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vorlesung handels- und gesellschaftsrecht

RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen. Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009. 2. Einf

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    1. Vorlesung Handels- und Gesellschaftsrecht Akademie der Saar-Wirtschaft Verfasser: Rechtsanwalt Dr. Michalsky

    2. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 2

    3. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 3 Charakteristika des Handelsrechts (1) Rasche AbwicklungDer Handelsverkehr, d.h. der Austausch von Waren/Dienstleistungen setzt einfachen Vertragsschluss sowie eine zügige Vertragsabwicklung voraus; diesem Bedürfnis nach Schnelligkeit trägt das Handelsrecht z.B. durch gegenüber dem BGB weitergehende Formfreiheit oder der unverzüglichen Rügepflicht Rechnung Rechtsklarheit, Publizität und erhöhter Vertrauensschutzz.B. weitergehender Gutglaubensschutz, § 366 HGB, die Regeln über den Scheinkaufmann oder das kaufmännische Bestätigungsschreiben

    4. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 4 Charakteristika des Handelsrechts (2) Stärkere Bindung an Bräuche und Gepflogenheiten, § 346 HGB Professionalität, insbesondere Entgeltlichkeit, §§ 353, 354 HGB Selbstverantwortung des Handelnden, §§ 348 ff HGB

    5. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 5 Anwendbarkeit des HBG Adressat des HGB ist der Kaufmann Die Anwendbarkeit des HGB richtet sich nach dem subjektiven System, d.h. es ist – von einigen Ausnahmen abgesehen - erforderlich, dass auf mindestens einer Seite des Rechtsgeschäfts ein Kaufmann beteiligt ist. Teilweise ist sogar erforderlich, dass auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts Kaufleute beteiligt sind.

    6. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 6 § 1 Der Kaufmann (1) Nach § 1 Abs. 1 HGB ist Kaufmann, „wer ein Handelsgewerbe betreibt“ Was ein Handelsgewerbe ist bzw. als solches gilt, bestimmt sich nach § 1 Abs. 2 und § 2 HGB Ein Handelsgewerbe setzt voraus, dass die ausgeübte Tätigkeit ein Gewerbe darstellt nach den §§ 1 u. 2 HGB als Handelsgewerbe zu behandeln ist Das Handelsgewerbe muss betrieben werden

    7. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 7 § 1 Der Kaufmann (2)Der Begriff des Gewerbes Fall „Schwarzmalerei“ Dem Maler M ist endlich die Durchführung einer eigenen Ausstellung in der Kunstgalerie „Klecksel“ gelungen. Schon nach wenigen Tagen zeigt sich, dass der Schwarzflächenmalerei des M ungeahnter Erfolg beschieden ist. Als der zuständige Rechtspfleger des örtlichen Amtsgerichtes erfährt, dass M auf der Ausstellung bereits 20 Gemälde für insgesamt 100.000,00 € verkauft hat, fordert er ihn auf, sich innerhalb von vier Wochen im Handelsregister eintragen zu lassen und droht für den Fall des Unterlassens ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € an. M hält dies für rechtswidrig.

    8. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 8 § 1 Der Kaufmann (3)Der Begriff des Gewerbes Gewerbe ist nach h.M. jede äußerlich erkennbare, selbständige, planmäßig auf gewisse Dauer, zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgeübte Tätigkeit, die nicht freier Beruf ist

    9. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 9 § 1 Der Kaufmann (4)Der Begriff des Gewerbes Die Tätigkeit muss nach außen erkennbar sein Die innere, für Dritte nicht erkennbare Absicht, wie z.B. das heimliche Spekulieren an der Börse oder die stille Beteiligung an einem Handelgewerbe (§ 230 HGB) reichen nicht aus. Auch reine Besitzgesellschaften treten nicht nach außen auf und betreiben daher kein Gewerbe

    10. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 10 § 1 Der Kaufmann (5)Der Begriff des Gewerbes Es muss eine rechtliche Selbständigkeit vorliegen Die Abgrenzung erfolgt nach den Kriterien des § 84 Abs.1 S.2 HGB Danach ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann

    11. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 11 § 1 Der Kaufmann (6)Der Begriff des Gewerbes Es muss planmäßig auf gewisse Dauer, also nicht nur gelegentlich betrieben wird Es muss zum Zwecke der Gewinnerzielung betrieben werdend.h., es muss die Absicht bestehen, einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen. Ob tatsächlich ein Gewinn erwirtschaftet wird, ist unerheblich

    12. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 12 § 1 Der Kaufmann (7)Der Begriff des Gewerbes Die Tätigkeit darf nicht zu den freien Berufen zählen

    13. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 13 § 1 Der Kaufmann (8) Nach § 1 Abs. 2 HGB ist jeder Gewerbebetrieb ein Handelsgewerbe, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb nicht erfordert. Das bedeutet, dass ein Handelsgewerbe nur dann anzunehmen ist, wenn beides vorliegt: Erfordernis sowohl nach Art als auch nach Umfang.

    14. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 14 § 1 Der Kaufmann Maßgebend ist das Gesamtbild des Betriebes, und zwar die Natur der abgewickelten Geschäfte, die Art und Weise, wie sie abgewickelt werden, die Größe und Ausdehnung des Betriebes. Kriterien sind (ohne dass sämtliche vorliegen müssen): Umsatz, Ertrag, Höhe von Anlage- und Betriebskapital, AN-Anzahl, kfm Buchführung, Zahlungsweise, Kassenführung, Bilanz, Größe der Betriebsräume, Größe des Lieferanten- und Kundenkreises.

    15. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 15 § 1 Der Kaufmann Erforderlich ist ein kfm eingerichteter Geschäftsbetrieb auch dann, wenn er es nach der gesamten Anlage- und Zielrichtung des Betriebes in überschaubarer Zeit werden wird, es bei Betriebsbeginn aber noch nicht ist. Bspr. aus der Rspr.: Damenoberbekleidungsgeschäft Umsatz 125 TEUR, AV 3 TEUR, Warenbestand 51 TEUR (+) (OLG Koblenz BB 88, 2408); Handelsvertreter nach Verkehrsauffassung ab 100 TEUR (+) (OLG Ffm BB 83, 335); obwohl nur 85 TEUR Umsatz Optiker (+) wegen komplizierter Abrechnung (OLG Hamm, DB 69, 386); Bundeswehrkantine mit 250 TEUR Umsatz (-), da unkompliziertes Bargeschäft (OLG Celle MDR 74, 235); Süßwaren-Großhandel mit 90 TEUR Umsatz, 80 feste barzahlende Kunden (-) (OLG Karlsruhe BB 63, 324); ländliche Zimmerein, 5 Fachkräfte, über 250 TEUR Umsatz, Steuerbuchführung (-) (OLG Celle MDR 74, 235).

    16. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 16 § 1 Der Kaufmann Fall 2 Der VW-Händler V (e.K.) ist in Geldnöten. Er benötigt dringend einen Kredit in Höhe von 50.000,00 €. Diesen beantragt er bei der örtlichen Sparkasse. Diese wiederum möchte einen Kredit nur gewähren, wenn ihr ausreichende Sicherheiten zur Verfügung gestellt werden. Da das Vermögen des V nahezu aufgebraucht ist, wendet er sich an den befreundeten Toyota-Händler T (e.K.). Dieser beschließt, einen Kollegen nicht hängen zu lassen und ruft den zuständigen Kreditsachbearbeiter der Sparkasse an und teilt diesem großspurig mit, er bürge selbstverständlich vollumfänglich. Die Sparkasse zahlt nunmehr den Kredit aus.

    17. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 17 § 1 Der Kaufmann Nach einem halben Jahr kann V die Raten nicht mehr zurück zahlen. Die Sparkasse spricht die Kündigung des Darlehens aus. Es stehen noch 40.000,00 € offen. Die Sparkasse möchte T nun aus der Bürgschaft in Anspruch nehmen. T meint hierzu nur lapidar, er hätte das mit der Bürgschaft zwar vor einem halben Jahr so gesagt, aber was interessiere ihn sein Geschwätz von gestern; schließlich habe er ja nichts unterschrieben. Im Übrigen solle die Sparkasse doch erst einmal den V selbst verklagen. Bitte prüfen Sie die Ansprüche der Sparkasse gegen den T.

    18. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 18 § 1 Der Kaufmann Lösung: Die Sparkasse könnte von T nach § 765 BGB i.V.m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB Rückzahlung des Darlehens verlangen, wenn der T sich wirksam verbürgt hat. 1. Es müsste zwischen der Sparkasse und T ein wirksamer Bürgschaftsvertrag zustande gekommen sein. Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen (§ 765 Abs. 1 BGB). Der T hat gegenüber der Sparkasse am Telefon erklärt, dass er selbstverständlich vollumfänglich für die Verbindlichkeit des V bürge. Damit hat er mündlich einen Bürgschaftsvertrag geschlossen.

    19. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 19 § 1 Der Kaufmann Dieser mündliche Bürgschaftsvertrag könnte aber unwirksam sein. Nach § 766 BGB ist zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages die schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Der T hat sich nur mündlich verbürgt, eine solche schriftliche Bürgschaftserklärung liegt nicht vor. Danach wäre die Bürgschaft nach § 125 BGB nichtig, da es der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt.

    20. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 20 § 1 Der Kaufmann Etwas anderes könnte sich aus § 350 HGB ergeben. Nach § 350 HGB findet auf eine Bürgschaft, ein Schuldversprechen oder das Schuldan-erkenntnis das Schriftformerfordernis aus dem BGB keine Anwendung, sofern die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen, das Versprechen oder das Anerkenntnis auf der Seite des Schuldners ein Handelsgeschäft ist.

    21. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 21 § 1 Der Kaufmann Bei der Bürgschaft müsste es sich also um ein Handelsgeschäft des T handeln. Handelsgeschäfte sind nach § 343 HGB alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. Der T müsste also Kaufmann sein.

    22. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 22 § 1 Der Kaufmann Kaufmann im Sinne des HGB´s ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1 HGB). Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Voraussetzung ist also, dass zunächst ein Gewerbebetrieb vorliegt. Gewerbe ist nach herrschender Meinung jede äußerlich erkennbare, selbständige, planmäßig auf gewisse Dauer zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgeübte Tätigkeit, die nicht freier Beruf ist.

    23. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 23 § 1 Der Kaufmann Der T handelt mit Pkw. Dies geschieht äußerlich erkennbar, da er um entsprechende Geschäfte wirbt. Weiterhin müsste der T selbständig sein. Selbständig ist der nach Definition des § 84 Abs. 1 S. 2 HGB, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der T kann als Kfz-Händler seine Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit planmäßig auf gewisse Dauer und nicht gelegentlich betrieben wird. Der T betreibt seinen Kfz-Handel zielgerichtet auf unabsehbare Zeit und damit planmäßig auf gewisse Dauer und nicht nur gelegentlich.

    24. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 24 § 1 Der Kaufmann Weiterhin muss der T zum Zwecke der Gewinnerzielung handeln, d. h. es muss die Absicht bestehen, einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen. Der T betreibt den Kfz-Handel, um Einnahmen zu erzielen, die über den Ausgaben liegen. Insoweit besteht die Absicht der Gewinnerzielung. Ob tatsächlich ein Gewinn erwirtschaftet wird, ist unerheblich.

    25. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 25 § 1 Der Kaufmann Weiterhin darf die Tätigkeit nicht zu den freien Berufen zählen. Die Tätigkeit als Kfz-Händler ist eine gewerbliche Tätigkeit und keine freiberufliche Tätigkeit. Damit liegt ein Gewerbe vor.

    26. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 26 § 1 Der Kaufmann Weitere Voraussetzung ist, dass es sich um ein Handelsgewerbe handelt. Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Anhaltspunkte dafür, dass das Unternehmen des V nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, liegen nicht vor. Damit liegt die Ausnahme („es sei denn“) nicht vor. Es handelt sich also um ein Handelsgewerbe. Damit ist T Kaufmann im Sinne des § 1 HGB.

    27. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 27 § 1 Der Kaufmann Nach § 350 HGB ist weiter Voraussetzung, dass die Bürgschaft auf Seite des Bürgen ein Handelsgeschäft ist. Nach § 343 HGB sind Handelsgeschäfte alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. Damit müsste auch die Übernahme der Bürgschaft zum Betriebe des Handelsgewerbes des T gehören.

    28. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 28 § 1 Der Kaufmann Der T verkauft eigentlich Pkw. Damit erscheint fraglich, ob auch die Übernahme der Bürgschaft für den befreundeten Toyotahändler T zu seinem Handelsgewerbe gehört.

    29. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 29 § 1 Der Kaufmann Hier hilft die Vermutung des § 344 HGB weiter. Nach § 344 Abs. 1 HGB gelten die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehörig. Das bedeutet mit anderen Worten, dass vermutet wird, dass das von dem Kaufmann vorgenommene Handelsgeschäft zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehört. Es ist Sache des Kaufmanns, diese Vermutung im Einzelfall zu widerlegen. Dies hat der T hier nicht getan. Damit gilt auch die Übernahme als zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehörig. Es handelt sich damit bei der Bürgschaftsübernahme nach § 343 HGB um ein Handelsgeschäft des T.

    30. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 30 § 1 Der Kaufmann Damit konnte nach § 350 HGB die Bürgschaft auch mündlich übernommen werden. Der Bürgschaftsvertrag ist wirksam.

    31. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 31 § 1 Der Kaufmann Weiter macht T geltend, die Sparkasse solle doch erst einmal den V selbst verklagen. Hierin ist die Geltendmachung der Einrede der Vorausklage zu sehen. Nach § 771 BGB kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat, so genannte Einrede der Vorausklage. Dies war nicht noch nicht der Fall. Es stellt sich damit die Frage, ob T im vorliegenden Fall verlangen kann, dass die Sparkasse erst gegen V selbst klagt und vollstreckt.

    32. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 32 § 1 Der Kaufmann Nach § 349 HGB steht dem Bürgen, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft ist, die Einrede der Vorausklage nicht zu. Wie oben geprüft, ist die Bürgschaft für den T ein Handelsgeschäft. Deshalb steht ihm die Einrede der Vorausklage nicht zu. Ergebnis: Die Sparkasse kann den T direkt aus der Bürgschaft in Anspruch nehmen.

    33. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 33 § 1 Der Kaufmann Kaufmann kraft Eintragung Mit der Eintragung ins Handelsregister gilt jedes gewerbliche Unternehmen nach § 2 HGB als Handelsgewerbe, selbst wenn es nicht schon nach § 1 Abs. 2 HGB Handelsgewerbe ist, d.h. selbst dann, wenn es sich um ein Kleingewerbe handelt, das nach Art und Umfang einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb nicht erfordert

    34. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 34 § 1 Der Kaufmann Formkaufmann, § 6 Abs. 2 HGB Nach § 6 Abs. 2 HGB gelten diejenigen juristischen Personen als Kaufmann, die in anderen Gesetzen als Handelsgesellschaften definiert sind. Sie sind damit kraft ihrer Rechtsform Kaufmann. Auf die Art der Tätigkeit der Gesellschaft kommt es nicht an. Auch dann wenn überhaupt kein Gewerbe ausgeübt wird, handelt es sich um einen Kaufmann. z.B. die GmbH (§ 13 Abs. 3 GmbHG)die AG (§ 3 AktG)

    35. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 35 § 1 Der Kaufmann Der Fiktivkaufmann § 5 HGB Wer im Handelsregister eingetragen ist, kann nach § 5 HGB nicht geltend machen, dass das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei.

    36. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 36 § 1 Der Kaufmann Der Scheinkaufmann Nach den allgemeinen Rechtsscheins-grundsätzen muss sich derjenige, der im Rechtsverkehr als Kaufmann auftritt, gutgläubigen Dritten gegenüber auch als solcher behandeln lassen. Wer also im Geschäftsverkehr als Kaufmann auftritt, muss sich nach Treu und Glauben im Rechtsverkehr Gutgläubigen gegenüber an diesem von ihm gesetzten Rechtsschein festhalten lassen.

