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Prof. Dr. Wolfgang Heckmann MISTEL/SPI Forschung An-Institut der Hochschule Magdeburg-Stendal

Jugend und Alkohol - Trends und Folgen: Auto- und Fremd-Aggression Fachtagung „Alkoholmißbrauch und Gewalt“ Korbach, 25. Oktober 2010. Prof. Dr. Wolfgang Heckmann MISTEL/SPI Forschung An-Institut der Hochschule Magdeburg-Stendal wolfgang.heckmann@hs-magdeburg.de.

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Presentation Transcript


  1. Jugend und Alkohol -Trends und Folgen:Auto- und Fremd-AggressionFachtagung „Alkoholmißbrauch und Gewalt“Korbach, 25. Oktober 2010 Prof. Dr. Wolfgang Heckmann MISTEL/SPI Forschung An-Institut der Hochschule Magdeburg-Stendal wolfgang.heckmann@hs-magdeburg.de

  2. Achtsamkeit gegenüber Problemverhalten • Womit beginnen? ---> • „Neue“ Formen des jugendlichen Trinkverhaltens: „Koma-Saufen“ • „Neue“ Formen des jugendlichen Aggressionsverhaltens: „Amok“ • Risiko-Erkennung, -Erprobung und -Vermeidung • Gefahr: Angst ---> Verstärkung restriktiver Erziehung

  3. Fokus Jugend: „Jugend ist in erster Linie eine Ansammlung von Möglichkeiten.” (Albert Camus: Der erste Mensch, Reinbek 1995, S. 172) Heckmann/Christoph

  4. Entwicklungs-Aufgaben • Körper • Peers • Verselbständigung • Ablösung • Rolle • Sexualität/Intimität • Partner/Familie

  5. ...mehrEntwicklungsaufgaben • Ausbildung/Beruf • Selbst (Identität) • Zukunftsperspektiven (Erikson, Oerter, Dreher/Dreher 1985) ... und noch mehr: • Risikokompetenz (R. Silbereisen 1995)

  6. Überforderung undÜberstehen - Vielfalt der Aufgaben (im Vergleich) - Risiko und Versicherung - Kontakt und Kontaktmittel - nur 20% problematisch (Resilienz) - nur eine Minderheit mit Drogener- fahrungen - Pseudo-Resultate der Identitätsbildung - Abgrenzung durch Habitus (immer schwerer!) Heckmann

  7. Beispiel für Resilienz

  8. Teil I DAS PROBLEM ALKOHOL

  9. Aktuelle Entwicklungen • kontinuierlicher Rückgang des Konsums von Alkohol seit den 80er Jahren • seit 2004 bei den 12- bis 17-Jährigen erneuter Anstieg (im Osten schon in den 90ern) • in der Altersgruppe 16 bis 19 Jahre exzessive Konsummuster mit besonders deutlichem Anstieg • Rausch-Trinken auch unter weiblichen Jugend-lichen deutlich häufiger (BZgA 2007) • Gewalttaten/Unfälle/Intoxikation/ungew. Sex • Zusammenhang von Ausgeh-Verhalten und Alkohol-Konsum (BZgA 2004)

  10. global: binge-drinking • verwandtes Phänomen wie Ecstasy-Epidemie (Klee 1997) • Großbritannien, Irland, Niederlande: binge (Def.) • Spanien, Portugal, Italien: SMS botellón • Deutschland mit leichtem Zeit-Verzug: Koma-/flat-rate-Saufen (zuvor schon: Kampf-Trinken) • Internationalisierung: Ausflugs-Ziele mit Koma-Garantie (Prävention?) • Verbreitung über typische Gefährdeten-Gruppen (schulische bzw. familiäre Belastungen) hinaus • Gesellungsform auch ohne Alkohol-Konsum attraktiv

  11. Homepage des Jahrgang 2008Gymnasium Marianum Meppen (katholische Privatschule nahe Osnabrück) St. Pölten

  12. historisch: Exzess als Durchgangs-Phänomen • „Trinkwetten“ in der Weimarer Republik • Fortsetzung und spezielle Bewertung in NS-Zeit • viel früher: „Zech- und Saufrecht“ 1616 • Goethe, Heine u.v.a. geißelten die Verwahrlosung • beinahe Bild-identische Darstellungen von historische Formen des Koma-Saufens: internationaler Ärzte-Kongress 1890 in Berlin, Fest mit 4.000 Personen 15.382 geleerten Wein-Flaschen: „Die Szenen von Trunkenheit im Saale und vor dem Hause waren denn auch wahrhaft ekelerregend.“ (Klatt 1925)

  13. Der Geheime Rat von Goethe geißelte: • ... die Studenten von Jena und Halle, weil unter ihnen „die Rohheit aufs höchste gestiegen, körperliche Stärke und Fechtergewandtheit an der Tagesordnung waren “ • ... aber auch: Eingangs-Szene zum „Osterspaziergang“: wohin soll‘s gehen?

