabetes: 7-fach höheres Risiko für koronare Herzerkrankungen in 10 Jahren • Männer haben ein 3.56 fach höheres Risiko für koronare Herzerkrankungen bei Vorliegen eines MS als Frauen • Vermehrung des Risikos (risk ratio 1.76) zusätzlich durch Rauchen

  36. Weitere Todesursachen durch NL • Pulmonale Embolien • Asthma • Kardiomyopathie • Myocarditis (Clozapin) • Suizid ?? – vor allem nach der 1. Episode Lebenszeit 5.6 %

  37. „Off label“ Gebrauch Mehr als 50% der Verordnungen in den USA 6% der Gesamtbevökerung in D wird zeitweise Neuroleptika verschrieben (2001). Oft Polypharmazie Demenzerkrankungen: NL erhöhen die Mortalität Kinder ab dem 18. Lebensmonat + Jugendliche Steigerung um 500% von 1996-2002 in den USA Diagnosen: ADHD, PTSD, aggressives Verhalten „Bipolare Störung“ Erhöhte Sensibilität für wichtige Nebenwirkungen 45 Todesfälle bei Medwatch registriert.

  38. Therapeutische Konsequenzen • Bewußtsein • Kontrolle somatischer Nebenwirkungen • Minimierung Kombinationstherapien • Hochdosierungen mit strengster Indikation • Niedrigdosierung (geeignetes Milieu) • Therapeutisch begleitete Reduktion + Absetzversuche • Neuroleptika z.T. vermeidende Behandlungsformen Bedürfnisangepasste Behandlung – Soteria • Integration angemessener Traumatherapie

  39. Kontrolle somatischerNebenwirkungen • Körpergewicht – BMI – Hüftumfang • Blutdruck • Lipidprofil HDL – LDL • Plasmaglucose • Blutbild • Kreatinin – Leberenzyme • Prolactin • Augen (Katarakt)

  40. Metabolisches Syndrom (MS) Direkte therapeutische Konsequenzen(Correll et al 2006) • allgemein: Erniedrigung des LDL-Cholesterins auf 130 mg/dL • Bei besonderen Risiken wie Diabetes und peripheren arteriellen Gefäßerkrankungen: Erniedrigung des LDL-Cholesterins auf 100 mg/dL

  41. Minimierung von Neuroleptikakombinationen • NICE Leitlinien: Eine Kombination von FGA und SGA wird nicht empfohlen. • Kombinationen vermehren die Nebenwirkungen • Kombinationen erhöhen die Mortalität • So gut wie keine Wirksamkeitsstudien • Bei partieller Non-Response ist in Studien (RCT) nur für Clozapin eine bessere Wirkung nachgewiesen.

  42. Niedrigdosierung • Durchschnittliche Akutdosis in Haldoläquivalenten 2 - 6 mg pro Tag (McEvoy AGP 1991) • Akutdosis bei Ersterkrankten in Haldoläquivalenten 1 - 2 mg pro Tag • Gleichwertigkeit von 2 und 8 mg Haloperidol in der Akutbehandlung Ersterkrankter

  43. Verlauf der antipsychotischen Wirkung- Multicenterstudie, 522 Patienten (erste Episode!) unter Haloperidol oder Risperidon - Umsetzen nach 4 Wochen bei Nonresponse wäre verfrüht • Dosis die zur Response führte: • 1mg bei 15,5% • 2mg bei 29,8% • 3mg bei 27,3% • 4mg bei 16,8% • >4mg bei 10,8% Emsley et al. 2006; Am J Psychiatry

  44. Verlauf der antipsychotischen Wirkung Robinson DG et al (2005): Schizo Bull

  45. Behandlung mit hohen Dosen • 66 akut exazerbierte Patienten mit Schizophrenie • Randomisierung in 3 Arme mit fixen Haloperidol-Plasmaspiegeln: • <18ng/ml • 18-25ng/ml • >25ng/ml Bessere spätere Response bei Dosiserniedrigung nach 3 Wochen, nicht Erhöhung ! Coryell et al. 1998; Am J Psychiatry

  46. Akutbehandlung ohne Neuroleptika Eine Subgruppe von ca. 40 % der ersterkrankten akut schizophrenen Patienten kann dauerhaft (5 J) gleich gut oder besser ohne Neuroleptika behandelt werden kann.

  47. Übersicht der Studien seit 1954

  48. Selektive Neuroleptikabehandlung • Pat die keine NL benötigen (40-60%) • Pat die insgesamt von NL profitieren (30-40%) • Pat die NL nur kurzfristig benötigen (< 10%) • Pat die nicht auf NL ansprechen (15%-20%)

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