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„Kalter Kaffee oder heißes Eisen?“ Jürgen Klippert Bündnis 90/ Die Grünen KV Hagen DGB Stadtverband Hagen. Arbeitszeitverkürzung. Historische Entwicklung der Arbeitszeit. Frühzeit der Industrialisierung Erhöhung der Profite durch Steigerung der Dauer und Intensität der Arbeit
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„Kalter Kaffee oder heißes Eisen?“ Jürgen KlippertBündnis 90/ Die Grünen KV Hagen DGB Stadtverband Hagen Arbeitszeitverkürzung
Historische Entwicklung der Arbeitszeit • Frühzeit der Industrialisierung • Erhöhung der Profite durch Steigerung der Dauer und Intensität der Arbeit • Produktivitätssteigerungen werden für Aufbau einer Reservearmee der Arbeitslosen genutzt • Forderung nach Verkürzung des Arbeitstags war Kampf um Menschenwürde und Überleben • 1844: Erste Forderungen von Harkort (Industriepionier) nach 11-12 Stunden-Tag (vgl. Ulrike Hellert: „Humane Arbeitszeiten)
Arbeiterbewegung • Gewerkschaften • Kampf um bessere Arbeitsbedingungen (Arbeitsschutz) • Kampf um höhere Löhne (Verteilung des Mehrwerts) • Kampf um Festlegung des Normarbeitstags • Arbeiterparteien (marxistische Wurzeln) • Genossenschaften (Wohnen, Konsum) • Arbeitervereine (Bildung, Kultur, Sport)
Gesetze zur Arbeitszeit • Deutsche Arbeitszeitordnung (AZO), 1938-1994 • Regelmäßig 8-Stunden-Tag • Max. 10-Stunden-Tag • Pflicht zu Vergütung von Mehrarbeit (und Zuschlägen) • Regelungen über Ruhezeiten und Pausen • Jugend- und Frauenschutz (z.B. bei der Sonntagsarbeit)
Gesetze zur Arbeitszeit • Arbeitszeitgesetz (ArbZG), ab 1994 • Beruht auf EU-Richtlinie von 1993 • Hauptziele: • Gesundheitsschutz, • Sicherheit der ArbeitnehmerInnen und • Festlegung von Rahmenbedingungen für die Flexibilisierung von Arbeitszeit
Produktivitätssteigerung und Arbeitslosigkeit • 1993: Lothar Späth und McKinsey-Manager Henzler: Was würde passieren, schöpfte man das technisch machbare Automationspotenzial in der Bundesrepublik voll aus? Die Antwort: Eine Arbeitslosigkeit von 38 Prozent wäre normal. • Seit Mitte der 1970er Jahre herrscht offiziell „Massenarbeitslosigkeit“ in Deutschland (Statistik zeigt erstmals > 1.000.000 Arbeitslose)
Tatsächliche Arbeitslosigkeit 2010 • 3,2 Millionen (Offizielle Arbeitslosenzahl) • 1,7 Millionen verdeckte und sich in der stillen Reserve befindliche Arbeitslose kommt • 2 Millionen Menschen, mitunfreiwilliger Teilzeitbeschäftigung (die rund 1 Million zusätzlicher Vollzeitstellen entspricht) • Beschäftigungslücke insgesamt rund5,9 Millionen fehlender Arbeitsplätze • Zzgl. prekär Selbständige (vgl. Bontrup/ Massarrat, „Manifest zur Überwindung der Massenarbeitslosigkeit“)
Folgen der Massenarbeitslosigkeit • Individuelle Folgen: • Bei Beschäftigten: • Stress (Anstieg psychischer Erkrankungen), • Bereitschaft zu Lohneinbußen aus Angst vor Arbeitslosigkeit • Bereitschaft zu Mehrarbeit, um Lohneinbußen auszugleichen • Bei Arbeitslosen: • Armut • Gesellschaftliche und kulturelle Isolation • Krankheit • Dequalifizierung
Folgen der Massenarbeitslosigkeit • Gesellschaftliche Auswirkungen • Zunehmende Spaltung der Gesellschaft insgesamt (wer ist „drin“, wer ist „draußen“) • Weiter zunehmende Umverteilung von Unten nach Oben (strukturell schwache Gewerkschaften) • Volkswirtschaftliche Auswirkungen • Potential von ca. 6 Mio. Menschen liegt brach • Wir leben weit unter unseren Verhältnissen (vgl. „Exportweltmeister Deutschland“) • Sinkende Massenkaufkraft (zw. 2000 und 2010: -789 Mrd. € auf der Lohnseite!)
