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17 Stagnation und Isolation

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Presentation Transcript


  1. 17 Stagnation und Isolation • Der Fehlschlag der Bonner Deutschlandpolitik zur Überwindung der Teilung Deutschlands manifestierte sich im Bau der Berliner Mauer. Die Reaktion der westlichen Verbündeten auf die Mauer machte aber auch die geänderte politische Einstellung zur Deutschen Frage deutlich. Reibungen zwischen Bonn und Washington waren die Folge, sie intensivierten sich mit der Präsidentschaft von John F. Kennedy. Aus deutscher Sicht waren die amerikanischen Reaktionen viel zu lasch. Der Mauerbau führte folglich zu gegenseitigen Vorwürfen und Verdächtigungen. Adenauer hatte von Anfang an einen Ausgleich der beiden Supermächte auf Kosten deutscher Interessen befürchtet. Aus dem deutschen Misstrauen gegenüber dem transatlantischen Partner wurde nun ein Jahrzehnt offener Meinungsverschiedenheiten. Dies illustrieren und belegen zwei Schlüsselzitate:

  2. Die deutsche Wunschposition wurde von Bundeskanzler Ludwig Erhard 1965 so ausgedrückt: „Ganz gleich, wie schnell, ganz gleich auf welchem Wege und mit welchen Mitteln wir zur Wiedervereinigung kommen können - wir werden dieses Ziel nicht einen Augenblick aus den Augen verlieren. Eine Bundesregierung würde ihrer Pflicht und Verantwortung vor dem deutschen Volke und vor der Geschichte nicht genügen, wenn sie nicht jeden Tag aufs neue sich dessen bewusst wäre, dass dies das Ziel ist, das Vorrang vor allen anderen besitzt.“1 __________ 1 Auswärtiges Amt (Hg.), Die Bemühungen der deutschen Regierung und ihrer Verbündeten um die Einheit Deutschlands 1955-1966, Bonn 1966, S. 58

  3. Aus der Sicht des deutschen Botschafters in Washington, Wilhelm Grewe, war die Einheitsforderung hingegen ein überaus kompliziertes westdeutsches Ziel, das die Verbündeten wenig ernst nahmen (1965): „Die Fortsetzung des 'Kalten Krieges' (falls wir sie erzwingen könnten, was kaum der Fall sein dürfte) hülfe uns wenig. Der Kalte Krieg hat es zwar dem Westen erleichtert, uns mehr oder weniger platonische Versprechungen zur Unterstützung unserer Einheitsforderung zu machen. Auch auf den Höhepunkten des Kalten Krieges war man jedoch niemals bereit, weiter zu gehen und den Druck auf die Sowjets in solchem Maß zu verstärken, dass man den Übergang zum 'Heißen' Krieg riskiert hätte. Die westlichen Regierungen sind nur noch mühsam dafür zu haben, von Zeit zu Zeit Deklamationen von sich zu geben, in denen die alten Formeln wiederholt werden.“ 2 __________ 2 Wilhelm G. Grewe, Rückblenden, 1976-1951, Aufzeichnungen eines Augenzeugen deutscher Außenpolitik von Adenauer bis Schmidt, Frankfurt am Main 1979, S. 747 u. 745

  4. Grewe machte klar, dass es keine echte westliche Unterstützung der deutschen Einheit gab. Das eigentliche westliche Ziel war, die deutsche Ostpolitik der amerikanischen unterzuordnen. Nachdem der Kalte Krieg vorbei war und eine Phase der friedlichen Koexistenz eintrat, ging es darum, Bonn zur Anpassung an die neuen veränderten Umstände der Ost-West-Diplomatie zu bewegen. Das grundsätzliche Interesse Washingtons an der Doppeleindämmung, also der Sowjetunion und Deutschlands, blieb erhalten. Hinzu trat aber ein gemeinsames Interesse der Supermächte an einer Stabilisierung des europäischen Staatensystems. Amerikas geostrategisches Interesse an einem stabilen Machtgleichgewicht in Europa, möglichst unter amerikanischer Hegemonie, notfalls unter amerikanisch-sowjetischer Doppelherrschaft, ließ keine aktive Vereinigungspolitik zu. Die folgende Berliner Erklärung hatte deshalb auch keine realpolitischen Ziele vor Augen, sondern war ein typisch ritueller Formelkompromiss.

