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Wettbewerbsverbot und Vertragsstrafen

Wettbewerbsverbot und Vertragsstrafen. Verband der Südholsteinischen Wirtschaft e.V. Reinbek – 15. Juli2009. Eingangsfall 1:

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Wettbewerbsverbot und Vertragsstrafen

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  1. Wettbewerbsverbot und Vertragsstrafen Verband der Südholsteinischen Wirtschaft e.V. Reinbek – 15. Juli2009

  2. Eingangsfall 1: Arbeitnehmer A wird betriebsbedingt mit dem Angebot einer Abfindung, falls er auf Kündigungsschutzklage verzichtet, gekündigt. Seine Kündigungsfrist beträgt vier Monate. A klagt nicht. Er wird nach zwei Monaten unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt. Gleich zu Beginn der Freistellung macht A ein Praktikum beim Wettbewerber W und nimmt dort bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – heimlich – einen Minijob an. Als sein Noch-Arbeitgeber davon erfährt, kündigt er fristlos und verweigert die Abfindungszahlung.

  3. Eingangsfall 2: Der Buchhändler B (drei Mitarbeiter) nimmt in einem Formulararbeitsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auf. Arbeitnehmerin A pflichtet sich darin, zwei Jahre nach Ausscheiden beim ihm im Bereich Hamburg und Umland nicht mehr als Buchhändlerin zu arbeiten. B behält sich eine Vertragsstrafe von EUR 50.000,-- im Verstoßfall vor. Beide schließen später einen Aufhebungsvertrag. A bewirbt sich fortan nicht als Buchhändlerin. Sie verlangt statt dessen Zahlung einer Karrenzentschädigung von B.

  4. Eingangsfall 3: Arbeitgeber A hat folgende Klausel in den Arbeitsvertrag mit B eingefügt: „Ergibt sich eine von B zu vertretende positive oder negative Kassendifferenz, so wird der Betrag mit zwei multipliziert und ist von B als Vertragsstrafe zu zahlen. Der Betrag wird vom Gehalt abgezogen.“ Muss B eine Differenz ausgleichen?

  5. I. Das gesetzliche Wettbewerbsverbot • Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot • Die Vertragsstrafe

  6. I. Das gesetzliche Wettbewerbsverbot

  7. Kündigung Vertrag Ende Vertragsstrafe

  8. § 60 Abs. 1 HGB – Gesetzliches Wettbewerbsverbot • Verbot eines eigenen Handelsgewerbes • Verbot der Geschäfte im eigenen Handelszweig des Arbeitgebers • Einwilligung des Arbeitgebers möglich • ohne anderweitige Vereinbarung unwiderruflich • gilt für alle Arbeitnehmer (BAG) • ist verzichtbar/einschränkbar

  9. Unerheblich für Annahme einer Wettbewerbssituation, ob • selbständig • in einem freien Dienstverhältnis oder • in einem Arbeitsvertrag • Maßgeblich nur, ob Tätigkeit den Interessen des Arbeitgebers zuwiderläuft.

  10. Unerheblich für Annahme einer Wettbewerbssituation, ob • selbständig • in einem freien Dienstverhältnis oder • in einem Arbeitsvertrag • Maßgeblich nur, ob Tätigkeit den Interessen des Arbeitgebers zuwiderläuft (Einzelfallabwägung).

  11. Beispiele: • Pharmareferentin P berät privat Wettbewerber in Marketingfragen • P näht in der Freizeit Lederschuhe und verkauft sie • P arbeitet an zwei Tagen in der Woche abends im Sonnenstudio ihrer Schwiegermutter auf 400-Euro-Basis

  12. Kündigung Vertrag Ende Wettbewerbsverbot rechtliche Beendigung

  13. Vorbereitungen auch während Arbeitsverhältnis erlaubt: • wenn keine unmittelbaren Nachteile für den Arbeitgeber • (Anmieten von Geschäftslokal, Einkauf von Waren, Anwerben von Mitarbeitern)

  14. Problemfälle: • Abwerben eigener Kunden/Mitarbeiter • „Anzapfen“ der Kundendatenbank • Verabschiedungsschreiben

  15. Verletzung des Wettbewerbsverbots: • i.d.R. fristlose Kündigung ohne Abmahnung • Schadensersatzpflicht oder • Eintreten in die Geschäfte des Arbeitnehmers

