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Die Bauleistung und ihr Preis

Die Bauleistung und ihr Preis Rechtliche Grundlagen für die Ermittlung der geschuldeten Bauleistung und die Beurteilung von Nachtragsforderungen RiBGH Prof. Stefan Leupertz. § 631 Abs. 1 BGB. Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der

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Die Bauleistung und ihr Preis

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  1. Die Bauleistung und ihr Preis Rechtliche Grundlagen für die Ermittlung der geschuldeten Bauleistung und die Beurteilung von Nachtragsforderungen RiBGH Prof. Stefan Leupertz

  2. § 631 Abs. 1 BGB • Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur • Herstellung des versprochenen Werkes, der • Besteller zur Entrichtung der vereinbarten • Vergütung verpflichtet.

  3. Unternehmereinsatzformen • Hauptunternehmer • Subunternehmer • Generalunternehmer • Generalübernehmer • Totalunternehmer/Totalübernehmer • ARGE • Baubetreuer • Bauträger

  4. Grundformen Ausschreibung • Leitungsbeschreibungen mit Leistungsverzeichnis (vgl. 7 Abs. 9-12 VOB/A) • Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm (vgl. § 7 Abs. 13-15 VOB/A)

  5. Vertragsformen • Einheitspreisvertrag • Abrechnung nach tatsächlich verbauten Mengen • Detailpauschalvertrag • Abrechnung der im Vertrag angesetzten Mengen = Mengerisiko für beide Vertragsparteien. • Einfacher Globalpauschalvertrag • Detailpauschalvertrag mit aufgesetzter Komplettheitsklausel (nur als Individualvereinbarung wirksam) • Komplexer Globalpauschalvertrag • Vertrag mit (streng) funktionaler Ausschreibung • Stundenlohnvertrag • Abrechnung nach Zeitaufwand • Selbstkostenerstattungsvertrag • Abrechnung nach eigenem Aufwand

  6. Werkerfolg • Der Unternehmer muss alle Leistungen • erbringen, die unter Berücksichtigung der • Vorgaben des Bestellers für die Herstellung • eines funktionstauglichen Werkes • erforderlich sind.

  7. Wesentlicher Vertragsinhalt • Für den wirksamen Abschluss eines Vertrages über Bauleistungen müssen die Vertragsparteien festlegen, welche Leistung(en) der Unternehmer erbringen soll. • Eine Einigung über die Gegenleistung des Bestellers ist wegen § 632 Abs. 1 BGB idR nicht zwingend erforderlich.

  8. Unwägbarkeiten • Komplexe bautechnische Zusammenhänge • Baugrund • Baubegleitende Ausführungsplanung • Witterung • Transportwege • Genehmigungssituation • Finanzierungsprobleme • Vorunternehmerleistungen

  9. Kernfrage • Wer trägt die Risiken, die sich aus diesen, in • der Struktur des Bauvertrages verankerten • Unwägbarkeiten ergeben?

  10. Ausgangspunkt: Auslegung • Auslegungskriterien • Totalitätsprinzip • Wortlaut; maßgebend:objektive Sicht des Auftragnehmers. • Auftragnehmer darf grundsätzlich auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der vom Auftraggeber gefertigten und ihm zur Verfügung gestellten Planunterlagen vertrauen. • § 9 VOB/A: Öffentlicher Auftraggeber will dem Auftragnehmer im Zweifel kein ungewöhnliches Wagnis auferlegen. Dieser Grundsatz lässt sich als Auslegungshilfe auch auf private Bauverträge anwenden. • Die technischen Normen der VOB/C • Erst dann: Prioritätenregelung in § 1 Nr. 2 VOB/B. Ansonsten greift die allgemeine Regel: „Speziell vor Allgemein“ • Schließlich: Unklarheitenregel

