1 / 36

Strafrecht BT Straftaten gegen die Freiheit (2. Teil) Vorlesung vom 23. November 2009

Strafrecht BT Straftaten gegen die Freiheit (2. Teil) Vorlesung vom 23. November 2009. HS 2009 Ass.-Prof. Dr. Jonas Weber Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern. Evaluation der Lehrveranstaltung. Liebe Studierende

wyndham
Download Presentation

Strafrecht BT Straftaten gegen die Freiheit (2. Teil) Vorlesung vom 23. November 2009

An Image/Link below is provided (as is) to download presentation Download Policy: Content on the Website is provided to you AS IS for your information and personal use and may not be sold / licensed / shared on other websites without getting consent from its author. Content is provided to you AS IS for your information and personal use only. Download presentation by click this link. While downloading, if for some reason you are not able to download a presentation, the publisher may have deleted the file from their server. During download, if you can't get a presentation, the file might be deleted by the publisher.

E N D

Presentation Transcript


  1. Strafrecht BT Straftaten gegen die Freiheit(2. Teil)Vorlesung vom 23. November 2009 HS 2009 Ass.-Prof. Dr. Jonas Weber Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern

  2. Evaluation der Lehrveranstaltung Liebe Studierende Bitte nehmen Sie an der Evaluation der Vorlesung teil und füllen Sie in der Pause einen Evaluationsbogen aus. Danke! Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 2

  3. Straftaten gegen die Freiheit (4. Titel) – Übersicht Vierter Titel: Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit Art. 180: Drohung Art. 181: Nötigung Art. 182: Menschenhandel Art. 183: Freiheitsberaubung und Entführung Art. 184: Erschwerende Umstände Art. 185: Geiselnahme Art. 186: Hausfriedensbruch • Straftaten gegen die Freiheit gemäss Art. 180 bis 186: Freiheitsdelikte im engeren Sinn • Rechtsgut: Freiheit der Willensbildung und der Willensbetätigung sowie Fortbewegungsfreiheit • = Freiheit des einzelnen Menschen, das zu tun oder zu lassen, wozu er sich selbst entschliesst Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 3

  4. Freiheitsberaubung und Entführung (Art. 183) – Allgemeines Art. 183: Freiheitsberaubung und Entführung 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht, (Freiheitsberaubung) wer jemanden durch Gewalt, List oder Drohung entführt, (Entführung) wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist. (Spezialfall der Entführung) • Zwei Tatbestände in einem Artikel: Freiheitsberaubung in Ziff. 1 Abs. 1 und Entführung in Ziff. 1 Abs. 2 sowie Ziff. 2 • Rechtsgut: körperliche Fortbewegungsfreiheit • Spezialfall der Nötigung • Dauerdelikt: vollendet mit Entzug der Freiheit; beendet mit Wiederer-langung der Freiheit Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 4

  5. Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1) – Tat- bzw. Angriffsobjekt Art. 183: Freiheitsberaubung und Entführung 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht, (…) • Tat- bzw. Angriffsobjekt: jeder Mensch, der den Willen zur Fortbewe-gung haben kann • Voraussetzung: Fähigkeit, sich bezüglich des Aufenthaltsortes einen Willen zu bilden; nicht gegeben etwa bei Säuglingen, Bewusstlosigkeit, Trunken-heit, Drogenrausch Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 5

  6. Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1) – Tathandlung Art. 183: Freiheitsberaubung und Entführung 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht, (…) • Festnahme: jede Aufhebung der Freiheit, den gegenwärtigen Aufent-haltsort zu verlassen • Gefangenhalten: Fortsetzung einer Freiheitsentziehung, wenn die ursprüngliche Festnahme rechtmässig (z.b. aus strafprozessualen Gründen) oder nicht einmal tatbestandsmässig (z.B. fehlender Vorsatz; versehentliches Einschliessen) war • "in anderer Weise die Freiheit entziehen" (Generalklausel) Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 6

