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Eine würdevolle Pflege verträgt keine Freiheitseinschränkenden Maßnahmen

Eine würdevolle Pflege verträgt keine Freiheitseinschränkenden Maßnahmen. Prof. Dr. habil Thomas Klie , Evangelischen Hochschule Freiburg Rechtsanwalt. 1. Zugang zum Thema : Menschenwürde. Nicht mehr davon, Ich bitt Euch.

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Eine würdevolle Pflege verträgt keine Freiheitseinschränkenden Maßnahmen

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Presentation Transcript


  1. Eine würdevolle Pflege verträgt keine Freiheitseinschränkenden Maßnahmen Prof. Dr. habil Thomas Klie, Evangelischen Hochschule Freiburg Rechtsanwalt

  2. 1. ZugangzumThema: Menschenwürde

  3. Nicht mehr davon, Ich bitt Euch. Zu essen gebt ihm und ein Dach – Habt Ihr die Blöße erst bedeckt Dann ergibt sich die Würde von selbst Menschenwürde Johann Christoph Friedrich von Schiller (1759 – 1805)

  4. Würde und Respekt Im Grund genommen beginnt die ganze feinfühlige, die Menschenwürde achtende Auseinandersetzung mit dem anderen damit, dass wir ihm einen fundamentalen Respekt entgegenbringen Richard Sennett

  5. Die zweiSeitenderWürde • Privatheit • Mein Leben leben dürfen • Bei mir sein können • Respekt vor meinen Grenzen erleben • Abwehr von Übergriffen, auch fürsorglichen • Nicht Objekt werden • Nicht gläsern sein • Geheimnisse haben dürfen • Zugehörigkeit • Sich als Teil der für einen relevanten Gesellschaft / Gemeinschaft erleben • Wertschätzung in sozialer Interaktion erfahren • Bedeutsam sein

  6. Menschenwürde und soziale Beziehung • Würde ist kein Zustand, sondern eine soziale Beziehung, die nicht das leiseste Schwanken im Gleichgewicht zwischen Selbstachtung und der durch die anderen erfahrenen Bestätigung zulässt (Le Breton 2003)

  7. 2. Menschenwürdige Pflege • Sicherheit • Essentielle Bedürfnisse • Vor Bedrohung, Schaden, Schmerz • Kontinuität • Persönliche Biographie • Konsistente Unterstützung • Zugehörigkeit • Bildung/ Aufrechterhaltung bedeutsamer Beziehungen • Bedeutsamkeit • Anerkennung und Wertschätzung der Person • Entscheidungen • Über Entscheidungsspielräume verfügen • Ziele. Etwas erreichen können • Menschenrechte • _ Wahrung fundamentaler Freiheitsrechte Nolan u.a. 2001

  8. 3. Freiheitsentziehende Maßnahmen ? Segufix® Kompakt -Produktinfo 2008

  9. Ein Thema von zunehmender Bedeutung • Prognose: • Bis zum Jahre 2050 nimmt die Zahl Demenzkranker um 144 % zu • Oberschenkelhalsfrakturen um 125 % (Fritz Beske Institut 2009) • Politische und rechtliche Bedeutung: • Recht auf persönliche Freiheit und Teilhabe zentraler Schutzauftrag • Massengeschäft für Betreuungsgerichte • Verdeckt: häusliche Betreuung und FEM • Behindertenrechtskonvention • Wissensbestände: • Belastung • Risiken • „Alternativen“ • Hilfsmittel • Kooperation

  10. Wie häufig sind FeM? • International • Pflegeheim: 12 – 49 % (The Joanna Briggs Institute 2002, Hamers et al. 2004) • Akutkrankenhaus: 3 – 25 % (The Joanna Briggs Institute 2002) • Stationäre Geriatrie: 24% (Karlsson et al. 1998) • Deutschland • Pflegeheim: 26 – 42% 5-10% „körpernahe“ Fixierungen (Klie&Pfundstein 2002; Becker et al. 2003, Meyer&Köpke 2008) • Stationäre Gerontopsychiatrie: 21-25 % (Hirsch et al. 1992, Kranzhoff et Hirsch 1997) 30% (Inzidenz) (Bredthauer et al. 2005)

  11. Grosse Unterschiede in den Einrichtungen ! Köpke S, Meyer G: Pflegezeitschrift 10/2008

  12. auch ambulant ein Thema:Formen von FeM in 2008/2009 Anmerkungen: Basis: n = 104 bis 109 / 282 bis 289. Ausgewiesen sind die Angaben zur Kategorie "Ja, das habe ich beobachtet / Kenntnis erlangt". Nein-Kategorien sind redundant.

