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Entwicklung sozialer Kompetenzen

Entwicklung sozialer Kompetenzen. Entwicklungspsycho- logische Grundlagen und frühpädagogische Konsequenzen. Begriffsklärungen. Was heißt eigentlich „sozial “ ? Wie lässt sich soziales Verhalten von nichtsozialem Verhalten abgrenzen? Was ist mit Kompetenz gemeint?

Patman
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Entwicklung sozialer Kompetenzen

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Presentation Transcript


  1. Entwicklung sozialer Kompetenzen Entwicklungspsycho- logische Grundlagen und frühpädagogische Konsequenzen

  2. Begriffsklärungen • Was heißt eigentlich „sozial“? Wie lässt sich soziales Verhalten von nichtsozialem Verhalten abgrenzen? • Was ist mit Kompetenz gemeint? • Und was bedeutet dann „soziale Kompetenz“ (oder auch Sozialkompetenz)?

  3. Sozialkompetenz, das neu entdeckte Wundermittel • In der Politik • In der Wirtschaft • In Bildung und Ausbildung • In der Schule • und natürlich auch im Elementarbereich

  4. Eine vorläufige Definition • Ein Mensch wird als sozial kompetent bezeichnet, wenn er in der Lage ist mit seinen Mitmenschen so zusammen zu leben, dass es von diesen und von ihm selbst als akzeptabel, angemessen und zufrieden stellend erlebt wird. • Kinder bezeichnet man als sozial kompetent, wenn sie auf andere Kinder eingehen, deren Standpunkt nachvollziehen und mit ihnen kooperieren können .

  5. Entwicklung der sozialen Kompetenzen • Der Uterus als das „soziale Milieu des Fetus“ • Nach der Einnistung des Keimes in die Gebärmutterschleimhaut beginnt die Kommunikation zwischen Embryo und mütterlichem Organismus • Durch den direkten Anschluss an den mütterlichen Stoffwechsel, saugt der eingenistete Keim beständig Nährgewebe der Mutter auf und erhält von ihr auch kontinuierlich Impulse und Informationen, mit deren Entschlüsselung wir heute noch ganz am Anfang stehen, die sein weiteres Wachsen und sich Ausdifferenzieren anregen und mitbestimmen. • 8. SSW: Viele unterschiedliche Sinnesreize, wie Berührungs- und Tastempfindungen, Lageveränderungen) werden bereits wahrgenommen und an das sich ausdifferenzierende Gehirn weitergeleitet.

  6. Wechselwirkungen zwischen Reifung und Erfahrung • Damit heranreifende Hirnstrukturen sich weiter ausdifferenzieren, müssen sie in Funktion treten, d. h. in Gebrauch genommen werden. • Zu belegen ist z. B., dass jede Art von Bewegung des Fetus, gleichgültig, ob sie als reflexartige Reaktion auf äußere oder innere Reize oder als Spontanbewegung erfolgt, dazu beiträgt, dass sein Gehirn sich weiter entwickelt, d.h. neue Nervenzellen ausbildet, die sich miteinander vernetzen. • Zwar sind es genetisch verankerte Programme, welche die Reifungsreihenfolge bestimmter Hirnareale veranlassen. Jedoch bedarf es der anregenden Bewegung, damit sich diese Hirnstrukturen weiter ausdifferenzieren. • Angenommen wird darüber hinaus, dass Anregungen aus dem „sozialen Milieu“ des Uterus auf die Gene zurückwirken, indem sie mitbestimmen, wann welche weiteren Reifungsprogramme aktiviert bzw. als abgeschlossen verbucht werden.

  7. Entwicklung der sozialen Kompetenzen (2) • Mit dem Ausreifen der Rezeptoren für Geschmacks-, Geruchs- und akustische Reize im Laufe des 3. SSM kann der Fetus bereits auf Reize von außen und auf Veränderungen im inneren Milieu reagieren. • Während dieses Entwicklungsabschnitts trifft jede physische oder psychische Belastung der Mutter den Fetus ungefiltert und in ganzer Härte: Das erste Schwangerschaftsdrittel ist die Zeit, während der Teratogene, die den mütterlichen Organismus erreichen bzw. in ihm selbst produziert werden, sich besonders verderblich und schwerwiegend auf das Embryo auswirken, so dass es gerade während dieses frühen Entwicklungsabschnitts am relativ häufigsten zu Spontanaborten kommt.