  7. Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1) – Erfolg Art. 183: Freiheitsberaubung und Entführung 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht, (…) • Erfolg: Freiheitsentzug • Befreiung muss dem Opfer nicht absolut unmöglich sein; es reicht aus, dass Befreiung unverhältnismässig gefährlich oder schwierig ist • Dauer: "gewisse zeitliche Erheblichkeit"; "mind. 10 Minuten" (BGE 89 IV 87) Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 7

  8. Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1) – Unrechtmässigkeit Art. 183: Freiheitsberaubung und Entführung 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht, (…) • Unrechtmässigkeit bei Art. 183 ein Tatbestandsmerkmal • Rechtmässigkeit der Freiheitsentziehung insbesondere aus strafprozessualen Gründen oder wegen privatrechtlicher Selbsthilfe • gegenbenenfalls rechtmässiger Freiheitsentzug durch staatliche Organe: Polizeigewahrsam, Untersuchungshaft; Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer strafrechtliche Massnahme; fürsorgerischer Freiheitsentzug gemäss Art. 397a ZGB • Bsp. für Freiheitsentzug durch Private Art. 170 StPO BE: Anhaltung durch Privatpersonen 1  Jedermann ist berechtigt, eine bei der Begehung eines Verbrechens oder Vergehens ertappte oder unmittelbar danach geflüchtete Person anzuhalten. 2  Die angehaltene Person ist unverzüglich der Kantonspolizei zu übergeben. Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 8

  9. Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1) – Subjektiver Tatbestand • Vorsatz • Wissen und Willen bezogen auf Freiheitsentziehung und auf Unrechtmässigkeit • Irrtum hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen einer gesetzlich zulässigen Verhaftung: Sachverhaltsirrtum gemäss Art. 13 • fahrlässige Freiheitsberaubung (versehentliches Einsperren) ist nicht strafbar, begründet jedoch in der Regel Garantenpflicht aus Ingerenz (und u.U. aus Vertrag), die dann u.U. zu einer Strafbarkeit wegen Gefangenhaltens durch (unechtes) Unterlassen führt Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 9

  10. Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1) – Konkurrenzen • Verhältnis zur Nötigung gemäss Art. 181 • Art. 183 Ziff. Abs. 1 geht vor, wenn sich das Verhalten des Täters auf die Entziehung der körperlichen Bewegungsfreiheit beschränkt • echte Konkurrenz, wenn Freiheitsberaubung dazu dient, ein weitergehendes Verhalten zu erzwingen als bloss die Duldung des Freiheitsentzugs (zusätzliches Nötigungsziel) • Verhältnis zur Körperverletzung gemäss Art. 122/123, zum Raub gemäss Art. 140 und zur Vergewaltigung gemäss Art. 190: unechte Konkurrenz, wenn Freiheitsberaubung blosse Begleiterscheinung; echte Konkurrenz, wenn Freiheitsberaubung darüber hinaus geht Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 10

  11. Entführung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2) – Objektiver Tatbestand: Tathandlung Art. 183: Freiheitsberaubung und Entführung 1. (…) wer jemanden durch Gewalt, List oder Drohung entführt, (…) • Entführung: Verbringen einer Person an einen anderen Ort, wo die Person in der Gewalt des Täters oder eines Dritten steht • Ortsveränderung für eine gewisse Dauer • Opfer ist in seiner persönlichen Freiheit soweit beschränkt, dass es nicht die Möglichkeit hat, unabhängig vom Opfer an seinen gewohnten Aufenthaltsort zurückzukehren Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 11

  12. Entführung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2) – Objektiver Tatbestand: Tatmittel Art. 183: Freiheitsberaubung und Entführung 1. (…) wer jemanden durch Gewalt, List oder Drohung entführt, (…) • numerus clausus der Tatmittel (Unterschied zur Freiheitsberaubung) • Gewalt • unmittelbare Einwirkung auf den Körper eines Menschen • beugende Gewalt (vis compulsiva) ausreichend • relative Kriterien (abhängig von der Person des Opfers) zu berücksichtigen • Drohung • psychische Einflussnahme auf das Opfer • ausdrücklich oder implizit • muss einen Nachteil betreffen, auf dessen Eintritt der Täter ein Einfluss zu haben vorgibt • List: Täuschung über Ziel und/oder Zweck der Ortsveränderung Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 12