  11. Wichtige Urteile: Auslegung • BGH, Urt. v. 27.06.1996 – VII ZR 59/95 („Kammerschleuse“) • 1. Eine Ausschreibung, die neben bestimmt formulierten Mindestanforderungen festlegt, dass weitere Leistungen der von dem Auftragnehmer als Vertragsleistung übernommenen Tragwerksplanung zu entsprechen haben, legt den Vertragsinhalt hinreichend bestimmbar fest. • 2. Für die Wirksamkeit eines Vertragsschlusses ist nicht von Bedeutung, dass die übernommenen Verpflichtungen kalkulierbar sind. • 3. Eine mit § 9 VOB/A unvereinbare Ausschreibungstechnik führt nicht dazu, dass anstelle der ausgeschriebenen Leistung eine mit § 9 VOB/A übereinstimmende Vertragsinhalt wird. § 9 VOB/A enthält kein zwingendes Vertragsrecht. • 4. Es ist nicht ausgeschlossen, dass bei der öffentlichen Vergabe von Bauleistungen die Überbürdung eines besonderen Wagnisses auf den Auftragnehmer den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen kann. Das könnte zu Schadensersatzansprüchen des Auftragnehmers aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 26 GWB führen. • 5. Es ist erwägenswert, § 9 VOB/A im Rahmen einer europarechtskonformen Auslegung als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anzusehen. Ein Verstoß gegen § 9 VOB/A könnte Schadensersatzansprüche gegen den Auftraggeber auslösen.

  12. Wichtige Urteile: Auslegung • BGH, Urt. v. 09.01.1997 – VII ZR 259/95 • („Bodenpositionen“) • Kann ein Leistungsverzeichnis, das einer Ausschreibung nach VOB/A zugrunde liegt, auch so ausgelegt werden, dass es den Anforderungen von § 9 VOB/A entspricht, so darf der Bieter das Leistungsverzeichnis in diesem VOB/A-konformen Sinne verstehen.

  13. Wichtige Urteile: Auslegung • BGH, Urt. v. 11.11.1993 – VII ZR 47/93 • („Wasserhaltung II“) • 1. Auch bei eindeutigem Wortlaut der Leistungsbeschreibung können nach den Umständen des Einzelfalls völlig ungewöhnliche und von keiner Seite zu erwartende Leistungen von der Leistungsbeschreibung ausgenommen sein. • 2. Bei der öffentlichen Ausschreibung muss sich der Auftraggeber im Rahmen der Auslegung der Leistungsbeschreibung nach Treu und Glauben daran festhalten lassen, dass er nach eigenem Bekunden den Auftragnehmern kein ungewöhnliches Wagnis auferlegen will (§ 9 VOB/A). • Streitige LV-Position:"Trockenhaltung der Kanalbaugrube durch • Wasserhaltungsmaßnahmen nach Wahl des Auftragnehmers."

  14. Wichtige Urteile: Auslegung • BGH, Urt. v. 28.02.2002 - VII ZR 376/00 • („Konsoltraggerüst“) • Enthält das Leistungsverzeichnis ein überhängendes Betonteil, fehlt aber eine nach den DIN-Regelungen gebotene Leistungsposition für das erforderliche Traggerüst, ist das Leistungsverzeichnis dahingehend auszulegen, dass das Traggerüst auch ohne besondere Erwähnung im Leistungsverzeichnis zu dem mit der vereinbarten Vergütung abgegoltenen Leistungsumfang gehört.

  15. Wichtige Urteile: Auslegung • BGH, Urteil vom 27.07.2006 - VII ZR 202/04 • („Dachdeckergerüst“) • Für die Abgrenzung, welche Leistungen von der vertraglich vereinbarten Vergütung erfasst sind und welche Leistungen zusätzlich zu vergüten sind, kommt es auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung an. Diese ist im Zusammenhang des gesamten Vertragswerks auszulegen. Haben die Parteien die Geltung der VOB/B vereinbart, gehören hierzu auch die Allgemeinen Technischen Bestimmungen für Bauleistungen, VOB/C (Ergänzung von BGH, Urt. v. 28.02.2002 - VII ZR 376/00, BauR 2002, 935 - „Konsoltraggerüst“).