  14. Nicht nur in Jena im 18. Jahrhundert: • „Die Gläser geschwenkt, gesoffen, gespien, • die Jungfer geküsst, ein Vivat geschrien, • zu Dorfe gelaufen, geschlagen, gewetzt, • ist, was in Jena die Burschen ergetzt.“

  15. Typologie der Alkohol-Probleme Jugendlicher • beginnendes Gewohnheits-Trinken (Delta/Jellinek) • primäres Rauschtrinken, bewusstes Anstreben der Wirkung • sekundäres Rauschtrinken, nach Umsteigen von anderen Drogen • fakultatives Rauschtrinken, als „Ersatzdroge“ (nach Gruner 1976!!!)

  16. Banalität des legalen Konsums (2002)

  17. Schrittmacher: Legale Drogen

  18. Regelmäßiger Alkoholkonsum (mind. einmal wöchentlich)bei den 12- bis 17-jährigen Jugendlichen Quelle: BZgA, Drogenaffinitätsstudie 2008, Erste Ergebnisse

  19. Binge-Drinking* bei den 12- bis 17-jährigen Jugendlichen * Trinken von fünf oder mehr alkoholischen Getränken bei mind. einer Trinkgelegenheit in den letzten 30 Tagen. Quelle: BZgA, Drogenaffinitätsstudie 2008, Erste Ergebnisse

  20. Konsumierte Alkoholmenge pro Tag in Gramm Reinalkohol* 12- bis 17-jährige Jugendliche im Jahr 2008 * Grenzwerte gelten für Erwachsene Quelle: BZgA, Drogenaffinitätsstudie 2008, Erste Ergebnisse

  21. Was ist neu? Was ist anders? • augenscheinliche Veränderungen (auch unter Stud.) • viele Formen noch unerforscht (Oktoberfest, Veiz 2006, Ballermann...) • ohne den besorgten Blick auf die Kultur der Minderjährigen: retrospektiv fast in jeder Biographie eine Phase oder ein Ort des Exzesses: Bundeswehr, Ausbildung, Studium, Lehrgänge, Montage • besorgniserregend: - deutlich jüngere Jahrgänge (10-19 J.) - Anstieg stationärer Behandlungen (12 auf 18 T/J) - Vermarktung der Subkultur (Gebinde, Parties) - Schwinden der Varianz der Jugendkulturen - hohe Akzeptanz unter Gleichaltrigen

  22. 17. Jhdt. Jan Miense Molenaer 1610 „Michl aus Lönneberga“ Rauferei bei Auktion in Backhorva (Astrid Lindgren) Raufereien jetzt und früher ...

  23. Vorteile vs. Nachteile (stupipedia) • Durch das Komasaufen ergeben sich viele Vorteile: 1. Das Komasaufen ist eine der wenigen Sportarten, die sowohl beleibteren (hässlichen, fetten, verkrüppelten, perspektivlosen, desillusionierten Schamhaarschädeln) und schlanken (Models etc.) Mitbürgerinnen und Mitbürgern sehr viel Spass und Freude macht. Damit noch nicht genug: Jeder kann durch das Komasaufen sein Leben verschönern. 2. Die eher stattlicheren Mitmenschen profitieren durch die Wirkung des Alkohols auf das Hirn und die Sehkraft. Helmut Kohl wird zu Chuck Norris, Angela Merkel wird zu Gina Wild usw. 3. Die sowieso schon geilen Fickstuten können durch das Komasaufen ihre ohnehin schon geilen Bodys weiter straffen und überflüssiges Fett loswerden. Ein sehr großer Vorteil, denn Deutschlands Jugend ist bekanntlicherweise zu fett und untrainiert. Man kann den Alkohol auch mit anderen Drogen mischen um einen besseren Effekt zu erzielen, z.B. Anabolika und Milch. • Jedoch besitzt das Mysterium "Alkohol" auch Schattenseiten. (Der Redaktion ist kein Nachteil bekannt, außer das man Angela Merkel für Gina Wild halten könnte und demensprechende erotische Folgen nicht zu verhindern sind, die durch Alkohol und Komasaufen auftreten könnten.)