  8. Entwicklung der sozialen Kompetenzen (3) • Mit Nachdruck plädieren viele Pränatalpsychologen deshalb dafür, dem Fetus ein ihm wohltuendes und ihn anregendes Milieu zur Verfügung zu stellen. • Dies ist in erster Linie natürlich dann gewährleistet, wenn es der Mutter gut geht und sie ihre Schwangerschaft als beglückende und erfüllende Zeit erlebt. • Darüber hinaus können eine intensive positive Kommunikation der Mutter mit ihrem ungeborenen Kind und gezielte, wohldosierte Anregungen von außen, z.B. auch von Seiten des Vaters oder anderer naher Bezugspersonen, dazu beitragen, dass es dem Fetus gut geht und er unter optimalen Entwicklungs-bedingungen heranwächst.

  9. Entwicklung der sozialen Kompetenzen (4) • Veranschaulichungen: Übertragung der Panikreaktionen von Schwangeren bei Erdbeben auf ihre Feten; permanent seelisch belastete Schwangere gebären Kinder mit Magengeschwüren. • Anfang des 5. SSM spürt die Schwangere die Bewegungen ihres Kindes - die Kommunikation zwischen beiden wird zusehend bidirektionaler und damit auch sozialer. • In den letzten drei SSM können Sinneseindrücke, die von außen kommen, z. B. Wörter und Sätze, Melodien, schon abgespeichert und ggf. nachgeburtlich erinnert werden. • Fazit: Das Kind wird als sozial kompetentes Lebewesen geboren, weil es während seiner Fetalzeit Gelegenheit hatte zur Kommunikation mit seiner inneren und äußeren Umwelt.

  10. Entwicklung der sozialen Kompetenzen (5) • Im 3. und 4. SSM vervollkommnen sich die Propriozeption (Eigenwahrnehmung des Körpers) und der Gleichgewichtssinn immer weiter. • Pränatalforscher empfehlen die gezielte Stimulation dieser Sinnesapparate und der sie regulierenden Hirnareale. • Das kann z.B. ganz einfach dadurch geschehen, dass die Schwangere sich kontinuierlich Bewegung verschafft, z.B. durch regelmäßige Spaziergänge, Gymnastik, Schaukeln im Schaukelstuhl usw. • Ungünstig ist, wenn der Schwangeren gerade während dieser Zeit auf Grund medizinischer Indikation Bettruhe verordnet wird.

  11. Der Fetus als eigenständiges System • Bereits der vier Monate alte Fetus stellt ein eigenständiges System dar mit eigenem Kreislauf, in dem das Herz schön täglich eine Pumpleistung von 30 Litern Blut erbringt. • Seine Eigenständigkeit manifestiert sich am deutlichsten in seiner Fähigkeit zur inneren Selbstregulation und Gleichgewichts-Wiederherstellung (Homöostase). • Eine ganze Reihe vonNotsituationen, mit denen er (meist durch die Mutter) konfrontiert wird, z.B. wenn diese erkrankt, Medikamente einnimmt oder sich überanstrengt, kann er bereits angemessen bewältigen, indem er entsprechende Stoffwechselregulationenvornimmt. • Manche Pränatalpsychologen interpretieren diese Fähigkeiten zur Selbststabilisierung als Bemühung des Fetus mit Beeinträchtigun-gen oder Frustrationen fertig zu werden – beispielsweise kann die Wiederherstellung des Wohlbefindens durch Schlucken und Trinken erfolgen oder durch sich in eine bequemere Position zurück Bewegen.

  12. Grenzen der Eigenständigkeit des Fetus • Obwohl der Fetus in weitem Umfang sein inneres Gleichgewicht bereits eigenständig wiederherstellen kann, sind ihm dabei Grenzen gesetzt. • Beispielsweise gelingt es ihm nicht, alle Arten von Krankheitskeimen der Mutter abzuwehren oder einen beständigen Sauerstoffmangel (durch eine unzureichend durchblutete mütterliche Plazenta) auszugleichen. • Auch Schädigungen, die er bereits während der ersten drei SSM, der hochsensiblen Embryonalphase, hinnehmen musste oder auch genetisch bedingte Entwicklungsstörungen kann er nicht ausgleichen oder gar beheben.