    37. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 37 § 2 Firmenrecht (1) Die Firma ist der Name des Kaufmanns, unter dem er im Handelsverkehr seine Geschäfte betreibt, seine Unterschrift abgibt sowie klagen oder verklagt werden kann, § 17 HGB Die Firma ist also nur der Name des Handelsgeschäfts und nicht das Unternehmen oder der Betrieb als solches. Die Firma ist mit dem Unternehmen unlösbar verknüpft. Sie kann nur mit dem Unternehmen zusammen und nicht selbständig veräußert werden, § 25 HGB

    38. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 38 § 2 Firmenrecht (2) Nichtkaufleute können keine Firma führen. Sie können aber eine sog. Geschäfts- und Etablissementbezeichnung führen.

    39. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 39 I Grundsätze des Firmenrechts 1. Grundsatz der Firmenunterscheidbarkeit Die Firma muss nach § 18 HGB zur Kennzeichnung geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Sie muss sich von allen an demselben Ort eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden, § 30 Abs. 1 HGB

    40. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 40 I Grundsätze des Firmenrechts 2. Grundsatz der Firmenwahrheit Die Firma darf nach § 18 Abs. 2 HGB keine irreführenden Angaben enthalten. Die Firma muss einen Rechtsformzusatz enthalten, § 19 HGB.

    41. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 41 I Grundsätze des Firmenrechts 3. Grundsatz der Firmenbeständigkeit In bestimmten Fällen darf die Firma unverändert bleiben, obwohl sie unrichtig geworden ist Kollision mit dem Grundsatz der Firmenwahrheit

    42. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 42 I Grundsätze des Firmenrechts 4. Grundsatz der Firmeneinheit Ein Kaufmann darf für ein- und dasselbe Unternehmen nur eine Firma führen.

    43. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 43 I Grundsätze des Firmenrechts 5. Grundsatz der Firmenöffentlichkeit Die Firma muss in der Öffentlichkeit kundgegeben werden, insbesondere durch: Eintragung ins Handelsregister, § 29 HGB Veröffentlichungspflicht auf Geschäftsbriefen, § 37a HGB, § 125a HGB, § 35a GmbHG, § 80 AktG

    44. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 44 I Grundsätze des Firmenrechts Auch E-Mails, Faxe und sonstige Schreiben, die Geschäftsbriefe ersetzen, (z.B. Auftragsbestätigungen, Angebote) müssen die nach § 37a HGB erforderlichen Pflichtangaben enthalten. Nicht als Geschäftsbrief gelten dabei: der interne Schriftverkehr zwischen Abteilungen, Büros, Filialen und Zweigniederlassungen; Lieferscheine, Empfangsscheine, Abholbenachrichtigungen; alle Nachrichten, die an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet sind, wie Werbeschriften, Postwurfsendungen

    45. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 45 II Firmenunterscheidbarkeit § 18 HGB setzt lediglich voraus, dass die Firma zur Kennzeichnung geeignet ist und Unterscheidungskraft besitzt. Es sind sowohl Personenfirmen, Sachfirmen, als auch reine Phantasiebezeichnungen als Firma möglich. Eine Firma ist zur Kennzeichnung geeignet, wenn sie auf das konkrete Unternehmen hinweist. Entscheidend ist die Individualisierung. Für die Unterscheidungskraft ist entscheidend, ob die Firma geeignet ist, sich von anderen, ähnlichen oder gleichlautenden Firmen abzugrenzen. Jede neue Firma muss sich von den am gleichen Ort bereits bestehenden Firmen deutlich unterscheiden. Die Unterscheidbarkeit ist dann gegeben, wenn keine Verwechselungen hervorgerufen werden können.

    46. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 46 III Firmenwahrheit Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irre zu führen. Beispiel: Die Bezeichnung „Gesellschaft Bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung“ und „GbRmbH“ ist irreführend. Es besteht die Gefahr, dass der Eindruck entsteht, es handele sich um einen gesetzlich normierten Gesellschaftstypus, bei dem die Haftungsbeschränkung – wie bei der GmbH – eine gesetzliche Folge der gewählten Gesellschaftsform ist. Rechtsformzusatz Alle Kaufleute – auch die Einzelkaufleute – müssen in ihrer Firma einen Rechtsformzusatz führen. Dies sind die Bezeichnungen „eingetragener Kaufmann“, „eingetragene Kauffrau“, oder eine allgemein verständliche Abkürzung, insbesondere „e.K.“, „e.Kfm.“ oder „e.Kfr.“ Für die OHG „Offene Handelsgesellschaft“ oder OHG, für die KG, „Kommanditgesellschaft“ oder KG, für die GmbH „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ oder GmbH usw.

    47. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 47 IV Firmenbeständigkeit Der Grundsatz der Firmenbeständigkeit besagt, dass die Firma in bestimmen Fällen unverändert bestehen bleiben darf, obwohl sie unrichtig (unwahr) geworden ist. Die Unrichtigkeit kann darauf beruhen, dass in der Firma der Name des Inhabers enthalten ist und dieser sich geändert hat, § 21 HGB (z.B. durch Heirat), der Inhaber des Handelsgeschäfts rechtsgeschäftlich oder kraft Erbfolge gewechselt hat (§ 22 HGB) oder Gesellschafter ein- bzw. ausgetreten sind (§ 24 HGB). Der Grundsatz der Firmenbeständigkeit führt also zur Durchbrechung der Firmenwahrheit. Dies beruht auf dem Gedanken, dass die Firma einen erheblichen Vermögenswert darstellen kann, der dem Geschäftsinhaber auch bei Veränderungen erhalten bleiben soll.

    48. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 48 V Inhaberwechsel und Firmenfortführung (1) Schließt der Geschäftsinhaber unter seiner Firma ein Rechtsgeschäft ab, so ist nicht die „Firma“ Geschäftspartner, da sie nicht rechtsfähig ist und daher nicht Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Vielmehr wird der jeweilige Inhaber persönlich berechtigt und verpflichtet. Wechselt der Inhaber später (z.B. durch Veräußerung des Unternehmens), so kommt eine rechtsgeschäftliche Haftung des Erwerbers für Altschulden zunächst nicht in Betracht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegt. Der Handelsverkehr geht allerdings davon aus, dass Gläubiger von Geschäftsverbindlichkeiten diese grundsätzlich gegen „das Unternehmen“ als solches geltend machen können, gleichgültig, wer der jeweilige Inhaber ist. Ebenso werden Geschäftsforderungen wegen des sachlichen Zusammenhangs „dem Unternehmen“ selbst zugeordnet. Dieser Verkehrsanschauung werden die §§ 25, 27 und 28 HGB gerecht. Danach gehen unter den dort genannten Voraussetzungen Verbindlichkeiten grundsätzlich auf den neuen Unternehmensträger über. Ebenso gelten die im Betrieb begründeten Forderungen dem Schuldner gegenüber auf den Erwerber übergegangen.

    49. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 49 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (2) Es handelt sich um folgende Fälle: Inhaberwechsel kraft Rechtsgeschäft, § 25 HGB Inhaberwechsel durch Erbfolge, § 27 HGB Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmannes, § 28 HGB.

    50. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 50 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (3) Kaufmann Karl Müller hat sein seit Jahrzehnten bestehendes und unter der Firma Karl Müller, Feinkost, geführtes Lebensmittelgeschäft zum 31.12. letzten Jahres an Herrn Fritz Schmitt verkauft. Schmitt führt mit Zustimmung von Herrn Müller das Geschäft fort unter der Firma Karl Müller, Feinkost, Inhaber Fritz Schmitt. Am 10.01. d.J. verlangt der Lieferant L. Zahlung einer Lieferung von Waren, die er im August letzten Jahres geliefert hat, von Schmitt. Zu Recht ?

    51. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 51 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (4) I. 1. Da L. mit Schmitt keinen Kaufvertrag geschlossen hat, scheidet ein unmittelbarer Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Kaufpreiszahlung aus. 2. Als Anspruchsgrundlage kommt jedoch § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. § 25 Abs. 1 S. 1 HGB in Betracht. Erste Voraussetzung ist der Erwerb eines Handelsgeschäfts unter Lebenden. Dies ist hier gegeben, da Schmitt das Geschäft von Müller gekauft hat. Zweite Voraussetzung ist, dass Erwerber das Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt. Das Handelsgeschäft ist fortgeführt, wenn zumindest der den Schwerpunkt des Unternehmens bildende wesentliche Kern desselben übernommen wird, so dass sich der nach außen für den Rechtsverkehr in Erscheinung tretende Tatbestand als weiterführendes Unternehmen in seinem wesentlichen Bestand darstellt.

    52. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 52 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (5) Weiter muss das Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt werden. Dabei ist eine wort- und buchstabengetreue Übereinstimmung zwischen alter und neuer Firma nicht erforderlich. Entscheidend ist, ob der Geschäftsverkehr die neue Firma noch mit der alten identifiziert. Es genügt, dass der „Kern“ der Firma und die „prägenden Zusätze“ übernommen wurden. Dabei ist entscheidend allein die tatsächliche Firmenfortführung. So ist unerheblich, ob im Handelsregister eine andere Firma eingetragen wurde, ob die Fortführung im Innenverhältnis zum Veräußerer berechtigt ist, insbesondere ob dieser gemäß § 22 HGB zugestimmt hat, ob die Bezeichnung firmenrechtlich zulässig ist. Hier hat Herr Schmitt die Firma Karl Müller Feinkost beibehalten. Der beigefügte Nachfolgezusatz Inhaber Fritz Schmitt hindert die Haftung schon nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 HGB nicht. Damit wäre nach § 25 Abs. 1 HGB eine Haftung für die Kaufpreiszahlung gegeben.

    53. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 53 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (6) Die Haftung kann aber durch Vereinbarung zwischen dem Erwerber und dem Veräußerer ausgeschlossen werden. Gegenüber Dritten wirkt eine solche Vereinbarung gemäß § 25 Abs. 2 HGB aber nur, wenn sie im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht oder dem Dritten vom Erwerber oder Veräußerer mitgeteilt worden ist, wobei dies unverzüglich nach der Übergabe erfolgen muss. Hier wurde ein entsprechender Ausschluss nicht ins Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht. Damit haftet Herr Schmitt für alle Forderungen, die gegen Müller im Betrieb des Geschäfts begründet wurden. Somit ist der Anspruch des L. gegen Schmitt gegeben.

    54. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 54 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (7) Hätte Schmitt das Handelsgeschäft unter einer neuen Firma fortgeführt, so hätte er für Altschulden nach § 25 Abs. 3 HGB nur dann gehaftet, wenn ein besonderer Haftungsgrund, z.B. eine Schuldübernahme, vorgelegen hätte. Ebenso gelten nach § 25 Abs. 1 S. 2 HGB alle Forderungen auf den Erwerber übergegangen, wenn der bisherige Inhaber in die Firmenfortführung eingewilligt hat. In dem Fall kann der Schuldner mit befreiender Wirkung an den Erwerber zahlen, sofern kein Ausschlussgrund nach § 25 Abs. 2 HGB vorliegt.

    55. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 55 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (8) Kaufmann H. betrieb die Großbuchhandlung „Heinz Hinscheid“. Als er stirbt, wird er von seinem einzigen Sohn S. beerbt, der das Geschäft modernisiert und unter der alten Firma weiter führt. Nach einigen Monaten kommt Lieferant L. auf S. zu und verlangt die Zahlung von Buchlieferungen aus dem letzten Jahr. Muss S. zahlen?

    56. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 56 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (9) L. hatte einen Kaufpreisanspruch gemäß § 433 Abs. 2 BGB gegen H. Zu klären ist, ob S. für die Schulden des H. einstehen muss. 1. Schuldenhaftung nach erbrechtlichen Regeln Nach den Regeln des BGB haftet der Erbe gemäß § 1967 BGB für alle Schulden des Erblassers, also auch für die Geschäftsschulden unbeschränkt mit seinem ganzen Vermögen, also dem ererbten und dem Privatvermögen. Doch kann der Erbe seine Haftung auf den Nachlass dadurch beschränken, dass er Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz beantragt (§§ 1975 ff BGB). Falls der Nachlass so gering ist, dass die vorstehenden Maßnahmen nicht kostendeckend durchgeführt werden können, hat der Erbe S. noch die Möglichkeit, die Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB zu erheben.

    57. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 57 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (10) 2. Schuldenhaftung nach dem Handelsrecht Eine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB scheidet aus, da das Handelsgeschäft nicht unter Lebenden erworben wurde. Allerdings begründet § 27 HGB eine Haftung der Erben im Falle der Fortführung des Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma. Von dieser Haftung wird der Erbe nicht durch Nachlassverwaltung oder –insolvenz frei, sondern nur, wenn er von den Möglichkeiten der §§ 27 Abs. 2 oder 25 Abs. 2 HGB Gebrauch macht.

    58. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 58 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (11) Voraussetzung ist zunächst, dass der Erbe das Handelsgeschäft und die bisherige Firma fortführt. Führt der Erbe das Handelsgeschäft zwar weiter, aber von Anfang unter geänderter Firma, so greift die spezielle Haftung des § 27 HGB nicht ein. Dabei ist zu beachten, dass ein bloßer Nachfolgezusatz nicht ausreicht, arg e § 25 S. 1 HGB. S. hätte hier die Firma daher sofort nach dem Anfall der Erbschaft ändern müssen, damit § 27 HGB nicht eingreift. Da er hier aber die alte Firma zunächst fortgeführt hat, ändert auch eine spätere Firmenänderung nichts daran, dass eine Haftung nach § 27 Abs. 1 HGB eingetreten ist.

    59. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 59 Inhaberwechsel und Firmenfortführung (12) Allerdings tritt die unbeschränkte Haftung nach § 27 Abs. 2 HGB nicht ein, wenn S. das Geschäft innerhalb von 3 Monaten nach Kenntniserlangung von der Erbschaft einstellt. Eine Einstellung liegt vor bei völliger Aufgabe des Geschäfts oder wenn das Geschäft an einen Dritten ohne Firma veräußert wird. Wird das Unternehmen mit der Firma veräußert, so liegt keine Einstellung vor, da sich der Erbe dann die Firma gerade wirtschaftlich zunutze macht. Damit haftet S. hier gegenüber dem L. Diese Haftung hätte S. auch dadurch vermeiden können, dass er einen Haftungsausschluss entsprechend § 25 Abs. 2 HGB im Handelsregister eintragen lässt. Dies hat er aber unterlassen. Damit haftet S. gegenüber L.

    60. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 60 VI Haftung nach § 28 HGB bei „Eintritt“ in das Geschäft eines Einzelkaufmannes (1) § 28 HGB regelt die Schuldübernahme für den Fall, dass ein Einzelkaufmann einen Teilhaber in sein Handelsgeschäft aufnimmt. Dabei ist der Wortlaut des § 28 HGB missverständlich. Einen „Eintritt“ in das Geschäft eines Einzelkaufmannes gibt es rechtlich nicht, gemeint ist die Gründung einer Gesellschaft unter Einbringung eines Handelsgeschäftes. Die neu gegründete Gesellschaft haftet dann gemäß § 28 HGB für die Schulden des bisherigen Inhabers des Handelsgeschäfts. Eine Fortführung der Firma ist nicht erforderlich.

    61. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 61 Haftung nach § 28 HGB bei „Eintritt“ in das Geschäft eines Einzelkaufmannes (2) V. ist Kfz-Händler. Da er seinen Betrieb wesentlich erweitern will, gründet er mit dem finanzkräftigen E. eine OHG, die das bisherige Unternehmen unter neuem Namen fortführt. Dem G. stand eine Kaufpreisforderung gegen den V. in Höhe von 20.000,00 € zu. Er fragt, welche Ansprüche ihm gegen die OHG, den V. und den E. zustehen?

