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Strafrecht BT Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

Strafrecht BT Straftaten gegen die öffentliche Gewalt. FS 2009 Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern. Straftaten gegen die öffentliche Gewalt (Fünfzehnter Titel) – Allgemeines.

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  1. Strafrecht BTStraftaten gegen die öffentliche Gewalt FS 2009 Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern

  2. Straftaten gegen die öffentliche Gewalt (Fünfzehnter Titel) – Allgemeines • Rechtsgut: Reibungsloses Funktionieren der staatlichen Organe • Schutz der staatlichen Autorität vor Angriffen auf einzelne staatliche Funktionen • Schutz vor Eingriffen in die staatliche Verwaltungstätigkeit und deren Vollzug Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  3. Straftaten gegen die öffentliche Gewalt (Fünfzehnter Titel) – Amtshandlung • Schutzobjekt (Tatobjekt): Amtshandlung • jede Handlung eines Beamten oder einer Behörde (bzw. eines Behörden-mitglieds) innerhalb der jeweiligen Amtsbefugnisse, d.h. jede Tätigkeit innerhalb der öffentlichrechtlichen Funktion • umfasst alle Teilaspekte der Amtstätigkeit, auch Vorbereitungs- und Begleithandlungen der eigentlichen Amtshandlung • "innerhalb der Amtsbefugnisse" liegt eine Amtshandlung, wenn der Träger der Amtsgewalt für die Vornahme der Handlung örtlich und sachlich zuständig ist • bei gegebener örtlicher und sachlicher Zuständigkeit liegt nur die sachlich offensichtlich widerrechtliche Amtshandlung ausserhalb der Amtsbefugnisse im Sinne von Art. 285 ff. (BGE 98 IV 41) • eine Widersetzung gegen eine widerrechtliche Amtshandlung ist nur dann zulässig (d.h. keine Straftat im Sinne von Art. 285 ff.), wenn die Widerrechtlichkeit der Amtshandlung offensichtlich ist, Rechtsmittel keinen wirksamen Schutz erwarten lassen und der Widerstand gegen die Amtshandlung der Bewahrung oder Wieder-herstellung des rechtmässigen Zustandes dient Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  4. Straftaten gegen die öffentliche Gewalt (Fünfzehnter Titel) – Amtshandlung (Forts.) • Beamte oder Behörde (bzw. Behördenmitglied) • Beamte: Art. 110 Abs. 3 • weisungsgebundene Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben in einem Unterordnungsverhältnis • alle öffentlich-rechtlichen Funktionen; egal, ob Person öffentlich- oder privatrechtlich angestellt oder auf Amtszeit gewählt • Behördenmitglieder • Mitglieder öffentlich-rechtlicher Körperschaften, deren Mitglieder nicht Beamte sind; z.B. Parlamentsmitglieder, Regierungsräte, Richter, … • nicht erfasst: Beamte und Behörden (-mitglieder) anderer Länder und internationaler Organisationen Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  5. Straftaten gegen die öffentliche Gewalt (Fünfzehnter Titel) – Überblick Fünfzehnter Titel: Strafbare Handlungen gegen die öffentliche Gewalt Art. 285: Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte Art. 286: Hinderung einer Amtshandlung Art. 287: Amtsanmassung Art. 288: Aufgehoben Art. 289: Bruch amtlicher Beschlagnahme Art. 290: Siegelbruch Art. 291: Verweisungsbruch Art. 292: Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen Art. 293: Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen Art. 294: Übertretung eines Berufsverbotes Art. 295: Aufgehoben Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  6. Straftaten gegen die öffentliche Gewalt – Gliederung der Tatbestände • Behinderung von Amtshandlungen (Widersetzungstatbestände) • Art. 285: Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Qualifikation) • Art. 286: Hinderung einer Amtshandlung (Grundtatbestand) • Amtsanmassung (Übernahme von Funktionen, die staatlichen Amtsträgern vorbehalten sind) • Art. 287: Amtsanmassung • Ungehorsamstatbestände • (Art. 289: Bruch amtlicher Beschlagnahme) • (Art. 290: Siegelbruch) • (Art. 291: Verweisungsbruch) • Art. 292: Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen • (Art. 293: Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen) • (Art. 294: Übertretung eines Berufsverbotes) Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  7. Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286)– Obj. TB Wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten an einer Handlung hindert, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, wird mit Geldstrafe bis zu 30 Tagessätzen bestraft. • Grundtatbestand der Widersetzung • Tathandlung: Hinderung an einer Amtshandlung • kein Verhindern erforderlich; ausreichend ist schon jede Erschwerung der Amtshandlung (BGE 120 IV 136) • nicht tatbestandsmässig ist einzig der blosse Ungehorsam als Nichtbefolgung von rein verbalen Weisungen • grundsätzlich nur aktives Tun, welches die Amtshandlung tatsächlich erschwert; völlige Passivität scheidet aus, sofern nicht eine Rechtspflicht zu einer Handlung besteht • jedoch: Weigerung, eine Amtshandlung zu erleichtern, wird vom BGer als tatbestandsmässig qualifiziert (BGE 95 IV 172) • Lehre: blosse passive Weigerung, einer amtlichen Aufforderung Folge zu leisten, ist reines Unterlassen und höchstens gemäss Art. 292 strafbar Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  8. Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286)– Obj. TB (Fortsetzung) • Tathandlung: Hinderung an einer Amtshandlung (Fortsetzung) • (aktives) Störverhalten bedarf einer gewissen zeitlichen Intensität; kurze Unterbrechung der Amtshandlung, um Einwände dagegen vorzubringen, ist nicht tatbestandsmässig (BGE 105 IV 49) • falls Hinderung einer Amtshandlung eine reine Selbstbegünstigung darstellt • Lehre: immer straffrei, da ansonsten die Straflosigkeit der Selbstbegünstigung gemäss Art. 305 unterlaufen würde • BGer: Selbstbegünstigung ist nur straffrei, wenn mit ihr kein weiterer Straftatbestand erfüllt wird; d.h. bei Selbstbegünstigung u.U. Strafbarkeit gemäss Art. 286 Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  9. Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286)– Subj. TB • Vorsatz, wobei Eventualvorsatz ausreicht • Sachverhaltsirrtum gemäss Art. 13, wenn Täter irrigerweise von einer offensichtlich widerrechtlichen und damit unbeachtlichen Amtshandlung ausgeht Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  10. Gewalt u. Drohung gegen Behörden u. Beamte (Art. 285) – Systematik von Ziff. 1 1. Wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung(Var. 1) an einer Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, hindert, zu einer Amtshandlung nötigt(Var. 2) oder während einer Amtshandlung tätlich angreift (Var. 3), wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. • Art. 285 als qualifizierte Behinderung von Amtshandlungen(= qualifizierte Widersetzung gegen Amtshandlungen) d.h. Qualifizierung von Art. 286 • Ziff. 1 enthält drei Tathandlungsvarianten • Hinderung einer Amtshandlung durch Gewalt oder Drohung • Nötigung zu einer Amtshandlung • tätlicher Angriff während einer Amtshandlung Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  11. Gewalt u. Drohung gegen Behörden u. Beamte (Art. 285) – Obj. TB: Tathandlung 1. Var. • Hinderung an einer Amtshandlung durch Gewalt oder Drohung • Gewalt • jede physische Einwirkung auf den Amtsträger • gegen den Amtsträger selber oder Sachen, die in unmittelbarer Beziehung zum Körper des Beamten stehen (BGE 103 IV 245) • blosse