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Gliederung:. 01. Einführung 02. Leitbilder 03. Tarifverhandlungen 04. Gesamtwirtschaftliche Verteilungstheorie 05. Institutionelle Unterschiede 06. Finanzpolitik 07. Geschichte der Sozialversicherung 08. Rentenversicherung 09. Krankenversicherung 10. Arbeitslosenversicherung

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Presentation Transcript


  1. Gliederung: 01. Einführung 02. Leitbilder 03. Tarifverhandlungen 04. Gesamtwirtschaftliche Verteilungstheorie 05. Institutionelle Unterschiede 06. Finanzpolitik 07. Geschichte der Sozialversicherung 08. Rentenversicherung 09. Krankenversicherung 10. Arbeitslosenversicherung 11. Vermögenspolitik 12. Bildungspolitik

  2. Kapitel VIII: Die soziale RentenversicherungTeil I

  3. Vorbemerkung: (1) Die folgenden Kapitel befassen sich etwas ausführlicher mit der Problematik der einzelnen Zweige der Sozialversicherung. Hierbei geht es nicht primär darum, die einzelnen Bestimmungen bis ins Detail zu verfolgen. Die Sozialgesetzgebung ist sehr kurzlebig, viele Sozialgesetze sind bereits nach einem Jahr Makulatur und deshalb auch von gerin-gerer Bedeutung. Die jeweils gültigen Bestimmungen können auch im Zeitalter des Internet ohne großen Suchaufwand aus einschlägigen Veröffentli-chungen aus dem Internet heruntergeladen werden. In einer Vorlesung geht es darum, die Grundprobleme der Sozial-versicherung aufzuzeigen.

  4. Vorbemerkung: (2) Es geht darum, die unterschiedlichen, zum Teil konkurrierenden Ziele darzustellen, weiterhin darzulegen, welche Möglichkeiten der Zielrealisierung grundsätzlich gegeben sind, inwieweit die einzelnen Instrumente im Hinblick auf die Ziele effizient sind und welche negativen Sekundärwirkungen auf andere wirtschafts-politische Ziele zu befürchten sind. Eine besondere Beachtung findet die Rentenreform von 1957, einmal deshalb, weil auch die heutige Ordnung trotz zahlreicher Verände-rungen auf diese Reform zurückgeht, zum andern aber auch deshalb, weil diese Reform wissenschaftlich sehr viel mehr durchdacht war als zahlreiche heutige Reformmaß-nahmen, die deshalb hier nicht alle ausführlich dargestellt werden sollen.

  5. Gliederung: 01. Zielsetzungen der Rentenreform von 1957 02. Die Rentenformel 03. Zielrealisierung 04. Flexible Altersgrenze 05. Ursachen der Finanzkrise in der GRV 06. Die Beseitigung der Finanzkrise 07. Systemänderungen

  6. Gliederung: 01. Zielsetzungen der Rentenreform von 1957 02. Die Rentenformel 03. Zielrealisierung 04. Flexible Altersgrenze 05. Ursachen der Finanzkrise in der GRV 06. Die Beseitigung der Finanzkrise 07. Systemänderungen

  7. Frage 1: Welche Zielsetzungen wurden mit der Renten-reform von 1957 verfolgt ? (1) • Erstens: Automatische Anpassung der Renten an Kaufkraft-verlust und Wachstum. Dies war der Vorschlag vor allem von Wilfrid Schreiber. • Vor 1957 wurden Altersrenten im Prinzip als Fixeinkom-men gewährt. • Generelle Preissteigerungen schlugen sich in Reduzie-rungen des Realeinkommens der Rentner nieder. • Darüber hinaus nahmen Rentner nicht am wirtschaft-lichen Wachstum teil. • Teilnahme am technischen Fortschritt ist an und für sich auf zweierlei Weise möglich: • dadurch, dass die Güterpreise sinken oder • dadurch, dass die Nominaleinkommen ansteigen.

