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Seminar: Literatur und Zensur in der Bundesrepublik Referentin: Eileen Prüßner

Seminar: Literatur und Zensur in der Bundesrepublik Referentin: Eileen Prüßner. Michael Bommi Baumann „Wie alles anfing“. Gliederung . 1. Wie alles anfing – Inhalt 2. Zur Person Bommi Baumann 3. Zensurverfahren 4. Heinrich Böll 5. Fazit Literatur. Wie alles anfing .

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Seminar: Literatur und Zensur in der Bundesrepublik Referentin: Eileen Prüßner

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  1. Seminar: Literatur und Zensur in der Bundesrepublik Referentin: Eileen Prüßner Michael Bommi Baumann „Wie alles anfing“

  2. Gliederung • 1. Wie alles anfing – Inhalt • 2. Zur Person Bommi Baumann • 3. Zensurverfahren • 4. Heinrich Böll • 5. Fazit • Literatur

  3. Wie alles anfing • Autobiografie des Terroristen Michael „Bommi“ Baumann • Gibt realistisch und authentisch wirkenden Einblick in den Werdegang eines Terroristen, es erklärt Ursachen, terroristische Praxis, Beweggründe und Denkstrukturen der Linken Szene Ende der 1960er und Anfang der 70er Jahre

  4. Stil • Nach Tonbandgesprächen mit Bommi Baumann aufgeschrieben • Einfache Sprache, Straßenjargon, Jugendsprache • Keine aufwendige literarische Bearbeitung des Textes

  5. Michael Bommi Baumann • Michael Baumann wurde 1948 in Berlin- Lichtenberg geboren • Kindheit in der DDR, Flucht seiner Familie nach Westberlin mit 12 Jahren • Volksschule bis zur achten Klasse • Abgebrochene Lehre zum Betonbauer, Lehre zum Zimmermann • Außenseiter, Gefühle der Ausgrenzung • Sein Leben beginnt „nicht mehr konform zu sein“ (Zitat S. 15)

  6. Werdegang • Besuch der Abendschule Kontakt mit dem SDS • Kommune 1, Faszination ihrer politischen Einstellungen und der offen gelebten Sexualität • Starke Auseinandersetzung mit der linken Szene  Identifizierung • Erste Straftaten, Reifenstecherei

  7. Politik • Er lernt Rudi Dutschke kennen • Agitiert vor allem in Arbeiterkreisen • 2. Juni Tod Benno Ohnesorgs und Attentat auf Rudi Dutschke als Katalysator • „Die Kugel war genauso gegen dich.“ (S.46) • Aufbruchstimmung, sich- wehren- wollen, aber doch Scheitern der großen Bewegung

  8. Haschrebellen • Mitglied bei den umherschweifenden Haschrebellen • Drogenkonsum • Straftaten • Radikalisierung • Bombenanschläge • Illegalität • Haftstrafe Cover der Haschrebellenzeitung 1969

  9. Bewegung 2. Juni • Bewegung 2. Juni • Name wurde gewählt, um zu zeigen, dass der Staat mit der Ausübung von Gewalt begann • Abgrenzung von der RAF • Ziel: Revolution machen, aber konkreter und weniger elitär als die RAF dieses für sich behauptete • Die Anwendung von Gewalt wird radikaler, Ziel war, die Möglichkeit der gewaltsamen Revolution voranzutreiben. • Leben in der Illegalität

  10. Bewegung 2. Juni • Banküberfälle, um die Gruppe zu finanzieren • Bombenanschläge • Die Waffe als ständiger Begleiter • Später: • 1975: Entführung des Berliner Spitzenkandidaten der CDU Peter Lorenz

  11. Der Wendepunkt • 04. Dezember 71: Baumanns Freund Georg von Rauch wird bei einer Schießerei mit der Polizei getötet • „Das war die erste Geschichte, die mich dazu gebracht hat, darüber nachzudenken, ob das Ganze nicht langsam Formen angenommen hat, die nichts mehr mit den ursprünglichen Geschichten zu tun haben.[…] Damals ging es los, dass ich immer weniger einen Sinn in dieser Form von Bewaffnetem Kampf gesehen habe.“( S. 125.) • Spiegel- Interview „Freunde, schmeißt die Knarre weg“ In Spiegel Nr. 1 1974.

