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Aktuelle Entwicklungen in der EUVeranstaltungsreihe der Stiftung Wissenschaft und Politik,der Europäischen Akademie Berlin sowie demInformationsbüro des Europäischen Parlaments Die EU nach dem Lissabonner Vertrag – die parlamentarische Dimension9. Juli 2010, 9.30 – 13 UhrPanel 1:Das Europäische Parlament in den neuen Entscheidungsverfahren
Gliederung • Interinstitutionelle Vereinbarungen (IIV) in der EU • Das neue Rahmenabkommen zwischen EP und KOM • Das Parlament in der Gesetzgebung, Haushaltpolitik und Vertragsrevisionen • Beziehungen zwischen Kommission und EP • Kontrolle delegierter Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte • Das Parlament in den Außenbeziehungen • Handelspolitik und internationale Abkommen
IIV: Instrumente zur Politikkoordinierung • IIV regeln die Zusammenarbeit zwischen EU-Institutionen, konkretisieren Verfahren und interinstiutionelle Abläufe in allen Phasen des Politikprozesses • Art. 295 AEUV (neu): Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission beraten sich und regeln einvernehmlich die Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit. Dazu können sie unter Wahrung der Verträge interinstitutionelle Vereinbarungen schließen, die auch bindenden Charakter haben können. → IIV sollen vage, sparsame Formulierungen und Grauzonen der Verträge mit Leben füllen • Seit 50er Jahren ca. 130 IIV zwischen EU-Institutionen • Variierende Form, Bezeichnung, Anwendungsbereiche Verfassungsenwicklung zwischen den formalen Vertragsreformen !
Verteilung IIV über die Zeit • 1952–1959 2 • 1960–1969 14 • 1970–1979 10 • 1980–1989 18 • 1990–1999 51 • 2000–2010 35 • Total 130
Formen von IIV Bilateral 63 davon • EP und Rat 14 • EP und KOM 25 • Rat und COM 22 Trilateral 57 davonRat, EP, KOM53
IIV: Instrumente zum Machtausbau des EP • IIV sehr eng mit der Entwicklung des EP verbunden • Trotz Vielfalt an IIV, EIN großer gemeinsamer Nenner: • IIV weiten die Informations- und Kontrollrechte und Mitwirkungsmöglichkeiten des EP im Politikprozess aus • Kompetenzausweitung des EP über die ihm vertraglich zugeschriebenen Rechte hinaus ?! • Aus Sicht des Europarechts ist die Änderung der Kompetenzverteilung zwischen den EU-Institutionen nur über formale Vertragsreformen zulässig ! • IIV als Vehikel des informellen institutionellen Wandels in der EU unterhalb der Ebene der Vertragsreformen
Kernpunkte des Rahmenabkommen zwischen EP und KOM 2010 • Prinzip der Gleichbehandlung mit dem Rat hinsichtlich des Zugangs zu Informationen in allen Verfahren • Stärkung des legislativen Aufforderungsrechts des EP gegenüber der KOM (Art. 225 AEUV, „Quasi-Initiativrecht“) • Volle und mit dem Rat gleichberechtigte Einbindung des EP in Verhandlung internationaler Abkommen auf allen Stufen des Verhandlungsprozesses • Stärkere Verantwortlichkeit der KOM gegenüber dem EP, z.B. • Individualmisstrauensvotum gegenüber Kommissaren • Fragestunden mit Hoher Vertreterin • Zustimmung zu Besetzung der Direktorenposten in EU-Agenturen
Mehr Mitsprache in der Gesetzgebung • Massive Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens (“ordentliches Rechtsetzungsverfahren”) • Polizeiliche und strafjustitielle Zusammenarbeit • Legale Einwanderung • Handels-, Agrar- und Fischereipolitk • Katastrophenschutz • …. • Von 45 auf 84 Einzelermächtigungen in den Verträgen • Gestärktes Quasi-Initiativrecht (Art. 225 AEUV) über EP-KOM Rahmenabkommen
Mehr Mitsprache bei Vertragsrevisionen • Europäischer Rat hat Wahlmöglichkeit zwischen Einberufung “klassischer” RK oder eines Konvents • Aber: Entscheidung gegen einen Konvent nur mit Zustimmung des EP ! • Zustimmung des EP zur Aktivierung verschiedener Formen der vereinfachten Vertragsänderung • Kompetenzerweiterungsklauseln, z.B. nach Art. 83.1AEUV) • allgemeine Passerelleklausel nach Art. 48.7 EUV • Kompetenzabrundungsklausel nach Art. 352 AEUV) → EP zukünftig veritabler Akteur bei Vertragsänderungen
Mehr Mitsprache in der Haushaltspolitik • Zustimmung zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU (“Finanzielle Vorausschau”) • Gleichberechtigung mit Rat bei Festlegung der Jahreshaushalte: • Anpassung des Haushaltsverfahren an Mitentscheidungsverfahren • Abschaffung der Unterscheidung in obligatorische und nichtobligatorische Ausgaben • Aber: Bei Festlegung der Zusammensetzung der Eigenmittel der EU weiterhin nur Konsultation des EP (“Eigenmittelbeschluss”) → Wie groß ist der Einfluß des EP auf die längerfristige Ausgabenpolitik der EU?
Beziehungen zwischen Kommission und EP • Nutzung des Investiturverfahrens für politische Zusagen • Wahl des Kommissionspräsidenten und Individualmisstrauensvotum • Unterrichtung nach dem Prinzip der Gleichbehandlung mit dem Rat • Erklärungspflicht der Kommission bei nicht Beachtung von EP-Standpunkten • Parlamentarische Kontrolle von hochrangigen EU-Beamten
Kontrolle delegierter Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte • EP-Forderung: Anwendung des Prinzips der Gleichbehandlung in die Kontrolle von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten Delegierte Akte/Art. 290 AUEV: • Übertragung von Entscheidungskompetenzen an die Kommission durch Parlament und Rat • Ausgestaltung der Kontroll- und Widerrufsbefugnis muss noch festgelegt werden Durchführungsrechtsakte/Art. 291 AEUV: • Übertragung von Durchführungsbefugnissen an die Kommission durch Parlament und Rat • Kontrollbefugnis liegt vertraglich bei den Mitgliedstaaten
Das Europäische Parlament in den Außenbeziehungen • Entscheidungen in der GASP/GSVP weiterhin rein intergouvernemental • Neue Konsultationsrechte in der GASP/GSVP • Volle Anwendung des Rahmenabkommen auf das Verhältnis EP – Hohe Vertreterin in Bereichen, in denen die Zustimmung des EP erforderlich ist (z.B. internationale Abkommen) • Haushaltspolitischen Zugriff auf den EAD und zivile GSVP-Operationen
Handelspolitik und internationale Abkommen • Handelspolitik fällt unter das ordentliche Gesetzgebungsverfahren • Zustimmungspflicht bei internationalen Abkommen in allen Bereichen, in denen das EP Mitentscheidung ausübt • Unverzügliche und umfassende Unterrichtungspflicht in allen Phasen der Verhandlungen • EP interpretiert seine Rolle pro-aktiv und fordert direkte Einbindung in internationale Verhandlungen