  8. Frage 1: Welche Zielsetzungen wurden mit der Renten-reform von 1957 verfolgt ? (2) • Werden die Lohneinkommen generell am Produktivitäts-fortschritt ausgerichtet und dies ist die heutige Praxis, werden die Produktivitätssteigerungen nicht durch Preis-senkungen weitergegeben. • Dies bedeutet Ausschluss der Fixeinkommensempfänger von der Teilnahme am wirtschaftlichen Wachstum. • Hier sollte die Rentenreform von 1957 Abhilfe bringen: • Die Renten sollten automatisch mit den Güterpreisen (bzw. mit den Löhnen) ansteigen und gleichzeitig eine Teilnahme der Rentner am wirtschaftlichen Wachs-tum sicherstellen.

  9. Frage 1: Welche Zielsetzungen wurden mit der Renten-reform von 1957 verfolgt ? (3) • Zweitens: Verhinderung eines Wohlfahrtseinbruches bei Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. • Vor 1957 musste ein Arbeitnehmer bei Ausscheiden aus dem Erwerbsleben eine starke Reduzierung seines Ein-kommens hinnehmen, • so dass der bisher erreichte Wohlstand bei Eintritt ins Rentneralter nicht mehr aufrechterhalten werden konn-te. • Ziel der Rentenreform von 1957 war es, dem Rentner zu ermöglichen, das bisher erreichte Wohlfahrtsniveau in etwa zu erhalten.

  10. Frage 1: Welche Zielsetzungen wurden mit der Renten-reform von 1957 verfolgt ? (4) • Drittens: Äquivalenz von Leistung und Beiträgen • Vor 1957 ging bei Eintritt ins Rentneralter nicht nur das durchschnittliche Einkommen stark zurück; • mit diesem Rückgang war gleichzeitig eine starke Nivel-lierung der Einkommen der Rentner verbunden. • Die Unterschiede zwischen den einzelnen Renteneinkom-men waren bedeutend geringer als die Unterschiede in den Lohneinkommen. • Bei der Rentenreform von 1957 ging man davon aus, dass die Unterschiede in den Lohneinkommen weitgehend durch Leistungsunterschiede bedingt seien.

  11. Frage 1: Welche Zielsetzungen wurden mit der Renten-reform von 1957 verfolgt ? (5) • Man verfolgte das Ziel, dass diese durch Leistung er-kämpften Einkommensunterschiede auch im Rentenalter beibehalten werden. • Ein Arbeitnehmer, der durch eigene Leistung während seiner Erwerbszeit ein Einkommen erzielt habe, das dop-pelt so hoch sei als das Durchschnittseinkommen, solle auch in seinem Alter diese Stellung in der Einkommens-struktur innerhalb der Rentnergruppe beibehalten kön-nen.

  12. Frage 1: Welche Zielsetzungen wurden mit der Renten-reform von 1957 verfolgt ? (6) • Viertens: Finanzierung der Renten vorwiegend durch Bei-träge • Die Reform der Rentenversicherung sollte den Versiche-rungscharakter der Rentenversicherung stärker betonen. • Im Prinzip sollten die Renteneinkommen aus den Bei-trägen der jeweils Erwerbstätigen finanziert werden. • Allerdings wurde anerkannt, dass vor allem wegen Kriegsfolgelasten der Staat über Staatszuschüsse einen Teil der finanziellen Lasten der Rentenversicherung ü-bernehmen sollte.

  13. Frage 1: Welche Zielsetzungen wurden mit der Renten-reform von 1957 verfolgt ? (7) • Der Staatszuschuss betrug bei Einführung der Renten-reform circa 1/3 der Gesamtausgaben, wurde jedoch En-de der 70er Jahre stark eingeschränkt, stieg jedoch ab etwa 2000 wiederum auf etwa 1/3 der Gesamtausgaben. • Im Gegensatz zu einer Privatversicherung, in der der Tendenz nach die Beiträge so bemessen werden, dass die Renten aus dem während des Erwerbsleben des einzelnen angesammelten Kapitalstock finanziert werden können, sollte die Finanzierung in der gesetzlichen Rentenversi-cherung über einen Generationenvertrag gesichert wer-den.

