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Unglaubwürdig, fremd und irrelevant Arbeit mit schwierigen Texten der Bibel im Religionsunterricht Peter Müller. Schwierige Texte – welche Texte sind das und warum sind sie schwierig?. Von der Schwierigkeit „leichter“ Texte. Schwierige Texte – für wen sind sie schwierig?.
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Unglaubwürdig, fremd und irrelevantArbeit mit schwierigen Texten der Bibel im ReligionsunterrichtPeter Müller
Schwierige Texte – welche Texte sind das und warum sind sie schwierig? Von der Schwierigkeit „leichter“ Texte • Schwierige Texte – für wen sind sie schwierig? Strategien für den Umgang mit schwierigen Texten
>>> Nennen Sie zunächst für sich drei Texte, die für Sie schwierig sind. Schreiben Sie die Texte mit Stellenangabe oder einem Stichwort auf ein Blatt. Austausch in Kleingruppen: Erzählen Sie sich von den Schwierigkeiten, die Sie mit ihren Texten haben.
Was bliebe übrig (bei einer gedachten Modernisierung des alttestamentlichen Kanons) ? Das Hohelied … zu erotisch / das Buch Josua, das Richterbuch, Samuel und König … zu grausam / Levitikus … irrelevante kultische Texte / zahlreiche Passagen aus den Propheten … unverständlich / ein Großteil von Exodus, Numeri, Deuteronomium … zu legalistisch und redundant / die Klagelieder … zu deprimierend / Hiob … zu gotteslästerlich … Was bliebe übrig? Vielleicht das Buch Rut, der 23. Psalm und ein paar Geschichten aus Genesis … Und wie sähe die Streichliste im Neuen Testament aus?
Schwierige Texte – welche Texte sind das und warum sind sie schwierig?
Das Medium Die kognitive Ebene Gal 3 24 So ist das Gesetz unser Zuchtmeister gewesen auf Christus hin, damit wir durch den Glauben gerecht würden. 25 Nachdem aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Zucht-meister. 26 Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. 27 Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen.
Die Sachebene Römer 3,22 Denn es ist hier kein Unterschied: 23 Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhms, den sie vor Gott haben sollen, 24 und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. 25 Den hat Gott für den Glauben hingestellt zur Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden 26 in der Zeit der Geduld Gottes, um nun, in dieser Zeit, seine Gerechtigkeit zu erweisen, auf dass er allein gerecht sei und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus. Levitikus 16,2 Sage deinem Bruder Aaron, dass er nicht zu jeder Zeit in das Heiligtum gehe hinter dem Vorhang vor dem Gnadenstuhl, der auf der Lade ist, damit er nicht sterbe, denn ich erscheine in der Wolke über dem Gnadenstuhl …
Die Ebene der langweiligen Überbekanntheit Der verlorene Sohn – der barmherzige Samariter – das verlorene Schaf – der blinde Bartimäus – Zachäus auf seinem Baum – die Arche Noah – die Schöpfungsgeschichte …
Gal 3 24 So ist das Gesetz unser Zuchtmeister gewesen auf Christus hin, damit wir durch den Glauben gerecht würden. 25 Nachdem aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Zuchtmeister. 26 Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. 27 Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Welche Texte sind schwierig und warum sind sie schwierig? Gibt es noch weitere Schwierigkeiten bei schwierigen Texten?
Sind diese Texte „leicht“? • Das Gleichnis vom verlorenen Schaf (Lk 15,3-7) • Das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 10,11-32) • Die Heilung des blinden Bartimäus (Mk 10,46-52) • Der Seewandel (Mk 6,45-52) • Die Antithese von der Feindesliebe (Mt 5,43-48) • Das Hohelied der Liebe (1Kor 13)
Übersicht Für wen sind die Texte schwierig?