    62. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 62 Haftung nach § 28 HGB bei „Eintritt“ in das Geschäft eines Einzelkaufmannes (3) Lösung: Die OHG haftet dem G. aus § 28 HGB i.V.m. § 433 Abs. 2 BGB. V. war Kaufmann. Es ist eine Gesellschaft gegründet worden, die das Geschäft des V. weiter führt. Eine Übernahme der Firma ist für § 28 HGB nicht erforderlich. Die Haftung ist nicht gemäß § 28 Abs. 2 HGB ausgeschlossen worden. Die OHG haftet für die Schulden des früheren Geschäftsinhabers V. und damit auch für die Forderungen des G.

    63. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 63 § 3 Die Vertretung des Kaufmanns Die Grundnormen über die Vertretung finden sich in den §§ 164 ff BGB. Die Vorschriften der §§ 164 ff BGB über die Vertretung lassen viel Raum für eine individuelle Regelung des Umfangs der durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht, § 166 Abs. 2 S. 1 BGB). Das Geschäft, das der Vertreter tätigt, wirkt nur dann für und gegen den Vertretenden, wenn der Vertreter innerhalb der ihm konkret erteilten Vollmacht bleibt. Überschreitet der Vertreter seine Vertretungsmacht, so ist der Vertretene an das abgeschlossene Geschäft grundsätzlich nicht gebunden, es sei denn, er genehmigt es.

    64. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 64 Die Vertretung des Kaufmanns Diese Regelungen werden den besonderen Bedürfnissen des kaufmännischen Rechtsverkehrs nach rascher Abwicklung und Rechtsklarheit nicht gerecht. Der kaufmännische Rechtsverkehr benötigt typisierte Vertretungsformen, die den Handelsverkehr erleichtern. Das HGB kennt daher drei spezifische Arten der Vertretungsmacht. Die Besonderheit hierbei ist, dass sich der Umfang der Vertretungsmacht aus dem Gesetz ergibt. Es handelt sich um: die Prokura die Handlungsvollmacht die Vertretungsmacht der Ladenangestellten. Die gesetzliche Festlegung des Umfangs der Vertretungsmacht dieser drei typisierten Vertretungsformen hat für den Vertragspartner die positive Folge, dass es sich auf die Vertretungsmacht seines Verhandlungspartners grundsätzlich verlassen kann. Insoweit wird Rechtsklarheit geschaffen und die rasche Abwicklung gefördert, da der Vertragspartner sich nicht erst noch nach dem Umfang der Vertretungsmacht erkundigen muss.

    65. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 65 I. Die Prokura (1) 1. Die Prokura ist eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht mit gesetzlich umschriebenem Umfang. 2. Die Erteilung richtet sich grundsätzlich nach den Vollmachtsregelungen gemäß §§ 167 ff BGB. Es gelten jedoch folgende Besonderheiten: Die Prokura kann nur durch einen Kaufmann oder seinem gesetzlichen Vertreter erteilt werden (§ 48 Abs. 1 HGB). Die Prokura muss stets persönlich und ausdrücklich erteilt werden (§ 48 Abs. 1 HGB). Folglich kann kein bevollmächtigter Vertreter Prokura erteilen.

    66. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 66 Die Prokura (2) Die Erteilung der Prokura ist im Handelsregister einzutragen (§ 53 Abs. 1 HGB). Die Eintragung wirkt allerdings nur deklaratorisch. Das bedeutet, dass die Wirksamkeit der Erteilung der Prokura nicht von der Eintragung abhängt. Prokurist kann nur eine natürliche, nie eine juristische Person sein.

    67. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 67 Der Umfang der Prokura: Der Umfang der Prokura ist gesetzlich umschrieben, und zwar in den §§ 49 und 50 HGB. Danach ermächtigt die Prokura zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Dabei ist das Tatbestandsmerkmal „die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt“ in dem Sinne zu lesen, dass er lautet, „die der Betrieb irgend eines Handelsgewerbes mit sich bringt“. Es muss sich also nicht um branchenübliche Geschäfte handeln. Ausreichend ist, dass die von dem Prokuristen getätigten Geschäfte in den Bereich irgend eines Handelsgewerbes fallen. Damit kann der Prokurist auch außergewöhnliche Geschäfte vornehmen, nach herrschender Meinung sogar die Branche ändern. Ein berühmtes Schulbeispiel ist der Fall, dass ein Weinhändler, der von einer Reise zurück kehrt, sich als Bankier wiederfinden kann.

    68. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 68 Der Umfang der Prokura: (2) Allerdings sind einige bestimmte Arten von Rechtsgeschäften ausgeschlossen. Ausgeschlossen sind nach § 49 Abs. 2 HGB die Veräußerung und Belastung von Grundstücken, sofern dem Prokuristen diese Befugnis nicht besonders erteilt ist. Wie sich aus dem ausdrücklichen Wortlaut des § 49 Abs. 2 HGB ergibt, ist dagegen der Erwerb von Grundstücken möglich. Dabei kann der Prokurist auch wirksam eine Restkaufpreishypothek bestellen, da es sich wirtschaftlich dabei nur um einen – um Belastung durch die Hypothek – eingeschränkten Erwerb handelt.

    69. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 69 Der Umfang der Prokura: (3) Weiterhin sind so genannte Prinzipalgeschäfte, also reine Inhabergeschäfte, von der Prokura ausgeschlossen. Es handelt sich hierbei um z.B. die Bilanzunterzeichnung, § 245 HGB oder die Erteilung von Prokura, § 48 Abs. 1 HGB. Auch Geschäfte, die nicht dem „Betrieb“ dienen, z.B. die Einstellung oder Veräußerung des Betriebes sind nicht möglich. Weiter sind dem Prinzipal so genannte Grundlagengeschäfte vorbehalten, wie z.B. die Änderung der Firma oder des Gesellschafterbestandes. Schließlich sind private Angelegenheiten des Geschäftsherrn, die sich nicht auf das „Handels-gewerbe“ beziehen, der Vertretungsmacht des Prokuristen entzogen.

    70. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 70 Der Umfang der Prokura: (4) 3. Eine Beschränkung der Prokura ist Dritten gegenüber unwirksam, § 50 Abs. 1 HGB. Nur wenn ein Missbrauch der Vertretungsmacht vorliegt, wirken ausnahmsweise interne Beschränkungen auch gegenüber Dritten, so z.B. bei arglistigem Zusammenwirken zwischen Dritten und Prokuristen zum Nachteil des Geschäftsherrn (Kollusion, §§ 138, 826 BGB) oder wenn der Prokurist seine Vertretungsmacht bewusst missbraucht und der Dritte dies erkennt oder ihm dies auf Grund besonderer Umstände ohne weiteres erkennbar war.

    71. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 71 Das Erlöschen der Prokura 4. Wegen dem Umfang der Prokura und der hieraus resultierenden Gefahren für den Prinzipal ist die Prokura ohne Rücksicht auf das der Erteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis jederzeit widerruflich, § 52 Abs. 1 HGB. Aus gleichem Grunde ist die Prokura nicht übertragbar, § 52 Abs. 2 HGB.

    72. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 72 Das Erlöschen der Prokura (2) 5. Das Erlöschen der Prokura ist in gleicher Weise wie die Erteilung der Prokura zum Handelsregister anzumelden. Der Eintragung kommt nur deklaratorische Wirkung zu. Unterbleibt die Eintragung, wird ein gutgläubiger Dritter aber nach § 15 Abs. 1 HGB geschützt. Solange das Erlöschen nicht eingetragen und bekannt gemacht worden ist, kann einem Dritten, der vom Erlöschen nichts weiß, nicht entgegengehalten werden, dass der frühere Prokurist keine Vertretungsmacht mehr besitzt.

    73. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 73 Fall Kaufmann A. betreibt einen großen Pkw-Gebrauchtwagenhandel in St. Ingbert. Er erteilt seinem Buchhalter B. Prokura mit der Maßgabe, nur Verträge in einem Umfange bis zu 20.000,00 € abzuschließen. Die Prokuraerteilung wird den Vertragspartnern bekannt gegeben, eine Eintragung ins Handelsregister unterbleibt. In der Folgezeit kauft B. von V., einem Geschäftspartner des A., im Namen des A. einen gebrauchten Sattelschlepper zum Preise von 35.000,00 €. Als V. mit dem Schlepper erscheint, wird die Bezahlung von A. unter Hinweis auf die Beschränkung der Prokura verweigert. Zu Recht? Abwandlung: V. wusste von der Beschränkung der Prokura.

    74. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 74 Lösung V. hat gegen A. einen Anspruch auf Zahlung von 35.000,00 € nach § 433 Abs. 2 BGB, sofern zwischen ihm und A. ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist. Ein wirksamer Kaufvertrag ist zustande gekommen, wenn B. den A. wirksam vertreten hat. 1. Der B. hat als Vertreter des A. eine eigene Willenserklärung im Namen des A. abgegeben.

    75. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 75 Lösung 2. Weitere Voraussetzung ist, dass B. Vertretungsmacht zum Abschluss dieses Rechtsgeschäftes hatte. Eine ausdrückliche Vertretungsmacht hatte B. nicht, da seine Vollmacht auf Verträge bis zu 20.000,00 e beschränkt waren. Jedoch könnte sich eine andere Beurteilung aus der Tatsache ergeben, dass A. dem B. Prokura erteilt hat. Bei der Prokura handelt es sich um eine handelsrechtliche Vollmacht mit gesetzlich umschriebenem Umfang. A. müsste dem B. wirksam Prokura erteilt haben. Die Prokura kann nach § 48 HGB nur durch empfangsbedürftige, ausdrückliche Willenserklärung eines Kaufmannes erteilt werden. A. war Kaufmann gemäß § 1 HGB. Er hat als Inhaber des Handelsgeschäfts gegenüber dem B. persönlich die Prokura durch ausdrückliche Erklärung erteilt.

    76. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 76 Lösung Bedenken gegen die Wirksamkeit der Erteilung der Prokura könnten sich allerdings aus § 53 Abs. 1 HGB ergeben. Nach dieser Vorschrift ist die Prokura ins Handelsregister einzutragen, was im vorliegenden Fall nicht erfolgt ist. Da die Eintragung ins Handelsregister nach § 53 Abs. 1 HGB lediglich deklaratorische Wirkung hat, ist die Prokuraerteilung auch ohne die Eintragung wirksam. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 53 Abs. 1 HGB, nachdem die Erteilung der Prokura zur Eintragung anzumelden ist. Das Gesetz geht also davon aus, dass die Prokuraerteilung schon vor der Eintragung wirksam ist. Damit liegt im Ergebnis also eine wirksame Prokuraerteilung durch A. an B. vor.

    77. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 77 Lösung Weiter müsste das konkret abgeschlossene Geschäft vom Umfang der Prokura gedeckt sein. Der Umfang der Prokura ist gesetzlich festgelegt und kann Dritten gegenüber grundsätzlich nicht beschränkt werden. Der Prokurist B. ist damit zu allen Rechtshandlungen berechtigt, die der Betrieb irgendeines Handelsgeschäftes mit sich bringt. Also ist die Prokura nicht begrenzt auf das konkrete Handelsgeschäft des die Prokura erteilenden Kaufmannes, sondern umfasst alle Geschäfte, die in einem Handelsbetrieb vorgenommen werden können, sofern nicht die Beschränkungen des § 49 Abs. 2 HGB eingreifen oder ein Privatgeschäft, ein Grundlagengeschäft oder ein Prinzipalgeschäft vorliegt. B. hat hier einen Lkw gekauft. Dieses Geschäft liegt im Rahmen seiner Vertretungsmacht als Prokurist. Zwar war es nicht Gegenstand des konkreten Handelsgeschäfts des A., da A. ein Pkw-Händler ist. Aber es ist möglicher Gegenstand irgendeines Handelsgewerbes.

    78. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 78 Lösung Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass A. die Prokura auf Geschäfte bis zu 20.000,00 € eingeschränkt hatte. Diese Beschränkung hat nach § 50 Abs. 1 HGB dem V. als Dritten gegenüber keine Wirkung. Aus Gründen der Leichtigkeit und Schnelligkeit des Handelsverkehrs sollen Dritte darauf vertrauen können, dass eine Prokura im gesetzlich bestimmten Umfang besteht. Der B. hatte als Prokurist damit Vollmacht zum Abschluss des hier vorliegenden Kaufvertrages. Damit ist ein entsprechender Kaufvertrag zwischen A. und V. zustande gekommen und der Kaufpreisanspruch des V. gegenüber A. in Höhe von 35.000,00 € besteht.

    79. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 79 Abwandlung: Eine Ausnahme von dem Grundsatz der unbeschränkbaren Prokura ist in den Fällen zu machen, in denen der Geschäftspartner die Begrenzung der Prokura positiv kennt. Hier ist nämlich das Vertrauen des Dritten in die Unbeschränkbarkeit der Prokura nicht schutzwürdig. In der Abwandlung besteht daher kein Kaufanspruch des V. gegen A.

    80. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 80 Fall: Der Autohändler H. erteilt seinem Verkaufsleiter P. Prokura. Kurze Zeit später kommt es zwischen P. und H. zu einem Zerwürfnis, das den H. veranlasst, die Prokura zu widerrufen. Da die Prokuraerteilung selbst noch nicht im Handelsregister eingetragen war, unterbleibt auch jeglicher Vermerk über den Widerruf. Aus Verärgerung über seine Zurücksetzung kauft P. daraufhin beim Großhändler G., dem gegenüber er sich als Prokurist des H. ausgibt, im Namen des H. einen Porsche und verschwindet damit. G. verlangt nunmehr Zahlung von H.

    81. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 81 Lösung: G. kann von H. Zahlung des Kaufpreises gemäß § 433 Abs. 2 BGB verlangen, wenn zwischen ihnen ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. H. ist durch P. wirksam vertreten worden (§ 49 Abs. 1 HGB), wenn P. im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf Grund einer Prokura Vertretungsmacht für H. hatte.

    82. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 82 Lösung: 1. Ursprünglich war P. Prokurist des H. Seine Bestellung war auch ohne Eintragung in das Handelsregister wirksam, da die Eintragung nur deklaratorische Bedeutung hat. Die Prokura ist jedoch wirksam widerrufen worden. Die Prokura ist grundsätzlich frei widerruflich und auch der Widerruf bedurfte zu seiner Wirksamkeit nicht der Eintragung, vgl. § 52 Abs. 1 HGB, § 53 Abs. 2 HGB. Somit war P. im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit G. kein Prokurist des H., mangels Vertretungsmacht wirkten seine Erklärungen nicht mehr für und gegen H.

    83. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 83 Lösung: 2. Das Erlöschen der Prokura kann dem G. jedoch nicht entgegengehalten werden, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 HGB vorliegen. Solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekannt gemacht ist, kann sie von demjenigen, in dessen Angelegenheit sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass sie diesem bekannt war (§ 15 Abs. 1 HGB). Voraussetzung ist zunächst, dass das Erlöschen der Prokura eine eintragungspflichtige Tatsache war. Nach § 53 Abs. 2 HGB ist das Erlöschen der Prokura eintragungspflichtig. Die Eintragung ist nicht erfolgt.

    84. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 84 Lösung: Danach könnte der H., in dessen Angelegenheit das Erlöschen der Prokura einzutragen war, sich nach § 15 Abs. 1 HGB gegenüber Dritten, also hier dem G. nach § 15 Abs. 1 HGB nicht auf das Erlöschen der Prokura berufen. Zu beachten ist jedoch, dass bereits die Erteilung der Prokura nicht ins Handelsregister eingetragen wurde. Es stellt sich damit die Frage, ob § 15 Abs. 1 HGB auch dann gilt, wenn – wie hier – bereits die ebenfalls eintragungspflichtige Erteilung der Prokura nicht eingetragen wurde. Gegen eine Geltung des § 15 Abs. 1 HGB in diesem Fall könnte sprechen, dass das Register, in dem von der Prokura nichts steht, nach dem Widerruf wieder mit der wirklichen Rechtslage übereinstimmt, so dass keine weitere Eintragung zu veranlassen wäre.