  5. Aus der Berliner Erklärung der Drei Mächte und Deutschlands vom 29.07.1957 zur Wiedervereinigung: ... 2. Die Wiedervereinigung Deutschlands bleibt gemeinsame Verantwortlichkeit der Vier Mächte, die 1945 die oberste Gewalt in Deutschland übernahmen - Eine Verantwortlichkeit, die in der Direktive der vier Regierungschefs in Genf im Juli 1955 erneut bekräftigt wurde. Gleichzeitig erfordert die deutsche Wiedervereinigung die aktive Mitarbeit des gesamten deutschen Volkes, unter solchen Bedingungen, die die Freiheit seiner Willensäußerung gewährleisten ... 4. Nur eine frei gewählte gesamtdeutsche Regierung kann im Namen eines wiedervereinigten Deutschlands Verpflichtungen übernehmen, die anderen Ländern Vertrauen einflößen und die vom deutschen Volk selbst als gerecht und für die Zukunft bindend angesehen werden.

  6. 5. Eine solche Regierung kann nur aus freien, in ganz Deutschland durchgeführten Wahlen zu einer gesamtdeutschen Nationalversammlung hervorgehen ... 8. Die Westmächte haben nie verlangt, daß ein wiedervereinigtes Deutschland der Organisation des Nordatlantikpaktes beitreten muß. Die Bevölkerung eines wiedervereinigten Deutschlands wird durch ihre frei gewählte Regierung selbst bestimmen können, ob sie an den Rechten und Pflichten dieses Vertrages teilhaben will. Quelle: Auswärtiges Amt (Hg.), Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Dokumente von 1949 bis 1994, Köln 1995, S. 241 ff., Dok. 43

  7. Bonn und Washington misstrauten einander in der Deutschlandfrage, Adenauer reagierte darauf mit pro-gaullistischen Neigungen. Angesichts dieser Weltlage erschien die Bonner Deutschlandpolitik einerseits illusionär, andererseits starr und immobil. Der amerikanische Präsident Kennedy fand den legalistischen Stil der Bonner Ostpolitik schlichtweg langweilig. Aus Schwäche heraus betrieb Bonn „Rechtsdiplomatie“ gegenüber den Partnern und dem Gegner im Osten. Die logische Folge war eine diplomatische Isolierung. Zur Ehrenrettung der deutschen Außenpolitik der sechziger Jahre muss gesagt werden, dass die formal-rechtliche Position nicht nur mit einem deutschen Hang zum Legalismus erklärt werden kann. Bonns komplizierte Rechtsargumente spiegelten die schwierigen politischen Fragen der Deutschlandpolitik wider. Das Misstrauen in der Wiedervereinigungsfrage gegenüber dem Westen wie dem Osten war begründet. Das deutsche Interesse war in dieser Phase schwer zu wahren. Nur allzu leicht erschien die Bonner Position als Hindernis einer flexibleren Weltpolitik und als Beweis deutscher Unfähigkeit und Unwilligkeit sich an die reale Lage der sechziger Jahre anzupassen.

  8. Der wichtige politische Schritt, das Ziel der deutschen Einheit von seiner territorialen Komponente zu befreien und in ein Ziel innerdeutscher Annäherung umzuwandeln, fiel der deutschen Außenpolitik schwer. Adenauer selbst war dazu nicht bereit. Die deutsche Frage begann sich zu europäisieren, sie konnte nicht mehr allein im Rahmen einer Viermächte-vereinbarung gelöst werden. Ohne die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze würde es kaum gehen. Adenauer selbst wollte diesen Schritt noch nicht tun, obwohl er persönlich angeblich schon seit 1955 vom endgültigen Verlust überzeugt war. Die letzten drei Jahre unter Bundeskanzler Adenauer bis 1963 machten das Anpassungsproblem der deutschen Wiedervereinigungs- und Ostpolitik klar. An Ideen und Initiativen, der Erstarrung in der juristischen Logik zu entkommen, mangelte es nicht. Doch Adenauer und seine konservativen Anhänger schreckten vor einem konzeptionellen Umdenken und einer diplomatischen Umorientierung zurück. Erst unter der Kanzlerschaft Ludwig Erhards wurden neue Wege für den Umgang mit Osteuropa versucht. Adenauer hatte allein auf das Gespräch mit Moskau gesetzt, Außenminister Schröder hatte nun unter Erhard ein Mandat, eine allgemeine „Öffnung zum Osten“ zu bewerkstelligen.

