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Europäische Wirtschaftsgeschichte (II)

Europäische Wirtschaftsgeschichte (II). Eine ökonomische Perspektive auf die europäische Geschichte vom Ersten Weltkrieg bis heute. Über diese Vorlesung. Ökonomische Perspektive auf historische Entwicklungen: Was können wir mit ökonomischer Theorie verstehen, was nicht?

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Europäische Wirtschaftsgeschichte (II)

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Presentation Transcript


  1. Europäische Wirtschaftsgeschichte (II) Eine ökonomische Perspektive auf die europäische Geschichte vom Ersten Weltkrieg bis heute FU Berlin, Sommer 2006

  2. Über diese Vorlesung • Ökonomische Perspektive auf historische Entwicklungen: • Was können wir mit ökonomischer Theorie verstehen, was nicht? • Wie haben außerökonomische Faktoren (Schocks) die Wirtschaft beeinflusst? • Voraussetzungen • Grobe Orientierung im historischen Kontext • (Lesetipp: N. Davies 1997: Europe. A History) • EWG I sehr nützlich (etwa VL zu Demographie, Goldstandard) • Grundlegende Methoden: • Alles was sie aus der VWL kennen (sollten) • Grundlagen der Ökonometrie • Kontrafaktische Analyse • Historische Quellenkritik FU Berlin, Sommer 2006

  3. Fragestellungen • “… wie es recht eigentlich gewesen”: Mythen, Legenden und neue Forschung • “The Big Picture” – Überblick, historische Einordnung • Pfadabhängigkeiten in ökonomischen Entwicklungen • Historische Entwicklungen als Fallstudien mit Blick auf aktuelle Probleme FU Berlin, Sommer 2006

  4. Ad 1: Mythen, zum Beispiel • …“die Hyperinflation hat den deutschen Mittelstand vernichtet“ • …Die Nazis haben die Weltwirtschaftskrise durch „Keynesianische“ Politik (avant la lettre) beendet: Autobahnbau, etc. • …Ludwig Erhardt hat das westdeutsche Wirtschaftswunder hervorgebracht FU Berlin, Sommer 2006

  5. Ad 2: Big Picture • Welchen historischen Hintergrund haben moderne ökonomische Probleme, etwa • Kapitalmarktentwicklungen und die Geschichte des Weltwährungssystems • Der deutsche Arbeitsmarkt seit 1949 FU Berlin, Sommer 2006

  6. Ad 3: Pfadabhängigkeiten • In der ökonomischen Theorie spielen Pfadabhängigkeiten eine zunehmende Rolle (David 1985, Arthur 1990, Fujita, Krugman, Venables 2000) • Einmalige Ereignisse können sehr langfristige Folgen haben, etwa der Verlust an Marktpotential durch Grenzverschiebungen, oder Standortentscheidungen in Netzwerkindustrien • Die Geschichte ist voll von solchen Beispielen - etwa: warum befindet sich der größte deutsche Flughafen ausgerechnet in Frankfurt am Main ? • UND WARUM NICHT IN BERLIN ??? FU Berlin, Sommer 2006

  7. Ad 4: Historische Fallstudien zu aktuellen Fragen • Wie lange dauert es, bis politische Grenzen aus der Wirtschaft verschwinden? • Die Deutsche Einigung 1834-1871 • Polnische Wiedervereinigung 1918/19 • Deutsch-deutsche Wiedervereinigung 1989/90 • Die Osterweiterung der EU? FU Berlin, Sommer 2006

  8. Das Programm FU Berlin, Sommer 2006

  9. Organisation • VL ist Wahlfplichtfach Wirtschaftsgeschichte und Wahlfach VWL-Politik • Abschluss mit Klausur (60 Minuten) • Alle Folien im Blackboard • Semesterapparat in der Bibliothek (ca 100 Bücher ) • Einige Texte stehen zusätzlich als download im Netz FU Berlin, Sommer 2006