    85. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 85 Lösung: Zu bedenken ist aber, dass der Dritte auch anderweitig Kenntnis von der Erteilung der Prokura erlangt haben könnte. Dieser Vertrauenstatbestand kann nur durch eine entsprechende Neueintragung des Widerrufs beseitigt werden. Damit war das Erlöschen der Prokura unabhängig von der (rechtswidrig) unterlassenen Eintragung der Erteilung der Prokura eintragungspflichtig, so dass sich G. infolge der Nichteintragung auf die Publizitätswirkung des § 15 Abs. 1 HGB berufen kann.

    86. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 86 Lösung: Aus dem Sachverhalt ergibt sich nicht, dass der G. auch tatsächlich in das Handelsregister Einsicht genommen hat. Hierauf kommt es allerdings auch nicht an. Eine Kausalität in dem Sinne, dass der Dritte gerade im (konkreten) Vertrauen auf den Registerinhalt gehandelt hat, ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass der Dritte (abstrakt) von dem Nichtbestehen der eintragungspflichtigen Tatsache ausgeht und diese Annahme – also nicht die fehlende Eintragung! – kausal für seine Entschließung ist.

    87. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 87 Lösung: Da G. gutgläubig von dem Fehlen eines Widerrufs der Prokura ausgegangen ist und er im Vertrauen auf diese Annahme gehandelt hat, ist sein guter Glaube auch kausal für den Kaufvertragsabschluss geworden. Damit kann H. dem G. nicht entgegenhalten, er habe die Prokura des P. widerrufen. Zwar ist der Widerruf materiell wirksam, wegen § 15 Abs. 1 HGB besteht zu Gunsten des G. aber eine „Wirkungshemmung“.

    88. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 88 Lösung: Allerdings kann G., wenn ihm dies günstiger erscheint, auf diesen Schutz verzichten und die wahre Rechtslage geltend machen. Der G. hat also ein Wahlrecht: Er kann sich entweder auf § 15 Abs. 1 HGB berufen mit der Wirkung, dass ihm gegenüber die Prokura des P. als fortbestehend gilt. Dann schuldet H. den Kaufpreis gemäß §§ 433 Abs. 2, 164 BGB, §§ 49, 15 Abs. 1 HGB; er kann aber auch den P. der materiellen Rechtslage entsprechend als Vertreter ohne Vertretungsmacht behandeln. Dieser haftet ihm dann gemäß § 179 Abs. 1 BGB.

    89. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 89 II. Die Handlungsvollmacht Handlungsvollmacht ist jede von einem Kaufmann im Rahmen seines Handels-gewerbes erteilte Vollmacht, die nicht Prokura ist.

    90. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 90 Die Handlungsvollmacht (2) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht (Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt (§ 54 HGB).

    91. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 91 Die Handlungsvollmacht (3) Man kann drei Arten von Handlungsvollmachten unterscheiden. Die Generalhandlungsvollmacht: Für alle Rechtsgeschäfte, die der gesamte Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt. Die Arthandlungsvollmacht: Für alle Rechtsgeschäfte, die eine bestimmte Art von Geschäften eines derartigen Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt. Beispiel: Die Vollmacht des Schalterangestellten einer Bank berechtigt zur Vornahme aller im Schalterverkehr üblichen Geschäfte. Die Spezialhandlungsvollmacht: Für alle Rechtsgeschäfte, die das übertragene einzelne, konkret bestimmte Geschäft gewöhnlich mit sich bringt.

    92. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 92 Die Handlungsvollmacht (4) Im Gegensatz zur Prokura, die zu Geschäften ermächtigt, die irgendein Handelsgewerbe mit sich bringt, beschränkt § 54 HGB die Vertretungsmacht auf branchenübliche Geschäfte, also Geschäfte, die ein derartiges Handelsgewerbe mit sich bringt. Darüber hinaus sieht § 54 Abs. 2 HGB weitere Beschränkungen vor. Die Handlungsvollmacht erstreckt sich nach § 54 Abs. 2 HGB auch nicht auf die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, auf die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, auf die Aufnahme von Darlehen, auf die Prozessführung. Darüber hinaus ist der Handlungsbevollmächtigte wie auch der Prokurist nicht vertretungsberechtigt bezüglich Prinzipalgeschäften und Privatgeschäften des Kaufmannes.

    93. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 93 Die Handlungsvollmacht (5) Die gesetzlichen Beschränkungen des § 54 Abs. 2 HGB muss jeder Dritte, unabhängig von seiner Gutgläubigkeit, gegen sich gelten lassen. Darüber hinaus kann die Handlungsvollmacht durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung weiter eingeschränkt werden. Solche Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nach § 54 Abs. 3 HGB aber nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen musste. Infolge des Tatbestandsmerkmals „kennen musste“, schadet bereits leichte Fahrlässigkeit (vgl. § 122 Abs. 2 BGB).

    94. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 94 III. Der Ladenangestellte Wer in einem Laden oder in einem offenen Warenlager angestellt ist, gilt als ermächtigt zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich geschehen (§ 56 HGB).

    95. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 95 Der Ladenangestellte (2) Fall: Händler H betreibt in der Kaiserstraße in St. Ingbert einen kleinen Laden mit Geschenkartikeln. Als er eines Tages zu einer Beerdigung muss, bittet er seinen Nachbarn N für die Zeit seiner Abwesenheit die Stellung zu halten. Dabei soll N die Kunden nur vertrösten und auf später verweisen, nicht aber selbst Verkäufe tätigen. Nichtsdestotrotz verkauft N einen Riesenplüschbär an die Kundin K, die den Bär nach Erledigung ihrer sonstigen Einkäufe abholen will. Nach Rückkehr des H erscheint nun K im Laden und verlangt ihren „Teddy“. H lehnt es ab, da es der letzte vorhandene Riesenplüschbär war und H ihn seiner Tochter zum Geburtstag schenken wollte. Zu Recht?

    96. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 96 Der Ladenangestellte (3) Lösung: K hat einen Anspruch gegen H auf Übergabe und Übereignung des Teddy gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn zwischen ihr und H ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist. Ein wirksamer Kaufvertrag zwischen K und H ist zustande gekommen, wenn H durch N vertreten wurde (§ 164 BGB). 1. N hat als Vertreter eine eigene Willenserklärung im Namen des H abgegeben.

    97. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 97 Der Ladenangestellte (4) 2. Fraglich ist, ob N zum Abschluss dieses Kaufvertrages bevollmächtigt war. H hat dem N gerade keine Vollmacht erteilt. Eine Vertretungsmacht könnte sich aber aus § 56 HGB (Ladenvollmacht) ergeben. Nach dieser Vorschrift gilt derjenige, der in einem Laden oder in einem offenen Warenlager angestellt ist, als ermächtigt zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich geschehen. a) Läden sind die Räume, die dem Publikum offen stehen und in denen der Inhaber seine Geschäfte betreibt. Beim Geschäftsraum des H handelt es sich damit um einen Laden im Sinne dieser Vorschrift.

    98. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 98 Der Ladenangestellte (5) b) Angestellt ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsinhabers in dem Laden tätig wird. Es braucht kein wirksames Arbeitsverhältnis zu bestehen. Entscheidend und ausreichend ist vielmehr, dass der Betreffende mit Willen des Geschäftsinhabers in dem jeweiligen Laden tätig wird. Vorliegend war N im Laden des H angestellt, da H dem N aufgegeben hat, „die Stellung zu halten“.

    99. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 99 Der Ladenangestellte (6) c) Rechtsfolge des § 56 HGB Ist, dass der Angestellte zu den üblichen Verkäufen und Empfangnahmen als ermächtigt gilt. § 56 HGB begründet damit eine Scheinvollmacht. Gedeckt sind nur Verkäufe, nicht dagegen Ankäufe durch den Angestellten. Zudem muss der Verkauf im Laden selbst getätigt werden und der Verkauf muss zu den gewöhnlichen Geschäften des jeweiligen Ladens gehören. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Da § 56 HGB allerdings eine Scheinvollmacht begründet, wird der Geschäftsinhaber nur dann verpflichtet, wenn der Dritte gutgläubig ist; d.h. der Dritte darf das Fehlen der Vollmacht weder kennen noch kennen müssen. Vorliegend war der K nicht bekannt, dass N nur den Laden beaufsichtigen sollte, aber keine selbständigen Verkäufe tätigen durfte. K war also gutgläubig im Sinne der Vorschrift. Damit kann K sich auf die Scheinvollmacht des N aus § 56 HGB berufen. Folglich ist ein Kaufvertrag K und H zustande gekommen und K hat einen Anspruch gegen H auf Übergabe und Übereignung des Teddy nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB.

    100. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 100 § 4 Die selbständigen kaufmännischen Hilfspersonen Zur Erledigung seiner Aufgaben kann der Kaufmann fremde Personen einschalten, die nicht in seinen Betrieb eingegliedert sind. Diese können dann als selbständige Hilfspersonen Rechtsgeschäfte für den Kaufmann tätigen. Personen, die im fremden Namen selbständige Rechtsgeschäfte für den Geschäftsherrn abschließen oder vermitteln, sind der Handelsvertreter und der Handelsmakler. Personen, die im eigenen Namen Rechtsgeschäfte für einen anderen tätigen, sind der Kommissionär, Spediteur, Lagerhalter und Frachtführer.

    101. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 101 1. Begriff des Handelsvertreters Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen (§ 84 Abs. 1 S. 1 HGB). Voraussetzung ist also, dass der Handelsvertreter selbständig ist. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs. 1 S. 2 HGB).

    102. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 102 Der Handelsvertreter (2)Begriff der Selbständigkeit Maßgebend ist das Gesamterscheinungsbild des Handelnden. Diese persönliche Unabhängigkeit unterscheidet den Handelsvertreter vom Angestellten. Indizien für die Selbständigkeit sind: - eigene Geschäftsräume - Führung von Handelsbücher - Tätigwerden für mehrere Unternehmer - Tragen der Geschäftskosten - Benutzung eigener Firmenbögen - Eintragung ins Handelsregister - keine feste Vergütung, nur Provisionen

    103. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 103 Der Handelsvertreter (3) Der Handelsvertreter muss weiter ein Gewerbe betreiben. Dabei ist nach § 84 Abs. 4 HGB ein Kleingewerbe ausreichend. Der Handelsvertreter muss also kein Kaufmann sein. Weitere Voraussetzung ist, dass er für einen anderen, der nicht notwendig Kaufmann sein muss, Geschäfte vermittelt (sog. Vermittlungsvertreter) oder in dessen Namen abschließt (sog. Abschlussvertreter). Der Handelsvertreter wird für den Unternehmer in dessen Namen und auf dessen Rechnung tätig. Der Handelsvertreter muss in einem ständigen Betrauungsverhältnis zu dem Unternehmer stehen, wobei die Tätigkeit auf Abschluss oder Vermittlung von Geschäften gerichtet sein muss. Es handelt sich um ein Dauerschuldverhältnis, und zwar um einen Dienstvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages, §§ 611, 675 BGB.

    104. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 104 Der Handelsvertreter (4) Abgrenzung zu ähnlichen Hilfspersonen Zum Handlungsgehilfen (§ 59 HGB) unterscheidet der Handelsvertreter sich durch seine Selbständigkeit. Der Handlungsgehilfe leistet Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Zum Handelsmakler (§ 93 HGB) unterscheidet sich der Handelsvertreter dadurch, dass er ständig mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften betraut ist, während der Handelsmakler nicht dauernd für einen Unternehmer tätig ist und als unabhängiger Vermittler die Interessen beider Vertragsparteien zu wahren hat. Zum Kommissionär (§ 383 HGB) und zum Kommissionsagenten unterscheidet sich der Handelsvertreter durch sein Handeln im fremden Namen. Der Kommissionär und der Kommissionsagent handeln im eigenen Namen für fremde Rechnung. Zum Vertragshändler und Franchisenehmer unterscheidet sich der Handelsvertreter dadurch, dass er im fremden Namen für fremde Rechnung arbeitet. Sowohl Vertragshändler als auch Franchisenehmer sind im eigenen Namen für eigene Rechnung tätig.

    105. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 105 Der Handelsvertreter (5) Fall: H ist ständig für den Landmaschinenhändler L tätig. Seine Aufgabe besteht darin, bäuerliche Betriebe aufzusuchen und die Maschinen des L anzubieten. Für jede Vermittlung erhält H eine Provision in Höhe von 3 % des jeweiligen Kaufpreises. Im Juni verhandelt er mit dem Bauern B über den Kauf eines Mähdreschers. Der Kaufvertrag wird von L selbst im Juli mit B geschlossen. H verlangt 3 % der Kaufsumme als Provision. Zu Recht?

    106. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 106 Der Handelsvertreter (6) Lösung: Der Provisionsanspruch des H könnte sich aus § 87 Abs. 1 HGB ergeben. 1. H müsste Handelsvertreter des L gemäß § 84 HGB sein. Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Zu unterscheiden ist zwischen dem Vermittlungsvertreter und dem Abschlussvertreter. Der Vermittlungsvertreter wirkt auf die Kunden ein, so dass diese sich zum Abschluss eines Geschäftes entschließen. Dem gegenüber gibt der Abschlussvertreter die Vertragserklärungen im Namen des Geschäftsherrn ab bzw. nimmt solche Erklärungen für den Geschäftsherrn entgegen.

    107. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 107 Der Handelsvertreter (7) Erforderlich ist eine selbständige Tätigkeit des Handelsvertreters für den Unternehmer. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs. 1 S. 2 HGB). Weiterhin muss die Person ständig damit betraut sein, Geschäfte zu vermitteln oder abzuschließen. Dies bedeutet, dass die Beauftragung durch den Unternehmer sich auf eine unbestimmte Anzahl von Geschäften richten muss, wobei die zeitliche Dauer irrelevant ist. Nach § 86 Abs. 1 HGB ist der Handelsvertreter verpflichtet, sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen. Er hat dabei das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen. Zudem muss er über abgeschlossene oder vermittelte Geschäfte unverzüglich Nachricht geben (§ 86 Abs. 2 HGB). Seine Pflichten muss der Handelsvertreter mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrnehmen. Zudem resultieren aus dem bestehenden Dauervertragsverhältnis weitergehend gegenseitige Treuepflichten des Handelsvertreters und des Unternehmers.

    108. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 108 Der Handelsvertreter (8) Im vorliegenden Fall ist H ständig damit betraut, Geschäfte für den Unternehmer L zu vermitteln. Er ist somit als Handelsvertreter im Sinne des § 84 HGB zu qualifizieren. 2. Nach § 87 Abs. 1 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Der Abschluss des Geschäftes erfolgte während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses.

    109. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 109 Der Handelsvertreter (9) 3. Der Abschluss des Vertragsverhältnisses muss auf die Tätigkeit des Handelsvertreters zurückzuführen sein. Ausreichend ist, wenn die Hemmschwelle bei dem Kunden durch den Handelsvertreter beseitigt wird. Hier ist von einer solchen Vermittlungstätigkeit auszugehen.

    110. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 110 Der Handelsvertreter (10) 4. Nach § 87 a Abs. 1 HGB wird die Provision fällig, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter auf jeden Fall einen Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist. Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat. Entsprechende Vereinbarungen sind nicht getroffen worden. Das von H vermittelte Geschäft ist ausgeführt worden. Damit ist der Anspruch auf Provision fällig.

    111. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 111 Der Handelsvertreter (11) 5. Nach § 87 b HGB gilt der übliche Satz als vereinbart, soweit die Höhe der Provision nicht bestimmt ist. Die Provision ist nach § 87 b Abs. 2 HGB vom Entgelt zu berechnen, das der Dritte oder der Unternehmer zu leisten hat. Nachlässe bei Barzahlung sind nicht abzuziehen; dasselbe gilt für Nebenkosten, namentlich für Fracht, Verpackung, Zoll, Steuern, es sei denn, dass die Nebenkosten dem Dritten besonders in Rechnung gestellt sind. Die Umsatzsteuer, die lediglich aufgrund der steuerlichen Vorschriften in der Rechnung gesondert ausgewiesen ist, gilt nicht als besonders in Rechnung gestellt. Vorliegend war eine Provision in Höhe von 3 % vereinbart. Damit hat H einen Anspruch auf Provision in Höhe von 3 % des Kaufpreises.