  9. Ein erster Schritt waren die Handelsniederlassungen in den osteuropäischen Hauptstädten. Doch die Hindernisse für eine neue Ostpolitik waren erheblich, und Bonn hatte sie sich selbst auferlegt. Ohne eine revidierte deutsche Haltung in der Oder-Neiße-Frage und die Aufgabe der Hallstein-Doktrin musste jede Initiative sehr schnell an ihre Grenzen stoßen. Es stand kaum zu erwarten, dass eine Politik, die die DDR im Ostblock diplomatisch zu isolieren gedachte, von Erfolg gekrönt sein könnte. Schröders Ostpolitik lebte also unter dem Manko, dass sie in Osteuropa als Versuch gewertet wurde, die Sowjetunion und die osteuropäischen Länder gegeneinander auszuspielen. Es wurde sehr schnell deutlich, dass eine Ostpolitik nur auf allen drei Ebenen verknüpft, nämlich in Moskau, in Osteuropa und in Ost-Berlin, sinnvoll betrieben werden konnte.

  10. Zwischen den beiden deutschen Staaten herrschte Mitte der sechziger Jahre ein Verhältnis politischer Feindseligkeit. Wie tief das gegenseitige Misstrauen war, zeigte sich 1966 beim misslungenen „Rednertausch“. Ursprünglich von der DDR angeregt, nahm diese ihren Vorschlag schnell wieder zurück, weil sie befürchtete, dass damit bundesdeutsche Spitzenpolitiker ihre Argumente direkt an die ostdeutsche Bevölkerung herantragen könnten. Bonn hatte wieder einmal Angst, damit womöglich indirekt Abstriche vom Alleinvertretungsanspruch zu machen. Im Frühjahr 1966 hatte Bonn mit einer „Friedensnote“ seine Bemühungen, sich Osteuropa anzunähern, kundgetan. Ein wirklicher Neuansatz oder gar ein Durchbruch erfolgten nicht. Das internationale Umfeld, die Kuba-Krise und der Aufstand in der Tschechoslowakei 1968, waren zudem eventuellen deutschen Initiativen nicht günstig.

  11. Die zögerliche deutsche Ostdiplomatie war zusätzlich dadurch behindert, dass Erhard und Schröder keine Adenauer vergleichbare vertrauensvolle Beziehung zum französischen Staatspräsidenten de Gaulle herzustellen wussten. Erhard und Schröder gehörten in Bonn zum atlantischen Flügel, der im Unterschied zu den sogenannten Gaullisten sich im Entscheidungsfall stets auf die Seite Washingtons schlug. Die deutsche, die französische und die amerikanische Ostpolitik arbeiteten nicht Hand in Hand, sondern nebeneinander her oder gar gegeneinander und offenbarten eine Atmosphäre allseitigen Misstrauens. De Gaulles Politik eines „Europa vom Atlantik bis zum Ural“ suchte die Rolle der beiden Supermächte und insbesondere die amerikanische zu begrenzen. Er galt damit bei den USA als ein Spaltpilz des Westens. Der diplomatische Spielraum, den sich de Gaulle gegenüber den USA verschaffen konnte, blieb der Bonner Republik versagt. Ihre sicherheitspolitische Abhängigkeit von den USA und die starren eigenen ostpolitischen Grundsätze boten keine Chance, aus der selbst auferlegten Isolation herauszukommen.

  12. Erst die Große Koalition zwischen Christdemokraten und Sozialdemo-kraten, die die Regierung Erhards im Herbst 1966 ablöste, bot Chancen eines Neubeginns. Strukturell war diese Koalition allerdings schwach, weil die Kompetenzaufteilung zwischen dem Kanzler Kurt Georg Kiesinger und dem Außenminister Willy Brandt zwangsläufig zu Konflikten und gegenseitiger Blockade führte. Neue Worte und Gesten gab es, so erklärte Kiesinger z. B. das Münchner Abkommen von 1938 für ungültig. Auch die Bereitschaft zu einer Aussöhnung mit Polen und zu einer de facto-Akzeptanz der DDR-Regierung wurde bekundet. Ein Briefaustausch zwischen Bundeskanzler Kiesinger und dem Vorsitzenden des DDR-Minsterrats, Willi Stoph, brachte Bewegung in die erstarrten innerdeutschen Beziehungen. Von Erfolg war diese neue Eröffnungspolitik allerdings nicht geprägt. Die sowjetische Haltung blieb eher negativ, die faktische Aufgabe der Hallstein-Doktrin brachte allein noch keinen Durchbruch.