  13. Auswirkungen der Geschlechtsdiagnose (1) • Schon Ende des dritten Schwangerschaftsmonates ist i. a. das Geschlecht des Fetus eindeutig bestimmbar. • Manche Schwangere (und auch ihre Partner) reagieren positiv (oder auch negativ), wenn ihnen gesagt wird, ob es ein Bub oder ob es ein Mädchen wird, wenige bleiben relativ unberührt und gefühlsmäßig gelassen. • Noch vor zwei, drei Jahrzehnten waren bei werdenden Müttern und Vätern positivere Reaktionen zu registrieren, wenn die Geburt eines Stammhalters angekündigt wurde. • Heute ist zwar unsere Gesellschaft in vielerlei Hinsicht immer noch eine patriarchal dominierte, aber die tendenzielle Bevorzugung des männlichen Geschlechts bei anstehenden Geburten (besonders von erstgebärenden Frauen und ihren Partnern) ist nicht mehr zu belegen. • Im Gegenteil: Die Mehrheit der Schwangeren wünscht sich mittlerweile als erstes Kind (bei dem es dann oft auch bleibt) ein Mädchen.

  14. Auswirkungen der Geschlechtsdiagnose (2) • Vermutet werden kann, dass sich die gefühlsmäßigen Reaktionen auf das Geschlecht des Fetus in besonderer Weise auf seine weitere Entwicklung auswirkt. • Große Freude, wenn es das Wunschgeschlecht war, bei der werdenden Mutter (und ihrem Partner!) dürfte positive Effekte mit sich bringen. • Enttäuschungen oder eher neutrale Reaktionen dürften sich weniger günstig, wenn auch nicht unbedingt entwicklungsbeeinträchtigend auswirken.

  15. FAZIT • Die Sozialisation zum Jungen bzw. zum Mädchen beginnt tatsächlich nicht erst mit der Geburt, sondern bereits mit dem Augenblick, an dem die Mutter bzw. beide Elternteile das Geschlecht ihres ungeborenen Kindes erfahren – möglicherweise sogar noch früher, nämlich dann, wenn ein Kind gezeugt wurde und sich die Eltern auf ein Wunschgeschlecht geeinigt haben!

  16. Entwicklung der sozialen Kompetenzen (6) • Schon im Laufe des 5. und 6. SSM passen sich die Wach- und Schlafzyklen des Fetus immer deutlicher an die seiner Mutter an. • Wie diese Anpassungsleistung bewerkstelligt wird, ist ungeklärt. • Dass sie auf der Grundlage von Interaktionen, d.h. wechselseitig aufeinander Bezug nehmender Abstimmungsprozesse erfolgt, – unter Benutzung welcher Botenstoffe auch immer -, steht aber fest.

  17. Vollwertige seelische Prozesse schon in den letzten drei SSM • Schon zu Beginn des letzten SSD ist das Zentralnervensystem weitgehend ausgereift und in weitem Umfang funktionstüchtig. • Zahllose Synapsen haben sich ausgebildet und auch die Markscheidenreifung (die Isolation der Nervenbahnen voneinander durch Bindegewebszellen, was ihre Stabilität und Leitungsgeschwindigkeit verbessert), ist weiter vorangeschritten.

  18. Vollwertige seelische Prozesse schon in den letzten drei SSM (2) • Pränatalpsychologen gehen davon aus, dass damit die neurophysiologischen Voraussetzungen für vollwertige seelische Prozesse vorliegen. Sie tun sich aber schwer, die seelischen Vorgänge (das Fühlen und Erleben), die sich im Fetus abspielen, näher zu beschreiben. • Höchstwahrscheinlich können Feten schon Erinnerungen abspeichern; sie reagieren sensibel auf Emotionen der Mutter und Geräusche - und TRÄUMEN schon! Und manche Feten lutschen schon regelmäßig am Daumen.

  19. Merksätze • Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Kind gut vorbereitet auf das soziale Leben außerhalb der Geborgenheit des Mutterleibs auf die Welt kommt! • Das Neugeborene verfügt, wie wir gleich noch ausführlicher behandeln werden, von Anfang an über eine Grundausstattung, die sein Überleben in einer sozialen Welt sichert!