  16. Nebentätigkeit während Arbeitsunfähigkeit LAG Schleswig-H. Urt. v. 19.12.2006 - 5 Sa 288/06

  17. Auskunftspflicht und Verjährung • Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung bei Verstoß • Verjährung nach 3 Monaten (§61 Abs. 2 HGB)

  18. Anspruch auf Nebentätigkeit ohne Wettbewerb? • i.d.R. gegeben, aber nur im Rahmen Arbeitszeitgesetz • Anspruch aus Art. 12 Abs. 1 GG • Anzeigepflicht zulässig • vertraglich vereinbarte Genehmigungspflicht i.d.R. unwirksam • Sonderproblem: „Sittengrenzen“

  19. Exkurs: Einflussnahme auf privates Verhalten • „Dienst ist Dienst – Schnaps ist Schnaps“ • allein Ausstrahlung auf Arbeitsverhältnis i.d.R. unerheblich • nur bei massiver Ausstrahlung auf das Arbeitsverhältnis • ggf. Meinungsfreiheit Art. 5 Abs. 1 GG beachten • vertragliche Bindungen meist unwirksam

  20. Eingangsfall 1: Arbeitnehmer A wird betriebsbedingt mit dem Angebot einer Abfindung, falls er auf Kündigungsschutzklage verzichtet, gekündigt. Seine Kündigungsfrist beträgt vier Monate. A klagt nicht. Er wird nach zwei Monaten unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt. Gleich zu Beginn der Freistellung macht A ein Praktikum beim Wettbewerber W und nimmt dort bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – heimlich – einen Minijob an. Als sein Noch-Arbeitgeber davon erfährt, kündigt er fristlos und verweigert die Abfindungszahlung.

  21. II. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot

  22. Vertrag Ende Vertragsstrafe

  23. § 110 GewerbeO – Nachvertragliches Wettbewerbsverbot • nur bei Beginn, während und anlässlich Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbar • nicht nach Beendigung (sonst nur entschädigungsloses „Wettbewerbsverbot“) • bewirkt Verbot nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

  24. Verzicht auf Kündigungsschutzklage BAG Urt. v. 06.09.2007 - 2 AZR 722/06

  25. Untersagung oder Einschränkung nur bei • berechtigtem geschäftlichem Interesse zwischen alter und neuer Tätigkeit insbesondere durch • befürchtete Weitergabe/Nutzung von Geschäftsgeheimnissen oder • Nutzung des vormaligen Kundenkreises

  26. Berechtigtes Interesse immer bei • Vergleichbarkeit zwischen alter und neuer Tätigkeit • Gefährdung durch Nutzung der Kenntnisse und Erfahrungen des Mitarbeiters über Alt-Arbeitgeber

  27. Beispiele: • Konstruktionsleiter für Bereich Konstruktionsleitung • Personalleiter für Bereich Personalleitung • „einfacher“ kaufm. Mitarbeiter für kaufm. Tätigkeiten • Reinigungskraft für Bereich Reinigung

  28. keine unbillige Beschwer im beruflichen Fortkommen • nach Ort, Zeit und Inhalt angemessen

  29. Formelle und inhaltliche Voraussetzungen: • Schriftlichkeit • Vereinbarung einer Karrenzentschädigung(mind. 50 % des regelmäßigen Entgelts) • unternehmensbezogenes oder tätigkeitsbezogenes Wettbewerbsverbot • Höchstdauer: 2 Jahre (danach Freiheit!)

  30. Pflichten aus dem Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer: • Unterlassen von Wettbewerb • Pflicht zum anderweitigen Verdienst • Auskunftspflicht über anderweitigen Verdienst(auch: Arbeitslosengeld)

  31. Pflicht aus dem Wettbewerbsverbot für Arbeitgeber: • Zahlung der Karrenzentschädigung

  32. Berechnung der Karrenzentschädigung (§ 74 Abs. 2 HGB) • mindestens Hälfte der bisherigen Vergütung • Bemessung nach allen Einkommensbestandteilen (Zulagen, Weihnachtsgeld, Provisionen, Sachleistungen) • aber: Anrechnung anderweitigen Verdienstes

  33. Anrechnungsbetrag bei anderweitigem Verdienst • Kappung bei 110 % der Grundbezüge • Beispiel: Entschädigung EUR 2.000 neuer Erwerb EUR 4.100 EUR 6.100 abzgl. 110 % Altverdienst EUR 4.400 Anrechnungsbetrag EUR 1.700 Tatsächliche Entsch. EUR 300

