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Aktuelles Urlaubsrecht

Aktuelles Urlaubsrecht. Reinbek – 31. März 2010. Eingangsfall 1:

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  1. Aktuelles Urlaubsrecht Reinbek – 31. März 2010

  2. Eingangsfall 1: Arbeitnehmer A hat bei Firma F gekündigt. Den ihm zustehenden Jahresurlaub hat er dort aufgebraucht. Er wechselt zum 01.10. zur Firma X und erhält dort für das laufende Jahr noch weitere 6 Urlaubstage gewährt und nimmt diese. Als X später hiervon erfährt, will er A wegen des zu viel gewährten Urlaubs das Gehalt kürzen. Wäre dies zulässig?

  3. Eingangsfall 2: Arbeitnehmer A stellt einen Urlaubsantrag in derjenigen Zeit, für die sein Arbeitgeber B Urlaubsgewährung üblicherweise ablehnt. Vorarbeiter V prognostiziert, A werde keinen Urlaub erhalten. Auf einer Urlaubswunschliste hat B den zuvor eingetragenen Wunsch des A mit einem Minuszeichen versehen. A hört nichts mehr von der Sache und geht in Urlaub. Muss A eine Kündigung befürchten?

  4. Eingangsfall 3: Der schwerbehinderte Arbeitnehmer A erkrankt ab dem Jahr 2007 durchgehend. Das Arbeitsverhältnis besteht zunächst fort. Sein Arbeitsvertrag sieht 24 Tage gesetzlichen Mindesturlaub bei einer 6-Tage-Woche sowie den zusätzlichen Schwerbehinderten-urlaub von 5 Tagen vor. In 2010 will Arbeitgeber B wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit kündigen. Was geschieht mit dem Urlaubsanspruch des A?

  5. I. Urlaubsanspruch und Dauer des Urlaubs Teilurlaub Doppelansprüche Antragsverfahren und Gewährungspraxis Übertragung ins Folgejahr – Verfall Urlaubsabgeltung – insbesondere bei Krankheit Mitbestimmungsfragen

  6. I. Urlaubsanspruch und Dauer des Urlaubs

  7. (Erholungs-)Urlaub: • Freistellung gegen Entgeltfortzahlung zum Zwecke der Erholung • Rechtsgrundlagen: BUrlG, § 19 JArbSchG, § 125 SGB IX • abzugrenzen von Sonderurlaub und sonstigen Freistellungen (mit und ohne EfZ)

  8. Erholungsurlaub nach BUrlG: • anspruchsberechtigt Arbeitnehmer, (erwachsene) Auszubildende, arbeitnehmerähnliche Personen • auch Minijobber, keine Pauschalabgeltung! • 6 Monate Wartezeit bis Vollanspruch • kein grundsätzlicher Urlaubsausschluss in der Probezeit • gesetzlicher Mindesturlaub: 24 Werktage

  9. Dauer des Urlaubs nach BUrlG: • gesetzlicher Mindesturlaub: 24 Werktage • ggf. Umrechnung auf regelmäßige Arbeitstage • Umrechnung auch bei Teilzeitarbeit • arbeitsvertraglicher Zusatzurlaub frei möglich (unterfällt nicht Mindestschutz nach BUrlG) • ggf. tarifvertraglicher Mehranspruch

  10. Dauer des Urlaubs nach JArbSchG: • Staffelung nach Alter: • mindestens 30 Werktage unter 16 Jahre • mindestens 27 Werktage unter 17 Jahre • mindestens 25 Werktage unter 18 Jahre • ab Folgejahr Volljährigkeit  BUrlG

  11. Zusätzlicher Erholungsurlaub Schwerbehinderter: • Schwerbehindertenbegriff • § 125 SGB IX: + 5 Arbeitstage • ggf. Umrechnung auf regelmäßige Arbeitstage • Teilanspruch bei nicht vollständiger Schwerbehinderung über das Jahr • bei späterer Anzeige oder rückwirkender Feststellung gilt Verfall nach BUrlG

  12. ggf. Zusatzurlaub Schwerbehinderte ggf. tariflicher Mehranspruch ggf. arbeitsvertraglicher Mehranspruch Abgeltungs-reihenfolge? Gesetzlicher Mindesturlaub (BUrlG)