  14. Frage 1: Welche Zielsetzungen wurden mit der Renten-reform von 1957 verfolgt ? (8) • Danach sollte die Gesamtheit der Erwerbstätigen jeweils die Finanzierung der Renten durch Beitragszahlungen übernehmen und • hierdurch ein Anrecht erwerben, im eigenen Alter von den Beiträgen der dann Erwerbstätigen finanziert zu werden. • Man spricht hierbei vom Umlageprinzip im Gegensatz zum bisher gültigen Kapitaldeckungsverfahren. • Fünftens: Konjunkturstabilisierung • Man ging von der Erkenntnis aus, dass die Konjunktur-lage u. a. auch entscheidend von der Konsumnachfrage der Rentner bestimmt werde und • dass deshalb von Veränderungen im Rentenniveau ent-scheidende Einflüsse auch auf die Konjunkturlage aus-gingen.

  15. Frage 1: Welche Zielsetzungen wurden mit der Renten-reform von 1957 verfolgt ? (9) • Im Sinne eines eingebauten Stabilisators wollte man die Renten so festsetzen, dass die Renten antizyklisch erhöht würden ( also vorwiegend in Zeiten der Rezession), sodass von der Rentenversicherung konjunkturstabilisierende Wirkungen ausgehen.

  16. Fazit: (1a) • Die Rentenreform von 1957 in der BRD verfolgte erstens das Ziel, die Renten an die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen. • Die Renten waren vor 1957 Fixeinkommen, die nur sehr unregel-mäßig an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst wurden. • Ein allgemeiner Anstieg in den Güterpreisen schlug sich in einer Reduzierung der realen Renten nieder, ein genereller Anstieg in den Erwerbseinkommen führte zu einer Verringerung im Anteil der Renten am Inlandsprodukt. • Mit der Rentenreform von 1957 sollten die Renten zum einen an die Inflationsentwicklung angepasst werden; • zum andern sollte den Rentnern eine angemessene Beteiligung am Wachstum garantiert werden.

  17. Fazit: (1b) • Vor 1957 führte das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben für Arbeitnehmer fast immer zu einem rapiden Wohlfahrtseinbruch. • Das zweite mit der Rentenreform von 1957 verbundene Ziel be-stand in der Einkommensstetigkeit, in der Gewähr dafür, dass bei der Verrentung kein nennenswerter Wohlfahrtseinbruch ein-tritt. • Vor 1957 führte das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben in der Regel zu einer starken Nivellierung. • Es war das dritte Ziel der Rentenreform von 1957, dass Arbeit-nehmer, die sich in ihrem Erwerbsleben in der Einkommenshier-archie heraufgearbeitet hatten, diesen Platz auch in der Renten-struktur beibehalten konnten. • Es sollte eine Äquivalenz zwischen Beitragsleistung und Renten-höhe erreicht werden.

  18. Fazit: (1c) • Es war viertens erklärtes Ziel der Rentenreform von 1957, das Problem der Altersvorsorge nach wie vor im Rahmen einer Versichertengemeinschaft zu lösen, in der die Finanzierung der Renten vorwiegend durch Mitgliedsbeiträge zu erfolgen habe. • Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip lehnte man somit den Weg einer staatlichen Altersversorgung, wie er lange Zeit in den skandinavischen Staaten beschritten wurde, ab. • Gleichzeitig setzte das neue Gesetzgebungswerk auf Solidarität: • Entsprechend dem Generationenvertrag sollten die Erwerbstäti-gen mit ihren Beiträgen die Finanzierung der heute anfallenden Renten übernehmen und damit • das Recht erhalten, in Zukunft als Rentner von den zukünftigen Erwerbstätigen finanziert zu werden.