  34. Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot: • keine Zahlung von Karrenzentschädigung • Unterlassungsklage, ggf. einstweilige Verfügung • Zahlung vereinbarter Vertragsstrafe • Schadensersatz

  35. Mögliche Konfliktsituation bei gerichtlicher Klärung: • eigene Kunden als Zeuge vor Gericht • Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen dort durch erforderlichen prozessualen Vortrag

  36. bei ordentlicher Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber WahlrechtArbeitnehmer Lossagen vonWettbewerbsverbot = keine EntschädigungFrist: 1 Monat Festhalten amWettbewerbsverbot = volle Karrenzentschädigung

  37. Wegfall des Wettbewerbsverbots: • durch Zeitablauf (maximal 2 Jahre) • außerordentlicher Eigenkündigung Arbeitnehmer • Verzicht des Arbeitgebers • Insolvenz des Arbeitgebers • einvernehmliche Aufhebung • Nichtdurchführung des Arbeitsverhältnisses

  38. Exkurs: Verschwiegenheitspflicht ohne Wettbewerbsvereinbarung • allgemeine Verschwiegenheitspflicht als vertragliche Nebenpflicht (entschädigungslos) • gesonderte Schweigepflichtsvereinbarungen möglich (entschädigungslos) • hierneben: § 17 UWG Geheimnisverrat

  39. Taktische Überlegungen zur Vereinbarung von Wettbewerbsverboten: Ist ein Verbot zwingend notwendig?  Bewertung von Risikopotenzial und konkretem Arbeitsplatz/Tätigkeitsumfeld Ist die Funktion eine Karrenzentschädigung wert? Kann Geheimnisschutz alternativ bewirkt werden?

  40. Wettbewerbsverbote vor Gericht • Arbeitnehmer klagt Entschädigung ein: • Arbeitgeber zahlt nicht • spekuliert auf Unwirksamkeit der Vereinbarung

  41. Wettbewerbsverbote vor Gericht • Arbeitgeber klagt gegen Verstoß: • Arbeitnehmer wendet Unwirksamkeit der Vereinbarung ein • bestreitet Verstoß gegen Vereinbarung • häufig einstweiliger Rechtsschutz

  42. Eingangsfall 2: Der Buchhändler B (drei Mitarbeiter) nimmt in einem Formulararbeitsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auf. Arbeitnehmerin A pflichtet sich darin, zwei Jahre nach Ausscheiden beim ihm im Bereich Hamburg und Umland nicht mehr als Buchhändlerin zu arbeiten. B behält sich eine Vertragsstrafe von EUR 50.000,-- im Verstoßfall vor. Beide schließen später einen Aufhebungsvertrag. A bewirbt sich fortan nicht als Buchhändlerin. Sie verlangt statt dessen Zahlung einer Karrenzentschädigung von B.

  43. III. Die Vertragsstrafe

  44. Vertrag Ende Vertragsstrafe

  45. Zahlungsversprechen für den Fall einer individuell festgelegten Pflichtverletzung: • Rechtsgrundlage §§ 339 ff. BGB • i.d.R. arbeitsvertragliche Vereinbarung • damit AGB-Kontrolle

  46. Schuldrechtsmoderisierungsgesetz • in Kraft getreten zum 01.01.2002 • Standort jetzt: BGB (nicht mehr AGBG) • für das Arbeitsrecht wesentliche Änderung:AGB-Kontrolle von Formulararbeitsverträgen

  47. - Bereichsausnahme für: Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen (§ 310 Abs. 4 BGB) - umfassende Kontrolle von: Arbeitsverträgen aber: „angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten“

  48. Folge der AGB-Kontrolle für Arbeitsverträge: • keine geltungserhaltende Reduktion mehr, sondern Klauselwegfall • Sonderprobleme: • Verweisungen auf Tarifverträge • Arbeitnehmer als Verbraucher i.S.v. § 13 BGB

  49. Kontrolle nicht nur von Formulararbeitsverträgen zur mehrfachen Verwendung, sondern auch von 1x-Verträgen, sofern vom Arbeitgeber gestellt (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) Ausweg: individuell ausgehandelter Arbeitsvertrag Problem: Beweisschwierigkeiten (Beweislast Arbeitgeber)

  50. Überraschende und unbestimmte Klauseln: • werden nicht Vertragsbestandteil • gehen im Zweifel zu Lasten des Verwenders/Arbeitgebers • Erfordernis konkreter Definition des Verstoßfalles

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