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Auslandeinsätze? Neutralitätsrecht und Neutralitätspolitik am Beispiel der militärischen Friedensförderung Pablo Padrutt, Vizepräsident foraus – Murten, 17.10.2010. Übersicht. Warum militärische Friedensförderung? 1.1 Bedarf 1.2 Wechselwirkungen zwischen Sicherheit und Entwicklung
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Auslandeinsätze?Neutralitätsrecht und Neutralitätspolitik am Beispielder militärischen FriedensförderungPablo Padrutt, Vizepräsident foraus – Murten, 17.10.2010
Übersicht • Warum militärische Friedensförderung? 1.1 Bedarf 1.2 Wechselwirkungen zwischen Sicherheit und Entwicklung 1.3 Aussen- und sicherheitspolitischer Nutzen für die Schweiz • Vereinbar mit der Schweizer Neutralität? 2.2 Neutralitätsrecht: klare Pflichten 2.3 Neutralitätspolitik: flexibler Rahmen 2.4 Rahmenbedingungen gemäss BV und MG • Der konkrete Einsatz: Fallbeispiele • Die Beiträge der Schweiz
Quid? Militärische Friedensförderung: • Bewaffnete und unbewaffnete Einsätze von Armeeangehörigen im Ausland • UNO- oder OSZE-Mandat • = „Peace Support Operations“ (PSO) • ≠ humanitäre Hilfeleistungen der Armee
Teil 1 Warum militärische Friedensförderung?
1.1 Bedarf Quelle: Human Security Report Project & World Bank, MiniAtlas of Human Security, 2008
1.1 Bedarf • Militärische Kernkompetenzen:Sicherungs- und Stabilisierungsaufgaben, Schutz der Zivilbevölkerung, Polizeiaufgaben, Nachrichtendienste, Logistik in schwierigem Umfeld, DDR, Ausbildung, Waffenkontrolle (SALW), Minenräumung (ERW), Militärbeobachtung usw. • Zivile Kernkompetenzen:Humanitäre Hilfe, Mediation, Konfliktbearbeitung, Vergangenheitsarbeit, SSR/Rechtsstaatlichkeit, Konfliktprävention, Entwicklungszusammenarbeit usw. • UNO: „Integrated Missions“
1.1 Bedarf Stärkerer Schutz durch robuste Mandate • Nur noch selten Beobachtung eines Waffenstillstands zwischen zwei staatlichen Konfliktparteien • Mehr nicht-staatliche Akteure, grössere Komplexität • Mehr zivile Opfer (Somalia, Ruanda, Bosnien-Herzegowina usw.) • Mandate des UNO-Sicherheitsrats „robuster“, d.h. mehr zwingende Massnahmen unter Kapitel VII der Charta (z.B. aktiver Schutz von Flüchtlingslagern)
1.2 Wechselwirkungen zwischen Sicherheit und Entwicklung • Konflikte als Hindernis für Entwicklung • Überforderte Gesundheitsversorgung, Zugang erschwert • Zugang zu Bildung erschwert • Umweltimpakt (Verschmutzung, Belastung mit ERW usw.) • Zerstörung von Infrastruktur und Produktionskapital • Hohe Opportunitätskosten (unproduktive Ausgaben für Sicherheit) • Kapitalflucht (Investitionsunsicherheit) • Überhöhte Transaktionskosten (Handel usw. erschwert) • Unterentwicklung als Ursache von Konflikten • - Länder mit niedrigem Einkommen und langsamem oder rückläufigem Wachstum erleben mit grösserer Wahrscheinlichkeit den Ausbruch eines bewaffneten Konflikts • - Bewaffnete Konflikte in einem einkommensschwachen Land dauern im Schnitt länger; überproportionale Rückfallgefahr
1.2 Wechselwirkungen zwischen Sicherheit und Entwicklung Quelle: Human Security Report Project & World Bank, MiniAtlas of Human Security, 2008
1.3 Aussen- und sicherheitspolitischer Nutzen für die Schweiz Aussenpolitische Erwägungen • Burden Sharing: Erwartungen an Länder, die von der Globalisierung überdurchschnittlich profitieren • Vorwurf des Trittbrettfahrens /Rosinenpickerei Auswirkungen auf andere Politikbereiche • Politische und operative Vernetzung • Einfluss auf friedens- und sicherheitspolitisch relevante Entscheide
1.3 Aussen- und sicherheitspolitischer Nutzen für die Schweiz Sicherheitspolitische Erwägungen • Sicherheitsrisiken dort angehen, wo sie ihren Ursprung haben • Extremismus • Konfliktbedingter Migrationsdruck • Organisierte Kriminalität • Proliferation • Handelsbehinderungen • Erfahrungsrückfluss für die Armee • Militärische und nachrichtendienstliche Vernetzung
Teil 2 Vereinbar mit der Schweizer Neutralität?