  19. Fazit: (1d) • Fünftens schließlich sollte die Rentenversicherung so gestaltet werden, dass von ihr - entsprechend keynesianischen Vorstellun-gen - konjunkturstabilisierende Wirkungen ausgehen. • Für die Realisierung des Generationenvertrages war es notwen-dig, die Rentenversicherung von dem bisherigen Kapitalde-ckungsverfahren in ein Umlagesystem umzuwandeln. • Beim Kapitaldeckungsverfahren wird aus den Beiträgen jedes Versicherten ein Kapitalstock gebildet, der in Zukunft zur Finan-zierung der individuellen Renten dient. • Beim Umlagesystem hingegen dienen die heutigen Beitragsein-nahmen zur Finanzierung der heute anfallenden Renten.

  20. Gliederung: 01. Zielsetzungen der Rentenreform von 1957 02. Die Rentenformel 03. Zielrealisierung 04. Flexible Altersgrenze 05. Ursachen der Finanzkrise in der GRV 06. Die Beseitigung der Finanzkrise 07. Systemänderungen

  21. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957 ? (1) • Unterscheidung zwischen Zugangsrenten und Bestands-renten • Der Begriff der Zugangsrenten bezieht sich allein auf die Renten, die den Rentnern im ersten Jahr nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ausgezahlt werden. • Die Renten aller älteren Jahrgänge werden als Bestands-renten bezeichnet. • Lediglich für die Zugangsrenten wurde eine Formel zur automatischen Berechnung der Rentenhöhe eingeführt.

  22. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957 ? (2) • Für die Bestandsrenten behielt sich der Staat das Recht vor, Jahr für Jahr neu zu entscheiden, ob und ggf. in welchem Maße die Renten angehoben werden sollen. • De facto hatte jedoch der Staat mit wenigen Ausnahmen die Bestandsrenten in der Vergangenheit bis zur Finanz-krise Ende der 70er / Anfang der 80er Jahre im gleichen Ausmaß angehoben wie die Zugangsrenten. • Später wurden auch die Bestandsrenten automatisch an-gepasst, dann aber wurde die Anpassung aufgrund der Finanzkrise mehrere Jahre ausgesetzt.

  23. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957 ? (3) • ursprüngliche Rentenformel: r = p * B * t * s r: erstmalige individuelle Rentenhöhe p: persönliche Bemessungsgrundlage (heute: persönliche Entgeltpunkte) B: allgemeine Bemessungsgrundlage t: anrechnungsfähige Versicherungsjahre s: Steigerungssatz • Die einzelnen Bestimmungsgründe: r = p * B * t * s • p: Die persönliche Bemessungsgrundlage bestimmt, wel-che Position der Rentner während seines Erwerbslebens innerhalb der Einkommensstruktur innehatte.

  24. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957 ? (4) • Für jedes Jahr der zurückliegenden Erwerbszeit wird das Verhältnis zwischen individuellem und durchschnittli-chem Einkommen errechnet. • Die persönliche Bemessungsgrundlage bildet das arith-metische Mittel der Summe dieser Verhältniszahlen. p = [(Yp/Y)1 + (Yp/Y)2 ......... ]/J • Beispiel: Wenn ein Arbeitnehmer im Durchschnitt seines Erwerbslebens doppelt soviel verdient hat wie der Durch-schnitt der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, be-trägt seine persönliche Bemessungsgrundlage 2. • Da für die zurückliegenden Zeiten weder die individuel-len noch die durchschnittlichen Einkommen bekannt wa-ren, wurden für diese Zeit fiktive Werte festgelegt.

