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Erziehung in islamischen Familien – Werteauffassungen im interkulturellen Vergleich

Erziehung in islamischen Familien – Werteauffassungen im interkulturellen Vergleich. PD Dr. Haci-Halil Uslucan Allgemeine Psychologie Universität Potsdam Kontakt: uslucan@uni-potsdam.de. Vortrag beim Paritätischem Bildungswerk am 28.11.2007 in Berlin. Werteerziehung in islamischen Familien.

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Erziehung in islamischen Familien – Werteauffassungen im interkulturellen Vergleich

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  1. Erziehung in islamischen Familien – Werteauffassungen im interkulturellen Vergleich PD Dr. Haci-Halil Uslucan Allgemeine Psychologie Universität Potsdam Kontakt: uslucan@uni-potsdam.de Vortrag beim Paritätischem Bildungswerk am 28.11.2007 in Berlin

  2. Werteerziehung in islamischen Familien • Theoretische Einführung in die Erziehungspsychologie • Studie: Erziehung in interkulturellen Kontexten • Werteerziehung und Religion: Familie als Ort der religiösen Wertevermittlung • Welche Implikationen sind bei einer islamischen Erziehung für die kindliche Entwicklung von Jungen und Mädchen zu erwarten?

  3. Unsere Wahrnehmung des Fremden/der Fremden Bitte lesen Sie den folgenden Text zeilenweise von links nach rechts. Lesen Sie so schnell wie möglich und ohne Notizen zu machen. Gmeäss eienr Stduie von eienr elgnihscen Unveirtsiät mahct es nihcts aus, in weclher Rihenefgole die Bhcusbaten in eniem Wrot agnoerdent snid, das enizig wigitche ist, dass der estre und lztete Bhcusbate am rchitiegn Paltz snid. Der Rset knan ein vllöiegs Druhecniadenr sein, man knan es imemr ncoh perlolmobs leesn. Deis pasesirt, weil wir nchit jeedn Bchutsaben ezinlenn, sndoren das gnzae Wort lseen. Nciht sheclhct, oedr?

  4. Erziehungsziele in den 1950er bis 1970er Jahren • Gehorsam • Ehrlichkeit • Ordnung • Hilfsbereitschaft • Reinlichkeit • Verträglichkeit • gute Manieren • Fehlen von Opposition ab den 1980er Jahren • Selbständigkeit • Selbstbewusstsein • Selbstverantwortlichkeit • Kritikfähigkeit • Zuverlässigkeit • Hilfsbereitschaft Quelle: Sturzbecher, D. & Waltz, C. (1998). Erziehungsziele und Erwartungen in der Kinderbetreuung. In D. Sturzbecher (Hrsg.), Kinderbetreuung in Deutschland (S. 86-104). Freiburg i.Br.: Lambertus.

  5. Veränderte Rahmenbedingungen familiärer Erziehung (für Einheimische sowie für Migrantenfamilien) • Struktureller Wandel der Haushaltsformen • Veränderte Wert- und Erziehungsmuster • Prekäre Bedingungen der innerfamiliären Beziehungsgestaltung

  6. Elterliche Erziehungsmuster(Typologie vom Maccoby & Martin, 1983; in Anlehnung an Baumrind, 1983) Autoritativer Erziehungsstil • Autoritärer Erziehungsstil Nachgiebiger Erziehungsstil „Laisser-faire“ Ablehnend-vernachlässigender Erziehungsstil Emotionale Unterstützung/Wärme _ + + Anforderung/Kontrolle _

  7. Konvergenz der Forschungsbefunde Erziehungskompetente Eltern haben kompetente Kinder!

  8. Entwicklungsfolgen für Kinder Kinder ... zeigen Kognitive Selbstwirk- Prosoziales Problem- Kompetenz samkeit verhalten verhalten vernachlässigender Eltern nachgiebiger Eltern autoritärer Eltern autoritativer Eltern höchstes dritthöchste zweithöchste niedrigstes niedrigste mittlere mittlere höchste niedrigste mittlere mittlere höchste niedrigstes mittleres mittleres höchstes Quelle: Baumrind, D. (1989). Rearing competent children. In W. Damon (Ed.), Child development today and tommorrow (pp. 349-378). San Francisco: Jossey-Bass.