  20. Die soziale Grundausstattung des Neugeborenen • Es bevorzugt menschliche Gesichter, sprachliche Laute und Lebendiges. • Es kann Lächeln (wahrscheinlich zunächst nicht sozial ausgelöst) und bereits reflexartig nachahmen (Spiegelneuronensysteme). • Es kann grundlegende Gefühle ausdrücken. • Es besitzt die Fähigkeit zum Aufbau und zur Ausgestaltung einer Bindung an eine soziale Bezugsperson.

  21. Die soziale Grundausstattung des Neugeborenen (2) • In der Bonding-Phase unmittelbar nach der Geburt manifestiert sich die soziale Ansprechbarkeit und Reaktionsfähigkeit der Neugeborenen deutlich: • Trotz aller Strapazen sind Säuglinge unmittelbar nach der Geburt besonders wach und ansprechbar. • Das wurde offenbar von der Natur so eingerichtet, um die Ausbildung einer tiefen gefühlsmäßigen Bindung der Eltern an ihr Kind anzubahnen. • Einige Stunden oder Tage später können Säuglinge bereits, mimische Gesten nachahmen, die ihnen in ihrem Blickfeld dargeboten werden (z. B. Öffnen des Mundes oder Herausstrecken der Zunge). • Angeboren ist auch ihre Vorliebe für Gesichter, die sie wesentlich länger betrachten als andere Objekte. • Säuglinge lernen sehr schnell, zwischen vertrauten und unbekannten Gesichtern zu unterscheiden.

  22. Die weitere soziale Entwicklung im ersten Lebenshalbjahr • Das soziale (Zurück-) Lächeln manifestiert sich erstmals um die sechste Lebenswoche herum. • Physiologisch aufgestaute, körperliche Spannung bauen Säuglinge meist sehr schnell wieder ab, wenn sie hochgenommen und getragen werden. • Denn sie sind von ihrem genetischen Potenzial (angeborene Spreiz-Anhock-Position) her Traglinge und werden beim Getragenwerden über alle Sinneskanäle ganzheitlich angeregt. • Bereits gegen Ende des zweiten Lebensmonats produzieren Säuglinge die ersten sprachähnlichen Laute, auf die ihre Bezugspersonen meist positiv und dadurch bekräftigendantworten. • Vom vierten Lebensmonat an reagieren Säuglinge auf sich nähernde Bezugspersonen strampelnd und freudig erregt und lassen sich von diesen schon in erste Lautdialogeverwickeln.

  23. Die weitere soziale Entwicklung im ersten Lebenshalbjahr (2) • Um diese Zeit herum nimmt auch das Interesse des Kindes an allem, was mit Sprache und Sprechen zu tun hat deutlich zu. • Säuglinge sind jetzt auch schon in der Lage, unterschiedliche (sozial relevante) Gefühlszustände – sei es nun Freude oder Kummer, Missfallen oder Interesse – recht deutlich auszudrücken. • Vom fünften Lebensmonat an interessieren sie sich zunehmend stärker für Gegenstände in ihrem Nahbereich, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass ihre Hand-Auge-Koordinationen sich signifikant verbessert haben und ihre Greifbewegungen deshalb beträchtlich gezielter werden. • In die sozialen Interaktionen mit ihren Bezugspersonen werden immer häufiger Dinge der Umwelt einbezogen.

  24. Die weitere soziale Entwicklung im ersten Lebenshalbjahr (3) • Die Zeigegeste wird schnell erlernt und schon vom sechsten Lebensmonat an sind die ersten Beschäftigungsvorlieben zu erkennen. • Das Prinzip der Wechselseitigkeit wird in der Folgzeit immer wichtiger und bildet auch die Basis für das spätere Erlernen der grundlegenden Beziehungen zwischen Ich, Objekt und Du (Subjekt-Objekt-Prädikat-Relation).

