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Ressourcennutzung und Industrialisierung. Industrialisierung. Ein fundamentaler Epochenwechsel. Charakteristikum der Industrialisierung. Allgemein der Umbruchprozess von der vorindustriellen, traditionellen Wirtschaftsgesellschaft zur modernen Industriewirtschaft
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Industrialisierung Ein fundamentaler Epochenwechsel
Charakteristikum der Industrialisierung • Allgemein der Umbruchprozess von der vorindustriellen, traditionellen Wirtschaftsgesellschaft zur modernen Industriewirtschaft • ein bisher alle Vorstellungen sprengendes Wirtschaftwachstum • exorbitante Steigerung des Sozialprodukts/Kopf • Sozialprodukt: Wert aller Güter und Dienstleistungen die in einem Jahr von inländischen Unternehmen, Haushalten und Staat erwirtschaftet werden • grundsätzliche Strukturveränderungen in der Gesellschaft • dauerhaftes, sich selbst erhaltendes Wachstum
Phasen der Industrialisierung 1 • Beginn der Industrialisierung in England in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts • Deutsche Frühindustrialisierung 1815 – 1840 • Anlauf- und Vorbereitungsphase • aber schon vor 1800 Beginn eines verstärkten Wirtschaftswachstums in führenden deutschen Wirtschaftsregionen
Phasen der Industrialisierung 2 • 1845/50 – 1873 Durchbruchphase der deutschen Industriellen Revolution • anfänglich noch begleitet von Strukturkrisen vorindustrieller Wirtschaftszweige • Schwerindustrie als Träger der Entwicklung • Eisenbahnbau • 1873 – 1910 Hochindustrialisierung und Aufstieg zum Industriestaat • Stockungsphase 1873- 1879: „Gründerkrise“ • neue Industrien stoßen die Entwicklung weiter an • Chemische Industrie, Elektroindustrie
Politische Epochen im Prozess der Industrialisierung • 1815 – 1871 Deutscher Bund • 1871 – 1919 Deutsches Reich
Aufschwung und Existenzkrisen 1 Frage: Wie passen das Bild der Industrialisierung bzw. der einzelnen Phasen dieses Prozesses mit Existenzkrisen und Massenarmut zusammen?
Aufschwung und Existenzkrisen 2 Antwort: Der Entwicklungsprozess der Industrialisierung war ein grundlegender Umgestaltungsprozess mit Gewinner- und Verlierern (Branchen, Personengruppen, Regionen) bei längerfristiger positiver gesellschaftlicher Bilanz
Textilindustrie: Beispiel für Strukturwandel in der Industrialisierung
Textilproduktion: Krise und Konjunktur 1 Textilgewerbe 1800: • 340 000 hauptberufliche Erwerbstätige • davon 315 000 Weber • Garnspinnen im Nebenerwerb • trotz Importe noch mehrere hunderttausende Frauen und Kinder beschäftigt
Textilproduktion: Krise und Konjunktur 2 • Verteilung der Weber auf Produktionszweige 1800 • Leinen 55 % • Wolle 20 % • Baumwolle 10 % • Siede 5 % • Sonstige 10 %
Textilproduktion: Krise und Konjunktur 3 • drastische Expansion der Baumwollverarbeitung • Produktionswert vervierfachte sich bereits von 1786 und 1804 • erster Bereich mit vollständiger Spinnerei des Garns durch Maschinen • aber Handwebstuhl dominierte noch bis weit in die Mitte des Jahrhunderts hinein • Globalisierungsprozess
Textilproduktion: Krise und Konjunktur 4 • Baumwollindustrie gegen Ende des 19. Jahrhunderts wichtigster Teilbereich des Textilgewerbes • deutliche regionale Konzentration • um 1800 waren nahezu 10 % der gesamten Bevölkerung Niederschlesiens in der Leineproduktion beschäftigt
1861 Baumwolle 30 % Wolle 40 % Leinen 20 % Seide 10 % 1907 Baumwolle 46 % Wolle 35 % Leinen < 10 % Seide 10 % Textilproduktion: Krise und Konjunktur 5: Produktionsanteile
Textilproduktion: Krise und Konjunktur 6 Niedergang des Leinengewerbes • zwar noch 1830 – 1840 Produktionszuwachs • aber schon Einbruch in einzelnen Regionen • Grundprobleme • Nachfrageverschiebung zur Baumwolle • Konkurrenz englischer und später deutscher Maschinenware
Textilproduktion: Krise und Konjunktur 7 Reaktion der Weber • Preiszugeständnisse • vermehrte Arbeit • typische Reaktion für diese Art von Kleinbetrieben • im Endeffekt deutlich sinkende Einkommen • Entgelt in Niederschlesien bei 16-stündigen Arbeittagen • Handspinner: 1 Silbergroschen (=umsonst arbeiteten) • Weber: 2,5 – 3 Silbergroschen Weberaufstand 1844