  13. Wichtige Grundsätze: • zu viel gewährter Urlaub kann nicht „zurückgefordert“ werden (Ausnahme: Täuschung durch Arbeitnehmer) • kein Anspruch auf Vorgriff auf Folgejahr • keine Verrechnung auf AU-Zeiten oder mit AZ-Konto • anteilige Kürzung bei Elternzeit und Wehrdienst • gewährter Urlaub steht fest

  14. II. Teilurlaub

  15.  Vollanspruch nach 6 Monaten Wartezeit •  Teilanspruch (§ 5 BUrlG), wenn • wegen Nichterfüllung Wartezeit kein Vollanspruch • Ausscheiden vor Erfüllung Wartezeit (=Probezeitkündigung) • nach Wartezeit Ausscheiden in erster Jahreshälfte • Aufrundung auf vollen Tag ab halbem Tag

  16. III. Doppelansprüche

  17. Problematik Doppelansprüche bei Arbeitgeberwechsel • Grundsatz: • kein Anspruch bei Neu-Arbeitgeber sofern vonAlt-Arbeitgeber • gewährt (§ 6 Abs. 1 BUrlG) oder • abgegolten (h.M.)

  18. Ausschluss nur für nachfolgendes Arbeitsverhältnis • keine Kürzungsmöglichkeit für Alt-Arbeitgeber • kein Wahlrecht für Arbeitnehmer • Bescheinigungspflicht über gewährten oder abgegoltenen Urlaub (§ 6 Abs. 2 BUrlG) für Alt-Arbeitgeber • Zurückbehaltung Neu-Arbeitgeber bei fehlender Vorlage der Bescheinigung

  19. Eingangsfall 1: Arbeitnehmer A hat bei Firma F gekündigt. Den ihm zustehenden Jahresurlaub hat er dort aufgebraucht. Er wechselt zum 01.10. zur Firma X und erhält dort für das laufende Jahr noch weitere 6 Urlaubstage gewährt und nimmt diese. Als X später hiervon erfährt, will er A wegen des zu viel gewährten Urlaubs das Gehalt kürzen. Wäre dies zulässig?

  20. IV. Antragsverfahren und Gewährungspraxis

  21. Antragsverfahren: • keine Selbstbeurlaubung • Gewährung im Rahmen § 315 BGB, § 106 GewO • Berücksichtigung von Wünschen des Arbeitnehmers (§ 7 Abs. 1 BUrlG) • Zuweisung ohne Arbeitnehmerantrag möglich • Grundsatz zusammenhängender Gewährung

  22. Ablehnung: • muss klar durch Berechtigten erklärt werden, vorzugsweise schriftlich (Zugang!) • Beurteilung im Rahmen § 315 BGB, § 106 GewO • ggf. einstweiliger Rechtsschutz

  23. Widerruf bereits gewährten Urlaubs: • grundsätzlich nicht möglich • nur bei betrieblichen Notfallsituationen denkbar • bewirkt Schadens- bzw. Aufwendungsersatzpflicht des Arbeitgebers

  24. Selbstbeurlaubung: • Urlaubsantritt ohne Gewährung • kann verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen • Einwendung des Arbeitnehmers in der Praxis häufig: „unklare Genehmigungslage“

  25. Eingangsfall 2: Arbeitnehmer A stellt einen Urlaubsantrag in derjenigen Zeit, für die sein Arbeitgeber B Urlaubsgewährung üblicherweise ablehnt. Vorarbeiter V prognostiziert, A werde keinen Urlaub erhalten. Auf einer Urlaubswunschliste hat B den zuvor eingetragenen Wunsch des A mit einem Minuszeichen versehen. A hört nichts mehr von der Sache und geht in Urlaub. Muss A eine Kündigung befürchten?

  26. Zuweisung durch Arbeitgeber: • muss auch im Rahmen billigen Ermessens erfolgen • steht in Konflikt mit beantragtem Urlaub zu anderer Zeit • kollektivrechtliche regelbar (z.B. Werksferien)

  27. Sonderproblem: Nebentätigkeit im Urlaub • nicht grundsätzlich unzulässig (§ 8 BUrlG) • darf Erholungszweck nicht widersprechen • Wettbewerb grundsätzlich unzulässig (aber: BAG Urt. v. 24.03.2010 – 10 AZR 66/09)