  9. Eigene Studie • Elterlicher Erziehungsstil stellt einen bedeutsamen Prädiktor für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen dar. • Kultureller Kontext eine der wesentlichen Determinanten erzieherischer Erwartungen und Haltungen (Darling & Steinberg, 1993). • Hohe Anomieerfahrungen türkischer Migranten: Die deutsche Gesellschaft wird vielfach als ungeordnet, und das soziale Leben als diffus und undurchsichtig erlebt (Uslucan, 2005.) • Diese Verunsicherungen haben Auswirkungen auf die Erziehung und Sozialisation von Migrantenkinder und -jugendliche.

  10. Eigene Studie • Familien türkischer Herkunft in der Aufnahmegesellschaft vielfach einen stärker behütenden und kontrollierenden Erziehungsstil als deutsche Familien und auch Familien in der Türkei (Nauck, 1990). • Mit zunehmender Aufenthaltsdauer eine eher an Deutschen orientierte Autonomiebestrebung Jugendlicher • Konflikte gegenüber den stärker kollektivistischen Orientierungen der Familie.

  11. Eigene Studie • Intensivere Akkulturation der Kinder • Wahrgenommene Entfernung von den Werten der Herkunftskultur • Spannungen im erzieherischen Kontext. • Verstärkte Disziplinierung der Kinder und der Erinnerung an eigenkulturelle Verhaltensweisen.

  12. Fragestellungen • Welche Unterschiede lassen sich im konkreten Erziehungsverhalten türkischer und deutscher Eltern identifizieren? • Welche Unterschiede zeigen sich bei türkischen und deutschen Jugendlichen in der Erfahrung des elterlichen Erziehungsverhaltens? • Inwiefern gibt es eine Übereinstimmung zwischen elterlichen Erziehungsstilen und den Perzeptionen Jugendlicher im ethnischen Vergleich? • Welche erzieherischen Allianzen zwischen den Eltern lassen sich im ethnischen Vergleich identifizieren?

  13. Stichprobenkennzeichnung • Rekrutierungskontext: • Berliner Oberschulen in den Bezirken Neukölln, Kreuzberg, Charlottenburg und Steglitz-Zehlendorf

  14. Stichprobenkennzeichnung: Schüler

  15. Stichprobenkennzeichnung: Eltern

  16. Stichprobenkennzeichnung: Bildungshintergrund der Eltern

  17. Aufenthaltsdauer türkischer Eltern in Deutschland (Angaben in Jahren bis zum Zeitpunkt der Befragung im Sommer 2003)

  18. Ergebnisse

  19. Ergebnisse

  20. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: religiöse Sozialisation in den islamischen Ländern: vom Kontext unterstützt und zum Teil unreflektiert als eine Alltagsgewissheit übernommen Koedukation durch das soziale Umfeld In der Migrationssituation fehlt der bestätigende und unterstützende Kontext: gezielte islamische Erziehung erforderlich Schiffauer (1991): „Islamisierung des Selbst“, Reflexivierung des Islam

  21. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: In der Migration: eigene religiöse Gemeinde nicht vorgegeben, sondern kann gewählt werden. Stärker individuelle Beschäftigung mit der Religion: Suche nach „religiöser Wahrheit“ im Vordergrund; in Folge wird die Zugehörigkeit zum Islam eher spiritualisiert, die Bildung von religiösen „Intensivgruppen“ eher gefördert; Gründe der Religiosität in der Migrationssituation andere bzw. zeigen ein deutlich stärker bewusstes Moment (als in den Herkunftsorten), da sie eine scharfe Differenz zur sozialen Mitwelt markieren.