    112. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 112 Der Handelsvertreter (12) Abwandlung 1: Im August verkauft L dem Bauern B einen weiteren Mähdrescher. Besteht auch diesbezüglich ein Provisionsanspruch des H? Lösung: Nach § 87 Abs. 1 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Hier hat der H bereits im Juni den Bauern B für den Kauf eines Mähdreschers geworben. Nunmehr wurde ein weiterer Mähdrescher bestellt. Damit liegen die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 2. Alt. HGB vor, so dass H auch bezüglich des 2. Kaufvertrages einen Provisionsanspruch hat.

    113. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 113 Der Handelsvertreter (13) Abwandlung 2: H und L haben ihr Vertragsverhältnis bereits zum 30.06. des Jahres beendet. Bestehen Provisionsansprüche des H bezüglich der beiden zwischen L und B geschlossenen Kaufverträge?

    114. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 114 Der Handelsvertreter (14) Lösung: Ein solcher Anspruch könnte sich aus § 87 Abs. 3 HGB ergeben. Danach hat der Handelsvertreter für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, (nur) Anspruch auf Provision, wenn er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäfts innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluss eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach § 87 Abs. 1 S. 1 HGB oder § 87 Abs. 2 S. 1 HGB Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist. Hier hat H Anspruch auf die sog. Überhangprovision, da er das Juli-Geschäft vermittelt bzw. so eingeleitet und vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist. Hinsichtlich des August-Geschäftes ist es anders. Hier liegen die Voraussetzungen des § 87 Abs. 3 HGB nicht vor, so dass kein Provisionsanspruch besteht.

    115. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 115 Der Handelsvertreter (15) Fall: Hastig (H) ist als Handelsvertreter für Herrn Polo (P) tätig, der Textilien für den Sport- u. Freizeitbereich herstellt. H hat u.a. mehrere Stammkunden, darunter 7 Warenhausketten geworben, die regelmäßig bei P beziehen. P entschließt aus betriebswirtschaftlichen Gründen, die Zahl seiner Handelsvertreter zu reduzieren. Auch H soll dran glauben. P will H kündigen. Am 24.12.2005 haben H und P daher einen Aufhebungsvertrag geschlossen, nach dem das Handelsvertreterverhältnis zum 31.07.2006 beendet wird. In dem Vertrag hat H auf seinen Ausgleichsanspruch verzichtet. Am 02.07.2006 fragt H bei RA Dr. M nach, ob er Ansprüche wegen der nach seinem Ausscheiden von seinen Kunden mit dem P abgeschlossenen Geschäfte geltend machen kann. Dem RA Dr. M kommt zudem die Sache mit dem Ausschluss des Ausgleichsanspruches „komisch“ vor. H und RA Dr. M vereinbaren, dass Dr. M Herrn H am frühen Abend des 03.07.2006 über die Rechtslage informieren wird. Stellen Sie bitte die Rechtslage hinsichtlich 1. der genannten Provisionsansprüche und 2. des Ausgleichsanspruchs so dar, dass unter Zuhilfenahme Ihrer Darstellung die Auskunft erteilt werden kann.

    116. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 116 Der Handelsvertreter (16) I. Rechtslage hinsichtlich der Provisionsansprüche für nach dem Ausscheiden von seinem Kunden mit P abgeschlossenen Geschäften Wie in dem vorstehenden Fall ist auch hier die Lösung in § 87 Abs. 3 HGB zu suchen. Danach hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision für Geschäfte, die erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind, wenn der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist.

    117. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 117 Der Handelsvertreter (17) H hat also insoweit, als nach seinem Ausscheiden mit „seinen“ Kunden innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Geschäfte abgeschlossen sind und er die Geschäfte vermittelt oder so eingeleitet und vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, einen Anspruch auf Provision. Sollte er dagegen das Geschäft weder vermittelt noch eingeleitet oder vorbereitet haben, hat er keinen Anspruch mehr auf Folgeprovision.

    118. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 118 Der Handelsvertreter (18)Der Ausgleichsanspruch II. Rechtslage hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs 1. Nach § 89 b Abs. 1 HGB kann der Handelsvertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit a) der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat, b) der Handelsvertreter infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Ansprüche auf Provision verliert, die er bei Fortsetzung desselben aus bereits abgeschlossenen oder künftig zustande kommenden Geschäften mit den von ihm geworbenen Kunden hätte, und c) die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht.

    119. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 119 Der Handelsvertreter (19) 2. Höhe des Ausgleichsanspruchs Nach § 89 b Abs. 2 HGB beträgt der Ausgleich höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

    120. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 120 Der Handelsvertreter (20) 3. Ausschluss des Ausgleichsanspruchs Nach § 89 b Abs. 3 HGB besteht der Anspruch nicht, wenn der Handelsvertreter der Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, dass ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handels-vertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

    121. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 121 Der Handelsvertreter (21) 4. Abbedingung des Ausgleichsanspruchs Nach § 89 b Abs. 4 HGB kann der Ausgleichsanspruch nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Der Ausgleichanspruch ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

    122. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 122 Der Handelsvertreter (22) Der Ausgleichsanspruch stellt eine erhebliche finanzielle Belastung des Unternehmers dar. Er ist häufig Anlass von Streitigkeiten. Die Art und Weise, wie er berechnet wird, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Rechtswissenschaft und Rechtsprechung haben Verfahren entwickelt, wie der Ausgleichsanspruch berechnet werden kann. Dabei gilt es eine Vielzahl von Variablen auszufüllen, was zu entsprechenden Streitigkeiten über den Wert der Variablen führen kann. Da der Ausgleichanspruch nicht im Voraus ausgeschlossen werden kann, ist der Unternehmer oftmals versucht, wichtige Gründe zu konstruieren, aus denen das Vertragsverhältnis gekündigt wird, um so dem Ausgleichanspruch nach § 89 b Abs. 3 Ziff. 2 HGB zu entgehen.

    123. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 123 Der Handelsvertreter (23) Für den hier zu lösenden Fall des Handelsvertreters Hastig ergibt sich aus Vorstehendem Folgendes: In dem Aufhebungsvertrag vom 24.12.2005, nach dem der Handelsvertretervertrag zum 31.07.2006 beendet wird, hat H auf seinen Ausgleichsanspruch verzichtet. Nach § 89 b Abs. 4 HGB kann der Anspruch nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Dies gilt auch für eine Vereinbarung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages, wenn die vereinbarte Vertragsauflösung erst später eintreten soll. Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass H nach wie vor Inhaber des Ausgleichsanspruches ist. Er muss diesen allerdings innerhalb 1 Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend machen.

    124. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 124 B. Der Handelsmakler Der Handelsmakler ist in § 93 ff. HGB geregelt. Nach § 93 HGB ist Handelsmakler, wer gewerbsmäßig für andere Personen, ohne von ihnen aufgrund eines Vertragsverhältnisses ständig damit betraut zu sein, die Vermittlung von Verträgen über Anschaffung oder Veräußerung von Waren oder Wertpapieren, über Versicherungen, Güterbeförderungen, Schiffsmiete oder sonstige Gegenstände des Handelsverkehrs übernimmt. Im Gegensatz zu Handelsvertreter ist der Handelsmakler gerade nicht ständig aufgrund eines Vertragsverhältnisses mit der Vermittlung betraut. Das Maklerverhältnis ist also kein Dauerrechtsverhältnis. Vielmehr wird der Handelsmakler aufgrund von Einzelaufträgen für verschiedene Auftraggeber tätig.

    125. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 125 Der Handelsmakler (2) Der wohl häufigste Fall des Maklers, der Immobilienmakler ist nicht Handelsmakler, da die Vorschriften über den Handels-makler auf die Vermittlung anderer als der oben zitierten Geschäfte, insbesondere auf die Vermittlung von Geschäften über unbewegliche Sachen keine Anwendung finden.

    126. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 126 C. Der Kommissionär 1. Begrifflichkeiten Nach § 383 HGB ist Kommissionär, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Der Kommissionär handelt also nicht in fremdem Namen als Stellvertreter des Kommittenten, sondern handelt im eigenen Namen. Er wird also selbst Vertragspartei und erhält damit die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag. Allerdings wird der Kommissionär für Rechnung des Kommittenten tätig, d. h. er handelt im fremden Interesse. Die wirtschaftlichen Folgen des Vertrages sollen den Kommittenten treffen. Man spricht daher von einer mittelbaren Stellvertretung.

    127. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 127 Der Kommissionär (2) 2. Rechtsbeziehungen bei der Kommission Fall: Ludwig ist des Klavierspielens überdrüssig. Deshalb gibt er seinen Flügel dem Instrumentenhändler Musikus in Kommission mit der Maßgabe, den Flügel für mindestens 20.000,00 € zu verkaufen. Musikus verkauft und übereignet den Flügel an Amadeus. Nun verlangt Ludwig von Amadeus Zahlung des Kaufpreises. Zu Recht?

    128. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 128 Der Kommissionär(3) Lösung: Ludwig hat einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 Abs. 2 BGB gegen Amadeus, wenn zwischen beiden ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Da Ludwig nicht selbst gehandelt hat, kann ein solcher Kaufvertrag nur vorliegen, wenn Musikus im Namen des Ludwig als Stellvertreter des Ludwig gehandelt hätte. Zu beachten ist, dass Ludwig den Flügel dem Musikus in Kommission gegeben hat. Nach § 383 Abs. 1 HGB ist Kommissionär, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren für Rechnung eines anderen im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen.

    129. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 129 Der Kommissionär (4) Der Kommissionär handelt also nicht im fremden Namen als Stellvertreter des Kommittenten, sondern wird selbst Vertragspartei und damit aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet. Demgemäß hat Musikus nicht als Vertreter des Ludwig gehandelt. Damit ist ein Kaufvertrag zwischen Ludwig und Amadeus nicht zustande gekommen. Vielmehr ist ein Kaufvertrag zwischen Musikus und Amadeus zustande gekommen, da Musikus im eigenen Namen gehandelt hat. Der Kaufpreisanspruch steht folglich des Musikus zu. Ludwig kann also von Amadeus keine Zahlung des Kaufpreises verlangen.

    130. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 130 Der Kommissionär (5) 3. Rechte und Pflichten des Kommissionärs Der Kommissionär ist nach § 384 Abs. 1 HGB verpflichtet, das übernommene Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen. Er hat hierbei das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen. Er hat dem Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben, insbesondere von der Ausführung der Kommission unverzüglich Anzeige zu machen. Der Kommissionär ist verpflichtet, dem Kommittenten über das Geschäft Rechenschaft abzulegen und ihm dasjenige heraus zu geben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat.

    131. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 131 Der Kommissionär (6) Für den oben stehenden Fall bedeutet dies, dass Musikus nach § 384 Abs. 2 HGB verpflichtet ist, dasjenige, was er aus dem Geschäft erlangt hat, dem Kommittenten Ludwig heraus zu geben. Hat Amadeus an Musikus gezahlt, muss Musikus also den Kaufpreis an Ludwig herausgeben. Vor der Zahlung durch Amadeus besteht ein Anspruch des Ludwig gegen Musikus auf Abtretung der Kaufpreisforderung zu. Erst dann, wenn dem Ludwig die Kaufpreisforderung des Musikus gegen Amadeus abgetreten wurde, kann Ludwig gegen Amadeus vorgehen und von ihm Kaufpreiszahlung verlangen.

    132. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 132 Der Kommissionär (7) Der Kommissionär ist an die Weisungen des Kommittenten gebunden, so weit sie sich im Rahmen des Kommissionsvertrages halten und nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Handelt der Kommissionär nicht gemäß den Weisungen des Kommittenten, so ist er nach § 385 Abs. 1 HGB dem Kommittenten zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Weiter braucht der Kommittent das Geschäft nicht für seine Rechnung gelten zu lassen.

    133. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 133 Der Kommissionär (8) 4. Verletzung von Preisgrenzen –vorteilhafterer Abschluss Fall: Im vorstehenden Beispielsfall ist es Musikus gelungen, den Flügel für 25.000,00 € an Amadeus zu verkaufen. Musikus möchte Ludwig aber nur den mindest geforderten Preis von 20.000,00 € herausgeben. Wie ist die Rechtslage?

    134. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 134 Der Kommissionär (9) Es stellt sich die Frage, wem die Vorteile eines besseren Vertragsabschlusses zugute kommen. Dies ist in § 387 HGB geregelt. Danach kommt es dem Kommittenten zustatten, wenn der Kommissionär zu vorteilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm von Kommittenten gesetzt worden sind. Dies gilt insbesondere, wenn der Preis, für welchen der Kommissionär verkauft, den von dem Kommittenten bestimmten niedrigsten Preis übersteigt, oder wenn der Preis, für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nichts erreicht. Im vorliegenden Fall muss daher Musikus Ludwig den gesamten Kaufpreis, also 25.000,00 € herausgeben.

    135. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 135 Der Kommissionär (10) Abwandlung: Weil Amadeus so arm ist und anstelle der geforderten 20.000,00 € für den Flügel nur 15.000,00 € aufbringen kann, verkauft Musikus, der Mitleid mit Amadeus hat, diesem den Flügel für 15.000,00 €. Entsprechend der Regelung des § 384 Abs. 2 HGB will Musikus dem Ludwig auch nur das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte, also die 15.000,00 € heraus geben. Ludwig glaubt an einen schlechten Scherz und erklärt gegenüber Musikus, dass er dies nicht mit sich machen lasse und das Geschäft nicht anerkenne. Wie ist die Rechtslage?

    136. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 136 Der Kommissionär (11) Hat der Kommissionär unter dem ihm gesetzten Preise verkauft, oder hat er dem ihm für den Einkauf gesetzten Preis überschritten, so muss der Kommittent, falls er das Geschäft als nicht für seine Rechnung abgeschlossen zurückweisen will, dies unverzüglich auf die Anzeige von der Ausführung des Geschäfts erklären. Andernfalls gilt nach § 386 Abs. 1 HGB die Abweichung von der Preisbestimmung als genehmigt. Da Ludwig hier sofort erklärt hat, dass er das Geschäft nicht für sich gelten lasse, gilt das Geschäft als nicht für seine Rechnung abgeschlossen.

    137. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 137 Der Kommissionär (12) Der Kommissionär kann der Zurückweisung des Geschäfts entgehen, wenn er sich zugleich mit der Anzeige von der Ausführung des Geschäfts zur Deckung des Preisunterschiedes erbietet. In diesem Falle ist der Kommittent nach § 386 Abs. 2 HGB nicht zur Zurückweisung berechtigt. Da Musikus hier nicht angeboten hat, den Preisunterschied abzudecken, bleibt Ludwig zur Zurückweisung des Geschäfts berechtigt. Diese Zurückweisung des Geschäfts als für seine Rechnung abgeschlossen, bedingt allerdings nicht, dass der Kaufvertrag zwischen Musikus und Amadeus unwirksam wird.

    138. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 138 Der Kommissionär (13) Vielmehr steht dem Ludwig ein Anspruch auf Schadenersatz nach § 385 Abs. 1 HGB zu, da infolge der unverzüglichen Zurückweisung des Geschäfts die Abweichung der Preisbestimmung nicht nach § 386 Abs. 1 HGB als genehmigt gilt. Ludwig kann als also von Musikus zum einen nach § 384 Abs. 2 HGB Herausgabe des erlangten Kaufpreises in Höhe von 15.000,00 € verlangen und zum anderen nach § 385 Abs. 1 HGB Schadenersatz in Höhe weiterer 5.000,00 €.

    139. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 139 Der Kommissionär (14) 5. Fiktion des Übergangs der Forderung aus dem Ausführungsgeschäft Fall: Nachdem Ludwig seinen Flügel verkauft hat, beschließt er, gänzlich mit der Musik aufzuhören. Er bringt daher noch seine Violine und seinen Kontrabass zu Musikus. Er beauftragt Musikus beide Instrumente in Kommission zu verkaufen. Musikus gelingt es recht schnell, die Violine zu einem Preis von 10.000,00 € zu verkaufen. Dagegen gelingt es ihm nicht, für den Kontrabass einen Käufer zu finden. Bevor es zur Zahlung des Kaufpreises für die Violine kommt, lässt der Gläubiger G des chronisch verschuldeten Musikus sowohl die Kaufpreisforderung aus dem Verkauf der Violine als auch den Kontrabass pfänden. Ludwig ist verzweifelt. Muss er die Pfändungen gegen sich gelten lassen?