  16. These • Der Bauvertrag mit funktionaler Ausschreibung • entspricht dem Leitbild des § 631 Abs. 1 BGB.

  17. Detaillierte Ausschreibung • Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass der geschuldete Bauerfolg durch die Ausführung der ausgeschriebenen und bepreisten Leistungen realisiert werden kann. Diese gemeinsame Vorstellung gehört zur Geschäftsgrundlage (str.). • Die vereinbarte Vergütung erhält der Unternehmer für die Erbringung der ausgeschriebenen und von ihm bepreisten Leistungen. Darin besteht das vertragliche Äquivalenzgefüge.

  18. Grundsatzfragen • Muss der Unternehmer auch nicht ausgeschriebene und bepreiste Leistungen erbringen, wenn sie zur Herstellung eines funktionstauglichen Gewerkes erforderlich sind? • Wenn ja: Erhält er hierfür eine zusätzliche Vergütung und woraus ergibt sich ein dahin gehender Anspruch?

  19. Sichtweise 1 • Die werkvertragliche Erfolgsverpflichtung • des Unternehmers erschöpft sich in der • Abarbeitung der Leistungsvorgaben des • Bestellers.

  20. Sichtweise 2 • Die werkvertragliche Erfolgsverpflichtung • des Unternehmers besteht in der Herstellung eines • funktionstauglichen Werkes (Rspr. und h.L.)

  21. Sachmangelbegriff • Die Erfüllung der Beschaffenheitsvereinbarungen • iSd § 633 Abs. 2 BGB führt nicht notwendig zur • Verwirklichung des funktionalen Erfolgs. • Beispiel: • Der Unternehmer soll einen Industrieestrich in einer Werkhalle des Bestellers verlegen, die – zu seiner Kenntnis - mit schwerem Gerät befahren wird. Im Leistungsverzeichnis sind Hersteller und Typ des Estrichmaterials sowie dessen Verarbeitung konkret vorgegeben. Obwohl der Unternehmer sich exakt an diese Vorgaben hält, zeigen sich im Estrich alsbald Risse, weil dieser den Belastungen durch die nach dem Vertrag vorausgesetzte Benutzung mit schwerem Gerät nicht standhält.

  22. Modifizierter Sachmangelbegriff • Das Gewerk muss • 1. Alternative • a) die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit haben (Bausoll) • und • b) für die vertraglich vorausgesetzte, sonst für die übliche Verwendung geeignet sein (Erfolgssoll, funktionaler Mangelbegriff); • 2. Alternative (Beschaffenheitsvereinbarung fehlt) • a) sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung, sonst für die übliche Verwendung eignen • und • b) die übliche Beschaffenheit haben.

  23. Bedenkenhinweispflicht • Herleitung aus §§ 4 Abs. 3, 13. Abs. 3 VOB/B • Nach Treu und Glauben (§ 242 BGBI) entsprechend anwendbar auf BGB Bauvertrag • Rechtssystematisch: Enthaftungstatbestand • Problem: Enthaftung auch ohne Mitteilung, wenn AN die Unzulänglichkeit der Leistungsvorgaben des AG nicht erkennen konnte?

  24. Bedenkenhinweispflicht:Fallkonstellationen • Fall 1: Der Bedenkenhinweis wird erteilt; der Besteller weist den Unternehmer an, wie geplant zu bauen • Faktisch: Teilkündigung • Enthaftung nach § 13 Abs. 3 VOB/B • AN darf Ausführung verweigern, wenn andernfalls • gesetzliche o. behördliche Bestimmungen verletzt • Gefahren für Leib und Leben geschaffen oder • oder schwerste Baumängel drohen würden • Ggfls.: Kündigung AN aus wichtigem Grund