Äußerungen von Lehrkräften „Ich möchte keinen Rache-Gott vermitteln“, „Ich finde es sehr schwierig, den Kindern zu vermitteln, dass so viele Menschen, Tiere, Kinder in den Gluten umkamen.“ „Die Texte über die zehn Plagen vermitteln für mich grausames Gottesbild. Ein Gott, der nur sein Volk sieht und ein anderes nicht verschont, ist für mich schwer nachvollziehbar“ „Wie ist das Wasser weggegangen, oder warum sind die Plagen nur bei den Ägyptern gewesen? Wie geht denn das?“ „Zuerst betrügt Jakob seinen Bruder, dann segnet ihn Gott auch noch!“ „Hier wird der aber der Betrug von Gott zumindest gebilligt, wenn nicht sogar geplant eingesetzt.“ Zu neutestamentlichen Erzählungen habe ich keine zitierbaren Lehreräußerungen, aber Reaktionen von Lehrkräften auf bestimmte Texte kann man sich leicht denken – auf das Hinhalten der anderen Backe (Mt 5,39), die Auferweckung des Lazarus (Joh 11), das tödliche Strafgericht über Hananias und Saphira (Apg 5) oder die schweigende Frau in der Gemeinde (1Kor 14,33-35).
Schüleräußerungen Sven, 17 Jahre: „Ich fand den Religionsunterricht in der Grundschule noch witzig. Altes Testament, Gott lässt mal wieder Rauch rein, Schlachten und Geschichten, das war interessant. Dann kam Jesus, und plötzlich war alles wie im Blumen-Sonne-Lutscherland. Keine Gewalt, Nächstenliebe, wenn dir einer die Jacke klaut, gib ihm die Hose auch noch. – Ja, ja, ganz klasse.“ „Heute sind die meisten, die glauben seiner Lehre zu folgen, Weicheier und Sitzpinkler, die vergessen haben, wie Jesus die Händlerärsche aus dem Tempel geprügelt hat. Er hat sich nicht mit einer Kerze vor den Tempel gestellt und Lieder wie ‚Ich stehe hier allein mit Gott …lala …‘ gesungen. Er war ein idealistischer Sozialist und sicher nicht irgendeiner.“ (zitiert nach Ziegler, Thomas, Abschied von Jesus, dem Gottessohn? Christologische Fragen Jugendlicher als religionspädagogische Herausforderung, in: Büttner, G. / Thierfelder, J. (Hg.), Trug Jeus Sandalen? Kinder und Jugendliche sehen Jesus Christus, Göttingen 2001, 106-139, hier 124.132)
Äußerungen von Lehrkräften über Schüler/innen „Für mich ist es schwierig, von einem Gott zu erzählen, der zunächst so gut wie alle Menschen vernichtet. Sensible Schüler/innen empfinden ähnlich, die meisten Schüler/innen jedoch empfinden es als gerecht, wenn Gott ‚die Bösen‘ bestraft“ „Nachdem auch die Märchen nicht gewaltfrei sind, gehen die Schüler/innen ziemlich gelassen mit diesen Vorgängen um.“ Äußerungen von Schüler/innen „Ich finde Gott am Anfang ungerecht, weil nur Noah und die anderen überleben. Am Ende finde ich ihn nett“ „Ultrageil, weil er die Sintflut gemacht hat … eine supergerechte, sehr gerechte Strafe.“ Und zur Erzählung von Kain und Abel sagen Schüler/innen beispielsweise: „Ich finde die Geschichte eigentlich ganz schön! Aber sie ist rätselhaft“ „Ich persönlich finde die Geschichte gut. Weil sie spannend und traurig ist.“
Was gar nicht geht … Wir lassen die schwierigen Texte halt weg By theriversof Babylon Psalm 137,1 An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten. 2 Unsere Harfen hängten wir an die Weiden im Lande. 3 Denn dort hießen sie uns singen, die uns gefangen hielten, und in unserem Heulen fröhlich sein: „Singt uns ein Lied von Zion!“ 4 Wie könnten wir des HERRN Lied singen und fremdem Lande? 5 Vergesse ich dein, Jerusalem, so werde meine Recht vergessen. 6 Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn ich deiner nicht gedenke, wenn ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freunde sein. 7 HERR, vergiss den Söhnen von Edom nicht den Tag Jerusalems, da sie sagten: „Reißt nieder, Reißt nieder, bis auf den Grund!“ 8 Tochter Babel, du Verwüsterin, wohl dem, der dir vergilt, was du uns getan hast. 9 Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert!