  12. Der Wendepunkt • Isolation durch Illegalität „Gerade die, die angefangen hatten, sexuelle Revolution […] zu predigen, für die findet das nicht mehr statt. Das wird alles abgeschrieben dafür, dass du in eine Bank rennst, oder irgendwo eine Bombe reinschmeißt und eben mit ner Knarre in der Tasche rumrennst.“ (S.135)

  13. Abkehr vom Terrorismus • Sinnlosigkeit im Fortführen des bewaffneten Kampfes • Eingefahrene Ebenen • Fehlende Progressivität der Bewegung • Entscheidung für die Liebe • „Für mich sieht es so aus, dass ich diese Geschichte mit der Liebe nie so richtig versucht habe und die jetzt einfach durchziehe. Erstmal, weil es Spaß macht und weil es dufte ist, weil ich das nach den ganzen heavy Jahren brauche.“ (S. 143)

  14. Reue ? • „Ich stehe immer noch hinter allen Sachen, die ich gemacht habe. Ich verdamme nichts und verurteile auch nichts daran.“ (S. 146) • „Bei mir persönlich ist hinzu gekommen, dass ich gesehen habe, dass ich eines Tages weiterkämpfen werde, auf einer anderen Ebene, auf einem anderen Gebiet. […] Ich werden irgendwann mal wieder eintreten ins Gefecht, aber auf einem ganz anderen Level“ (S.146)

  15. Ziel des Buches laut Baumann • Geschichte der Linken reflektieren • die Auswirkungen des bewaffneten Kampfes bedenken • aus Fehlern lernen • „Andere sollen verstehen, warum Leute den Weg des bewaffneten Kampfes gehen.“ (S. 147)

  16. Zensurverfahren • Oktober 1975: Das Buch erscheint im Münchner Trikont Verlag • 19. November 1975: Beschlagnahme aller noch verfügbaren Exemplare im Auftrag der Staatsanwaltschaft • Widerspruch der Verleger (Gisela Erler und Herbert Röttgen)  am 14. Januar 1976 abgelehnt • Vorwurf an die Verleger: Billigung (§140 StGB) und Verherrlichung von Straftaten (§ 131 StGB) • Sommer 1967: Zweitauflage

  17. Zensurverfahren: Was warf man dem Buch vor? • Buch war juristisch schwer zu beurteilen, da Baumann sich sowohl für Gewalt als auch gegen Gewalt ausspricht • Vorwurf an die Verleger: • Billigung von Straftaten (§140 StGB) • Verherrlichung von Straftaten (§ 131 StGB) • § 88 a (verfassungsfeindliche Befürwortung von Straftaten) war zur Zeit der ersten Beschlagnahme noch nicht in Kraft • Flugblätter und Werbebroschüren des Verlages wurden beschlagnahmt, um Vorwürfe an die Verleger zu bekräftigen

  18. „dass es nicht mehr nur der verbale Protest war, sondern der ernsthafte Versuch, mit Waffengewalt eine Veränderung der Verhältnisse herbeizuführen. Obwohl der Versuch gescheitert ist, war er richtig und nützlich.“ (S.5)

  19. Zweitauflage des Buches • Aus Protest wird eine zweite Auflage des Buches herausgegeben. Über 300 Personen und Verlage beteiligen sich an der illegalen Neuherausgabe, darunter prominente Menschen. • Professoren • Schriftsteller • Verleger • Beschluss zur Beschlagnahme der zweiten Auflage am 21.06.76 durch das Landgericht München

  20. 27. Oktober 1976: Verhandlung vor dem Landgericht München I 27. Oktober 1976: Freispruch, als Folge des Urteils wurde Beschlagnahme aufgehoben Revision der Staatsanwaltschaft beim 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts München , Beschwerde gegen die Freigabe 21. Januar 1977: Verwerfung der Beschwerde 09. August 77: Revision am 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes Aufhebung des Freispruchs Rückverweis zu neuer Verhandlung und Entscheidung an andere Strafkammer des Landgerichts München

  21. Erneuter Antrag auf Beschlagnahme  Oberlandesgericht stimmt am 24.November 77 der zweiten Beschlagnahme zu 1.Februar 1978: Verhandlung über die Herausgabe des Buches an der 15. Strafkammer des Landgerichts München I Die Staatsanwaltschaft fordert 1 Jahr Freiheitsstrafe für Herbert Röttgen und 9 Monate für Gisela Erler Erler und Röttgen werden zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen á 10 DM verurteilt und müssen die Verfahrenskosten tragen Einziehung des Buches abgelehnt