  25. Die weitere soziale Entwicklung im zweiten Lebenshalbjahr • Vom siebten Lebensmonat an verbessern sich die kommunikativen Fähigkeiten dadurch deutlich weiter, dass sie in Plapperdialogen mit ihren Bezugspersonen immer besser lernen, zum jeweils angemessenen Zeitpunkt die Rolle des Sprechers bzw. des Zuhörers einzunehmen. • Um den achten Lebensmonat herum beginnt in großer Regelmäßigkeit das Fremdeln: Die Kleinen reagieren irritiert, furchtsam, zuweilen sogar mit starker Angst und Weinen, wenn ihnen fremde, unvertraute Personen zu nahe kommen. • Um diese Zeit stabilisiert sich auch die Personpermanenzund die Kinder drücken zunehmend deutlicher aus, wenn sie ihre Mutter (die Hauptbezugsperson) vermissen. In Abhängigkeit von den mütterlichen Reaktionen werden nun die Fundamente für eine (mehr oder weniger) positive und tragfähige Bindunggelegt.

  26. Die soziale Entwicklung im zweiten Lebensjahr • Zu Beginn des 2. Lebensjahres beginnen die meisten Kleinkinder zu Laufen. • Dadurch erschließen sich ihnen neue soziale Welten. • Mit ihrer wachsenden Sprachkompetenz (das passive Verstehen geht dabei dem aktiven Sprechen voraus) werden auch ihre sozialen Interaktionen zunehmend differenzierter.

  27. Die soziale Entwicklung im zweiten Lebensjahr – sozial bedeutsame Gefühle • Die sozial bedeutsamen Gefühle differenzieren sich im Laufe des zweiten Lebensjahres beständig weiter aus. • Die Kinder drücken ihre Ablehnung oder Zustimmung nicht nur mimisch und sprachlich, sondern deutlich mit dem ganzen Körper aus und können wütend, verärgert, gekränkt, beleidigt, erfreut, erschreckt oder traurig reagieren – in Abhängigkeit von ihrer Verarbeitung vorausgegangener Ereignisse. • Sie suchen nun von sich aus – vorausgesetzt, sie fühlen sich sicher gebunden – die Nähe und den körperlichen Kontakt zu ihren Bezugspersonen.

  28. Die soziale Entwicklung im zweiten Lebensjahr – Regeln lernen, noch kein Zusammenspiel • Zu Beginn des zweiten Lebensjahres haben die Kleinen es zumeist schon gelernt, auf Verbote zu hören. Doch Regeln können sie noch nicht beständig einhalten, da eine Verinnerlichung von Geboten und Verhaltensstandards noch nicht stattgefunden hat. • Schon in diesem Alter sind die Kinder gern mit Altersgefährten zusammen: Zuweilen ahmen sie einander nach oder nehmen sich gegenseitig Spielsachen weg. Wenn sie spielen, spielen sie nicht miteinander sondern nebeneinander, schauen sich dabei aber hin und wieder an und gegenseitig zu.

  29. Die soziale Entwicklung im zweiten Lebensjahr – geselliger, sozialer und unternehmungslustiger • Zwischen dem 15. und 17. Lebensmonat werden viele Kinder zunehmend geselliger. Das zeigt sich zum einen darin, dass sie ihren Bezugspersonen nicht mehr von der Seite weichen und alles, was diese tun, auch tun wollen. • Zum anderen verhalten sie sich sozialer, wenn sie mit anderen Kindern zusammen sind, schauen häufiger zu und nehmen ihnen seltener etwas weg. • Weil ihre Beweglichkeit deutlich zugenommen hat, wächst auch der Radius ihrer (nicht nur sozialen) Betätigungsmöglichkeiten: Ob in der Wohnung, bei der Tagesmutter oder Oma oder in der Krippe – die Kinder werden zunehmend unternehmungslustiger und explorativer.

  30. Die soziale Entwicklung im zweiten Lebensjahr – Beginn eines qualitativen kognitiven Wandels • In der zweiten Hälfte des zweiten Lebensjahres bahnt sich ein qualitativer kognitiver Wandelan, der wahrscheinlich durch neuronale Reifungsprozesse in Gang gebracht und begleitet wird. • Viele Kinder erkennen sich nun selbst in ihrem Spiegelbild wieder (ROUGE-Test) und begreifen langsam, dass sie ein eigenes Ich, eine eigene Identität haben und sich von Anderen unterscheiden. • Dinge in ihrem Nahbereich und persönlichen Umfeld erleben sie als zu sich selbst gehörig und bilden so allmählich Vorstellungen von „Mein“ und „Dein“ (Besitz und Eigentum) aus. • Manche bestehen jetzt z. B. darauf, ihren (immer denselben) Platz am Tisch einzunehmen und ihr Spielzeug für sich allein zu haben. • Ihr neues tieferes Verständnis ermöglicht es ihnen, immer zutreffender vorwegzunehmen, ob ihre Handlungen auf Zustimmung oder Ablehnung bei ihren Bezugspersonen stoßen werden.