  25. Bedenkenhinweispflicht:Fallkonstellationen • Fall 1: Der Bedenkenhinweis wird erteilt; der Besteller weist den Unternehmer an, wie geplant zu bauen • Besonderheiten BGB-Bauvertrag: • Kein Anordnungsrecht AG • Entscheidung AG = Mitwirkungsobliegenheit • Dann: rechtsgeschäftliche Einigung • Auf § 13 Abs. 3 VOB/B kommt es nicht an

  26. Bedenkenhinweispflicht:Fallkonstellationen • Fall 2: Der Bedenkenhinweis unterbleibt • AN baut wie geplant • Werkleistung mangelhaft • AN haftet nur dann nicht, wenn er die Unzulänglichkeit der Leistungsvorgaben des AG trotz gebotener Prüfung nicht erkennen konnte. • AN baut, wie er es – abweichend von den Leistungsvorgaben des AG - für richtig hält • Vertragsverstoß, wenn Beschaffenheitsvereinbarungen missachtet werden • Ggfls.: Billigung durch widerspruchslose Entgegennahme

  27. Bedenkenhinweispflicht:Fallkonstellationen • Fall 3: Der Bedenkenhinweis wird erteilt; Besteller reagiert nicht • AN muss Entscheidung AG einholen = Mitwirkungsobliegenheit AG • Rechte AN bei Verstoß AG • Rechte aus §§ 642, 643, 645 BGB • Ggfls.: Schadensersatz nach § 280 Abs. 1, 2; § 286 BGB • Leistungsverweigerungsrecht AN • Kein Vergütungsanspruch • Keine Ansprüche aus GoA (nicht „ohne Auftrag“) • Anspruch aus § 313 Abs. 2 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage

  28. Bedenkenhinweispflicht:Fallkonstellationen • Fall 4: Der Bedenkenhinweis wird erteilt; der Besteller weist den Unternehmer an, die für die Verwirklichung des funktionalen Erfolges erforderlichen Leistungen auszuführen. • Verlangen und Ausführung = rechtsgeschäftlichen Einigung • Erneute Bedenkenhinweispflicht • Vergütung BGB-Bauvertrag: • Vereinbarung (§ 631 Abs. 1 BGB), sonst übliche Vergütung (§ 632 Abs. 2 BGB) • GGfls.: Auslegung – Vertragspreise (vgl.: § 2 Abs. 6 VOB/B) • Vergütung VOB/B-Vertrag • Nach h.M.: § 2 Abs. 6 VOB/B

  29. Leistungsänderungen • Es ist zu unterscheiden zwischen • Leistungen, die für die Verwirklichung des funktionalen Erfolgs erforderlich, aber nicht bepreist sind (= zusätzlich erforderliche Leistungen). • Leistungen, die der Unternehmer abweichend vom ursprünglich vereinbarten Leistungsumfang (Bauziel) hinaus auf (rechtsgeschäftliches) Verlangen des Bestellers erbringen muss (= geänderte Leistungen)

  30. Thesen (funktionale Ausschreibung) • Bei Bauverträgen mit funktionaler Ausschreibung erhält der Unternehmer die vertraglich vereinbarte Vergütung für alle Leistungen, die er für die Verwirklichung des funktional definierten Bauziels (Bauerfolg) erbringen muss. • Ein Anspruch auf Preisanpassung kann sich demnach nur ergeben, wenn das Bauziel verändert wird. • Dann muss der Unternehmer „im Vertrag nicht vorgesehene Leistungen“ iSd § 2 Abs. 6 VOB/B erbringen.

  31. § 1 Abs. 4 VOB/B • Nicht vereinbarte Leistungen, die zur Ausführung • der vertraglichen Leistung erforderlich werden, hat • der Auftragnehmer auf Verlangen des • Auftraggebers mit auszuführen, außer wenn sein • Betrieb auf derartige Leistungen nicht eingerichtet • ist. • Andere Leistungen können dem Auftragnehmer • nur mit seiner Zustimmung übertragen werden.