  10. in medias res FU Berlin, Sommer 2006

  11. Folgen des Ersten Weltkriegs • Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen („Zwischenkriegszeit“) war besonders in Europa eine Phase der wirtschaftlichen Stagnation Die Tabelle zeigt durchschnittliche jährliche Wachstumsraten Quelle: Feinstein et al (1997), S. 7, 9 FU Berlin, Sommer 2006

  12. Folgen des Ersten Weltkriegs (2) • Während 1890-1913 der Außenhandel schneller wuchs als die (schnell zunehmenden) Nationaleinkommen, nahm zwischen 1913 und 1938 der Außenhandel trotz wachsender Einkommen ab: die Einkommenselastitzität wurde negativ Die Tabelle zeigt durchschnittliche jährliche Wachstumsraten Quelle: Feinstein et a. (1997), S. 10 • Länder, die vom Kriegsgeschehen weniger berührt waren, bauten ihre Anteile am Welthandel aus, insbesondere Japan in asiatischen Märkten, die bisher britisch oder französisch dominiert waren • Dieser Einbruch im Europäischen Handel verlief in zwei Wellen: unmittelbar während und nach dem Krieg und im Verlauf der Weltwirtschaftskrise (dazu später mehr) FU Berlin, Sommer 2006

  13. Folgen des Ersten Weltkriegs (3) • Die Zwischenkriegszeit war auch von einer bis dahin unbekannten Arbeitslosigkeit gekennzeichnet (auch wenn Vergleiche auf Grund der Datenlage problematisch sind) • Die Tabelle zeigt die durchschnittlichen Arbeitslosenquoten in F, D, GB (unter grober Berücksichtigung von Definitionsunterschieden), ab 1950 in F, D, GB und Italien Quelle: nach Eichengreen/ Hatton (1988), S. 9 FU Berlin, Sommer 2006

  14. Folgen des Ersten Weltkriegs (4) • Zugleich nahm die Arbeitsproduktivität deutlich zu, schneller sogar als in der Zeit 1890-1913 • Warum? •  Es kam zu zahlreichen Innovation, bzw. zur Verbreitung und Umsetzung von Innovationen (etwa im Bereich der Arbeitsorganisation in der Automobilindustrie [„Taylorismus“, „Fordismus“]), in D etwa unterstützt durch Selbstorganisationen der Wirtschaft (RKW) Quelle: Feinstein et al. (1997), S.12 FU Berlin, Sommer 2006

  15. Folgen des Ersten Weltkriegs (5) • Die Zwischenkriegszeit war also durch „pathologische Entwicklungen“ gekennzeichnet (Desintegration, Arbeitslosigkeit, Stagnation), aber • es gab gewaltiges ökonomisches Potential •  Vermutung, dass die Probleme bei den politischen Rahmenbedingen lagen FU Berlin, Sommer 2006

  16. Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit • Es gab große „exogene“ Schocks • Millionen Menschen starben durch Krieg und seine direkten Folgen (in R 1,7 Mio., in F 1,4 Mio., in D 1,8 Mio., in Ö-U 1,2 Mio. in GB 1 Mio.) • Der Krieg führte zu massiver Reallokation von Ressourcen (weg von der Produktion von Konsum- und Investitionsgütern hin zu Kriegsmaterial dessen Zweck die eigene Zerstörung ist, also notwendig unproduktiv), nach dem Krieg mußte diese Reallokation rückgängig gemacht werden FU Berlin, Sommer 2006

  17. Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit (2) • Neue Rigiditäten erschwerten die Anpassung an diese Schocks • neue politische Rolle der Arbeiterschaft (Gewerkschaften, Parteien) erschwerte Lohnanpassungen • Kartelle, staatlich gestützte Monopole, und riesige Konzerne die zum Teil im Krieg entstanden waren behinderten Preiswettbewerb [ Stackelberg entwickelt in dieser Zeit seine Theorien] • In Folge des Krieges und der „Pariser Vorortverträge“ [Versailles, St. Germain-en-Laye, Trianon, Sèvres, Neuilly] entstanden zahlreiche neue Barrieren für Handel, Kapital, Arbeit und Kommunikation: etwa 11000 km neue Zollgrenzen, neue Währungen, neue Gesetze und nationale Verwaltungen etc. http://www.ieg-maps.uni-mainz.de/maps5a.htm FU Berlin, Sommer 2006