  25. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957? (5) • Die individuellen Einkommen wurden nach den tatsäch-lich eingezahlten Beiträgen errechnet; • für die Durchschnittseinkommen wurden für die Vergan-genheit per Gesetz Werte festgelegt. • Die einzelnen Bestimmungsgründe: r = p * B * t * s • B: allgemeine Bemessungsgrundlage (aktueller Renten-wert) • Die allgemeine Bemessungsgrundlage richtete sich nach dem durchschnittlichen Bruttoeinkommen der Versiche-rungspflichtigen (= Bruttoprinzip);

  26. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957? (6) • Hierbei wurde allerdings 1957 bei der Einführung der Rentenreform nicht von dem Einkommen des Jahres der Verrentung ausgegangen, sondern es wurde die all-gemeine Bemessungsgrundlage aus dem gleitenden Durchschnitt der drei Jahre gebildet, die dem Jahr der Verrentung vorausgingen. • Beispiel: Berechnung der Bemessungsgrundlage für 1968: 1968 1967 [1966 1965 1964] • Die allgemeine Bemessungsgrundlage für 1968 errechnete sich also aus dem durchschnittlichen Bruttoeinkommen der Versicherungspflichtigen der Jahre 1964, 1965 und 1966.

  27. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957? (7) • Die einzelnen Bestimmungsgründe: r = p * B * t * s • t: Anzahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre • Diese Zahl wurde errechnet aus der Zahl der tatsäch-lichen Jahre, in denen der betreffende Rentner einer ver-sicherungspflichtigen Tätigkeit nachging; • hinzugezählt wurden: • die Ersatzzeiten (Zeiten des Wehrdienstes etc.) und • die Ausfallszeiten (Zeiten, in denen der betr. Rentner wegen Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Kinderer-ziehung oder Pflege pflegebedürftiger Menschen kein reguläres Lohneinkommen bezog).

  28. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957? (8) • Für den Fall, dass der Rentner eine Invaliditätsrente bezieht, also wegen Berufs- oder sogar Erwerbsun-fähigkeit vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheidet, wurden zu den tatsächlichen Versicherungsjahren auch noch zusätzliche Zurechnungszeiten hinzuad-diert, um dem Rentner ein gewisses Mindesteinkom-men zu garantieren. • Die Zurechnungszeiten errechnen sich aus der Diffe-renz zwischen dem Jahr der Verrentung und dem 55. Lebensjahr.

  29. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957? (9) • Beispiel: Ein Arbeitnehmer müsse wegen Berufsunfähig-keit mit seinem 42. Lebensjahr aus dem Erwerbsleben ausscheiden. • Hier beträgt die Zurechnungszeit: 55 - 42 = 13 Jahre. • Die einzelnen Bestimmungsgründe: r = p * B * t * s • s: Steigerungssatz pro Versicherungsjahr (heute: Renten-artfaktor) • Der Steigerungssatz gibt an, wie viel Prozent des aktua-lisierten individuellen Einkommens (individuelle Bemes-sungsgrundlage multipliziert mit der allgemeinen Bemes-sungsgrundlage) pro Versicherungsjahr an Rente aus-gezahlt wird.

  30. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957? (10) • Beispiel: Ein Arbeitnehmer habe im Durchschnitt seiner Erwerbsjahre das doppelte des Pro-Kopf-Einkommens verdient; die allgemeine Bemessungsgrundlage liege bei 2000 €. (Natürlich bezogen sich 1957 diese Werte noch auf die DM.) • Das aktualisierte Einkommen betrage also für den be-trachteten Rentner: 4000 €. • Ein Steigerungssatz von 1% bedeutet, dass für jedes an-zurechnende Versicherungsjahr 1% von 4000 €, also 40 € angerechnet werden. • Wenn der Rentner z. B. 35 anzurechnende Versiche-rungsjahre (t) aufweist, beläuft sich seine Zugangsrente auf: 35 * 40 = 1400 €.

  31. Frage 2: Welches sind die Grundzüge der Rentenformel von 1957? (11) • Der Steigerungssatz für Alters-und Erwerbsunfähigkeits-renten beträgt 1,5%; der für Berufsunfähigkeitsrenten: 1% . • Im obigen Beispiel hätte also die Rente: 35 * (40*1,5) = 2100 € betragen.