Mk 7,31 Und als er wieder fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte. 32 Und sie brachten zu ihm einen, der taub war und stammelte, und baten ihn, dass er ihm die Hand auflege. 33 Und er nahm ihn aus der Menge beiseite und legte ihm die Finger in die Ohren und spuckte aus und berührte seine Zunge 34 und sah auf zum Himmel und seufzte und sprach zu ihm: Hefata!, das heißt: Tu dich auf! 35 Und sogleich taten sich seine Ohren auf, und die Fessel seiner Zunge wurde gelöst, und er redete richtig. • 36 Und er gebot ihnen, sie sollten’s niemandem sagen. Je mehr er’s ihnen aber verbot, desto mehr breiteten sie es aus. 37 Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und die Sprachlosen reden. Schwierigkeiten durch Wissen minimieren
Zugänge zur Bibel öffnen Nach Christian Grethlein gilt es „didaktisch zu entscheiden, ob die Zielsetzung, Schüler zu einer eigenständigen Lektüre der Bibel zu befähigen, realistisch und für das Hauptziel, mit den Schülern das Evangelium zu kommunizieren, notwendig ist. Die Lesefertigkeit der Schüler sowie deren Fähigkeit, sich in einem umfangreichen Buch zurechtzufinden, sind dabei zu berücksichtigen“ (Fachdidaktik, 200f.) Diese Überlegung ist bibeldidaktisch betrachtet problematisch. Denn auf Dauer kann das Evangelium nicht überzeugend kommuniziert werden, wenn das Buch, in dem das Evangelium grundgelegt ist, was der Wahrnehmung verschwindet. Gerade angesichts der „schwierigen Texte“ der Bibel muss die Frage lauten: Wie können Zugänge zu diesem Buch geschaffen werden?
„Schlüssel zur Bibel“ • Schlüssel haben die Funktion, Türen zu öffnen – und damit einen Raum, den man erkunden kann. Wichtig ist bei der Suche nach solche Schlüsseln (Schlüsseltexte, Schlüsselverse, Schlüsselworte oder Bilder) dreierlei: • - Sie sollen motivieren und in der Lage sein, Interesse oder Neugier zu wecken (weil sie spannend, provozierend, tröstend, überraschend oder in schöner Sprache formuliert sind; weil sie in alltäglichen Zusammenhängen begegnen etc.). • - Sie sollen anschlussfähig sein an die Verstehensvoraussetzungen und Fragestellungen der Schüler/innen. • - Und es soll möglich sein, von ihnen aus innerbiblisch in verschiedene Richtungen weiter zu fragen. • Bei der Suche nach geeigneten Schlüsseln zur Bibel müssen die Vielfalt der biblischen Tradition und die Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern angemessen berücksichtigt werden. Schlüssel zur Bibel werden sich am ehesten da finden lassen, wo beide Perspektiven ineinander greifen.
Ein Beispiel: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein Dtn 8 3 Er demütigte dich und ließ dich hungern und speiste dich mit Manna, das du und deine Väter nie gekannt hatten, auf dass er dir kundtäte, dass der Mensch nicht lebt vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund des HERRN geht. Mt 4,1-4 Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. 2 Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. 3 Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. 4 Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«
Brot und Wasser sind nach Ex 23,25; 1Kön 22,27 u.ö. das zum Erhalt des Lebens un-bedingt Notwendige. Dem Hungrigen darf das Brot nicht vorenthalten werden (Hi 22,7); die Verweigerung von Brot gilt ausdrücklich als Unrecht (Dtn 23,5); deshalb kann David in einer Notlage sogar geweihte Brote essen (1Sam 21,4-7; vgl. Mk 2,23ff.). • Brot kann stellvertretend die ganze Nahrung bedeuten (Gen 3,19; Mt 6,11); ausreichend Brot ist Zeichen göttlichen Segens (Lev 26,5; Dtn 28,5; Ps 27,25). • Martin Luther, Kleiner Katechismus, 1529: Brot ist "alles, was not tut für Leib und Leben, wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut, fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue Oberherrn, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.„ • Die elementare Bedeutung von Brot als Grundnahrungsmittel führt zur übertragenen Bedeutung als Bild für die Beziehung zu Gott: • Manna Ex 16; Ps 105,40; Neh 9,15 • Brotvermehrungsgeschichten (Mt 14,13ff.; 15,32ff; Joh 6) • Das Wort Gottes als Brot (Jes 30,20f.; 55,2; Am 8,11; Dtn 8,3; Mt 4,4) • Die Einsetzungsworte zum Abendmahl (Mt 26,26; 1Kor 11,23ff.) • Die Emmauserzählung (Lk 24,30-32) • Das eschatologische Mahl (Lk 14,15)
Geben ist seliger denn nehmen Apg 20,31) Die Frage nach der Bedeutsamkeit stellen Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein (Joh 8,7)
Bibelzitate Tipps zum Umgang mit Bibelzitaten Wichtige Worte werden aufgeschrieben und gesammelt. Ein kleines Buch mit wichtigen Bibelversen oder Geschichten wird zusammengestellt (als Einzelarbeit oder als Arbeit der Klasse). Bibelstellen werden bestimmten Situationen zugeordnet (z.B. Trauer, Freude, Verliebtsein, Leid, Leistung, Niederlage, Wert, Würde …). Bibelstellen werden mit Alltagserfahrung verglichen, die damit in Einklang stehen oder ihnen widersprechen. Wenn ein Bibeltexte behandelt wurde: Welcher Vers ist so wichtig, dass er behalten werden soll?