  13. Entführung (Art. 183 Ziff. 2) – Obj. Tatbestand: besondere Schutzbedürftigkeit des Opfers Art. 183: Freiheitsberaubung und Entführung 2. Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist. • bei besonderer Schutzbedürftigkeit entfällt die Einschränkung auf die in Ziff. 1 Abs. 2 genannten Tatmittel (Gewalt, Drohung, List) • besondere Schutzbedürftigkeit wird (abschliessend) in drei Fällen angenommen • Urteilsunfähigkeit: bezogen auf das durch Art. 183 geschützte Rechtsgut der Fortbewegungsfreiheit • psychische Widerstandsunfähigkeit • Alter unter 16 Jahren: Urteils- und Widerstandsunfähigkeit wird vom Gesetz zwingend vermutet Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 13

  14. Entführung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2) – Subjektiver Tatbestand • Vorsatz Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 14

  15. Freiheitsberaubung und Entführung – Qualifika-tion: Erschwerende Umstände (Art. 184) Art. 184: Erschwerende Umstände Freiheitsberaubung und Entführung werden mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn der Täter ein Lösegeld zu erlangen sucht, wenn er das Opfer grausam behandelt, wenn der Entzug der Freiheit mehr als zehn Tage dauert oder wenn die Gesundheit des Opfers erheblich gefährdet wird. • Qualifikation bezieht sich auf Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1) und Entführung (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2) • Rechtsfolge: Erhöhung der Strafrahmenuntergrenze von 1 Tag auf 1 Jahr Freiheitsstrafe Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 15

  16. Freiheitsberaubung/Entführung – Erschwerende Umstände (Art. 184): Lösegeld Art. 184: Erschwerende Umstände (…) wenn der Täter ein Lösegeld zu erlangen sucht, (…) • Lösegeld: Wertträger • "zu erlangen sucht": Täter muss konkrete Forderung erhoben haben; ein entsprechender Erfolg ist jedoch nicht notwendig • Forderung kann zu beliebigem Zeitpunkt während der Dauer der Freiheitsberaubung bzw. Entführung gestellt werden • Adressat der Lösegeldforderung: • Opfer der Freiheitsberaubung oder der Entführung selbst • Angehörige des Opfers (Familie, Freunde) (umstritten, ob dann nicht bereits Geiselnahme) • nicht erfasst bei Art. 184: beliebige Dritte (dann Geiselnahme) • Konkurrenz: Lösegeld-Qualifikation der Freiheitsberaubung/ Entfüh rung geht der Erpressung gemäss Art. 156 als lex specialis vor Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 16

  17. Freiheitsberaubung/Entführung – Erschwerende Umstände (Art. 184): Grausame Behandlung Art. 184: Erschwerende Umstände (…) wenn er das Opfer grausam behandelt, (…) • grausame Behandlung des Opfers: Zufügung besonderer Leiden körperlicher oder seelischer Art, die über das Mass an Entbehrungen hinausgehen, das schon zur Verwirklichung des Grundtatbestands gehört • z.B.: Scheinexekution, extreme Hitze oder Kälte, Nahrungsentzug… • Konkurrenzen • einfache Körperverletzung und Tätlichkeiten werden durch die Qualifikation konsumiert • schwere Körperverletzung: echte Konkurrenz Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 17

  18. Freiheitsberaubung/Entführung – Erschwerende Umstände (Art. 184): Dauer von mehr als 10 Tagen Art. 184: Erschwerende Umstände (…) mehr als zehn Tage dauert(…) • Dauer von mehr als zehn Tagen • Strafschärfung soll den Druck auf den Täter erhöhen, sein Unterfangen bald abzubrechen • Argument bei Verhandlung mit dem Täter um die Freilassung des Opfers Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 18