  31. Die soziale Entwicklung im zweiten Lebensjahr – Ausbildung differenzierterer sozialer Kognitionen • Um diese Zeit herum nimmt das Interesse der Kinder an Abbildungen aller Art merklich zu: • Bilderbücher anschauen und Bilderlotto spielen bereitet ihnen zunehmend Spaß, weil sie immer mehr Zusammenhänge und Handlungsabläufe besser begreifen. • In Bildergeschichten dargestellte einfache Handlungsfolgen - Die Mutter füttert ihr Baby, lässt es ein Bäuerchen machen, wechselt ihm dann die Windeln und legt es anschließend ins Bett; oder: Ein Kind nimmt sich eine Apfelsine aus der Schale, geht damit zu seinem Vater und bittet ihn, sie ihm zu schälen - können Kinder mit eineinhalb Jahren durchaus schon verstehen und haben Spaß daran. • Das Verständnis für Dinge des sozialen Miteinanders nimmt nun rapide zu – im Fachjargon ausgedrückt: Im Bereich der Ausbildung sozialer Kognitionen sind markante Zuwächse zu verzeichnen.

  32. Exkurs: Entwicklung und Förderung prosozialer Kompetenzen • Voraussetzungen für die Ausbildung prosozialen Verhaltens (genetisch, frühkindlich, Bindungsqualität, Vorbilder, situative Bedingungen) • Genetisch: Spiegelneuronen • Frühkindlich: soziale Resonanz der Bezugspersonen • Bindungsqualität: Aufbau einer sicheren Bindung

  33. Textbaustein zu Spiegelneuronen (1) • Schon seit langem wissen wir, dass Säuglinge schon wenige Stunden nach ihrer Geburt ausdruckshaltige mimische Gesten, wie das Öffnen des Mundes oder das Herausstrecken der Zunge spontan nachahmen. Vermutet wurde, dass es sich hier um eine angeborene Kompetenz handelt, die dem Kind allererste Kontaktaufnahmen ermöglicht. Das Kind ist also sozusagen genetisch so vorprogrammiert, dass es nahezu reflexartig sozial reagiert, was natürlich seine Überlebenschancen in der Evolution beträchtlich erhöht. Mitte der 90er Jahre entdeckten italienische Hirnforscher mehr oder weniger zufällig (bei Untersuchungen an Primaten) die neurophysiologischen Korrelate dieses spontanen, sozusagen reflexartig abrufbaren Imitationsverhaltens und nannten sie Spiegelneuronen-Systeme.

  34. Textbaustein zu Spiegelneuronen (2) • Mittlerweile gilt als sicher, dass auch Säuglinge auf die Welt kommen mit einer Grundausstattung an Spiegelneuronen, vermittels derer sie sozusagen von Anfang an mit ihren Bezugspersonen sozialen Kontakt aufnehmen können. Zu belegen ist, dass auch dieses Nervenzellsystem dem Gesetz „use it or lose it“ (was nicht benutzt wird, geht wieder verloren) unterworfen ist: Wenn keine soziale Resonanz erfolgt, d.h. dem Säugling nicht signalisiert wird, dass seine reflexartige Nachahmung aufgegriffen und verstanden wurde und (möglicherweise in leicht abgewandelter Form) zurückgespiegelt wird, verkümmert dieses Spiegelsystem und verschwindet möglicherweise schließlich ganz. Ähnlich verhält es sich mit weiteren Spiegelneuronensystemen, die in nachfolgenden Entwicklungsabschnitten aufgrund von inneren Reifungsprozessen zur Verfügung gestellt werden.