  24. Kommata (web.Kommentare) • komma saufen • geschrieben von marc.scmidi, 01 10, 2007 • ich vinde kommasaufen ist scheise weil die meisten nischt einschetzen können wann es schlus ist • komma saufen • geschrieben von anonym, 09 10, 2007 • ich finde, dass komma saufen doof ist. • Leider finden es manche "cool" • komma saufen • geschrieben von Ahmed, 09 10, 2007 • ich finde, dass komma saufen doof ist. • Leider finden es manche lustig. sie glauben sie sind cool. • Das stimmt aber nicht

  25. Was ist wissenschaft-lich ungeklärt? • Kategorie Binge Drinking • Diagnose Koma • Anstieg Koma/OD • Vergleich der EU-Länder • Unterschiede nach Lebensalter (EU-Barometer: 11% vs. 25%, 25% vs. 3% <55 J. >25 J.)

  26. Konsum-Motive Jugendlicher grundsätzlich: - erwachsen wirken - dazu gehören - (Neugier) (Motive: nicht zu verwechseln mit Ursachen) Heckmann

  27. ... und im Detail:Konsum-Motive - Nikotin: Kontakt - Alkohol: Angst-Lösung - Cannabis: Grenzerweiterung - Halluzinogene: Reisen - Kokain/Amphetamine: Leistung/Fitness - Amphetamine/Ecstasy: Pop-Humanismus - Heroin: radikale Abkehr/Überhöhung Heckmann

  28. Phasen der Einbindung der Jugend in den legalen Markt • aufputschende Mittel, energy drinks in den 80ern • Alko-Pops in den 90ern • hartes Selbst-Gemischtes (öffent-licher Raum)oder unterpreisig Ein-geschenktes im neuen Jahrhundert • die Zukunft: Kinder-Sekt - eine neue Zielgruppe übt das Rollen-Spiel

  29. Versuch einer Deutung des Phänomens Koma-Saufen • Illegaler Drogen-Konsum in den 60ern und 70ern: Motiv des Widerspruchs/Ausstiegs • Ecstasy/Speed in den 80ern und 90ern: Reaktion auf Behinderung beim Einstieg • Diversion der Subkultur: illegaler Konsum gegen rechts, Alkohol-Konsum gegen links • Jugendtypische Alkohol-Gelage: Rückkehr zum Widerspruch jugendlich - erwachsen • Provokation - mittlerweile auch der städtischen Ordnungsmacht und des städtischen Budiker-Klüngels

  30. Binge drinking • Stauber u.a. (2009): Trinketikette -> • Koma ist uncool • Also: Weg von einer Mißtrauens-, Verdachts- und Einschränkungs-Perspektive

  31. Alles normal!?! • Sie sind noch die gleichen! • Sie wollen sein, wo die anderen sind! • Sie wollen sein, wie die anderen sind! • Sie wollen dazugehören! • Sie sind o.k.! • Sie sind immer noch „normal“!

  32. work in progress • P.A.R.T.Y (Toronto) - Folgen-Abschätzung: Führungen durch Krankenhäuser, Leichenschauhäuser • Stay Gold! (D, Kriminalämter) - Video-Botschaften durch Promis • HaLT (D, BZgA) - Poster und Peer-Einsätze (BEISPIEL!) • Project Northland (Minnesota, Schulen) - auch Elternhaus und außerschulische Faktoren einbezogen • Jede zweite Runde Wasser (Gotland, Restaurants, Bars) - Botschaften in Medien verbunden mit direkter Aktion • Restaurant-Projekt (Stockholm) - Schulung für „verant-wortlichen Service“ ggü. Minderjährigen und Trunkenen • PROmilline elu! (Estland) - Fokus auf Alkohol-Probleme unter jungen Frauen • Safe night-life (EU, Tourismus) - Schulung von Gastro-Personal an Destinationen mit schlechtem Ruf

  33. Teil II DAS PROBLEM GEWALT

  34. Gewalt/losigkeit als Konzept • Heilige und Narren • Gewaltverherrlichung • Gewalttätige Medienwelt • Gewalt als Erfolgs-Modell • Gewaltfreie/-arme Erziehung

  35. Gewalt-Vorbilder • in der Politik: Bush vs. Carter (Bin Laden vs. Ghandi usw. usw.) • in der Wirtschaft: feindliche/diebische Übernahme vs. Qualitäts-Wettbewerb • in den Medien: vom Cowboy-Film zum virtuellen Rollenspiel • aber auch: das Alte Testament, Bohlen

  36. Gesellschaftsbilder • Gewalt-Gesellschaft (einhellige Ablehnung, aber...) • Gauner-Gesellschaft (nicht stehlen, aber...) • Lügen-Gesellschaft (Wickert: Der ehrliche...)