  13. Gründe für FeM • Patientenorientierte Gründe: DemenzStürze, Verhalten • Behandlungsorientierte Gründe: Medizinische/ Pflege- Maßnahmen • (z.B. Katheter, Sonde) • Sozialorientierte Gründe: Konfliktvermeidung • Personal- und organisations- Personalschlüssel, Recht, • Arbeitsabläufe • orientierte Gründe: • Einstellungen, Haltungen • Bredthauer 2002; DeSantis et al. 1997; Evans 2002; Hantikainen et al. 2001; Hamers & Huizing 2005; Haut et al. 2004 (Review); Kirkevold et al. 2004; Klie et al. 2004; Mammun et al., 2005; Moore et al. 2007; Werner et al. 2002; Haut et al. 2007

  14. „State of the Art“ • Fixierte Menschen: Stürze ↔ (↑)Ernsthafte sturzbedingte Verletzungen ↑ Verhaltensauffälligkeiten ↑ • Verzicht auf Fixierung: (durch Interventions- Stürze ↔↑ • programme): Sturzbedingtes Verletzungsrisiko ↔↓ Verhaltensauffälligkeiten ↔↓ • Psychopharmaka ↔↓ Personalschlüssel ↔ • Keine Studie weltweit zeigt positiven Effekt von Fixierungen ! • Daten über negative Folgen (Verletzungen, Stress) sind dagegen alarmierend • Evans et al. 2002; Joanna Briggs Systematic Review • Sailas & Fenton 2000; Cochrane Systematic Review • Capezuti et al. 2007, Evans et al. 1997. Testad et al 2005, ReduFix 2006, Healey 2007

  15. FeM: Risiken und Nebenwirkungen Sturzbedingte VerletzungsgefahrFordernde Verhaltensweisen Angehörige, Personal: Schuldgefühle ↑ Arbeitszufriedenheit ↓„Burn-Out“ Fixierung Allgemeinzustand ↓ Lebensqualität ↓Tod Direkte Verletzungen, Tod, Psychischer Stress, Indirekte Schäden: Mobilität ↓ Verhaltensauffälligkeiten ↑ Sturzgefährdung↑Nahrungs-,Flüssigkeitsaufnahme ↓ Kontrakturen, Dekubitus, Pneumonie Psychopharmaka werden gegeben bzw. erhöht Evans 2002 (Systematic Review, Joanna Briggs Insitute Australia) Berzlanovich 2007, Parker 1997, Pedal 1996, Mohsenian et al 2002; www.bfarm.de/ (Suchmaske: „Fixierungen“)

  16. Alternative Interventionen (risikospezifisch, individuell) Trotz grösstenteilsnur schwacher oder fehlender Evidenz für Einzelinterventionen!! Raum/ Umgebung Person mit Demenz und Sturzgefährdung/ fordernden Verhaltensweisen Pflegende / Organisation Hilfsmittel / Technik

  17. Internationale Empfehlungen • Vor dem Einsatz müssen alle Alternativen ausgeschöpft sein • Der potentielle Nutzen muss höher sein als der mögliche Schaden • Die minimalste Variante sollte eingesetzt werden • Der Einsatz sollte kurzfristig erfolgen • Die Notwendigkeit der Maßnahmen muss regelmäßig überprüft werden • Eine institutionseigene Richtlinie sollte vorhanden sein • Die Anwendung muss fachkundig erfolgen • Ein kontinuierliche Beobachtung der fixierten Bewohner ist notwendig • Alle Mitarbeiter müssen in deren korrekten Gebrauch geschult sein • nach Evans 2002, Joanna Briggs Institute

  18. 4. Fixierung und Menschenwürde

  19. Gegensatz Freiheit - Sicherheit: das Dilemma?

  20. Freiheit durch Fürsorge

  21. Rechtliche Gemengelage

  22. 4. HilftRecht, Fixierungenzuvermeiden? • Kultur: Gesellschaft macht sich gesetzliche Wertungen zu eigen • Beispiel England: lazy nursing • Professionen: maßgebliche Berufsgruppen (Pflege, Medizin, Soziale Arbeit) integrieren rechtliche Wertungen in ihre Haltungen , Vorgehensweisen und Standards • Beispiel: Wissenschaftlich / thearetisch: ja • Management: Träger und Einrichtungen nehmen gesetzliche Wertungen als verbindliche Maßgabe für ihr ( Qualitäts-) Management auf. • Beispiel: Hamburg, Bonn • Betreuer: üben ihre Tätigkeit konsequent advokatorisch aus • Beispiel: Sachsen Anhalt?