Bibelgeschichten wahrnehmen – aneignen – gestalten Wahrnehmen Bibelgeschichten sprechen nicht deine Alltagssprache. Nimm nichts einfach hin. Zum Beispiel: Wenn da z.B. „Reich Gottes“ steht – forsche nach: Was kann das sein? Wenn sich jemand vor einem anderen zu Boden wirf – stell dir das vor. Wie fühlt sich das an – für den einen, den anderen? Was bedeutet das? Wenn Gott spricht – wie kann man das erfahren? Was kann das bedeuten? Aneignen Viele Bibelgeschichten erzählen von Grundsituationen des Lebens: Essen, trinken, lieben, hassen, Angst haben, vertrauen, Familie, Freunde, Feinde … Du weißt aus eigener Erfahrung, wie das ist. Du kannst Dir vorstellen, wie das damals war – vertrau deiner Erfahrung. Gestalten Bibelgeschichten sind selten so schön geschlossen wie Märchen („und wenn sie nicht gestorben sind …“). Sie lassen oft Fragen offen. Beschreibe einfach, was du an dieser Geschichte siehst und hörst. Du weißt z.B. nicht, wie Wunder geschehen und was du denken und glauben sollst. Sprich mit anderen darüber, stell deine Fragen. Nach: Methodenkartei Bibelgeschichten begegnen, Bibelgeschichten erzählen, in: Religion 5-10, Heft 9/2013, Karte 9
Drei-Schritt-Methode zum Umgang mit Bibeltexten Lesen – auf den Bibeltext zugehen Verschaffe dir Ruhe und Zeit für den Bibeltext Lies mehrmals – auch mit unterschiedlicher Betonung Lies so, dass du anderen davon erzählen kannst Nachdenken – im Bibeltext bleiben Was ist dir fremd – was vertraut? Was irritiert dich, ist dir klar? Was sagt der Text über Gott und die Welt? Orientieren – über den Bibeltext hinausgehen Könnte der Bibeltext für deinen weiteren Weg wichtig sein? Gibt der Text, Hoffnung, Klarheit, Orientierung …? Welche Impulse für Entscheidungen oder das Handeln gibt der Text? Reizt dich der Text zum Widerspruch? Nach: Landgraf, Michael, Bibel kreativ erkunden, Stuttgart 2010, 59.
Tipps für den Dialog mit biblischen Personen 1 Die Bibel neu, unverstellt lesen – sich von alten ‚Sehbrillen lösen. 2 Sich in die Personen, ihre Interessen und Motive hineinversetzen. 3 Die Beziehungen und Konflikte betrachten. 4 Verschiedene Blickwinkel gelten lassen. 5 Nicht vorschnell Gott ins Spiel bringen. 6 Mit den Personen einen Dialog führen (ihre Situation körpersprachlich nachempfinden und weiterführen, ihnen etwas sagen, einen Brief schreiben, eine Email …) 7 Die Perspektive umkehren: Die biblische Person liest das eigene Leben des Betrachters Mendl, Religion erleben, 260