  22. Revision und Beschwerde der Staatsanwaltschaft und der Verleger Das Buch wird ein drittes Mal vorläufig beschlagnahmt 17. Oktober 78: Revision der Staatsanwaltschaft abgelehnt Aufhebung des Urteils vom 01.02.78 Freispruch der Angeklagten, Freigabe des Buches Antrag der Verleger, den Verlag für den Schaden aus den Beschlagnahmen zu entschädigen, wird wegen „grober Fahrlässigkeit“ bei der Herausgabe des Buches abgelehnt

  23. Historischer Kontext • Ständige Bedrohung: Anschläge der RAF und anderer Terrororganisationen • Olympische Spiele in München im September 1972 • 1977: Deutscher Herbst • Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und an Jürgen Ponto, Chef der deutschen Bank • Entführung und Ermordung Hans Martin Schleyers • Entführung der Lufthansamaschine

  24. Reaktion des Staates auf den Terror • 20.12.74: Anti- Terror- Paket • 22.04.76: Strafrechtsänderungsgesetz (§88a) Strafe für: verfassungsfeindliche Befürwortung von Gewalt, Verbreitung von Bezug von Straftaten befürwortenden oder dazu anleitenden Schriften" • 18.08.76: Antiterrorgesetz (§129a StGB)

  25. Folgen der Zensurbestrebungen und des Urteils • Hohe finanzielle Verluste für den Trikont –Verlag • Trotzdem, oder gerade deshalb, wurde das Buch zum heimlichen Bestseller

  26. Rezeption der linken Szene • Nicht nur die Justiz setzte sich mit Baumanns Bekenntnissen auseinander, auch die linke Szene • Vorwurf des Verrats • Praktiken, Personen • der gesamten Bewegung und ihrer Ziele • Vorwurf, seine Entscheidung für die Liebe sei lächerlich und peinlich

  27. Heinrich Böll • Februarausgabe 1976 der Zeitschrift „konkret“: Artikel „Stimme aus dem Untergrund“ • „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Jugendlicher, der nicht ohnehin zu >Mollies< oder Bomben neigt, durch dieses Buch dazu verführt wird, nicht mehr jedenfalls als durch die harten Aus-der-Hüfte-Knaller, die er fast täglich im Fernsehen bewundern darf.“

  28. Bölls Empfehlung: • Pflichtlektüre mit Kommentar • Teilweise haben Auskünfte Baumanns lyrische Qualität • Für Bölls Empfinden keine Obszönität • direkte, ehrliche Auskünfte • empfehlenswerte Lektüre für Gegner und Befürworter der linken Szene • Er wünscht Baumann, wo immer er sein mag, eine Braut

  29. Späte Reue • „Ich sehe heute vieles anders, aber ich bereue nach wie vor nichts. Ich würde es noch einmal so machen. Nein! Ich bereue doch, dass Menschen verletzt wurden, zu Tode gekommen sind, auf beiden Seiten.“ • Michael Bommi Baumann im Mai 1991 im Vorwort der Neuauflage 2007.

  30. Fazit • Baumann liefert einen authentisch wirkenden Einblick in das Leben eines Terroristen und gibt wichtige Hinweise zur Entstehung von Gewalt. Sein Bericht wirkt ehrlich und sein Entschluss, die Waffe wegzuwerfen mag überraschend kommen, ist aber dennoch aus seiner Geschichte heraus nachvollziehbar. • Juristisch ist dieses Buch schwer zu beurteilen, denn es spiegelt die Befürwortung von Gewalt, sowie deren Ablehnung wider. • Der Vorwurf, der Billigung von Gewalt der Verleger erscheint hier als Stellvertreter gegen das eigentliche Feindbild der Staatsanwaltschaft: Das Buch eines Terroristen. • Die politischen Ereignisse der 70er Jahre und der Kampf gegen den Terrorismus sind Mitgründe dafür, dass sich das Zensurverfahren über drei Jahre erstreckte und von Seiten der Staatsanwaltschaft so vehement geführt wurde

  31. Literatur: • Arnold, Jürgen: Ein Buch wird verboten, Trikont –Verlag 1979. • Baumann, Bommi: Wie alles anfing, Rotbuchverlag Berlin 2007. • Buschmann, Silke: Literarische Zensur in der BRD nach 1945, Frankfurt am Main 1997. • Seim, Roland: Zwischen Medienfreiheit und Zensureingriffen. Eine medien- und rechtssoziologische Untersuchung zensorischer Einflussnahmen auf bundesdeutsche Populärkultur, Münster 1997.

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