  32. Fazit: (2a) • Die Rentenreform von 1957 unterscheidet zwischen Zugangs-renten, die im Jahr der Verrentung anfallen, und Bestandsrenten (aller in den weiteren Jahren anfallenden Renten). • Nur für die Zugangsrenten wurde 1957 eine Automatik geschaf-fen, nach der sich die Rente nach einer Formel errechnet. • Für die Bestandsrenten behielt sich der Staat das Recht vor, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Renten angehoben werden. • Erst in den 90er Jahren waren die Politiker auch zu einer auto-matischen Anpassung der Bestandsrenten bereit. • Allerdings wurden auch in der Vergangenheit die Bestandsren-ten mit wenigen Ausnahmen in gleichem Umfang angehoben wie die Zugangsrenten. • Die Zugangsrente berechnete sich ursprünglich aus dem Produkt: r = p * B * t * s.

  33. Fazit: (2b) • Der Faktor (p) stellt die persönliche Bemessungsgrundlage (den persönlichen Entgeltfaktor) dar. • Er misst das Verhältnis des persönlichen Einkommens zum durchschnittlichen Einkommen aller Versicherten in den einzel-nen Erwerbsjahren des betroffenen Rentners. • Erzielte ein Rentner z. B. im Durchschnitt der zurückliegenden Erwerbsjahre lediglich die Hälfte des Pro-Kopf-Einkommens aller Versicherten, so beträgt die persönliche Bemessungsgrund-lage 0,5 (50%). • Die allgemeine Bemessungsgrundlage (B) bezieht sich auf das heutige Pro-Kopf-Einkommen der Versicherten, wobei allerdings dieses Einkommen als gleitender Durchschnitt der drei Jahre ge-bildet wurde, die dem Jahr der Verrentung vorausgehen. • Geht es um die Berechnung der individuellen Rente für das Jahr 1968, so wird die allgemeine Bemessungsgrundlage aus den Pro-Kopf-Einkommen der Jahre 64-66 gebildet.

  34. Fazit: (2c) • Der Faktor (t) bezieht sich auf die anrechnungsfähigen Ver-sicherungszeiten. Ausgangspunkt bilden die tatsächlich durch-laufenen Versicherungsjahre; • hinzugerechnet werden die Ersatzzeiten für Wehrdienst, Er-satzdienst etc., sowie die Ausfallzeiten für vorübergehende Ar-beitsunfähigkeit bei Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit. • Bei einer Frühverrentung aufgrund von Erwerbs- oder Berufs-unfähigkeit werden noch Zurechnungszeiten hinzugezählt, wo-bei als Zurechnungszeit die Differenz zwischen dem tatsäch-lichen Renteneintritt und dem 55. Lebensjahr festgelegt wird. • Für einen Arbeitnehmer, der mit dem 42. Lebensjahr frühver-rentet wird, betragen somit die Zurechnungszeiten: 55 - 42 = 13 Jahre. • Der Steigerungssatz (s) (heute als Rentenartfaktor bezeichnet) gibt an, wie viel Prozent des aktualisierten Einkommens (p * B) der betr. Rentner pro Versicherungsjahr (t) erhält. Er beträgt bei Altersrenten 1,5%, bei Invaliditätsrenten 1%.

  35. Gliederung: 01. Zielsetzungen der Rentenreform von 1957 02. Die Rentenformel 03. Zielrealisierung 04. Flexible Altersgrenze 05. Ursachen der Finanzkrise in der GRV 06. Die Beseitigung der Finanzkrise 07. Systemänderungen

  36. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (1) • Wieweit wurde das Ziel realisiert, den Rentnern einen vollen Kaufkraftausgleich für Güterpreissteigerungen sowie eine gleichwertige Beteiligung am wirtschaftlichen Wachstum zu gewähren? • Es wurde bereits festgestellt, dass eine volle Automatik nur für die Zugangsrenten, nicht aber für die Bestands-renten beschlossen wurde.

  37. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (2) • Sofern unterstellt werden kann, dass die Bruttolohnein-kommen der Versicherungspflichtigen voll am Wachs-tum beteiligt werden und dass den Arbeitnehmern auch in den Lohnsteigerungen ein voller Kaufkraftausgleich gewährt wird, findet diese Anpassung im Prinzip auch bei den Renteneinkommen statt. • Volle Partizipation der Lohnempfänger am wirtschaft-lichen Wachstum und voller Kaufkraftausgleich bedeu-ten, dass die Lohnquote konstant bleibt.