  35. Aufbau einer sicheren Bindung • Bindung: Immer eine Sache von Zweien • Feinfühliges Verhalten der Mutter (Bezugsperson) gegenüber ihrem Kind, d. h. - die Signale des Kindes wahrzunehmen, - richtig zu interpretieren und - prompt sowie - angemessen darauf zu reagieren. • Feinfühliges Verhalten bedeutet auch, die Autonomie des Kindes, d.h. sein Bedürfnis nach Selbstregulation und Selbstbestimmungzu respektieren

  36. Bindungsqualitäten und ihre Entstehung und Messung • Drei Hauptklassen wurden nachgewiesen: • Sicher gebunden • Unsicher-vermeidend gebunden • Unsicher-ambivalent gebunden • Zusatzklasse (selten): • Desorganisiert-desorientiert gebunden • Von Anfang an und tagtäglich gut gelingende Mutter-Kind-Interaktionen bilden den Nährboden für eine sichere Bindung • Ermittlung der Bindungsqualität durch den „Fremde-Situations-Test“

  37. Merksatz • Die sichere Bindung eines Kindes ist ein stabiles Fundament der Persönlichkeit und ermöglicht eine gesunde körperliche, soziale, emotionale und kognitive Entwicklung des Kindes. • Sie ist daher der entscheidende Faktor für eine gelingende kindliche Entwicklung.

  38. Bindung, Werteentwicklung, Empathie, prosoziale Kompetenz und Explorativität • Bindung ist das Fundament, auf dem Werteentwicklung, Empathie, prosoziale Kompetenz und Explorativität/Neugier (BILDUNG) aufbauen • Bindung ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Kinder Gebote und Verbote, Normen, Regeln und Verhaltensstandard verinnerlichen (Prozess der Gewissensbildung) • Diese bilden das Rohmaterial, aus dem Wertorientierungen entstehen

  39. Bindung und Empathie • Neuronale Basis der Empathie in den Spiegelneuronen: • Das Beobachten von Emotionen ruft reflexartig im Gehirn fast dieselben Erregungsmuster hervor wie die Emotionen selbst, wenn dieses Reaktionsmuster (das spontane Nachahmen von emotional ausdrucksstarker Mimik schon beim Säugling) von Anfang an bekräftigt und eingeübt wird (feinfühlige Resonanz der Bezugsperson) • Charlotte Bühlers Beobachtungen in Wiener Waisenheimen und Kinderkrankenhäusern

  40. Bindung und Empathie (2) • Mütter (und andere Bezugspersonen), die mit feinfühliger Resonanzauf die spontanen Gefühlsspiegelungen ihrer Kleinkinder reagieren, kräftigen damit auch deren urwüchsiges, angeborenes Empathiepotential und legen den Grundstein für den Aufbau einer sicheren Bindung

  41. Empathie und prosoziales Verhalten • Spontanem prosozialem Verhalten geht (meistens) Empathie voraus: • Ein Kleinkind, das die negative emotionale Befindlichkeit seines Gegenübers reflexartig mitfühlt, wird sich bemühen dessen negative Befindlichkeit zu beheben (sofern es über die geeigneten Mittel verfügt), weil dadurch auch in ihm selbst die negative Emotion abklingt • Das gilt insbesondere dann, wenn es sich bei seinem Gegenüber um jemanden handelt, zu dem es eine positive Bindung unterhält

  42. Weitere Faktoren, die zum Aufbau prosozialer Kompetenzen beitragen • Fundamental in der frühkindlichen Entwicklung sind zweifellos Empathie und eine sichere Bindung • In folgenden Entwicklungsabschnitten kommen weitere Einflussfaktoren dazu: • Unmittelbare Bekräftigungen, positive Vorbilder, positive Erfahrungen bei und nach der Ausübung prosozialer Handlungen • Kontraindiziert bzw. beeinträchtigend sind eine unsichere Bindung, negative Vorbilder, abweisendes, ablehnendes Verhalten der prosozialen Adressaten

  43. Bindung und Bildung • Sicher gebundene Kinder sind explorativer, wissbegieriger, aufgeschlossener für Neues als unsicher gebundene Kinder • Neugier und Explorativität sind ein Motor, auf den in der frühpädagogischen Förderung aufgebaut werden kann • Interessierte, neugierige Kinder sind bildbarer als uninteressierte, unaufgeschlossene, unsicher gebundene Kinder mit Abnabelungs- und Trennungs-problemen

  44. Die soziale Entwicklung im dritten Lebensjahr – ein Überblick • Im Laufe des dritten Lebensjahres wird aus dem Kleinkind nicht nur im Hinblick auf sein körperliches Aussehen, sondern auch was sein motorisches Geschick und seine sprachlichen, kognitiven und sozialen Kompetenzen angeht, mehr und mehr ein Kindergartenkind. • Die Trotz- oder Autonomiephase klingt ab und das Kind wird zumeist ganz von allein „sauber“, weil auch die physiologischen Reifungsprozesse abgeschlossen sind, die ihm die Kontrolle seiner Ausscheidungsorgane ermöglichen.