  32. § 2 Abs. 5 VOB/B • Werden durch eine Änderung des Bauentwurfs • oder andere Anordnungen des Auftraggebers die • Grundlagen des Preises für eine im Vertrag • vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer • Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder • Minderkosten zu vereinbaren. • Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen • werden.

  33. § 2 Abs. 6 VOB/B • Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt.

  34. These • Der Unternehmer schuldet alle Leistungen, • die zur Verwirklichung des funktionalen • Bauerfolges erforderlich sind. Solche Leistungen • sind mithin auch dann vertraglich „vereinbart“, • wenn sie nicht von den Leistungsvorgaben des • Bestellers umfasst sind. Sie sind dann allerdings • nicht gesondert verpreist.

  35. These • Die Preisfortschreibungsregeln in §§ 2 Abs. 5, 2 • Abs.6 VOB/B erfassen ihrem Wortlaut nach nicht • alle Fälle, die zur einer Preisanpassung führen • müssen. Eine systemkonforme Auslegung dieser • Vorschriften jenseits ihres Wortlauts begegnet • Bedenken, weil die Klauseln der VOB/B idR der • isolierten Inhaltskontrolle unterliegen und dem • Transparenzgebot genügen müssen.

  36. Preisbildung und PreisfortschreibungAllgemeine Grundsätze • Die Parteien dürfen die Vergütung für Bauleistungen frei vereinbaren - § 631 Abs. 1 BGB • Die Vertragsfreiheit findet ihre Grenze in den Vorschriften der §§ 134, 138 BGB • Diese Maßstäbe gelten auch für spekulativ überhöhte Baupreise

  37. Baupreise sind strukturell spekulativ • Bei Vereinbarung des Werklohns im Zeitpunkt des • Vertragsschlusses können die Parteien nicht verlässlich • abschätzen, welche Leistungen zur Verwirklichung des • Bauerfolges tatsächlich erbracht werden müssen. • Strukturell ungewisser Leistungsumfang • Unwägbarkeiten des Baugeschehens • Unwägbarkeiten hinsichtlich der Entwicklung der Preise für Lohn und Material • Regelmäßig: Auseinanderfallen von Bauplanung und Bauausführung • Änderungsanordnungen des Auftraggebers

  38. Allgemeine „Voraussetzungen“ für Spekulation mit Vertragspreisen • Veränderung des verpreisten Leistungsumfangs • Der vereinbarte Preis gilt für die nach dem Vertragegeschuldeten Leistungen (Äquivalenzgefüge) • Geänderter Aufwand ist gesondert zu vergüten • Fortschreibung der Preiskalkulation für geänderten Aufwand • Mehr- oder Mindermengen (§ 2 Abs. 3, Abs. 7 VOB/B) • Geänderte Leistungen (§§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 5 VOB/B) • Zusätzlich erforderliche Leistungen (§§ 1 Abs. 4, 2 Abs. 6 VOB/B)

  39. Anknüpfungspunkt: Ausschreibung • Der Auftragnehmer kalkuliert seinen Preis auf der Grundlage eines erkennbar lückenhaften oder unklaren Leistungsverzeichnisses • Sein Angebotspreis beruht auf der Annahme, einen nach der Ausschreibung in Betracht kommenden geringen Aufwand betreiben zu müssen • Tatsächlich entsteht Mehraufwand, den der Auftragnehmer zusätzlich vergütet verlangt (§§ 2 Abs. 3, 2 Abs. 5, 2 Abs. 6 VOB/B)