Abwehr genügt nicht (BGE 74 IV 63) • Drohung • kann z.B. auch als Warnung verklausuliert sein Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  12. Gewalt u. Drohung gegen Behörden u. Beamte (Art. 285) – Obj. TB: Tathandlung 2. Var. • zu einer Amtshandlung nötigen (= Beamtennötigung) • Täter zwingt die Amtsperson gegen deren Willen zur Vornahme einer Amtshandlung • Nötigung durch Gewalt oder Drohung • im Unterschied zur Nötigung gemäss Art. 181 ist die Variante der "anderen Beschränkung der Handlungsfreiheit" in Art. 285 Ziff. 1 Var. 2 nicht enthalten • auch das Erzwingen einer rechtmässigen Amtshandlung ist von Art. 285 Ziff. 1 Var. 2 erfasst • spezifische Prüfung der Rechtswidrigkeit (wie bei der Nötigung gemäss Art. 181); alternative Kriterien zur Begründung der Rechtswidrigkeit: • unerlaubter Zweck • unerlaubtes Mittel • unangemessene, rechtsmissbräuchliche oder sittenwidrige Verknüpfung eines an sich zulässigen Zwecks mit einem an sich zulässigen Mittel Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  13. Gewalt u. Drohung gegen Behörden u. Beamte (Art. 285) – Obj. TB: Tathandlung 3. Var. • tätlicher Angriff während der Amtshandlung • Angriff muss sich nicht gegen die Amtshandlung als solche richten; es genügt, wenn er während einer Amtshandlung erfolgt • gleichgültig, ob der Täter damit die Amtsperson nötigen wollte oder zu anderem Zweck gehandelt hat; jede Tätlichkeit, unabhängig des mit ihr verfolgten Zwecks ist gemäss Art. 285 Ziff. 1 Var. 3 strafbar • "tätlich" entspricht der Tätlichkeit gemäss Art. 126 • die Formulierung "tätlich angreift" soll klar machen, dass schon eine versuchte Tätlichkeit genügt Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  14. Gewalt u. Drohung gegen Behörden u. Beamte (Art. 285) – Qualifikation (Ziff. 2): Aufruhr 2.Wird die Tat von einem zusammengerotteten Haufen begangen, so wird jeder, der an der Zusammenrottung teilnimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Der Teilnehmer, der Gewalt an Personen oder Sachen verübt, wird mit Frei-heitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft. • Qualifizierung: Tatbegehung durch einen zusammengerotteten Haufen (= Aufruhr) • private Zusammenrottung genügt (Unterschied zum Landfriedensbruch gemäss Art. 260) • Zusammenrottung: grössere Zahl von Menschen, die nach aussen als vereinte Macht erscheint und von einer die öffentliche Gewalt bedrohen-den Grundstimmung getragen wird Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  15. Gewalt u. Drohung gegen Behörden u. Beamte (Art. 285) – Qualifikation: Teiln. an Zus. (Abs. 1) • Ziff. 2 Abs. 1: (blosse) Teilnahme an der Zusammenrottung (bzw. am Aufruhr) • unabhängig davon, ob die betreffende Person selbst eine Handlung im Sinne von Ziff. 1 begeht oder nicht • Teilnehmer im Sinne von Art. 285 Ziff. 2 Abs. 1 ist, wer sich bewusst und gewollt einer Zusammenrottung anschliesst oder in ihr verbleibt, obschon er die von der Gruppe begangen Tat kennt, und die Tat als Tat der Gruppe billigt (vgl. BGE 98 IV 48) • Zweck der Qualifikation: Annahme, dass die Anwesenheit eines jeden Einzelnen zu der in der Zusammenrottung liegenden Gefahr beiträgt • zudem: Vermeidung von Beweisproblemen • objektive Strafbarkeitsbedingung: aus der Zusammenrottung heraus wird eine Straftat gemäss Art. 285 Ziff. 1 verübt Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  16. Gewalt u. Drohung gegen Behörden u. Beamte (Art. 285) – Qualifikation: Gewalttäter (Abs. 2) • Ziff. 2 Abs. 2: Teilnehmer, der aus der Zusammenrottung heraus selbst Gewalt gegen Personen oder Sachen verübt • Gewalt im Sinne von Ziff. 2 Abs. 2: aktive aggressive Einwirkung auf Menschen oder