  19. Freiheitsberaubung/Entführung – Erschw. Um-stände (Art. 184): erhebl. Gesundheitsgefährdung Art. 184: Erschwerende Umstände (…) wenn die Gesundheit des Opfers erheblich gefährdet wird. • Erhebliche Gesundheitsgefährdung • muss Gefährdung überschreiten, die mit Freiheitsberaubung bzw. Entführung per se verbunden • geht weniger weit als Lebensgefährdung • z.B.: Unterbringung in ungesunden Räumen, unzulängliche Ernährung, Unterlassen von notwendiger medizinischer Versorgung • echte Konkurrenz zur Gefährdung des Lebens gemäss Art. 129 Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 19

  20. Geiselnahme (Art. 185) – Allgemeines Art. 185: Geiselnahme 1. Wer jemanden der Freiheit beraubt, entführt oder sich seiner sonst wie bemächtigt, um einen Dritten zu einer Handlung, Unterlassung oder Duldung zu nötigen, wer die von einem anderen auf diese Weise geschaffene Lage ausnützt, um einen Dritten zu nötigen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. • Kombination des Angriffs auf die Fortbewegungsfreiheit der Geisel mit der Absicht, einen Dritten dadurch zu nötigen • zwei Tatbestände • eigentliche Geiselnahmen: Ziff. 1 Abs. 1 • sukzessive Mittäterschaft und Trittbrettfahrer: Ziff. 1 Abs. 2 Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 20

  21. Eigentliche Geiselnahme (Art. 185 Ziff. 1 Abs. 1) – Objektiver Tatbestand: Tathandlung Art. 185: Geiselnahme 1. Wer jemanden der Freiheit beraubt, entführt oder sich seiner sonst wie bemächtigt, um einen Dritten zu einer Handlung, Unterlassung oder Duldung zu nötigen, (…) • bemächtigen • Freiheitsberaubung (gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1) • Entführung (gemäss Art. 183 Ziff. Abs. 2) • sonstwie • sehr kurzfristige Geiselnahme; "menschliches Schutzschild" • Ersatzgeisel, die sich "freiwillig" in die Gewalt des Geiselneh-mers begibt • Geisel, die wegen Unfähigkeit zur Willensbildung hinsichtlich ihres Aufenthaltsortes nicht Opfer einer Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 sein kann (z.B. Säuglinge und Kleininder) Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 21

  22. Geiselnahme (Art. 185) – sukzessive Mittäter-schaft u. Trittbrettfahrer (Ziff. 1 Abs. 2): obj. TB Art. 185: Geiselnahme 1. (…) wer die von einem anderen auf diese Weise geschaffene Lageausnützt, um einen Dritten zu nötigen, (…) • Ausnützung einer durch einen Geiselnehmer geschaffenen Situation zur Nötigung eines Dritten • zwei Konstellationen • Sukzessive Mittäterschaft: entgegen den allgemeinen Regeln wird der erst nach der "Bemächtigung" (eigentliche Geiselnahme) hinzutretende Mittäter für das vor seinem Tatbeitritt verwirklichte Unrecht bestraft • Trittbrettfahrer: hat mit der Geiselnahme bzw. der Bemächtigung tatsächlich gar nichts zu tun; versucht jedoch die Geiselnahme für seine eigenen Zwecke auszunutzen Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 22

  23. Geiselnahme (Art. 185) – subjektiver Tatbestand: Vorsatz und Nötigungsabsicht Art. 185: Geiselnahme 1. Wer jemanden der Freiheit beraubt, entführt oder sich seiner sonst wie bemächtigt, um einen Dritten zu einer Handlung, Unterlassung oder Duldung zu nötigen, (…) • Vorsatz • Abs. 1: Wissen und Willen betreffend Bemächtigung • Abs. 2: Wissen um Situation der Geiselnahme und Willen, sich als Geiselnehmer auszugeben • Absicht, mit der Geiselnahme einen Dritten zu einer Handlung, Unterlassung oder Duldung zu nötigen • nicht das bemächtigte Opfer selbst (Art. 183 i.V.m. Art. 184 Abs. 2) • BGer / Teil der Lehre: jede Person, die nicht mit Geisel identisch ist; d.h. auch Angehörige des Opfers • Teil der Lehre (u.a. Stratenwerth): nur beliebig herausgegriffene Person, ohne familiäre oder persönliche Verbundenheit zur Geisel Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 23