  40. Anknüpfungspunkt: Ausschreibung • Mehrvergütung für zusätzlich erforderliche Leistungen • Erste Hürde: Ermittlung des vertraglich geschuldeten • Leistungsumfangs durch Vertragsauslegung • BGH, Urteil vom 25.06.1987 – VII ZR 107/86 (Großflächenschalung) „Der Auftragnehmer darf ein erkennbar lückenhaftes Leistungsverzeichnis nicht einfach hinnehmen, sondern muß sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe seines Angebots klären. Ähnlich ist es, wenn sich für ihn aus dem Leistungsverzeichnis und den ihm überlassenen Unterlagen die Bauausführung in bestimmter Weise nicht mit hinreichender Klarheit ergibt, er darauf aber bei der Kalkulation maßgebend abstellen will.“

  41. Anknüpfungspunkt: Ausschreibung • Grundsatz: Kein Anspruch aus cic oder Wegfall der • Geschäftsgrundlage bei erkennbar unklarer Ausschreibung • BGH, Urteil vom 25.02.1988 – VII ZR 310/86 („frivoler Bieter“) „Der Auftragnehmer kann sich nicht auf „enttäuschtes Vertrauen“ berufen, wenn er bei für ihn erkennbar lückenhaftem Leistungsverzeichnis (hier Angaben zu den Grundwasserverhältnissen bei Kanalisationsarbeiten) ohne jeden vernünftigen Bezug zur Ausschreibung mehr oder weniger „ins Blaue hinein“ kalkuliert und damit die Gefahr späterer, in ihrem Umfang nicht absehbarer Nachforderungen nicht nur wesentlich erhöht, sondern geradezu heraufbeschwört, um daraus Vorteil zu ziehen, ohne seine Aussichten auf Erteilung des Zuschlags aufs Spiel zu setzen.“

  42. Anknüpfungspunkt: Ausschreibung • Grundsatz: Kein Anspruch aus §§ 2 Abs. 5, 2 Abs. 6 • VOB/B bei erkennbar unklarer Ausschreibung • BGH, Urteil vom 09.04.1992 – VII ZR 192/91 (Wasserhaltung I) „Aus einer Anordnung nach § 2 Nr.5 VOB/B ergeben sich für den AN zusätzliche vertragliche Leistungspflichten. Deshalb müssen solche Anordnungen für den AN eindeutig als Vertragserklärungen verpflichtend sein. § 2 Nr.5 VOB/B ist nicht anzuwenden, wenn die geänderte Leistung bereits vom bestehenden vertraglichen Leistungsumfang erfaßt ist. Dazu gehört insbesondere der Fall, daß der vertraglich geschuldete Erfolg nicht ohne die Leistungsänderung zu erreichen ist.“

  43. Anknüpfungspunkt: Ausschreibung • Auslegung einer funktionalen Ausschreibung ohne • eindeutigen Änderungsvorbehalt: • BGH, Urteil vom 13.03.2008 – VII ZR 194/06 (Bistro) „Es besteht keine Auslegungsregel, dass ein Vertrag mit einer unklaren Leistungsbeschreibung allein deshalb zulasten des Auftragnehmers auszulegen ist, weil dieser die Unklarheiten vor der Abgabe seines Angebots nicht aufgeklärt hat (im Anschluss an: BGH, Urteil vom 25.06.1987 – VII ZR 107/86; Urteil vom 25.02.1988 – VII ZR 310/86).“

  44. Anknüpfungspunkt: Spekulativ überhöhter Einheitspreis für erwarteten Mehraufwand • Auftragnehmer spekuliert auf Ausschreibungsfehler und daraus resultierenden Mehraufwand • Er setzt für die entsprechende Angebotsposition einen über seinen Kalkulationsgrundlagen liegenden, überhöhten Preis ein • Bei Einbeziehung der VOB/B umfasst die Preisvereinbarung auch die Vergütung für eventuellen Mehraufwand nach Maßgabe der §§ 2 Abs. 3, 2 Abs. 5, 2 Abs. 6 VOB/B • Entsteht der Mehraufwand, führt der überhöhte Positionspreis durch Fortschreibung des Vertragspreises zu einem „Spekulationsgewinn“.