Textilproduktion: Krise und Konjunktur 8 Niedergang der Leinengewerbes • ließ nicht aufhalten • auch nicht durch • Mechanisierung der Flachsspinnens in den 1870 Jahren kam zu spät • Einführung von Schutzzöllen 1878/79
Textilproduktion: Krise und Konjunktur 9 • mit Expansion und Niedergang im Textilgewerbe gehen Verlagerungen einher • von der ländliche Heimarbeit in städtische Industrien • zwischen unterschiedlichen Gewerberegionen
Die Bevölkerungsentwicklung Von der Triebkraft der Ressourcennutzung zu einem Faktor am Rande
Der Wandel der Bedeutung ist grundsätzlicher Art: • zeichnet sich erst im Zuge der weiteren Entwicklung ab • im Ergebnis nicht Veränderung der Bevölkerungszahl ausschlaggebend für Veränderungen der Ressourcennutzung sondern Veränderungen der aufkräftigen Nachfrage • Für Wirtschaftsentwicklung ist die Veränderung der Bevölkerung nach wie vor ein Einflussfaktor erster Ordnung
Bevölkerungswachstum 1 Bevölkerungswachstum • setzte sich nach 1815 nicht nur fort sondern beschleunigte sich z. T. noch • 1816 23 Mio. Einwohner • 1845 32,7 Mio. • 1871 40,1 Mio. • 1910 63,2 Mio.
Bevölkerungswachstum 2 Wie wirkt sich Bevölkerungswachstum auf die Wirtschaft und aus?
Bevölkerungsentwicklung 3 Auf längere Sicht führte es im 19. Jahrhundert • Steigerung der Gesamtnachfrage • Expansion der Wirtschaft • In bestimmten Entwicklungsphasen erschärfte es die wirtschaftlichen und sozialen Probleme • insbesondere in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Folgen der Bevölkerungsentwicklung 1 • Bevölkerungswachstum fand zuerst auf dem „platten Land“ statt • zusätzliche Bevölkerung fand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Aufnahme in den traditionellen Wirtschaftsbereichen • Zahl der Beschäftigten im Heimgewerbe stieg von ca. 1,0 auf 1,5 Mio. • trotz paralleler Verschärfung der konjunkturellen Entwicklung in vielen dieser Gewerbe
Folgen der Bevölkerungsentwicklung 2 • in Realteilungsgebieten sang die Größe landwirtschaftlicher Betriebe oft unter das Selbstversorgungsminimum • Folge von Bevölkerungsentwicklung und wirtschaftlichen Problemlagenprekäre Lebensverhältnisse • z. B. Pauperismus (Massenarmut) • 1820er Jahren einsetzende Abwanderung vom Land • von Osten nach Westen • aus Dörfern in Städte • von der nächsten Stadt in aufstrebende industrielle Zentren • beginnend im Westen
Zusammenhang mit Industrialisierung • Beginnende Industrialisierung war nicht in der Lage allen Teilen der wachsenden Bevölkerung in allen Teilen Phasen der Entwicklung ein ausreichendes Einkommen zu sichern • Auswanderung als gesellschaftliches Ventil
Auswanderung 1 • auch Ventil einer Übervölkerung • aber Auswanderung hat viele Ursachen/Motive • nicht nur Folge wirtschaftlicher Not • sprunghafte Anstieg der Auswanderung nach der gescheiterten 1848-Revolution • ist Teil einer ganzen Reihe von Wanderungsprozessen • religiöse Zuwanderung nach Deutschland
Auswanderung 2 Auswanderungswellen: • nach Russland • 1762/63 30 000 • auf Einladung Kathrina II. • im frühen 19. Jahrhundert 100 000 • nach Ungarn und in das Banat • beginnend 1736 • z. T. nicht freiwillig (Abart der Deportation)
Auswanderung 3 Die große Auswanderungswelle • von 1830 – 1913 sind ca. 6 Mio. Menschen ausgewandert • davon die Hälfte zwischen 1861 und 1913 • bevorzugtes Zielland die USA • über 90 % aller Auswanderer • 30% aller amerikanischen Einwanderer stammten aus Deutschland
Verstädterung 1 Wachstum der Bevölkerung • 1816 23 Mio. Einwohner • 1910 63,2 Mio. Urbanisierung • vor 1870 lebten noch 2/3 aller Menschen auf dem Land • dieser regional unterschiedliche Anteil hatte sich von 1800 – 1870 nur langsam geändert
Verstädterung 2 • ab ca. 1855/65 begann die Bevölkerung der Städte stark zu wachsen • Stadtbevölkerung (Orte von mehr als 2000 Einwohner): • 1871 36 % • 1910 60 % • Bevölkerung von Großstädten • 1871 4,8 % • 1910 21,3 %
Verstädterung 3 starkes Wachstum von Industriestädten • Berlin • 1815/19 198 000 • 1850 412 000 • 1870/71 826 000 • 1910 2,07 Mio.