  38. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (3) • Sind die Renten automatisch an die Veränderung der Bruttolohneinkommen gekoppelt, so wird im Prinzip auch die Quote der Renteneinkommen am Inlandspro-dukt konstant bleiben. • Allerdings erfolgte die Anpassung der Zugangsrenten nur verzögert, und zwar über die Veränderung in der allge-meinen Bemessungsgrundlage. • Die Verzögerung in der Rentenanpassung bedeutet je-doch zunächst nur, dass der Anteil der Renten am Inlandsprodukt in Zeiten der Rezession ansteigt und in Zeiten der Hochkonjunktur zurückgeht.

  39. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (4) • Könnten wir gleichmäßige Konjunkturschwankungen unterstellen, hätte die Verzögerung in der Bemessungs-grundlage keinen Einfluss auf die langfristige Einkom-mensverteilung. • Bei kontinuierlichem Anstieg der Inflationsrate ist jedoch ein langfristiges Absinken der Rentenquote zu erwarten. • Die partielle Verminderung der Rentenquote aufgrund der Zunahme in der Inflationsrate wird dann nicht mehr dadurch kompensiert, dass die Rentenquote partiell auf-grund der Anpassung in der Abschwungsphase in glei-chem Maße erhöht wird.

  40. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (5) • Ähnliche Überlegungen gelten mutatis mutandis für reale Wachstumsraten. • Je mehr die Wachstumsrate steigt, um so mehr verringert sich die langfristige Rentenquote am Inlandsprodukt. • Nur wird man hier natürlich realistischer Weise nicht davon ausgehen können, dass die realen Wachstumsraten permanent ansteigen. • In den letzten Jahrzehnten sind sowohl die Inflations-raten als auch die realen Wachstumsraten stark gesun-ken. • Dieser Trend trug sogar zu einer gewissen Erhöhung der Rentenquote bei.

  41. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (6) • Da in der Zwischenzeit die Verzögerung der Rentenan-passung stark eingeschränkt wurde (die heutigen Renten werden an das Bruttoeinkommen der Vorperiode ange-passt), wirkt sich der Verzögerungsfaktor kaum mehr auf das langfristige Niveau der Rentenquote aus. • Da die allgemeine Bemessungsgrundlage das Bruttolohn-einkommen der Arbeitnehmer darstellt, und da seit 1957 die Belastung der Lohneinkommen mit Steuern und Beiträgen stark angestiegen ist, bedeutet dies, dass auch der Anteil der Nettorenten am privat verfügbaren Ein-kommen zunächst etwas angestiegen ist.

  42. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (7) • Wieweit wird durch die Rentenformel das Ziel erreicht, den bisherigen Wohlfahrtseinbruch bei Austritt aus dem Er-werbsleben zu vermeiden? • Dieses Ziel verlangt nicht, dass die Rente dem bisherigen Bruttolohneinkommen entspricht. • Die Altersrente wurde zunächst kaum besteuert (lediglich nach dem Ertragswert), sodass die Bruttorente der Nettorente damals de facto gleich war.) • Vom Bruttolohneinkommen sind jedoch die Einkom-menssteuern und die Beiträge zur Sozialversicherung ab-zuziehen.

  43. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (8) • In der jüngsten Vergangenheit wurde allerdings auch für die Rentner ein Krankenversicherungsbeitrag eingeführt. • Im Zeitpunkt der Einführung der Rentenformel konnte man von einer Gesamtbelastung von etwa 25% (Steuern und Versicherungsbeiträge) im Durchschnitt ausgehen; • dies bedeutet, dass die Rente circa 75% des Brutto-einkommens betragen müsste, wenn beim Austritt aus dem Erwerbsleben das bisherige durchschnittliche Wohl-fahrtsniveau erhalten bleiben sollte. • Aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteil vom 6.3.2002 müssen auch die Renten besteuert werden, um eine Gleichbehandlung mit anderen Beamtenpensionen zu erreichen.