  45. Anknüpfungspunkt: Spekulativ überhöhter Einheitspreis für erwarteten Mehraufwand • BGH, Urteil vom 18.12.2008 – VII ZR 201/06 • „Steht der nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 oder § 2 Nr. 5 VOB/B neu zu vereinbarende Einheitspreis für Mehrmengen in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung, kann die dieser Preisbildung zu Grunde liegende Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig sein. • Ist der nach § 2 Nr. 3 oder § 2 Nr. 5 VOB/B zu vereinbarende Einheitspreis für Mehrmengen um mehr als das Achthundertfache überhöht, weil der Auftragnehmer in der betreffenden Position des Leistungsverzeichnisses einen ähnlich überhöhten Einheitspreis für die ausgeschriebene Menge angeboten hat, besteht eine Vermutung für ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers. • Diese Vermutung wird nicht dadurch entkräftet, dass der Auftragnehmer in anderen Positionen unüblich niedrige Einheitspreise eingesetzt hat. Ein derartig spekulatives Verhalten des Auftragnehmers ist nicht schützenswert. • An die Stelle der nichtigen Vereinbarung über die Bildung eines neuen Preises auf der Grundlage des überhöhten Einheitspreises tritt die Vereinbarung, die Mehrmengen nach dem üblichen Preis zu vergüten.“

  46. Anknüpfungspunkt: Mischkalkulation • Die vom VII. Zivilsenat im Urteil vom 18.12.2008 (VII ZR 201/06) ausgestellten Grundsätze gelten auch für mischkalkulierte Preise (so dort). • Deshalb: Der auf einer Mischkalkulation des Auftragnehmers beruhende Bauvertrag ist wirksam

  47. Anknüpfungspunkt: Mischkalkulation • BGH, Beschluss vom 18.05.2004 - X ZB 7/04 • „Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A. Deshalb sind Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulationen" auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung auszuschließen (VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 b).“

  48. Problemfall: Fortschreibung mischkalkulierter Preise • Nach der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des BGH ist die Kalkulation des Auftragnehmers für Nachtragsforderungen gemäß §§ 2 Abs. 3, 2 Abs. 5 VOB/B fortzuschreiben. • BGH, Urteil vom 20.03.1969 – VII ZR 29/67 • BGH, Urteil vom 25.01.1996 – VII ZR 233/94 • Von diesem Grundsatz geht der VII. Zivilsenat auch in seiner Entscheidung vom 18.12.2008 (VII ZR 201/06) aus.

  49. Problemfall: Fortschreibung mischkalkulierter Preise • Der BGH hat sich in jüngerer Zeit nicht dazu geäußert, ob • die Angebotspreise stets fortgeschrieben werden müssen. • Dagegen werden in der Literatur Einwendungen erhoben. • Diskussionspunkte können sein: • Auflösung der Mischkalkulation und Fortschreibung der Preise unter Auflösung der Preisverlagerung. • Schadensersatzanspruch des Auftraggebers gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB wegen bewusst hinweisloser Ausnutzung von Unklarheiten/Fehlern in der Ausschreibung • Reduzierung des Mehrpreises nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 2 BGB)

  50. Prüfung Preisänderung • Schritt 1: • Die Prüfung beginnt immer bei der Ermittlung des Bausolls. Maßgebend hierfür ist der Bauvertrag einschließlich aller dort in Bezug genommenen Pläne und Unterlagen. Was genau Gegenstand der vertraglichen Leistungspflicht des Auftragnehmers ist, muss ggfls. im Wege der Auslegung ermittelt werden. Erst wenn dann noch Lücken oder Unklarheiten bleiben, stellt sich die Frage, zu wessen Lasten sich diese Unklarheiten auswirken. Das ist im Sinne der so genannten Unklarheitenregel grundsätzlich diejenige Vertragspartei, die durch die Erstellung des Leistungsverzeichnisses die Planungsverantwortung übernommen hat, zumeist also der Auftraggeber.

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