  18. Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit (3) • Gestiegene Staatsverschuldung, gestiegene Staatsausgaben • Die Staatsausgaben explodierten in allen kriegsführenden Staaten seit 1914: Verteidigungsausgaben (als % von BIP) in D von 14% (1914) über 41% (1915) bis 53% (1917), in GB von 9% (1914) auf 38% (1917) • Die Finanzierung fand meist über Kreditaufnahme (Kriegsanleihen), zum Teil über die Notenpresse, selten über Steuererhöhungen statt (letzteres am ehesten in GB, am wenigsten im Deutschen Reich)  Geldmenge stieg schon während des Krieges überall • Zu einem wesentlichen Teil waren die Gläubiger nach 1918 im Ausland (Kriegskredite von GB an F, von USA an GB und F; dazu kam das Reparationsproblem [nächste VL]) • Schließlich mußte der Staat ganz neue Ausgaben finanzieren: Beseitigung direkter Kriegsfolgen, Arbeiterschaft fordert erhöhte Sozialleistungen des Staates ein FU Berlin, Sommer 2006

  19. Strukturprobleme der Zwischenkriegszeit (4) • Probleme des internationalen Währungs- und Kreditsystems • Nach Kriegsausbruch 1914 setzten fast alle europäischen Staaten die Konvertierbarkeit der Währungen in Gold aus  Goldstandard wurde „unterbrochen“ [Krieg als „contingency“] • Durch Ausweitung der Geldmenge (bei Vernichtung realwirtschaftlicher Werte) konnten nach 1918 die Währungen selten zum Vorkriegskurs in Gold konvertiert werden  Abwertungswelle • Zwischen verbündeten Staaten entstanden Zahlungssysteme und Kreditverflechtungen deren Verbindlichkeiten nach 1918 eingefordert wurden • dazu kamen enorme Reparationsforderungen (zum Teil mit dem Ziel die eigenen Auslandsschulden zu begleichen) • Der Goldstandard (GS) war weniger als vor 1914 zum internationalen Währungssystem geeignet, weil er kaum Spielraum für nationale Geldpolitik ließ, aber binnenwirtschaftliche Ziele immer wichtiger wurden  dennoch wurde versucht, den GS wiederherzustellen FU Berlin, Sommer 2006

  20. Hyperinflation (1) • Die unmittelbare Nachkriegszeit war von Inflationstendenzen geprägt, die sich allerdings nur in einigen Fällen zu Hyperinflation entwickelten • Die Tabelle zeigt die Entwicklung von Konsumentenpreisindices (1914 = 100) Quelle: Feinstein et al (1997), S. 39 FU Berlin, Sommer 2006

  21. Hyperinflation (2) • Unmittelbar nach dem Krieg kam es zu einem kurzen Wirtschaftsboom mit starkem Preisanstieg • Ab 1920 schwenkte die Weltwirtschaft in eine Rezession, der einige wenige Staaten entkamen, u.a. Deutschland • Während der Rezession sanken die Preise im allgemeinen, in Deutschland und Österreich (und Ungarn, Polen und Russland) dagegen entwickelte sich aus der Inflation eine Hyperinflation • In Deutschland etwa stiegen die Grosshandelspreise zwischen August 1922 und November 1923 um 335% pro Monat (Holtfrerich 1986, S. 17) • Wo lagen die Ursachen dieser Entwicklung? • Und welche Folgen hatte das? FU Berlin, Sommer 2006

  22. Hyperinflation (3) • Es gab eine heftige zeitgenössische Debatte zu den Ursachen der Hyperinflation, mit im wesentlichen zwei Theorien unterlegt • Zahlungsbilanztheorie • Quantitätstheorie Zu 1: Zahlungsbilanztheorie • es wurde argumentiert dass in D ein schon während des Krieges bestehendes Leistungsbilanzdefizit (konstanter Bedarf an Importen, wegbrechende Exportmärkte) durch die neuen Grenzziehungen usw. verschärft wurde • Dazu kamen Reparationsleistungen (Warenlieferungen ins Ausland ohne gegenläufige Geldleistungen) •  wachsender Bedarf an Fremdwährung  Steigender Wechselkurs (Reichsmark immer weniger wert gg. Dollar) •  hohe Preise der Importgüter führen zu Inflation aller Güter • Zusätzlich steigt das Haushaltsdefizit und der Anreiz die Notenpresse zu betätigen •  Hyperinflation FU Berlin, Sommer 2006