  28. Sonderproblem: Erreichbarkeit im Urlaub • kann von Arbeitgeber grundsätzlich nicht gefordert werden • nur in betrieblichen Notsituationen denkbar • erhebliche Praxisschwierigkeiten

  29. V. Übertragung ins Folgejahr – Verfall

  30. Grundsatz: Verfall am Jahresende • Ausnahme: Übertragung ins Folgejahr (§ 7 Abs. 3 BUrlG) • dringende betriebliche Gründe • personenbedingte Gründe • Verfall dann spätestens zum 31.03. Folgejahr • abweichende Vereinbarung möglich • häufiger Einwand: Betriebliche Übung

  31. Dringende betriebliche Gründe: • z.B. Produktionsspitzen, saisonale Sondersituationen, betriebliche Notstände • nicht, falls Verbleib nur wünschenswert oder aufgrund von Rücksichtnahme • Übertragung setzt keinen abgelehnten Urlaubsantrag voraus

  32. Personenbedingte Gründe: • Hauptfall: Krankheit • Verfall teilweise ausgeschlossen bei Dauererkrankung i.V.m. Ausscheiden

  33. VI. Urlaubsabgeltung – insbesondere bei Krankheit

  34. Abgeltung von Urlaubsansprüchen: • nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses • betrifft nicht gewährten (Gesamt-)Urlaub • Abrechnung nach Brutto-Tageswert • Verrechnung gegen Freistellung bis zur Beendigung möglich muss aber ausdrücklich erklärt werden!

  35. Urlaubsabgeltung bei Krankheit: bisherige Rechtsprechung des BAG: Erkrankung bis Ende des Arbeitsverhältnisses  keine Urlaubsabgeltung wegen fehlender Möglichkeit der Urlaubsnahme aufgrund Erkrankung

  36. EuGH: Erkrankung bis Ende des Arbeitsverhältnisses  gesetzlicher Mindesturlaub muss stets abgegolten werden („Schultz-Hoff“ EuGH 20.01.2009 – C-350/06)

  37. BAG neu: Erkrankung bis Ende des Arbeitsverhältnisses  gesetzlicher Mindesturlaub muss stets abgegolten werden (BAG Urt. v. 24.03.2009 – 9 AZR 983/07) zusätzlicher Schwerbehindertenurlaub auch (BAG Urt. v. 23.03.2010 – 9 AZR 128/09)  tariflicher Zusatzurlaub kann auch anders geregelt werden (BAG Urt. v. 23.03.2010 – 9 AZR 128/09)

  38. ggf. Zusatzurlaub Schwerbehinderte Abgeltung ggf. tariflicher Mehranspruch Abgeltungsaus-schluss möglich ggf. arbeitsvertraglicher Mehranspruch noch unklar Gesetzlicher Mindesturlaub (BUrlG) Abgeltung

  39. Eingangsfall 3: Der schwerbehinderte Arbeitnehmer A erkrankt ab dem Jahr 2007 durchgehend. Das Arbeitsverhältnis besteht zunächst fort. Sein Arbeitsvertrag sieht 24 Tage gesetzlichen Mindesturlaub bei einer 6-Tage-Woche sowie den zusätzlichen Schwerbehinderten-urlaub von 5 Tagen vor. In 2010 will Arbeitgeber B wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit kündigen. Was geschieht mit dem Urlaubsanspruch des A?

  40. Konsequenzen aus „Schultz-Hoff“: • Anpassung arbeitsvertraglicher Regelungen • Kündigung von Dauerkranken?

  41. VII. Mitbestimmungsfragen

  42. § 87 Abs. 1 Ziff. 5 BetrVG: • Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze • Aufstellung des Urlaubsplans • Festlegung des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen Arbeitgeber und beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis

  43. Praxistipps • Differenzierung der Urlaubsarten nach Rechtsquellen im Arbeitsvertrag • arbeitsvertragliche Regelung zur Rangfolge der Urlaubsgewährung • klare Regelungen der Gewährungspraxis (ggf. unter Mitbestimmung des Betriebsrats) • Zurückhaltung im Zusammenhang mit gesehener Selbstbeurlaubung

  44. Olaf Möllenkamp Richter am Arbeitsgericht Arbeitsgericht Lübeck Neustraße 2a 23568 Lübeck Tel. (0451) 389 78 45 Fax (0451) 389 78 50 olaf.moellenkamp@arbgsh.landsh.de www.olaf-moellenkamp.de

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