  13. Jetzt blockierte nämlich die DDR-Regierung in Osteuropa und suchte die diplomatische Offensive Bonns zu unterlaufen. Die DDR formulierte ihrerseits eine eigene „Ulbricht-Doktrin“ in Parallele zur westdeutschen Hallstein-Doktrin, wonach die sozialistischen Staaten keine diplomatischen Beziehungen mit Bonn aufnehmen sollten, ehe Bonn nicht die DDR und die bestehenden Grenzen in Europa anerkannt hätte. Dieser Vorschlag scheiterte zwar auf der Außenministerkonferenz der Staaten des Warschauer Pakts im Februar 1967 am rumänischen Widerstand, wurde aber in bilateralen Vereinbarungen mit Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und Bulgarien vorläufig durchgesetzt. Innerhalb der Ostblockstaaten hatte sich damit eine Art „Dreibund“ zwischen der DDR, Polen und der Tschechoslowakei gebildet.

  14. Die DDR gewann damit über ihren bilateralen Freundschaftsvertrag mit Moskau hinaus auch die multilaterale Zustimmung ihrer Partner für ihre Deutschland- und Berlinpolitik. Die Ostpolitik der Großen Koalition mündete damit genau in das Gegenteil ihrer Absichten. Die DDR wurde in ihrem eigenen Bündnis nicht isoliert, sondern integriert und gestützt. Die Haltung des Warschauer Paktes zur Deutschen Frage hatte sich nicht aufgelockert, sondern verfestigt. Nicht zuletzt die Frage der „Grenzen von 1937“ war ein Haupthindernis. Für Polen hatte Bonn immer noch „revanchistische“ Absichten, solange der Status quo nicht formell anerkannt war. Es gab allerdings längst Signale für eine westdeutsche Akzeptanz. Bundeskanzler Kiesinger hatte bei seiner Antrittsrede die Grenzfrage überhaupt nicht mehr erwähnt, Willy Brandt hatte in seiner Eigenschaft als SPD-Vorsitzender, nicht als Außenminister, im Frühjahr 1968 auf einem SPD-Parteitag von „Anerkennung, Respektierung“ der Oder-Neiße-Grenze gesprochen.

  15. Ein weiterer Rückschlag für die Ostpolitik der Großen Koalition folgte im August 1968 mit der Unterdrückung des Reformsozialismus in der Tschechoslowakei. Die Invasion von Streitkräften des Warschauer Paktes brachte für die Politik der „Öffnung nach Osten“ eine Sinnkrise. Indirekt war nämlich die Bonner Ostpolitik auch ein Grund für das harte sowjetische Durchgreifen. Zwar behielt sich die UdSSR für sich selbst eine bilaterale Entspannung mit den USA vor, ihren Satellitenstaaten wollte Sie aber keine unabhängige Koexistenzpolitik zubilligen. Deshalb war es konsequent, gegenüber Abweichlern Härte zu zeigen. Eine Umgestaltung der Gesellschaftsordnung der Tschechoslowakei hätte früher oder später zu einer unabhängigeren Prager Außenpolitik führen können und müssen. Die Bonner Linie wurde dadurch geschwächt, der diplomatische Einfluss der DDR innerhalb des Ostblocks hingegen gestärkt. Die DDR verhielt sich gegenüber Moskau unbedingt loyal und hatte sich an der Invasion beteiligt. Für die Bonner Ostpolitik war deutlich geworden, dass an Moskau und Ost-Berlin vorbei keine effektive Ostpolitik gemacht werden konnte. Für die westdeutsche Politik war deutlich geworden, dass es an der Zeit war, den gleichen Realismus gegenüber dem Osten an den Tag zu legen, der in der Anfangsphase der Bundesrepublik gegenüber dem Westen bestimmend war.

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