  24. Geiselnahme (Art. 185) – Qualifikation: Qualifizierte Drohung (Ziff. 2) Art. 185: Geiselnahme (…) 2. Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, wenn der Täter droht, das Opfer zu töten, körperlich schwer zu verletzen oder grausam zu behandeln. • Qualifizierte Drohung • Inhalt der Drohung: Tötung; schwere Körperverletzung (entspricht Art. 122); grausame Behandlung (entspricht Art. 184 Abs. 3) • muss gegenüber dem zu nötigenden Dritten geäussert werden; unerheblich, auch Geisel davon Kenntnis bekommt • Druck (auf den Dritten) muss dadurch erheblich grösser werden, als bereits vom Grundtatbestand vorausgesetzt; "ausserordent-liche Zwangslage" • wenn Geisel von qualifizierter Drohung Kenntnis erhält: Wirkung auf die Geisel mitzuberücksichtigen; z.B. psychische Belastung Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 24

  25. Geiselnahme (Art. 185) – Qualifikation: Besonders schwere Fälle (Ziff. 3) Art. 185: Geiselnahme (…) 3. In besonders schweren Fällen, namentlich wenn die Tat viele Menschen betrifft, kann der Täter mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe bestraft werden. (…) • besonders schwere Fälle • insb. wenn viele Menschen als Geiseln von der Tat betroffen: mind. 20 Personen Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 25

  26. Geiselnahme (Art. 185) – Rücktritt vom vollendeten Delikt (Ziff. 4) Art. 185: Geiselnahme (…) 4. Tritt der Täter von der Nötigung zurück und lässt er das Opfer frei, so kann er milder bestraft werden (Art. 48a). (…) • Rücktritt vom vollendeten Delikt • erforderlich: Rücktritt von der Nötigung und Freilassung der Geisel • d.h. nach vollendeter Geiselnahme, aber vor Eintritt des Nötigungserfolgs • Rücktritt braucht nicht freiwillig zu sein; kann auf Verhandlungs-druck hin erfolgen • Funktion: Opferschutz; "Goldene Brücke" zurück in die Legalität Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 26

  27. Geiselnahme (Art. 185) – Weltrechtsprinzip (Ziff. 5) Art. 185: Geiselnahme (…) 5. Strafbar ist auch, wer die Tat im Ausland begeht, wenn er in der Schweiz verhaftet und nicht ausgeliefert wird. Artikel 7 Absätze 4 und 5 sind anwendbar. • nicht erforderlich, dass Delikt am Tatort mit Strafe bedroht ist (Verzicht auf die beidseitige Strafbarkeit) Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 27

  28. Geiselnahme (Art. 185) – Konkurrenzen • Verhältnis zu Art. 181 und 183: unechte Konkurrenz; Art. 185 geht als lex specialis vor • Verhältnis zu Art. 184: Art. 185 geht aufgrund der hohen Strafdrohung vor; Unrechtsgehalt von Art. 184 kann in einer Bestrafung gemäss Art. 185 mitabgedeckt werden Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 28

  29. Hausfriedensbruch (Art. 186) – Allgemeines Art. 186: Hausfriedensbruch Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. • Rechtsgut: Hausrecht = Recht darüber zu entscheiden, wer sich in bestimmten Räumlichkeiten (lokalisierte Freiheitssphären) aufhalten darf • in der Praxis sehr häufig als Begleitdelikt bei einem Einbruchdiebstahl • Antragsdelikt; Vergehen Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 29