  22. Werteausprägung

  23. Werteausprägung

  24. Keine signifikanten Unterschiede bei familialer Sicherheit und Freiheit; alle anderen Werte signifikant unterschiedlich

  25. Werteauffassungen: Differenziert nach der selbstberichteten Religiosität (Mittelwerte): Non-Relig: nicht religiös; Relig: religiös Werteerziehung in islamischen Familien

  26. Werteerziehung in islamischen Familien Rangreihe der Erziehungsziele türkischer Eltern (Scherberger, 1999)

  27. Rangreihe der Erziehungsziele deutscher Eltern (Scherberger, 1999) Werteerziehung in islamischen Familien

  28. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Familienpolitisch: muslimische und christliche (christdemokratische) Positionen in ihrem Familienbild nicht weit voneinander entfernt: Muslime unterstützen eine Politik, die die Stärkung eines (konservativen) Familienbildes zum Ziel hat (Vgl. Rüschoff, 2002). Wechselseitige Pflichten in der Familie: Pflichten der Ehefrau: Schaffung eines harmonische Haushaltes, Haushaltsführung, Früherziehung und Wohlbefinden der Kinder; Pflicht des Mannes: Bestreiten des Lebensunterhaltes

  29. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Im Selbstverständnis der Muslime: Favorisiertes Modell nicht „Familie und Beruf“, sondern „Familie statt Beruf“ aus Sicht der Frauen.

  30. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!Und nun Schluss, sonst... Kontakt: uslucan@uni-potsdam.de

  31. 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Bildungshintergrund der Eltern nicht ausreichend: religiöse Erziehung von Koranschulen übernommen Weitere Funktion von Koranschulen: kostengünstiges Betreuungsangebot; Neben dem Wunsch nach religiöser Erziehung ist das Motiv der Eltern, ihre Kinder und Jugendliche durch einen Besuch der Koranschule von „schädlichen Einflüssen der Straße“ fern zu halten (Vgl. Alacacioglu, 1998). Untersuchung von Tosun (1993) in NRW: nur 27,3 % der Befragten türkischen Eltern sah sich in der Lage, ihr Kind auch selber islamisch zu unterweisen; rund 70 % sprach für sich selbst diese Qualifikation ab. Werteerziehung in islamischen Familien

  32. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Pädagogisch bedenklich: autoritärer Unterrichtsstil und die Fixierung auf Disziplin in diesen Einrichtungen (Vgl. Aslan, 1996), keine „Pädagogik vom Kinde“ aus; Personal verfügt kaum über pädagogische und didaktische Fähigkeiten (Vgl. auch Marschke, 2003).

  33. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Funktion von Moscheen: eigene Identität unter seinesgleichen bewahren und bestärkten; praktizierte Religiosität auch ein Schutz vor einer Identitätskrise In der Untersuchung von Heitmeyer, Müller und Schröder (1997) berichteten bspw. zwischen 34 % und 39 % der befragten Jugendlichen von Diskriminierungserfahrungen in Deutschland; rund zwei Drittel der Befragten bekundeten, der Islam bzw. die Zugehörigkeit zum muslimischen Religionskreis stärke ihr Selbstvertrauen.

  34. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Ähnlich hohe Raten (55-61%) auch in der Studie von Boos-Nünning und Karakasoglu (2005): Muslimische Migrantinnen: ihre Religion helfe ihnen, am Leben nicht zu verzweifeln bzw. ihr Selbstvertrauen zu stärken. Studien zur Konversionserfahrungen zeigen: eine neue Religiosität vielfach als eine Copingstrategie, als ein Umgang mit einer Identitätskrise oder ihre Überwindung (Bucher, 2005).

  35. 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Gerade in der Diaspora: Überhöhung des Islams bzw. der Religiosität angesichts migrationsbedingter erlittener Kränkungen stärker identitätsrelevant als in der Herkunftskultur; Religiosität wird bewusster erlebt. Religion: bedeutsame Ordnungsfunktion. Orientierung am Islam hilft mit Blick auf den Erziehungskontext, die in der Moderne – auch für deutsche Eltern - immer schwerer gewordene Frage nach angemessenen Erziehungsinhalten zu vermeiden bzw. zu umgehen oder sie individuell beantworten zu müssen. Klare Regeln und Orientierung: Reduktion von Komplexität Werteerziehung in islamischen Familien

  36. Werteerziehung in islamischen Familien • 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: • Antiintegrative Folgen dann: • strukturelle Barrieren und eine geringe Akzeptanz von muslimische Migranten seitens der Mehrheitsbevölkerung, • andererseits: • Moscheen bzw. muslimische Vereine und Verbände - als Reaktion darauf oder auch proaktiv-,islamzentrierte Überlegenheitsgefühle produzieren, Differenzen verstärken oder bewusst zur Kontaktmeidung mit „Heiden“ oder Christen aufrufen und eine Selbstgenügsamkeit der Muslime suggerieren. • Überzeugung, dass die eigene Gruppe im Besitz der unverrückbaren Wahrheit ist, also ein exklusiver Heilsanspruch vertreten wird, gestaltet die Ausgangssituation für einen Dialog denkbar ungünstig.