    140. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 140 Der Kommissionär (15) Da der Kaufvertrag über die Violine zwischen dem Musikus und dem Käufer zustande gekommen ist, ist Forderungsinhaber der Kaufpreisforderung Musikus. Damit wäre eigentlich die Forderung durch den Gläubiger G pfändbar. Etwas anderes ergibt sich aus der Regelung des § 392 Abs. 2 HGB. Danach gelten die Forderungen aus einem Geschäft, dass der Kommissionär abgeschlossen hat, auch wenn sie nicht abgetreten sind, im Verhältnis zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär oder dessen Gläubigern als Forderung des Kommittenten.

    141. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 141 Der Kommissionär (16) Das bedeutet, dass –obwohl Forderungsinhaber eigentlich Musikus ist- § 392 Abs. 2 HGB fingiert, dass die Forderungen aus dem Ausführungsgeschäft auch ohne Abtretung solche des Kommittenten Ludwig sind, und zwar entweder im Verhältnis zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär, oder zwischen dem Kommittenten und den Gläubigern des Kommissionärs. Damit gilt Kraft der Fiktion des § 392 Abs. 2 HGB die Kaufpreisforderung nicht als Forderung des Kommissionärs Musikus, sondern als Forderung des Ludwig. Die die Pfändung des Gläubigers des Kommissionärs geht ins Leere. Ludwig ist anzuraten, gegen die Pfändung im Wege der Drittwiderspruchsklage vorzugehen.

    142. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 142 Der Kommissionär (17) Hinsichtlich der Beurteilung der Pfändung des Kontrabass ist zunächst zu fragen, wer Eigentümer des Kontrabass ist. Bei der Verkaufskommission übergibt der Kommittent nur den Besitz an dem Kaufgegenstand. Es findet zunächst keine Übereignung von dem Kommittenten auf den Kommissionär statt. Vielmehr verbleibt das Eigentum bei dem Kommittenten. Der Kommittent ermächtigt (§ 185 BGB) den Kommissionär nur, über sein, des Kommittenteneigentum gegenüber Dritten zu verfügen. Da damit Eigentümer des Kontrabass weiter Ludwig ist, kann er im Wege der Drittwiderspruchsklage gegenüber dem Gläubiger die Unzulässigkeit der Pfändung geltend machen.

    143. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 143 Der Kommissionär (18) 6. Ausnahme zur Fiktion des § 392 Abs. 2 HGB Abwandlung: Musikus verkauft den ihm von Ludwig in Kommission gegebenen Kontrabass an Richard, dem er aus einem früheren Kommissionsgeschäft über einen Satz Pauken noch viele Tausend Euro schuldet. Richard fühlt die Götterfunken in seiner Brust empor steigen, angesichts der Möglichkeit, endlich seine Forderungen im Wege der Aufrechnung gegen die Kaufpreisverbindlichkeit tilgen zu können. Ludwig sieht die Götterdämmerung auf sich herab sinken und versucht dies unter Berufung auf die Rechtsfolge des § 392 Abs. 2 HGB zu verhindern. Wird ihm dies gelingen?

    144. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 144 Der Kommissionär (19) Nach § 392 Abs. 2 HGB gelten Forderungen, auch wenn sie nicht abgetreten sind, im Verhältnis zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär und dessen Gläubigern als Forderung des Kommittenten. Dabei wird § 392 Abs. 2 HGB aber dahin einschränkend ausgelegt, dass „Gläubiger des Kommissionärs“ im Sinne des § 392 Abs. 2 HGB nicht der Dritte als Vertragspartner des Ausführungsgeschäftes ist. Hat der Dritte gegen den Kommissionär eigene Forderungen aus dem Ausführungsgeschäft oder aus einem anderen Rechtsgrund, ist es ihm trotz § 392 Abs. 2 HGB möglich, mit diesen Ansprüchen gegen die Forderung des Kommissionärs aus dem Ausführungsgeschäft aufzurechen, auch wenn er die Kommission kannte.

    145. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 145 Der Kommissionär (20) Folglich kann Richard mit der Forderung aufrechnen, so dass er von der Kaufpreiszahlung zu Lasten des Ludwig befreit wird. Zwar hat Ludwig nach wie vor einen Anspruch gegen Musikus auf Zahlung des durch die Veräußerung Erlangten, doch ist dieser Anspruch als wertlos zu betrachten, da Musikus chronisch verschuldet ist. Musikus hat sich zudem schadenersatzpflichtig gemacht. Er hätte vor Abschluss des Kaufvertrages mit Richard ein Aufrechnungsverbot vereinbaren müssen.

    146. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 146 D. Sonderformen I. Der Vertragshändler Der Vertragshändler, der auch Eigenhändler genannt wird, ist im Gesetz nicht geregelt. Er steht mit dem Warenproduzenten in vertraglicher Dauerbeziehung und ist in die Verkaufsorganisation des Herstellers eingegliedert. Der Vertragshändler veräußert aber die Ware im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (im Gegensatz zum Handelsvertreter und Kommissionär). Sein Verdienst ist nicht die Provision, sondern der Gewinn aus dem Warenverkauf.

    147. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 147 Der Vertragshändler (2) Durch die Bindung an den Hersteller aufgrund des Vertriebsvertrages mit Preisbindung und geschütztem Absatzgebiet nähert sich der Vertragshändler dem Handelsvertreter stark an, so dass das Handelsvertreterrecht je nach Ausgestaltung der Bindung weitgehend entsprechend anwendbar ist. So ist insbesondere § 89 b HGB entsprechend anwendbar, wenn der Vertragshändler in das Kundenvertriebssystem eingebunden und zur Übertragung des Kundenstammes vertraglich verpflichtet ist.

    148. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 148 II. Franchise-Vertrag Hier überlässt ein Unternehmen ein von ihm entwickeltes typisches Produkt oder eine Dienstleistung gegen Bezahlung meist an eine Vielzahl anderer Unternehmen (Franchisenehmer) unter enger Bindung an die vom Franchisegeber entwickelten Merkmale. Der Franchisenehmer bekommt in dem Franchise-Vertrag das Recht eingeräumt, bestimmte Waren und Dienstleistungen zu vertreiben. Er ist verpflichtet und berechtigt, Name, Marke, Symbol und Einrichtung des Franchisegebers zu benutzen und die vom Franchisegeber festgelegte Geschäftskonzeption zu übernehmen.

    149. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 149 Franchise-Vertrag (2) Der Franchisenehmer ist selbständig und handelt für eigene Rechnung. Anders als der Vertragshändler ist der Franchisenehmer an das meist bis ins einzelne geregelte Organisations- und Marketingkonzept des Franchisegebers gebunden. Insoweit besteht auch ein Überwachungs- und Weisungsrecht des Franchisegebers.

    150. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 150 § 4 Die Handelsgeschäfte (§§ 343 – 475 h HGB) I. Der Begriff des Handelsgeschäftes Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören (§ 343 HGB). Mit Handelsgeschäften sind die einzelnen Rechtsgeschäfte des Kaufmanns, nicht das Unternehmen als Ganzes gemeint.

    151. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 151 Die Handelsgeschäfte (2) Fall: L, Inhaber eines Lebensmittelsupermarktes hat seinem Kunden K verdorbenes Fleisch verkauft. Infolge des Genusses musste K sich ärztlicher Behandlung unterziehen. Nach seiner Genesung ruft K den L an und verlangt von diesem 5.000,00 € Schmerzensgeld. L, der die Sache möglichst nicht ans Licht kommen lassen will, erkennt den Anspruch telefonisch an. Als K später Zahlung der 5.000,00 € verlangt und den L aus dem Anerkenntnis in Anspruch nimmt, beruft sich L auf Formnichtigkeit des Anerkenntnisses. Zu Recht?

    152. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 152 Die Handelsgeschäfte (3) Lösung: Das Anerkenntnis könnte formnichtig sein. Nach § 781 BGB bedarf ein Anerkenntnis zur Wirksamkeit der Schriftform. Diese Schriftform ist hier nicht eingehalten, da L das Bestehen der Forderung lediglich telefonisch anerkannt hat. Etwas anderes könnte sich aber aus § 350 HGB ergeben, wenn es sich bei der Abgabe des Anerkenntnisses für den L um ein Handelsgeschäft gehandelt hat. Nach § 350 HGB finden die entsprechenden Formvorschriften auf eine Bürgschaft, ein Schuldversprechen oder ein Anerkenntnis keine Anwendung, sofern diese Rechtsgeschäfte auf der Seite des Bürgen bzw. des Schuldners ein Handelsgeschäft ist. Es müsste sich also bei dem telefonischen Anerkenntnis der Schmerzensgeldforderung um ein Handelsgeschäft gehandelt haben.

    153. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 153 Die Handelsgeschäfte (4) Nach § 343 HGB sind Handelsgeschäfte alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. a) Unter dem Begriff des Geschäfts im Sinne des § 343 HGB sind nicht nur Rechtsgeschäfte, wie Verträge, sondern auch rechtsgeschäftsähnliche Handlungen, wie Mahnung, Fristsetzung, Kündigung, Annahme als Erfüllung usw. zu verstehen. Nicht zu den Geschäften gehören dagegen unerlaubte Handlungen gemäß §§ 823 ff. BGB, Verarbeitung und Vermischung, § 946 BGB und das Führen eines Kraftfahrzeuges.

    154. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 154 Die Handelsgeschäfte (5) Bei dem von L abgegebenen Anerkenntnis handelt es sich unproblematisch um ein Geschäft i.S.d. § 343 HGB. b) L ist Kaufmann. c) Das Anerkenntnis müsste zum Betrieb des Handelsgewerbes des Kaufmanns gehören. Dazu zählen alle Geschäfte, die im Rahmen der Ermöglichung, Förderung oder Erhaltung und Abwicklung eines Handelsgewerbes anfallen können, auch ungewöhnliche, branchenfremde Geschäfte in diesem Rahmen oder bloße Hilfsgeschäfte. Werden Gegenstände angeschafft, die sowohl dem Handelsgewerbe als auch dem privaten Verbrauch dienen, so führt auch eine geringfügig gewerbliche Zuordnung zur Annahme eines Handelsgeschäfts.

    155. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 155 Die Handelsgeschäfte (6) d) Häufig ist es schwierig, festzustellen, ob das Geschäft des Kaufmanns zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört, oder lediglich privaten Zwecken dient. In diesen Fällen erleichtert § 344 HGB die notwendige Prüfung, ob ein Handelsgeschäft vor. Nach § 344 Abs. 1 HGB gehören die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betriebe seines Handelsgewerbes zugehörig. § 344 Abs. 2 HGB stellt eine entsprechende Vermutung für Schuldscheine aus, danach gelten die von einem Kaufmann gezeichneten Schuldscheine als im Betriebes seines Handelsgewerbes gezeichnet, sofern nicht aus der Urkunde sich das Gegenteil ergibt.

    156. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 156 Die Handelsgeschäfte (7) Danach gilt das Anerkenntnis des L als Handelsgeschäft, so dass es nach § 350 HGB auch mündlich abgegeben werden konnte. Der L ist also zur Zahlung der 5.000,00 € Schmerzensgeld verpflichtet.

    157. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 157 Die Handelsgeschäfte (8) II. Handelsbräuche Nach § 346 HGB ist unter Kaufleuten in Ansehung der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die im Handelsverkehre geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen.

    158. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 158 Handelsbräuche (2) 1. Definition des Handelsbrauchs: Handelsbräuche sind die tatsächlich im Handelsverkehr geltenden und ausgeübten Gewohnheiten und Gebräuche. Einer besonderen Vereinbarung bedarf es zu ihrer Wirksamkeit nicht. 2. Geltungsbereich Der Geltungsbereich des § 346 HGB beschränkt sich grundsätzlich auf beiderseitige Handelsgeschäfte. Ein beiderseitiges Handelsgeschäft liegt vor, wenn beide Vertragspartner Kaufmann sind und für beide Rechtsgeschäfte zumindest die Vermutung des § 344 HGB gilt.

    159. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 159 Handelsbräuche (3) Ausnahmsweise finden Handelsbräuche auch bei Geschäften zwischen Kaufleuten und Nichtkaufleuten Anwendung, wenn dies besonders vereinbart ist, oder wenn in gleichartiger Brauch auch im nichtkaufmännischen Verkehr festgestellt wird, z. B. die „Tegernseer Gebräuche“ beim Holzkauf. Für den Bereich des kaufmännischen Bestätigungsschreibens werden die hierzu entwickelten Grundsätze auf den Nichtkaufmann angewendet, wenn dieser als Absender oder Empfänger wie ein Kaufmann in größerem Umfange am Verkehrsleben teilnimmt.

    160. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 160 Handelsbräuche (4) Handelsbräuche entstehen durch tatsächliche Übung über einen gewissen Zeitraum unter Zustimmung der Beteiligten. So können im Verkehr übliche Klauseln oder einzelne Geschäftsbedingungen oder ausdrückliche Vereinbarung zum Handelsbrauch werden. Ein Handelsbrauch gilt nicht unbeschränkt und überall, er kann auf bestimmte Branchen, einzelne Handelsplätze oder bestimmte Gebiete beschränkt sein. Für die Wirkung des Handelsbrauchs ist die Kenntnis der Beteiligten nicht maßgebend. Ausreichend ist, dass der Handelsbrauch zur Zeit des Geschäftsabschlusses oder der Vornahme der Handlung besteht.

    161. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 161 Handelsbräuche (5) Beispiele für Handelsbräuche: Gerichtsstandsvereinbarung durch Vermerk auf Rechnung im Buchhandel Tegernseer Gebräuche im Holzhandel Erfüllungsort für Lieferung und Zahlung im Weinhandel am Sitz des Verkäufers Eigentumsvorbehalt des Erzeugers gegenüber dem Großhändler im Weinhandel Regeln über das kaufmännische Bestätigungsschreiben

    162. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 162 III Tegernseer Gebräuche Gebräuche im inländischen Handel Mit Rundholz, Schnittholz, Holzwerkstoffen Und anderen Holzhalbwaren Fassung 1985

    163. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 163 Tegernseer Gebräuche (2)Vorwort Zur Fassung vom 21. Juni 1956 Im Verkehr mit inländischem Rundholz, Rundholz, Schnittholz und Holzhalbwaren haben sich in Jahrzehnten Gebräuche entwickelt. Diese Gebräuche wurden von den Verbänden der Holzbearbeitung, des Holzhandels und der Holzverarbeitung im Jahre 1950 zu Tegernsee (Tegernseer Gebräuche) zusammengestellt. Anlässlich der jetzt notwendig gewordenen Neuauflage wurde die Tegernseer-Sammlung in eingehenden Beratungen aller beteiligten Kreise nochmals einer Überprüfung unterzogen unter Beachtung der Grundsätze, die nach Rechtsprechung und Literatur für die Bildung von Handelsbrauch maßgebend sind. In der Zweitfassung der Tegernseer Sammlung waren in den Jahren 1955/56 die Verbände der Sägeindustrie, des Holzhandels und der holzverarbeitenden Industrie beteiligt. Darüber hinaus haben die Verbände des holzverarbeitenden Handwerks, des Bau- und Zimmererhandwerks sowie der Furnier-, Sperrholz- und Holzspanplattenindustrie mitgewirkt. Die Zweitfassung der Tegernseer Gebräuche ist hiernach eine Gemeinschaftsarbeit auf breitester Grundlage, die eine Normierung einseitiger Interessen ausschließt.