  44. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (9) • Das Ziel der Vermeidung eines Wohlfahrtseinbruchs bei der Verrentung wurde bei der Einführung der Renten-reform im Durchschnitt erreicht, wenn der Steigerungs-satz 1,5%, • die Anzahl der Versicherungsjahre 50 betragen würde. • Es gilt: • Ein Wohlfahrtseinbruch wird vermieden, wenn die Rente 75% des Bruttolohneinkommens beträgt: • r = 0,75 * L

  45. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (10) • Entsprechend der Rentenformel beträgt die Rente jedoch bei 50 Versicherungsjahren • r = L * 50 * s; • Setzten wir diese Werte in die allgemeine Renten-formel ein, so ergibt sich: • r = p * B * t * s • mit p = 1; B = L; t = 50; r = 0,75 * L • durch Herauskürzen ergibt sich:

  46. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (11) • Alternative Berechnung: • Berücksichtigt man, dass Rentner im allgemeinen auch weniger für langfristige Anschaffungen ausge-ben müssen und • dass deshalb das gleiche Wohlfahrtsniveau auch bei einer geringeren Sparrate erreicht werden kann, könnte man auch bereits dann von einem gleichen Wohlfahrtsniveau sprechen, wenn die Rentner bei Austritt aus dem Erwerbsleben 60 % ihres bisherigen Bruttolohneinkommens erhalten.

  47. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (12) • Wir wollen weiterhin realistischerweise unterstellen, dass die durchschnittliche Versicherungszeit nicht 50, sondern eher 40 beträgt. • In diesem Falle gilt für die Berechnung des notwen-digen Steigerungssatzes: • r = 0,60 * L = L * 40 * s • s = (60/40) % = 1,5 %. • Im konkreten Einzelfall können sich jedoch größere Abweichungen von der Zugangsrente und dem zuletzt bezogenen Nettolohneinkommen ergeben.

  48. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (13) • Die persönliche Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Zugangsrente hängt nämlich nicht nur vom zuletzt bezogenen Lohneinkommen ab, • sondern auch davon, in welchem Verhältnis das eigene Lohneinkommen in allen zurückliegenden Erwerbsjah-ren vom Pro-Kopf-Lohneinkommen der Erwerbstätigen stand. • Je mehr der einzelne Arbeitnehmer mit zunehmendem Alter in der Lohnhierarchie anstieg, um so größer ist das Einkommensgefälle beim Austritt aus dem Erwerbsleben.

  49. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (14) • Generell kann man davon ausgehen, dass Angestellte mit dem Dienstalter in der Einkommenshierarchie ansteigen, • dies bedeutet, dass eine Rente, die vom durchschnitt-lichen Einkommen über alle Erwerbsjahre hinweg ab-hängt, für Angestellte eher einen Wohlfahrtseinbruch bringt als für die Arbeiter, deren Einkommen relativ ge-sehen in den älteren Erwerbsjahren eher zurückgeht. • Im Gegensatz zur Berechnung der Beamtenpensionen wird nämlich die Höhe der Zugangsrente nicht am Ein-kommen des letzten Erwerbsjahres, • sondern am Durchschnitt aller Erwerbsjahre des Betrof-fenen berechnet.

  50. Frage 3: Wieweit wurden die Ziele der Rentenreform erreicht? (15) • Darüber hinaus können sich Einkommens-Einbrüche bei der Verrentung daraus ergeben, dass die steuerliche Be-lastung wegen der progressiven Einkommenssteuer un-terschiedlich hoch ist. • Die Steuer- und Abgabenbelastung betrug 1957 im Durchschnitt circa 25%. • Je höher das bisherige Lohneinkommen war, um so hö-her war die Steuerbelastung und um so geringer war das Gefälle des zuletzt bezogenen Lohneinkommens zur indi-viduellen Zugangsrente.

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