  37. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Frage nach der Wirkung religiöser Sozialisation: Angstbesetzte religiöse Sozialisation (Gott als strafende Instanz): bei sensiblen Personen auch zu einem Bruch mit der Religion (Oser, Di Loreto, & Reich, 1996), also keine Festigung der religiösen Identität, sondern eher kontraproduktive Effekte Recht einheitlich: Belege gegen ein autoritär-strenges Erzieherverhalten: überwiegend an Strafe orientiertes Erzieherverhalten führt nicht zur Bildung von disziplinierten Persönlichkeiten, sondern kann Kinder und Jugendliche zur Disziplinlosigkeit, Widerstand, Aggression und Gewalt sowie zu passiver Unterwerfung führen (Vgl. Hurrelmann, 1994).

  38. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Frage nach der Wirkung religiöser Sozialisation: Dagegen: Vermittlung eines Gottesbildes, bei dem Gott als eine schützende, bergende und bedingungslos liebende Macht wahrgenommen wird, selbstwertstabilisierend für Kinder sein (Grom, 1982).

  39. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Mensch eingefasst in eine umfassende Gehorsamsstruktur der Natur gegenüber Gott; wie alle Geschöpfe hat er auch im islamischen Selbstverständnis seinem Schöpfer dankbar und gehorsam zu sein.[1] Gehorsam eine ethische Dimension, die vielen Kulturkreisen gemeinsam ist und ein essenzielles Erziehungsziel darstellt (Vgl. Uslucan & Fuhrer, 2003). [1] Auch in der bayerischen Verfassung ist die „Ehrfurcht vor Gott“ als ein oberstes Bildungsziel formuliert (Art. 131).

  40. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Inhalte islamischer Erziehung unterliegen großen Schwankungen: einfache Frömmigkeit: Ziel: Nachkommen in die elementaren Inhalte islamischen Lebens unterweisen (z.B. die fünf Säulen des Islam) und Rituale wie Gebetsuren, Waschungen lehren, aber auch die Unterscheidungen zwischen dem, was „rein“ und „unrein“ ist, zu kennen.

  41. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Inhalte islamischer Erziehung unterliegen großen Schwankungen: Das andere Extrem: fundamentalistische Positionen, die in den koranischen Inhalten sämtliches Wissen vorgeformt und kryptisch vorformuliert betrachten und sich ganz offen gegen eine (natur-)wissenschaftliche kognitive Bildung stellen.

  42. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Inhalte islamischer Erziehung unterliegen großen Schwankungen: Das andere Extrem: Sollte sich das Kind aus einer affektiven Bindung zur religiösen Lehrperson und Identifikation mit ihr – die in frühen Jahren häufig gegeben ist - gerade diese Positionen zu eigen machen, sind aus psychologischer Sicht neben Motivationsverlusten von Kindern gegenüber schulischem, weltlichem Lernen auch mit ernsthaften Persönlichkeitsdeformationen und kognitiven Rückständen zu rechnen.

  43. Werteerziehung in islamischen Familien 3. Religiöse Werterziehung in islamischen Familien: Orientierung ausschließlich an der koranischen Offenbarung: in erster Linie an der Tradition fixiert; keine Anweisung für die Lösung moderner Alltagsprobleme, überlässt den Einzelnen hilflos der Gegenwart, die er dann nicht bewältigen kann. rigide Fixierung auf klare erzieherische Leitsätze, die aus dem Koran abgeleitet werden: Ausdruck massiver Verunsicherung muslimischer Eltern; Ziel: Klarheit und Orientierung, jedoch vielfach nicht zeitgemäß (bspw. Orientierung an Gehorsam).

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