    164. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 164 Tegernseer Gebräuche (3) Vorwort Jedem Verbandsmitglied steht es frei, seinen Vertragsabschlüssen eigene Geschäfts-, Lieferung und sonstige Vertragsbedingungen zugrunde zu legen. Nach § 246 HGB finden jedoch in Zweifelsfällen Handelsgebräuche zur Auslegung der Verträge ergänzend Anwendung. Zur Fassung 1961 Die Auflage 1956 ist vergriffen. Für den Neudruck waren die Rückgliederung des Saargebietes –die Feststellungen ergaben gleiches Brauchtum wie in der Bundesrepublik- und technisch bedingte Änderungen des Brauchtums bei der Lieferung von Sperrholz zu berücksichtigen. Die Fassung 1961 der Tegernseer Gebräuchesammlung ist praktisch mit der Fassung vom 21 Juni 1956 inhaltsgleich. Abweichungen bestehen beim Geltungsbereich durch die Einbeziehung des Saargebietes und bei den Gütebestimmungen für Sperrholz. In der Anlage II der Fassung 1956 sind der Abschnitt A und Teile des Abschnitts C infolge Änderung der Sperrholzverleimungstechnik in Wegfall gekommen. Im Abschnitt B, der künftig Abschnitt A wird, sind einige Bestimmungen textlich klarer gefasst worden. Gleiches gilt für die §§ 27 und 29 der Sammlung.

    165. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 165 Tegernseer Gebräuche (4) Vorwort Zur Fassung 1985 Nach fast 25 Jahren, die seit der letzten Überarbeitung der Tegernseer Gebräuche vergangen sind, legt nach mehrjähriger Arbeit die Gebräuche-Kommission der deutschen Holzwirtschaft die vierte aktualisierte Fassung der Gebräuchesammlung vor. Die Mitarbeit aller am Handel mit Holz beteiligten Kreise unterstreicht nachdrücklich die unverändert hohe Bedeutung, die dem Brauchtum von allen Handelsstufen beigemessen wird. Die Überarbeitung war notwendig geworden, da sich in den vorangegangenen Jahren Abweichungen zwischen dem kodifizierten und dem tatsächlich praktizierten Brauchtum entwickelt hatten. Weiterhin verfolgt die Aktualisierung das Ziel, Übereinstimmungen zwischen den Tegernseer Gebräuchen und dem DIn-Normenwerk, soweit diese Eingang in das Brauchtum gefunden hatten, festzustellen. Die Tegernseer Gebräuche in alter Fassung sind mehrfach durch gerichtliche Entscheidungen als Handelsbrauch entsprechend § 346 HGB bestätigt worden. Die 2. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes ging in einer Stellungnahme vom 26. August 1985 davon aus, dass es sich auch bei der Fassung 1985 der Tegerseer Gebräuche um Handelsbrauch handelt.

    166. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 166 Tegernseer Gebräuche (5) Vorwort Der Anmeldung als Konditionsempfehlung gemäß § 38 Abs. 2 Nr. 3 GWB bedarf es auch bei dieser Fassung wieder nicht. Präambel Die Tegernseer Gebräuche gelten für den inländischen Handel mit inländischem Rundholz, Schnittholz, Holzwerkstoffen und anderen Holzhalbwaren. Im Allgemeinen Teil gilt außerdem im inländischen Handel mit ausländischen Erzeugnissen obiger Art. Ausgenommen sind Handelsgeschäfte zwischen Importeur und erster aufnehmender Hand bei entsprechenden Vereinbarungen. Die Tegernseer Gebräuche gelten nicht im Handel zwischen der Forstwirtschaft und ihren Abnehmern.

    167. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 167 Tegernseer Gebräuche (6) Erster TeilAllgemeines § 1 Angebot, Rechnungserteilung und Zahlungsweise Ein Angebot ist für die Dauer von mindestens 2 Wochen einschließlich eines Regelpostlaufs von drei Tagen verbindlich, es sei denn, das Angebot ist ausdrücklich freibleibend oder unverbindlich erstellt worden. Im Falle telegrafischer oder fernschriftlicher Angebotserstellung reduziert sich die Dauer um diese Regelpostlaufzeit. Die Rechnung wird über jede Sendung gesondert unter dem Datum des Versandtages erteilt. Dies gilt auch für Teillieferungen. Vereinbarte Zahlungsfristen beginnen mit diesem Tage zu laufen. Geleistete Anzahlungen bei Abschlüssen werden, wenn nichts anderes vereinbart, auf die einzelnen Teillieferungen anteilig verrechnet. Ist bei laufender Geschäftsverbindung kein besonderes Zahlungsziel zur Übung geworden oder vereinbart, so ist der Kaufpreis nach Wahl des Käufers entweder innerhalb 14 Tagen mit 2 % Skonto oder innerhalb 30 Tagen in bar ohne Abzug zu zahlen. Sofern der Warenwert gesondert ausgewiesen ist, erfolgt der Skontoabzug nur vom Warenwert.

    168. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 168 Tegernseer Gebräuche (7) Erster TeilAllgemeines § 2 Erfüllungsort/Gerichtsstand Bei Versendungskauf –z. B. Lieferung ab Werk mit Frachtvergütung bis zu einem vereinbarten Ort- ist Erfüllungsort für die Lieferung der Ort, wo sich die Ware zum Zwecke des Versandes oder einer etwa vereinbarten Übergabe an den Käufer befindet. Ist Lieferung frei Empfangsort vereinbart, so ist dieser der Erfüllungsort. Erfüllungsort für die Zahlung des Kaufpreises sowie für die sonstigen Leistungen des Käufers ist stets der Ort der gewerblichen Niederlassung des Verkäufers. Bei Lohnaufträgen ist für die Leistungen des Auftraggebers der Ort der gewerblichen Niederlassung des Auftragnehmers der Erfüllungsort. Beim Versendungskauf zwischen Vollkaufsleuten ist der Gerichtsstand, wenn nichts anderes vereinbart ist, der Sitz der gewerblichen Niederlassung des Verkäufers; bei Lohnaufträgen ist Gerichtsstand der Sitz der gewerblichen Niederlassung des Auftragsnehmers.

    169. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 169 Tegernseer Gebräuche (8) Erster TeilAllgemeines § 3 Spielraum der Menge 1. Mengenbezeichnungen wie „zirka“, „etwa“, „rund“ und ähnliche berechtigten den Verkäufer, bis zu 10 % mehr oder weniger als die vertraglich vereinbarte Menge zu liefern. ………

    170. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 170 IV Das kaufmännische Bestätigungsschreiben Regelungen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben sind ein Fall des Handelsbrauchs. Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben hat nach Handelsbrauch zur Folge, dass der Empfänger des Bestätigungsschreibens seinen Inhalt gegen sich gelten lassen muss. Fall: Metzger Max verhandelt mit dem Ladeneinrichter Ludwig über die Lieferung einer neuen Fleischtheke. Max hatte dabei zu Beginn der Verhandlung erklärt, dass die Theke aus V2A-Stahl sein müsse. Schließlich scheint alles geklärt zu sein. Am nächsten Tag sendet L dem M ein Schreiben. Hierin heißt es unter anderem „Theke Typ Adria (brauner Stein), Größe, Preis, etc. M überfliegt diesen Brief nur flüchtig.. Als die Theke einige Wochen später geliefert wird, verweigert M Abnahme und Zahlung wegen der Materialabweichung. Kann L von M Zahlung des Kaufpreises verlangen:

    171. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 171 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (2) Lösung: L hat gegen M einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 Abs. 2 BGB, sofern zwischen Beiden ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist und der vereinbarte Kaufgegenstand auch ordnungsgemäß geliefert wurde. M und L haben sich darauf geeinigt, dass L dem M eine neue Theke liefern soll. Offensichtlich scheinen sie aber sich hinsichtlich des Materials, aus dem die Theke sein soll, noch nicht geeinigt zu haben. Insoweit könnte eine Disens hinsichtlich Material und Farbe der Theke vorliegen. Dann könnte mangels Einigung über den genauen Kaufgegenstand ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen sein. Dies kann jedoch dann dahinstehen, wenn ein Kaufvertrag nach den Regeln des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zustande gekommen ist.

    172. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 172 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (3) Das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben hat nach Handelsbrauch zur Folge, das der Empfänger des Bestätigungsschreibens seinen Inhalt gegen sich gelten lassen muss. Das Schweigen wirkt unwiderlegbar als Zustimmung fingiert, denn der Empfänger ist nach Handelsbrauch verpflichtet, unverzüglich zu widersprechen, wenn er vermeiden will, dass ein Rechtsgeschäft mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens als abgeschlossen gilt. Voraussetzung ist, dass ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben vorliegt.

    173. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 173 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (4) 3. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben liegt dann vor, wenn darin der Absender seine Auffassung über den Inhalt von voran gegangenen mündlichen, telefonischer oder telegrafischen (nicht schriftlichen oder fernschriftlichen) Vertragsverhandlungen mitteilt. Voraussetzungen sind demgemäß Es müssen abschlussreife Verhandlungen vorausgegangen sein, die beim Absender zur Vorstellung führen, dass ein Konsens vorliegt und deren Ergebnis das Schreiben als endgültigen Vertragsschluss wiedergibt. Damit sind die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben nicht anwendbar, wenn ein schriftliches oder fernschriftliches Angebot und eine eben solche Annahmeerklärung vorliegen. Liegt dagegen nur eine schriftliche Erklärung vor, dann kann der andere Teil, der sich nicht schriftlich erklärt hat, der Vertragsinhalt in einem Bestätigungsschreiben festlegen.

    174. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 174 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (5) b) Kein kaufmännisches Bestätigungsschreiben liegt dagegen vor, wenn ein Antrag lediglich angenommen wird, selbst wenn dieses Schreiben als „Auftragsbestätigung“ bezeichnet wird. Hier wird der Vertrag nicht als geschlossen vorausgesetzt, sondern er soll erst geschlossen werden. Weicht hier die Annahme von dem Angebot ab, so ist kein Widerspruch nötig, da diese abweichende Annahme nach § 150 Abs. 2 BGB als neues Angebot gilt. Allerdings sind Grenzfälle denkbar, nämlich wenn ein Vertragsabschluss zweifelhaft ist. Dann gelten die Regeln über das kaufmännische Bestätigungsschreiben.

    175. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 175 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (6) c) Weitere Voraussetzung ist, dass das Bestätigungsschreiben im unmittelbaren Zusammenhang mit den voraus gegangenen Verhandlungen abgegeben wurde. Der Empfänger muss noch damit rechnen können. 5 Tage sind unschädlich. d) Das Schreiben muss dem Empfänger auch zugegangen sein. Auf seine Kenntnis vom Zugang kommt es dagegen nicht an.

    176. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 176 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (7) e) Grundsätzlich gelten die Regeln über das kaufmännische Bestätigungsschreiben im Verhältnis zwischen Kaufleuten. Damit finden die Regeln über das kaufmännische Bestätigungsschreiben im Grundsatz keine Anwendung, wenn ein Kaufmann mit einem Nichtkaufmann verhandelt. Eine Ausnahme wird allerdings dann zugelassen, wenn der Nichtkaufmann im großen Umfang wie ein Kaufmann am Geschäftsverkehr teilnimmt, ohne selbst Kaufmann zu sein. In diesem Fall muss er sich den Handelsbrauch des Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben zurechnen lassen.

    177. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 177 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (8) 4. Der Absender des kaufmännischen Bestätigungsschreibens muss schutzwürdig sein. Von einer Schutzwürdigkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Absender das Schweigen des Empfängers nach Treu und Glauben als Einverständnis mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens auffassen darf. Insoweit ist Redlichkeit des Absenders erforderlich, d. h. er muss glauben und glauben dürfen, dass das Schreiben die Vereinbarungen korrekt wiedergibt oder doch nur solche Abweichungen enthält, die der Empfänger billigt.

    178. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 178 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (9) Dementsprechend treten die Wirkungen des Schweigens nicht ein, wenn der Inhalt des Bestätigungsschreibens sich ohne Absicht des Absenders von den tatsächlichen Vereinbarungen so weit entfernt, dass der Bestätigende vernünftigerweise nicht mit einer Billigung der anderen Seite rechnen konnte, z. B. Gewährleistungsausschluss nach vorheriger Zusicherung einer Eigenschaft der Absender den Inhalt bewusst und arglistig anders fasst, als das Ergebnis der Verhandlung war. zusätzlich, bewusst angeführte Regelungen enthalten sind, mit denen der Empfänger nicht zu rechnen braucht. Ergänzungen in Nebenpunkten sind dagegen möglich und erfordern dementsprechend einen Widerspruch.

    179. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 179 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (10) sich der andere Teil ausdrücklich eine schriftliche Annahmeerklärung vorbehalten hat Sich zwei Bestätigungsschreiben kreuzen, die inhaltlich voneinander abweichen, es sei denn, eines der beiden Schreiben enthält nur eine Ergänzung, mit der zu rechnen war.

    180. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 180 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (11) Ist der Absender des kaufmännischen Bestätigungsschreibens schutzwürdig, so ist Rechtsfolge des Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, dass nach Handelsbrauch der Empfänger den Inhalt des Bestätigungsschreibens gegen sich gelten lassen muss, d. h. der Vertrag gilt so als zustande gekommen, wie er bestätigt wurde.

    181. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 181 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (12) Um die Folgen des Schweigens auszuschließen, muss der Empfänger dem Schreiben unverzüglich, in der Regel binnen 3 Tagen widersprechen. Das RG hielt einen Widerspruch 8 Tage nach Eingang des Schreibens schon für verspätet, obwohl der Empfänger gerade während dieser 8 Tage verreist war (er hat für Nachsendung oder Vertretung sorgen müssen). Widerspricht der Empfänger nicht, bleibt es bei der vorstehend skizzierten Rechtsfolge des kaufmännischen Bestätigungsschreibens.

    182. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 182 Das kaufmännische Bestätigungsschreiben (13) Auf den vorliegenden Fall übertragen, ergibt sich, dass hier mündliche Vertragsverhandlungen stattgefunden haben, deren Inhalt L verbindlich bestätigen wollte. L war auch redlich. Bei beiden Parteien handelt es sich um Kaufleute. Der L ist schutzwürdig. M hat nicht unverzüglich widersprochen, so dass infolge seines Schweigens auf das kaufmännische Bestätigungsschreiben der Kaufvertrag mit dem Inhalt zustande gekommen ist, dass eine Theke Typ Adria (brauner Stein) Vertragsgegenstand war. M muss den Kaufpreis zahlen.

    183. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 183 IV Exkurs Darüber hinaus gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, dass Schweigen im Handelsverkehr als Zustimmung gilt. Schweigen auf Übersendung einer Rechnung ohne Vertragsgrundlage ist dementsprechend noch keine Annahme eines Vertragsangebotes. Ebenso nimmt der Kaufmann, der unbestellte Ware nicht zurückschickt, dass darin liegende Vertragsangebot ebenso nicht an. Es gibt allerdings teilweise gesetzliche Ausnahmen, so z. B. nach § 362 HBG.

    184. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 184 Exkurs (2) Geht einem Kaufmann, dessen Gewerbe die Besorgung von Geschäften für Andere mit sich bringt, ein Antrag über die Besorgung solcher Geschäfte von jemand zu, mit dem er in Geschäftsverbindung steht, so ist er verpflichtet, unverzüglich zu antworten; Sein Schweigen gilt als Annahme des Antrags. Das gleiche gilt, wenn einem Kaufmann ein Antrag über die Besorgung von Geschäften von jemand zugeht, dem gegenüber er sich zur Besorgung solcher Geschäfte erboten hat (§ 362 Abs. 1 HGB). Beispiele: Kommission, Spedition, Geschäfte des Agenten, Treuhänders, Bank- und Börsengeschäfte.

    185. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 185 Exkurs (3) Fall: Kann sich in dem vorstehenden Fall M gegenüber L damit verteidigen, dass er sich über die rechtliche Bedeutung seines Schweigens geirrt hat?