Verstädterung 4 • Essen • 1816/19 5 000 • 1850 9 000 • 1870/71 52 000 • 1910 415 000 • Gelsenkirchen • 1816/19 1 000 • 1871 8 000 • 1910 170 000
Verstädterung 5 • Franfurt/Main • 1816/19 42 000 • 1850 65 000 • 1870/71 91 000 • 1910 415 000
Verstädterung 5 Konsequenzen dieser Entwicklung • Ausprägung deutlich unterschiedlicher Lebenswelten • „Stadt-Land-Gegensatz“ • Entfremdung bringt neue „Vermittlungen“ hervor • gänzlich neue Herausforderungen zur Ver- und Entsorgung der Städte • Entstehung großer dominierender Märkte
Die Konsequenzen der Entwicklung • relativer Bedeutungsverlust der Landwirtschaft in der Gesellschaft • Debatte um Agrar- oder Industriestaat • Indikator für die zugedachte Rolle des Staats • Alternativen zu einer Beschäftigung in der Landwirtschaft • Opportunitätskosten • der Markt dominiert die Ressourcennutzung
Auswirkungen auf die land- und forstwirtschaftliche Ressourcen-nutzung
Beispiele direkte Einflüsse auf die Ressourcennutzung Vom Holz zu fossilen Energieträgern
Holzzeit • Holz war seit Urzeiten zentraler Werkstoff und Energieträge. • ergänzt durch Wasser • Wasserrädern, – mühen , -hämmer usw. • Holz nachwachsender Rohstoff • Probleme die Energie und den Rohstoffbedarf bei Anstieg der Bevölkerung und wirtschaftlichen Wachstum durch Holz zu decken • Konkurrenz zur Agrarproduktion
Steinkohle 1 • Wie kaum ein anderer Werkstoff mit der Industrialisierung verbunden • David S. Landes: „Brot der Industrie“ • der massenhafte Einsatz Charakteristika der Industrialisierung • aber auch der Beginn des Steinkohlebergbaus? • vielfach angenommen
Steinkohle 2 Steinkohle: • harte mineralische Kohle • 60-100 % Kohlenstoff • hoher Heizwert • Ablagerungen in Steinkohlenflözen • Abbau in Bergwerken • entstanden aus der damaligen Pflanzenwelt des Karbon (Moore) • Karbon (Erdaltertum 345 – 230 Mio. Jahre)
Steinkohle 3 • Steinkohle wurde bereits von den Römern verwendet • Einsatz bei der Verhüttung von Eisen • Hinweise auch auf Abbau unter Tage (England) • Voraussetzung für den Wohlstand von Lüttich im Mittelalter • den Abbau beginnend um 1195 • Ursache Holzverknappung
Steinkohle 4 • hatte für Lüttich die gleiche Rolle wie andere Städte Edelmetalle • Abbau um 1350 bereits auf einer Tiefe von 120 Meter • 1450 wahrscheinlich bereits in einer Tiefe von 200 Meter • Wasserhaltung und Luftzufuhr • wichtige Voraussetzung: Transport der Kohle auf der Maas