  23. Rechtliche und fachliche Anliegen: kein Widerspruch • Rechtliche Vorgaben • Verfassungsrechtliche Vorgaben: Freiheit der Person, rechtsstaatlicher Schutz, Rechtsschutz • Betreuungsrechtliche Vorgaben: Absenkung von Fixierungsraten durch Legitimationsverfahren • Heimrechtliche Vorgaben: Schutz der Interessen und Bedürfnisse vor Beeinträchtigungen, Dokumentationspflicht • Sozialrechtliche Vorgaben: Qualitätsmaßstab Selbstbestimmung, Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse („Expertenstandards“) • Fachliche Vorgaben • Schutz und Förderung der Mobilität • „State of the Art“ • Individuelle Assessments und Hilfeplanung • Konzeptionelle Aussichtung auf die Sicherung der Selbstbestimmung

  24. Rechtliche Kategorien von freiheitsentziehenden Maßnahmen (FEM)/bewegungseinschränkenden Maßnahmen (BEM)

  25. Rechtsschutz durch Verfahren Luhmann: Legitimationsbeschaffung Qualitätssicherung: Reflexionsschleifen Supervision: anderes Setting für an MenschenrechtenorientierteEntscheidungsfindung Gefahren: Massengeschäft Ritual kollusivesZusammenwirken sinkendeZustimmung zuhoherAufwand Ablenken von Fachverantwortung WerdenfelserWeg: • reagiert auf unbefriedigendefachliche und Rechtspraxis • NutztVerfahrensrecht • neuesBündnis / neueKooperationzwischenJustiz und Fachpflege In Hamburg: “ironischeKonstellation”: • WesentlichfürEinführung des § 1906 • Ort von AlliancenzurVermeidung von FEM • GuteKooperationskultur

  26. Konzertierte Bemühungen Professionen und Wissenschaft: Qualitätsstandards und Leitlinien Internationale Organisationen Elder abuse Awarenessday Gesetzgebung und Rechtsprechung z.B.: BGH Rechtssprechung, Werdenfelser Weg Medien: Wettbewerbe & Kampagnen Reduzierung Freiheitsentziehender Maßnahmen Industrie: Produktentwicklung Träger: Qualitätsmanagementansätze Bildungssektor: Schulung und Qualifikation Forschung: national und international

  27. Kampagne Redufix Die Partner: Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Aktion Demenz, BAGSO, KDA , BGT “Eure Sorge fesselt mich”

  28. Kampagne Sensibilisierung für eine vernachlässigte Wirklichkeit

  29. Zwischen Freiheit und Risiko • Es geht um die Minimierung und Verantwortung von Risiken • Riskmanagement • Es geht um die Gestaltung individueller Freiheitsräume • Unterstützung bei der Lebensgestaltung und Bewältigung • Es geht um einen professionellen Umgang mit den Spannungsverhältnissen in der Begleitung von Menschen mit Demenz • Multiprofessionell • Es geht um die gemeinsame Verantwortung von Bewohnerinnen, Angehörigen, Betreuer, Ärzten, Pflegekräften, Therapeuten • Aushandlungsorientierung • Es geht um die Realisierung von Rechten und die Vermittlung von Lebensqualität • Ernstnahme rechtlicher Institutionen • Es geht um andere Bilder von einem Leben mit Demenz und Hilfeabhängigkeit • Altersbilder • Abschied von der Aufpasserrolle

  30. Commitment: Freiburger Erklärung • 1. Wir stellen die Menschenwürde und die Lebensqualität auf Pflege angewiesener Menschen in den Mittelpunkt unseres gemeinsamen Handelns. Fixierungsmaßnahmen tangieren beides. • 2. Wir fördern wo möglich die Selbstständigkeit und Mobilität von Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen. Wir wissen, dass der Erhalt der Mobilität ist die wichtigste Voraussetzung dafür ist, Sturzgefahren vorzubeugen. Fixierungen, die mit Sturzgefahren begründet werden entbehren in aller Regel einer fachlichen Berechtigung. Es stehen ausreichend Vorsorgemaßnahmen und Alternativen zur Fixierung zur Verfügung. • 3. Wir verwenden Freiheitsentziehende Maßnahmen nur als ultimatio ratio, als letzte Behandlungsmethode bei dokumentierter erheblicher Selbst- oder Fremdgefährdung. Wir sehen sie als ungeeignet Maßnahme zur Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten. • 4. Wenn wir Freiheitsentziehende Maßnahmen ergreifen und mitverantworten, werden wir sie nur dann und dort einsetzen, wenn und wo alle maßgeblichen ethischen, fachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beachtet und gegeneinander abgewogen wurden. Wir dokumentieren dies und verpflichten uns, unsere Entscheidungen in kurzen Abständen immer wieder zu überprüfen. • 5. Wir berücksichtigen bei unseren Entscheidungen die aktuellen Wissensbestände, die für eine menschwürdige und fachlich fundierte Begleitung maßgeblich sind und bilden uns entsprechend fort. • 6. Wir sehen die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit aller entscheidungsrelevanten Akteure - der Betroffenen, ihrer Angehörigen, den Bevollmächtigten und Betreuern, Pflegekräften, Ärzten, Therapeuten, Gerichten. Wir verpflichten uns zur Zusammenarbeit, um eine für den Betroffenen Entscheidung zu treffen, die ihnen gerecht wird. • 7. Für unseren Alltag orientieren wir uns an transparenten und verbindlichen Leitlinien für unser Handeln. Sie machen ein abgestimmtes Vorgehen möglich und geben Handlungssicherheit im Alltag.

  31. Nicht nur eine Rechtsfrage

  32. Danke für die Aufmerksamkeit

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