Sachen • Gewalt des Einzelnen braucht nicht zur kollektiven Widersetzung zu gehören; auch Einzelaktionen aus der Gruppe heraus werden erfasst Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  17. Gewalt u. Drohung gegen Behörden u. Beamte (Art. 285) – Subj. TB • Vorsatz, wobei Eventualvorsatz ausreicht • Ziff. 1 Abs. 1 und 2: Wissen und Willen hinsichtlich der möglicherweise hindernden bzw. nötigenden Wirkung auf die Amtshandlung • Ziff. 1 Abs. 3: Inkaufnahme, dass die Handlung einem tätlichen Angriff gleichkommt • Ziff. 2 Abs. 1: Wissen und Willen hinsichtlich der Zusammenrottung; zusätzlich erforderliche Gewalt oder Drohung als objektive Strafbarkeits-bedingung • Ziff. 2 Abs. 2: Wissen und Willen hinsichtlich der Zusammenrottung plus hinsichtlich der Gewaltausübung Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  18. Gewalt u. Drohung gegen Behörden u. Beamte (Art. 285) – Konkurrenzen • Verhältnis zu Straftaten gegen Leib und Leben • echte Konkurrenz im Verhältnis zur Tötung (Art. 111-117) und zur Körperverletzung (Art. 122-125) • unechte Konkurrenz im Verhältnis zur Tätlichkeit gemäss Art. 126; Art. 285 Ziff. 1 Abs. 3 geht als Spezialtatbestand vor • Verhältnis zu Ehrverletzungsstraftaten (Art. 173-177) • grundsätzlich echte Konkurrenz • Ausnahme: unechte Konkurrenz im Verhältnis zur Beschimpfung gemäss Art. 177 bei tätlicher Beleidigung; Art. 285 Ziff. 1 Abs. 3 geht als Spezialtatbestand vor • Verhältnis zur Nötigung gemäss Art. 181 • unechte Konkurrenz; Art. 285 Ziff. 1 Abs. 2 geht als Spezialtatbestand vor • Verhältnis zur Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 • unechte Konkurrenz; Art. 285 geht vor (Subsidiarität von Art. 286) Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  19. Amtsanmassung(Art. 287)– Obj. TB Wer sich in rechtswidriger Absicht die Ausübung eines Amtes oder militärische Befehlsgewalt anmasst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geld- strafe bestraft. • Untergrabung der staatlichen Autorität durch den Auftritt Unbefugter als Vertreter der Staatsgewalt • Tathandlung: Vornahme einer amtlichen Handlung, obwohl die dazu erforderliche Amtsgewalt (oder militärische Befehlsgewalt) fehlt • blosses Vorspiegeln, Beamter zu sein, reicht nicht aus • Täter muss vielmehr eine Amtshandlung vornehmen • Täter kann auch ein Beamter sein, der über seine Befugnisse hinaus Amtshandlungen vornimmt • hinsichtlich der Anmassung militärischer Befehlsgewalt gilt Art. 287 nur für Zivilpersonen; für Militärpersonen gilt Art. 69 MStG Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  20. Amtsanmassung(Art. 287)– Subj. TB • Vorsatz, wobei Eventualvorsatz genügt • rechtswidrige Absicht • gerichtet auf die Erlangung eines ungerechtfertigten Vorteils oder die Zuführung eines Nachteils • nicht gegeben bei blosser "persönlicher Genugtuung" (BGE 128 IV 164) Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  21. Amtsanmassung(Art. 287)– Konkurrenzen • Verhältnis zum Betrug gemäss Art. 146 • echte Konkurrenz; unterschiedliche Rechtsgüter • Verhältnis zur Nötigung gemäss Art. 181 • echte Konkurrenz; unterschiedliche Rechtsgüter • Verhältnis zur Freiheitsberaubung und zur Geiselnahme gemäss Art. 185 • echte Konkurrenz; unterschiedliche Rechtsgüter • Verhältnis zur Urkundenfälschung gemäss Art. 251 und zur Fälschung von Ausweisen gemäss Art. 252 • echte Konkurrenz; unterschiedliche Rechtsgüter Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  22. Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (Art. 292)– Charakterisierung Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. • einzige Blankettstrafdrohung des StGB • Art. 292 umschreibt den Inhalt des Unrechts nicht selbst; strafbare Handlung wird erst durch die staatliche Verfügung festgelegt, die unter Hinweis auf Art. 292 erlassen wird. • Doppelcharakter • Verwaltungszwang (präventive Komponente) • Bestrafung des Ungehorsams (repressive Komponenten) • Subsidiarität von Art. 292 gegenüber spezielleren Ungehorsamsstraf-taten Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  23. Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (Art. 292)– Tatobjekt: amtliche Verfügung • amtliche Verfügung gemäss Art. 292 • Verfügungsbegriff allg.: konkrete Entscheidung einer Behörde in einem bestimmten Fall gegenüber einer (oder mehreren) bestimmten Person(en) • Zuständigkeit der verfügenden Behörde • Zuständigkeit streng zu interpretieren/prüfen • keine besondere Verweisungs- bzw. Kompetenznorm zugunsten der verfügenden Behörde etc. notwendig • Adressat der Verfügung • individuell-konkreter Verwaltungsakt im Sinne einer Individualverfügung • Eröffnung und Kenntnisnahme • tatsächlicher Zugang und tatsächliche Kenntnisnahme • Inhalt • verlangtes oder verbotenes Verhalten muss so genau als möglich umschreiben sein (Legalitätsprinzip; Bestimmtheitsgebot) • explizite Erwähnung von Art. 292 und explizite Strafandrohung Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  24. Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (Art. 292)– Tatobjekt: amtl. Verfügung (Forts.) • amtliche Verfügung gemäss Art. 292 (Fortsetzung) • Rechtmässigkeit: Frage der Überprüfung der Verfügung durch das Strafgericht (drei Fallgruppen nach BGer; BGE 98 IV 106) • Verwaltungsgericht hat die Verfügung überprüft und für rechtmässig befunden: Strafgericht ist an diesen Entscheid gebunden; Überprüfungsbefugnis beschränkt sich auf "offensichtliche Nichtigkeit" • Verfügungsadressat hat die Möglichkeit gehabt, Verfügung vor Verwaltungsgericht anzufechten, hat von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht: strafgerichtliche Überprüfung beschränkt sich auf offensichtliche Gesetzesverletzungen inkl. offensichtl. Ermessensmissbrauch und -überschreitung • keine Möglichkeit der Überprüfung der Verfügung durch ein Verwal-tungsgericht: uneingeschränkte Überprüfung der Rechtmässigkeit der Verfügung durch das Strafgericht Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  25. Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (Art. 292)– Tathandlung • "der Verfügung nicht Folge leisten" • gleichgültig, ob die Verfügung ein Tun, ein Unterlassen oder eine Dulden anordnet • üblicherweise: persönliche Leistung oder Unterlassung; keine Geldleistun-gen, da die Vollstreckung von Geldleistungen dem SchKG untersteht Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  26. Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (Art. 292)– Subj. TB • Vorsatz • insb. Wissen, dass sich die Verfügung an den Täter richtet und gegen das Nichtbefolgen eine Strafe angedroht worden ist • wenn der Adressat die Annahme der Verfügung (als eingeschriebener Brief) verweigert bzw. der Abholungseinladung keine Folge geleistet hat, darf die Kenntnis des Verfügungsinhalts nicht unterstellt werden, auch wenn verfahrensrechtlich die Zustellung als erfolgt gilt (BGE 119 IV 240) Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

  27. Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (Art. 292)– Konkurrenzen • andauernder Verstoss gegen dieselbe Verfügung • mehrfache Bestrafung bei andauerndem Ungehorsam möglich in Fällen der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands • Subsidiarität von Art. 292 gegenüber spezielleren Ungehorsamsstraf-taten Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

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