  37. Menschenbilder • Mensch als Krone der Schöpfung • Mensch als des Menschen Wolf • Mensch triebgeschüttelt: Eros und Thanatos • Mensch mit vielfältigen Ressourcen und Wachstumsinteresse

  38. Jugend-typische Delinquenz • Bitte die Augen schließen! • jugendliche Delinquenz bleibt: Eigentumsdelikte, Sachbeschädigung (Vandalismus), Abwehr von Verant-wortung (Unterhalt), unreife Formen der Auseinandersetzung, z.B. Hooliganismus • (erwachsene Del.: Steuer/Vers.-Betrug)

  39. Aggressivität in der Adoleszenz • Fast immer notwendig für die Entwick-lungs-Aufgabe „Ablösung von den Eltern“ • Gewalt-PHANTASIEN in der peer-group: narzisstische Stabilisierung, Auseinander-setzung mit den Eltern, Selbstwirksamkeit, Risikoerprobung und -kompetenz • Gewalt-PATHOLOGIE: Respekt verschaf-fen bei Ängstlichkeit, Unsicherheit, Minder-wertigkeits-Phantasien (Gefühlsstau)

  40. Entwicklung von Gewalt • „Der Affekt ist die Mutter der Gewalt“ (Haller 2002) (z.B. Eifersucht, Enttäuschung, Gekränktheit oder Rachsucht) • Ego als absoluter Wert: Ehre, Respekt • Fundamental und akzeptabel: Konkurrenz • Selbstinszenierung als (Jugend)Kultur • Konkurrenz als Unterhaltung

  41. Alkohol und Kriminalität • BKA und LKAs: ca. 10% aller aufgeklärten Fälle unter Beteili-gung von Alkohol • aber: Liste der Straftaten enthält Gewalt, sexuelle Gewalt, Haus- und Landfriedensbruch, Unterhaltsverweigerung...

  42. Medien als Begleiter der Entwicklung • seelische Veränderungen durch aggressive Computer-Spiele? • Manfred Spitzer („aggressiver“) vs. David Pfeifer („klüger“) • Christoph Klimmt: „Rädchen im Getriebe“ (Forschung einseitig) • Ich-Identität und Medien: nichts Neues

  43. Neue Phänomene • Identitätsprojekte - nicht nur eins • männliche und weibliche Aggressivität werden ähnlicher • Konkurrenz --> Looser - Verlierer heute ohne Mitleid und Schutz • Teilhabe nicht mehr durch sozialen Ausgleich garantiert

  44. Alte Irrtümer • Giordano: Zero tolerance ( als Antwort auf „broken window“) • Was verboten ist... • Gewalt-Medien „macht“ gewalt- tätig (soziale Ängstlichkeit)

  45. Jugend-typische Risiken Biographische Spitze des Risiko-Verhaltens • Gewalt gehört nicht zu den Hits • Gewalt-Impulse sind ubiquitär • Risiko-Management als Entwick-lungsaufgabe

  46. Jugendtypische „Hartei“-Synonyme • Elektrozaun-Pinkler • Hooligan-Schubser • Beim-Sex-falschen-Namen-Haucher • Mit-Nasenbluten-auf Hai-Zuschwim-mer • Pitbull-Zurückbeißer

  47. Ausblick • aggressives Verhalten ist ein Minderheiten-Phänomen • aggressives Verhalten ist emotional basiert und funktional • a.V. unter Alkohol-Einfluss: Anxiolyse, Minderung der Selbstauf-merksamkeit

  48. ... noch ein Ausblick Welches Milieu wollen wir? • Abstinenz-Kultur • Ambivalenz-Kultur • Permissiv-Kultur • Funktions-gestörte Kultur

  49. Aufgaben einer Temperenz-orientierten Gesellschafts-Politik für Suchtkranke: Abstinenz-Orientierung, Schadens-Begrenzung, nachrangig auch Mäßigkeit für Missbraucher/innen: Mäßigungs-Orientierung, vom schädlichen zum nicht-schädlichen Konsum (WHO) für junge Menschen: Konsum-Beginn so spät wie möglich, Exzesse vermeiden für alle: Punkt-Nüchternheit im Verkehr, bei der Arbeit und anderen Verpflichtungen

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