    186. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 186 Exkurs (4) Lösung: Eine solche Anfechtung über die rechtliche Bedeutung des Schweigens besteht nicht. Durch die rechtliche Bedeutung des Schweigens auf das kaufmännische Bestätigungsschreiben soll ja gerade die rechtliche Unsicherheit über das Bestehen und den Inhalt des Vertrages beseitigt werden. Könnte die rechtliche Folge angefochten werden, bestünde die Ungewissheit weiter. Dies soll aber gerade durch das kaufmännische Bestätigungsschreiben verhindert werden.

    187. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 187 V Handelsklauseln Bei Handelsklauseln handelt es sich nicht um einen Handelsbrauch. Handelsklauseln sind schriftlich oder mündlich festgelegte Kurzformen und Abkürzungen. Sie müssen vereinbart sein. Hierdurch wird allerdings nicht ausgeschlossen, dass auch Handelsbräuche mit dem Inhalt solcher Klauseln bestehen können, es muss sich dann aber auch um einen festgestellten Handelsbrauch handeln. Die so genannten INCOTERMS sind Handelsklauseln bzw. AGB und werden in der Regel durch Bezugnahme vereinbart. Sie sind von der Internationalen Handelskammer zum Zweck der einheitlichen Auslegung von Handelsklauseln aufgestellt und nach §§ 305 ff. BGB n.F. zu behandeln.

    188. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 188 Handelsklauseln (2) Beispiele für Handelsklauseln: - ab Werk: Der Verkäufer stellt die Ware auf seinem Grundstück zur Verfügung. - C.O.D. (cash on delivery): Zahlung gegen Nachnahme, Aufrechnung ausgeschlossen. - Kasse gegen Dokumente: Vorleistungspflicht des Verkäufers bezüglich Dokumentenvorlage. Schuldnerverzug des Käufers tritt auch dann ein, wenn er vor Leistung wegen Vertragswidriger Beschaffenheit der Ware verweigert. Er kann aber einem Schadenersatzanspruch entgegen halten, dass der Rücktritt berechtigt gewesen wäre.

    189. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 189 Handelsklauseln (3) Kasse gegen Lieferschein: Verkäufer erfüllt erst nach Auslieferung durch Lieferanten. netto (Kasse): Kein Skonto möglich. unfrei: Auf Kosten des Bestellers. Zwischenverkauf vorbehalten: Verkäufer kann vor der Annahme des Vertragsantrags anderweitig verkaufen, ist aber im Übrigen gebunden.

    190. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 190 Handelsklauseln (4) Die INCOTERMS 2000, die von der Internationalen Handelskammer (ICC) beziehbar sind, beinhalten mit ausführlichen Detailangaben - eine Abholklausel (EXW, ab Werk): - drei Klauseln, nach denen der Verkäufer die Ware lediglich einem vom Käufer benannten Frachtführer zu übergeben hat (FCA, frei Frachtführer; FAS, frei Lenksseite Schiff; FOB, frei an Bord) - vier Klauseln, nach denen der Verkäufer den Beförderungsvertrag auf seine Kosten abschließt, aber ohne Haftung für Verlust und Beschädigung oder zusätzliche Kosten (CFR, Kosten und Fracht; CIF, Kosten Versicherung und Fracht; CPT, Fracht frei; CIP, Fracht frei versichert).

    191. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 191 Handelsklauseln (5) fünf Ankunftsklauseln, nach denen der Verkäufer alle Kosten und Gefahren bis zur Ankunft der Ware am Bestimmungsort trägt (DAF, geliefert Grenze; DES, geliefert ab Schiff, DEQ, geliefert ab Kai; DDU, geliefert unverzollt; DDP, geliefert verzollt).

    192. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 192 VI Weitere Besonderheiten bei Handelsgeschäften1.Sorgfaltspflicht § 347 HGB bestimmt einen besonderen Sorgfaltsmaßstab. Wer aus einem Geschäft, das auf seiner Seite ein Handelsgeschäft ist, einem anderen zur Sorgfalt verpflichtet ist, hat für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzustehen. Der gesetzliche Zinssatz unter Kaufleute ist höher. Er beträgt nach § 352 HGB 5 % p.a., wobei für Verzugszinsen die Regelung des § 288 BGB gilt. Nach § 353 HGB sind Kaufleute untereinander berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tag der Fälligkeit an Zinsen zu fordern.

    193. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 193 2. Provision, Lagergeld, Zinsen In § 354 HGB ist der Grundsatz niedergelegt, dass ein Kaufmann innerhalb seines Gewerbes nicht umsonst für andere tätig wird. In § 354 HGB ist deshalb bestimmt, dass auch ohne Vereinbarung Provision, Lagergeld oder Zinsen gefordert werden können. § 354 HGB lautet: Wer in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, Lagergeld nach den an dem Orte üblichen Sätzen fordern. Für Darlehen, Vorschüsse, Auslagen und andere Verwendungen kann er vom Tage der Leistung an Zinsen berechnen.

    194. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 194 VII Erweiterung des Gut-Glaubens-Schutzes Fall: R betreibt einen Fahrradladen, in dem er sowohl neue als auch gebrauchte Fahrräder, insbesondere Mountainbikes veräußert mit angegliederter Fahrradwerkstatt. Als R in Geldnöte gerät, verkauft er das Mountainbike des B, das dieser zur Reparatur gegeben hat an X. Dabei hat R dem X erklärt, er habe das Mountainbike von B in Kommission erhalten. Von den tatsächlichen Umständen hatte X keine Kenntnis. X zahlt den Kaufpreis und nimmt das Fahrrad. Als B von dem ganzen Geschehnis Kenntnis erlangt, verlangt er, gestützt auf sein Eigentum von X Herausgabe des Mountainbike. Zu Recht?

    195. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 195 Erweiterung des Gut-Glaubens-Schutzes (2) Lösung: a) B könnte ein Anspruch gegen X auf Herausgabe des Mountainbike aus § 985 BGB zustehen. Hierzu müsste B Eigentümer des Mountainbike sein. Zu Beginn war B Eigentümer des Mountainbike. Ein Eigentumsverlust ist auch nicht durch die Übergabe des Mountainbike an R zum Zwecke der Reparatur erfolgt. b) B könnte das Eigentum an dem Mountainbike dadurch verloren haben, dass R und X sich einig waren, dass das Eigentum auf X übergehen soll und dem X das Fahrrad übergeben wurde. Eine Einigung nach § 929 S. 1 BGB scheitert aber, da R nicht Eigentümer war. c) X könnte allerdings das Eigentum gutgläubig nach §§ 929 S. 1, 932 BGB erworben haben. Der Eigentumserwerb nach den vorgenannten Vorschriften setzt voraus, dass der Erwerber in Hinblick auf das Eigentum des Veräußerer gutgläubig war.

    196. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 196 Erweiterung des Gut-Glaubens-Schutzes (3) Dies war hier aber nicht der Fall, da R als Veräußerer dem X erklärt hat, er verkaufe das Mountainbike in Kommission. Bei der Verkaufskommission bleibt aber der Kommittent Eigentümer des in die Kommission gegebenen Gegenstandes. Der Kommissionär wird lediglich ermächtigt, nach § 185 BGB über das Eigentum zu verfügen. Der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis wird nach § 932 BGB aber nicht geschützt. Der gute Glaube des X an die Verfügungsbefugnis des R könnte aber nach § 366 HGB geschützt sein, so dass X nach § 366 HGB Eigentum an dem Fahrrad erworben haben könnte.

    197. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 197 Erweiterung des Gut-Glaubens-Schutzes (4) § 366 HGB erweitert den Gut-Glaubens-Schutz im kaufmännischen Geschäftsverkehr. § 366 Abs. 1 HGB lautet: Veräußert oder verpfändet ein Kaufmann im Betriebes seines Handelsgewerbes eine ihm nicht gehörige bewegliche Sache, so finden die Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs zugunsten Derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, auch dann Anwendung, wenn der gute Glaube des Erwerbers die Befugnis des Veräußerers oder Verpfänders, über die Sache für den Eigentümer zu verfügen, betrifft. Geschützt wird nicht lediglich wie im BGB der gute Glaube des Erwerbers an das Eigentum des Veräußerers, sondern der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers.

    198. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 198 Erweiterung des Gut-Glaubens-Schutzes (5) Im vorliegenden Fall hat R sich als Kommissionär ausgegeben. Der Kommissionär ist befugt, über für ihn fremde Gegenstände des Kommittenten zu verfügen. Damit hat R eine eigene Verfügungsbefugnis über das Mountainbike behauptet. Deshalb könnte B unter den Voraussetzungen des §§ 366 HGB gestützt auf den guten Glauben an diesem Verfügungsbefugnis, Eigentum an dem Fahrrad erworben haben. a) Erste Voraussetzung ist, dass der R Kaufmann war. Dies ist vorliegend der Fall. b) Bei dem veräußerten Gegenstand müsste es sich um eine bewegliche Sache handelt. Es handelt sich um ein Fahrrad, und damit um einen beweglichen Gegenstand.

    199. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 199 Erweiterung des Gut-Glaubens-Schutzes (6) c) Die Veräußerung müsste im Betrieb des Handelsgewerbes erfolgt sein. Erforderlich ist, dass die Veräußerung ein Handelsgeschäft im Sinne des § 343 HGB darstellt. Dies ist hier gegeben. d) Der Erwerber muss gutgläubig sein, also den Veräußerer dazu befugt halten, über die für ihn fremde Sache für den eigentlichen Eigentümer zu verfügen. Geschützt wird also der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers. Der Erwerber braucht den Veräußerer nicht wie im BGB für den Eigentümer zu halten; es ist ausreichend, wenn der Erwerber glaubt, der Veräußerer sei von dem Eigentümer zur Verfügung über das Eigentum ermächtigt.

    200. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 200 Erweiterung des Gut-Glaubens-Schutzes (7) Die Anforderungen an die Gutgläubigkeit sind dem § 932 BGB zu entnehmen. Der Erwerber ist gutgläubig, wenn er die fehlende Verfügungsbefugnis des Veräußerer weder kannte noch kennen musste. Im vorliegenden Fall hat X geglaubt, R habe das Fahrrad in Kommission genommen. Er glaubte damit, R sei zur Verfügung über das Fahrrad befugt. Gesichtspunkte, die für die tatsächliche Lage sprechen, hat X weder gekannt noch kennen müssen. X war damit gutgläubig und hat Eigentum an dem Fahrrad erworben. B hat damit sein Eigentum an dem Fahrrad verloren und kann dementsprechend nicht nach § 985 BGB Herausgabe des Fahrrades verlangen.

    201. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 201 § 5 Der Handelskauf §§ 373 – 382 HGB Das HGB sieht in den § 373 – 382 HGB besondere Regungen für den Handelskauf vor, die das geltende BGB-Recht entsprechend den Anforderungen im Handelsverkehr modifizieren. Unter dem Handelskauf wird der Kauf von beweglichen Sachen oder Wertpapieren verstanden, wenn mindestens einer der Vertragsparteien Kaufmann ist (einseitiges Handelsgeschäft). Die wohl bedeutendste Regelung im Handelskauf findet sich in § 377 HGB, in der Untersuchungs- und Rügepflichten des Käufers festgelegt sind.

    202. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 202 Der Handelskauf (2) Untersuchungs- und Rügepflichten des Käufers nach § 377 HGB: § 377 HGB stellt besondere Untersuchungs- und Rügepflichten des Käufers auf. 1. Anwendungsbereich § 377 HGB findet nur Anwendung, wenn der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft ist (beiderseitiger Handelskauf). Sowohl Käufer als auch Verkäufer müssen also Kaufmann sein und für beide Teile muss der Kauf ein Handelsgeschäft darstellen. 2. Ist die Vorstehende Voraussetzung gegeben, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen (Untersuchungs- und Rügepflicht).

    203. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 203 Der Handelskauf (3) 3. Rechtsfolge der Verletzung der Rügepflicht: Unterlässt der Käufer die Anzeige des Mangels, so gilt nach § 377 Abs. 2 HGB die Ware als genehmigt. Das bedeutet, dass der Käufer nicht mehr die Mängelgewährleistungsansprüche nach den §§ 437 ff. BGB geltend machen kann. Die Ware gilt dann als ordnungsgemäß. Gleiches gilt, wenn nicht unverzüglich Anzeige gemacht, also gerügt wurde. Unverzüglich bedeutet in der Regel sofort nach Ablieferung, wenn möglich bei Unterzeichnung des Lieferscheins, wenn die Mängel ohne Weiteres erkennbar sind.

    204. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 204 Der Handelskauf (4) Welche Zeitspanne noch ausreicht, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Wird z. B. die Untersuchung erschwert, weil hierfür die Dokumentation des Lieferanten erforderlich ist, diese aber unvollständig war oder verzögert wurde, weil die Dokumentation an einem anderen Ort als die Ware versandt wurde, können auch noch 10 Tage im Einzelfall als unverschuldet anzusehen sein. Nach § 377 Abs. 4 HGB genügt zur Erhaltung der Rechte die Käufers die rechtzeitig Absendung der Anzeige.

    205. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 205 Der Handelskauf (5) Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware nur dann nicht als genehmigt, wenn es sich um einen Mangel handelte, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war (so genannter versteckter Mangel im Gegensatz zu dem so genannten offenen Mangel). Ob ein versteckter oder offener Mangel vorliegt, hängt zusammen mit der Untersuchungspflicht. Die Untersuchung muss innerhalb eines Zeitraums vorgenommen werden, der noch ein sachgerechnetes Ergebnis erwarten lässt und für den Verkäufer zumutbar ist (in der Regel unverzüglich nach Ablieferung).

    206. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 206 Der Handelskauf (6) Die Anforderung an eine ordnungsgemäße Überprüfung sind hoch. Es genügen zwar Stichproben, doch müssen diese statistisch sinnvoll so angelegt sein, dass Mängel üblicherweise entdeckt werden. z. B. Öffnen der Verpackung, nicht nur einer Verpackungseinheit, Prüfung mehrerer Stücke aus einer Verpackungseinheit, Erweiterung der Stichproben, wenn die Stichproben Mängel erbracht haben. Wird die Ware durch die Prüfung nicht zerstört, so genügt die Überprüfung von 15 bis 20 Stück bei gelieferten 20.000 Stück Computerdisketten nicht. Bestehen im Falle von Fehlern der Teile Gefahr für Leib und Leben, so genügt eine Prüfung allein der Beschaffenheit (Maße, Material) ohne stichprobenartige Prüfung der Funktion nicht.

    207. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 207 Der Handelskauf (7) 5. Versteckte Mängel Handelt es sich bei Anlegung des oben bezeichneten Untersuchungsmaßstabs um einen Mangel, der bei ordnungsgemäßer Überprüfung nicht aufgefunden werden konnte, handelt es sich um einen versteckten Mangel. Zeigt sich ein solcher Mangel später, muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden, andernfalls gilt die Ware gemäß § 377 Abs. 3 HGB auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt.

    208. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 208 Der Handelskauf (8) Unverzüglich bedeutet auch hier im Zweifel „sofort“. Dabei hat der BGH aber ein Zeitraum von 10 Tagen vom Eintreffen des 1. von seinem Abnehmer reklamierten Produkts bis zur Rüge beim Vorlieferanten als angemessen angesehen. Andererseits sind nach einer anderen Entscheidung jedenfalls 2 Wochen zu lang. Nach anderer Ansicht tritt Rügeverlust bereits 3 bis 4 Tage nach Entdecken des Mangels ein, wenn der Rüge keine Hindernisse entgegen standen und es nur um die Formulierung und Absendung der Rüge geht.

    209. RA Dr. Udo Michalsky RAe Abel und Kollegen Handels- u. Gesellschaftsrecht Stand: 19.02.2009 209 Der Handelskauf (9) Ausschluss der Genehmigungsfiktion bei unterlassener Rüge Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so hat eine unterbliebene Rüge keine Genehmigungsfunktion und der Käufer kann nach wie vor seine Rechte nach §§ 437 ff. BGB geltend machen, sofern die dortigen Anspruchsvoraus-setzungen gegeben sind. Dies ergibt sich aus § 377 Abs. 5 HGB. Danach kann sich der Verkäufer auf die Vorschrift des § 377 Abs. 1 bis 4 HGB nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat.

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