2.2 Neutralitätsrecht: klare Pflichten Haager Abkommen (IV, V und XIII), 1907 • Nicht an kriegerischen Handlungen teilnehmen • Territorium von fremden Truppen freihalten • Alle kriegführenden Mächte gleich behandeln (u.a. Export von Rüstungsgütern) • Keiner Militärallianz beitreten
2.2 Neutralitätsrecht: klare Pflichten • Haager Neutralitätsrecht gilt für internationale bewaffnete Konflikte, nicht interne Konflikte • Status der „dauernden“ Neutralität (d.h. auch in Friedenszeiten) ist in den Haager Abkommen nicht geregelt • Gewohnheitsrecht: • Dauernd Neutrale dürfen sich nicht in eine Situation bringen, welche die Einhaltung ihrer neutralitätsrecht-lichen Pflichten im Falle eines zukünftigen Konflikts in Frage stellt (z.B. Einrichtung einer fremden Militärbasis oder Beitritt zu einem Militärbündnis in Friedenszeiten) • Dauernd Neutrale müssen explizite Erklärung abgeben, um die dauernde Neutralität aufzugeben (keine Aufgabe während eines Konflikts)
2.2 Neutralitätsrecht: klare Pflichten • Das Neutralitätsrecht findet in der Charta der Vereinten Nationen seine Grenzen: Steht eine völkerrechtliche Verpflichtung im Widerspruch mit der Charta, so hat diese Vorrang (Art. 103) • Zwangsmassnahmen des UNO-Sicherheitsrats zur Wiederherstellung des Friedens und der Wahrung der Sicherheit sind für alle Staaten zwingend! • Vom UNO-Sicherheitsrat autorisierte Einsätze (inkl. Friedenserzwingung) erfolgen im Auftrag der gesamten Staatengemeinschaft und basieren auf der UNO-Charta. Das Neutralitätsrecht kommt daher nicht zur Anwendung. Daher ist die Teilnahme auch für neutrale Staaten erlaubt und erwünscht.
2.3 Neutralitätspolitik: flexibler Rahmen Neutralitätspolitische Erwägungen • Neutralitätspolitik: Alle zusätzlichen Massnahmen, welche die Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit der Neutralität erhöhen sollen • Neutralitätspolitik kann je nach Auslegung die Teilnahme an friedensfördernden Einsätzen einschränken • Schweiz: Teilnahme an Einsätzen mit zwingenden Massnahmen (Kapitel VII; fast alle PKO), jedoch keine Teilnahme an „Kampfhandlungen zur Friedenserzwingung“
2.4 Rahmenbedingungen gemäss BV und MG Grundlage: Bundesverfassung (BV) und Militärgesetz (MG) • Art. 2 Abs. 4 BV: Einsatz des Bundes „für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung“ • Art. 58 Abs. 2 BV: Die Armee „trägt bei zur Erhaltung des Friedens“ • Die drei Armeeaufgaben (Art. 1 MG):- Raumsicherung und Verteidigung- Subsidiäre Einsätze- Friedensförderung
2.4 Rahmenbedingungen gemäss BV und MG Art. 66 MG: Voraussetzungen • Abs. 1: Einsätze zur Friedensförderung können auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates angeordnet werden. Sie müssen den Grundsätzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik entsprechen. • Abs. 2: Friedensförderungsdienst wird von schweizerischen Personen oder Truppen geleistet, die eigens dafür ausgebildet sind. • Abs. 3: Die Anmeldung für die Teilnahme an einem Einsatz für Friedensförderung ist freiwillig. [ nicht anrechenbar an Dienstzeit!] Art. 66a MG: Bewaffnung • Abs. 1: Der Bundesrat bestimmt im Einzelfall die Bewaffnung, die für den Schutz der durch die Schweiz eingesetzten Personen und Truppen sowie für die Erfüllung ihres Auftrages erforderlich ist. • Abs. 2: Die Teilnahme an Kampfhandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen.
Teil 3 Der konkrete Einsatz: Fallbeispiele
3. Der konkrete Einsatz: Aktuelle Peacekeeping-Operationen, UN DPKO Quelle: UN Department of Peacekeeping Operations, 2010
Teil 4 Die Beiträge der Schweiz
4. Die Beiträge der Schweiz • Rund 270 Angehörige der Armee (AdA) in friedensfördernden Einsätzen • 220 zum Selbstschutz bewaffnete AdA in SWISSCOY • 20 zum Selbstschutz bewaffnete AdA in EUFOR • 22 Offiziere als UNO-Militärbeobachter (13 UNTSO, 3 MONUSCO, 3 UNMIN, 2 UNMIS, 1 BINUB) • 7 Entminungsspezialisten (Laos, Sudan und Nepal) • 5 Offiziere als Delegierte der NNSC (keine Militärbeobachter; mandatiert durch Waffenstillstandsabkommen von 1953) • 6‘300‘000 Diensttage im Jahr 2009; davon 95‘000 in der Friedensförderung
Danke! www.foraus.ch Pablo Padrutt, padrutt(at)gmail.com