  45. Die soziale Entwicklung im dritten Lebensjahr – ein Überblick (2) • Schon in der ersten Hälfte des dritten Lebensjahres lernen die Kinder– gestützt durch ihren wachsenden aktiven Wortschatz– sich selbst und das, was sie als zu sich selbst gehörend erleben, immer differenzierter anschaulich zu beschreiben. • Als-ob-Spiele nehmen in ihrem Spielalltag einen immer größeren Raum ein, werden dabei vielfältiger und komplexer. Es gelingt den Kindern zunehmend besser mit anderen zusammenzuspielen. Dadurch werden ihre Spielkontakte dauerhafter und die Beziehungen, die sie zu ungefähr gleichaltrigen Kindern aufbauen, Freundschaften immer ähnlicher.

  46. Die soziale Entwicklung im dritten Lebensjahr – ein Überblick (3) • In der zweiten Hälfte des dritten Lebensjahres nimmt die Selbstständigkeit der Kinder weiter zu, gleichzeitig aber auch ihre Bereitschaft zur Kooperation und ihre Fähigkeit sich in Gruppen einzufügen. • Die Meinung und das Vorbildverhalten anderer – insbesondere älterer Kinder und erwachsener Bezugspersonen – werden bedeutsamer. Soziale Anerkennung zu bekommen, wird den Kindern immer wichtiger.

  47. Die soziale Entwicklung im vierten Lebensjahr – ein Überblick • Schon zu Beginn des vierten Lebensjahres wird deutlich, dass aus dem Kleinkind mittlerweile ein richtiges Kindergartenkind geworden ist. • Nach dem vollständigen Abklingen der Trotzphase ist das Kind nun in der Lage und bereit, zu kooperieren und Kompromisse zu schließen. • Es lernt immer besser, einen Belohnungsaufschub zu ertragen, empfindet Vorfreude, wenn etwas Besonderes bevorsteht, kann teilen und abgeben und „Mein“ und „Dein“ akzeptieren.

  48. Die soziale Entwicklung im vierten Lebensjahr – ein Überblick (2) • Seine soziale Welt wird deutlich größer: Das Kind entdeckt die nähere Umgebung– in der Nachbarschaft, auf dem Spielplatz oder bei Freunden. • Nun gilt es für Eltern und ErzieherInnen verstärkt, dem Kind möglichst viele Endeckungs- und Erfahrungsmöglichkeiten zu bieten und auf seine Beschäftigungsvorlieben einzugehen und sie zu fördern. • Dadurch wachsen sein Selbstvertrauen, sein Selbstbewusstsein und seine Selbstständigkeit.

  49. Die soziale Entwicklung im vierten Lebensjahr – ein Überblick (3) • Die Sprachentwicklung macht im vierten Lebensjahr deutliche Fortschritte. Schon gegen Ende des 3. Lebensjahres umfasst der aktive Wortschatz bereits zwischen 1200 bis 2000 Wörter. • Das Kind geht von sich aus kreativ mit Sprache um, wendet sein intuitives Verständnis für korrekten Satzbau und Grammatik beständig auf neue umfangreichere Sprachproduktionen an; auch schwierigere Wortarten, wie Adverbien und Präpositionen kann es bereits richtig verwenden.

  50. Die soziale Entwicklung im vierten Lebensjahr – ein Überblick (4) • Lautes Denken kommt jetzt kaum noch vor. Durch seine beträchtlichen sprachlichen Fortschritte nehmen auch die kommunikativen Kompetenzen des Kindes, seine Fähigkeiten sich mit anderen zu unterhalten und Gedanken auszutauschen merklich zu. • Für viele Kinder beginnt jetzt die Phase der Warum-Fragen. • Seine wachsenden sprachlichen und kommunikativen Kompetenzen erweitern seine(n) soziale Welt (und kognitiven Horizont) beträchtlich.

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