  23. Hyperinflation (4) • Zu 2: Quantitätstheorie • Dagegen argumentierten die Quantitätstheoretiker, dass die Ursache nicht im Ausland, sondern im Deutschen Reich selbst lag • Das Haushaltsdefizit des Staates nach dem Krieg (u.a. durch Reparationsforderungen verschärft) schuf Anreize zum Geld drucken • Die Zinsen waren historisch auf einem Tiefstand • (moderne Ergänzung: die Erwartungen über den zukünftigen Wert des Geldes trieben die Umlaufgeschwindigkeit in die Höhe) •  dadurch entstand Inflation, die v.a. über die ständige Erwartung weiterer Inflation in Hyperinflation umschlug FU Berlin, Sommer 2006

  24. Hyperinflation (5) • Beide Theorien helfen, die Hyperinflation gerade in Deutschland zu verstehen • Nach der Quantitätstheorie (I. Fischer) gilt: M V = P Y (mit M: Geldmenge, V: Umlaufgeschwindigkeit, P: Preisniveau, Y Reales Volkseinkommen) •  das Preisniveau muss steigen, wenn die Geldmenge und/ oder die Umlaufgeschwindigkeit steigen und/ oder das reale VEK sinkt • Im wesentlichen war ein Anstieg von M und V verantwortlich, ergänzt um negative Schocks bei Y (Holtfrerich 1986) • Warum ausgerechnet in D? •  Das deutsche Reich hatte eine problematische Finanzstruktur (als Erbe des Kaiserreichs): das Reich verfügte über wenige Steuereinnahmen, im Verhältnis zu starken Ländern; aber es konnte die Notenpresse betätigen • Aus dem selben Grund wurde auch schon ein Grossteil des Krieges über Anleihen und Inflation, nicht aber über Steuern finanziert  das Problem hatte die Weimarer Republik geerbt FU Berlin, Sommer 2006

  25. Hyperinflation (6) • Die Umlaufgeschwindigkeit stieg exponentiell mit steigendem Preisniveau, da die Leute stark verunsichert waren: man erwartetet nur noch schlimmeres (sieh dazu Haffner: „Geschichte eines Deutschen“ 2000) • Die bis 1923/ 24 ungeklärte Höhe der Reparationen befeuerte weitere Sorge vor Inflation •  was waren die Folgen? • Vielschichtig, hier nur • Umverteilung von Einkommen •  Gläubiger verlieren, Schuldner gewinnen • Alte These: die Hyperinflation hat am stärksten den deutschen Mittelstand getroffen; ist das so zu halten? FU Berlin, Sommer 2006

  26. Hyperinflation (7) • Die zwei niedrigsten Vermögensklassen verdoppelten ihren Anteil am Gesamtvermögen zwischen 1913 und Dez. 1923 • Die mittleren Klassen steigerten ihren Anteil ebenfalls • Die oberen Vermögensklassen (über 0,5 Mio. RM 1913) verloren dramatisch •  die Verlierer der Hyperinflation waren nicht Arbeiter oder Unternehmer, sondern va Besitzer von Großvermögen, die Gläubigerpositionen innehatten (Holtfrerich 1986, S. 275 ff.) FU Berlin, Sommer 2006

  27. Wiederherstellung des GS und Rückkehr zur Normalität (?) • Ab 1924 kam es zu einer Stabilisierung der Lage • Währungsreform, Dawes Plan zur Ableistung der Reparationen, Neuordnung des Internationalen Währungssystems •  wie hing das alles zusammen? Welche Rolle spielten die Reparationen? Wurden sie überhaupt geleistet? FU Berlin, Sommer 2006

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