Gewerkschaften und Arbeitszeitverkürzung? • Traditioneller Fokus der Gewerkschaften auf „Gute Arbeit, gutes Leben, gute Bildung“ • BAZI: „Warum wir Arbeitszeitverkürzung brauchen: • Zur Beschäftigungssicherung • Zum Abbau der Erwerbslosigkeit • Zur Erhöhung der Lebensqualität • Zum Einfangen ausufernder Arbeitszeiten • Zur geschlechtergerechten Verteilung von Arbeit • Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf • Für bessere Bildung • Für mehr Gesundheit • Für mehr gemeinsame Zeit • Für ehrenamtliche Tätigkeit“
Gewerkschaften und Arbeitszeitverkürzung? • Der Bundeskongress (ver.di) beschließt 2011: • 1. Arbeitszeitverkürzung ist ein entscheidendes gewerkschaftliches Instrument gegen Arbeitslosigkeit, für eine Umverteilung von Arbeit, gegen Leistungsverdichtung und für mehr eigenbestimmte Zeit. • Arbeitszeitverkürzung ist ein Stück Gesellschaftsveränderung. Sie ist nur durchsetzbar, wenn es gelingt, Arbeitszeitverkürzung zum Thema einer breiten gesellschaftlichen Debatte zu machen und starke zivilgesellschaftliche Bündnisse zu schließen. • Deshalb beginnt ver.di eine eigenständige bundesweite Debatte zur Arbeitszeitverkürzung über alle Fachbereiche und Ebenen hinweg.
Gewerkschaften und Arbeitszeitverkürzung? • 2. In dieser Debatte sind viele Fragen zu klären. unter anderem ist zu diskutieren: • Arbeitszeitverkürzung als Beitrag zur Beschäftigungssicherung und zum Abbau von Arbeitslosigkeit • Zusammenhang von Arbeitszeitverkürzung, steigender Produktivität und Grenzen des Wachstums • Arbeitszeitverkürzung bei vollem / teilweisem / ohne Lohnausgleich? • (…) Arbeitszeitverkürzung und persönlicher Zeitvorteil: Welche Formen von Arbeitszeitverkürzung knüpfen an das Alltagsbewusstsein der Beschäftigten an und welche Formen verhindern eine zunehmende Leistungsverdichtung (Zusätzliche freie Tage, Tages- oder Wochenarbeitszeitverkürzung, Lebensarbeitszeitverkürzung)?
Gewerkschaften und Arbeitszeitverkürzung? • Arbeitszeitverkürzung und Gesellschaftspolitik: Verknüpfung der Debatte mit Zeit • für uns selber • für Familienaufgaben • für Bildung • fürs Gesundbleiben • für gesellschaftliches Engagement • Müssen kürzere Arbeitszeiten mit einem gesetzlichen Mindestlohn flankiert werden?
Fazit • Versäumte Arbeitszeitverkürzungen haben seit Mitte der 1970er Jahre zu einen massiven Machtgefälle zw. Kapital und Arbeit geführt • Die Gewerkschaften haben die strategische Bedeutung von AZV lange fatal unterschätzt • Ohne Arbeitszeitverkürzung (max. 30-Stunden-Woche innerhalb von 5 Jahren) gibt es keine Chance auf Besserung • Die Gewerkschaften sind allein nicht in der Lage, Forderungen nach AZV durchzusetzen
Diskussion! • Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! • Jetzt ist hoffentlich noch ausreichend Zeit z.B. für Fragen, Einwände, Ergänzungen oder auch Korrekturen...