  30. Hausfriedensbruch (Art. 186) – Objektiver Tatbestand: geschützte Räumlichkeiten Art. 186: Hausfriedensbruch Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt (…) • Haus: jede fest und dauernd mit dem Boden verbundene Baute mit einer oder mehreren Räumlichkeiten; Wohn- oder andere Zwecke • Wohnung: vorwiegend Wohnzweck; braucht nicht Teil eines Hauses zu sein (z.B. auch Zelt, Wohnwagen, Hausboot) • abgeschlossener Raum eines Hauses: braucht nicht verschlossen, sondern bloss umschlossen zu sein; Zimmer eines Untermieters, Hotelzimmer • unmittelbar zu einem Haus gehörender umfriedeterPlatz, Hof od. Garten • Werkplatz: hinreichend deutliche Grenzen erforderlich Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 30

  31. Hausfriedensbruch (Art. 186) – Objektiver Tatbestand: Berechtigter Art. 186: Hausfriedensbruch Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus (…) unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, (…) • Berechtigter: Person, der das Verfügungsrecht über das geschützte Objekt zusteht • Verfügungsrecht kann auf dinglichem Recht (z.B. Eigentum), auf obligatorischem Recht (z.B. Miete) oder auf öffentlich-rechtlichem Verhältnis (z.B. Schulleiter) beruhen • Abwägung einzelner Verfügungsrechte • insb.: Verhältnis Hauseigentümer / Mieter • Problem: wenn eine gleichwertige Berechtigung mehreren Personen zusteht (Ehegatten, Wohngemeinschaft, …) Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 31

  32. Hausfriedensbruch (Art. 186) – Objektiver Tatbestand: Tathandlung (1. Var.: Eindringen) Art. 186: Hausfriedensbruch Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus (…) unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, (…) • Zwei Varianten der Tathandlung: Eindringen oder Verweilen • Eindringen wider den Willen des Berechtigten • Eintreten bzw. Betreten eines Raumes auf irgendeine Art • Einwilligung des Berechtigten: tatbestandsauschliessend • Wille kann sich aus den Umständen ergeben (muss nicht explizit geäussert worden sein): geschlossene Türe, Hausglocke... • umstritten: Betreten von Räumlichkeiten zu einem nicht bestim-mungsgemässen Zweck (z.B. Ladendiebstahl) • BGer: vom bestimmungsgemässen Zweck abweichende (inne-re) Absicht als solche reicht für die Tatbestandsmässgkeit aus • Lehre: abweichende Absicht muss von aussen erkennbar sein Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 32

  33. Hausfriedensbruch (Art. 186) – Objektiver Tatbestand: Tathandlung (2. Var.: Verweilen) Art. 186: Hausfriedensbruch Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus (…) unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, (…) • Verweilen trotz Aufforderung, sich zu entfernen • entgegen vorangegangener ausdrücklicher Aufforderung, den hausrechtlich geschützten Raum zu verlassen • während einer gewissen Dauer • = nach aussen zu erkennen geben, sich nicht um die Aufforderung durch den Berechtigten zu kümmern Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 33

  34. Hausfriedensbruch (Art. 186) – Unrechtmässigkeit des Eindringens Art. 186: Hausfriedensbruch Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus (...) unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, (...) • sowohl das Eindringen als auch das Verweilen müssen unrechtmässig sein • Unrechtmässigkeit des Eindringens als Kriterium des objektiven Tatbestands • nicht gegeben, wenn der "Täter" ein Recht besitzt, kraft dessen er den entgegenstehenden Willen des Berechtigten nicht zu beachten braucht; etwa aus strafprozessualen (z.B. Hausdurchsu-chung) oder betreibungsrechtlichen (z.B. Pfändung) Gründen • gegebenenfalls sind zusätzlich allgemeine Rechtfertigungsgründe auf der Ebenen der Rechtswidrigkeit zu prüfen; insbesondere Notstand gemäss Art. 17 Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 34

  35. Hausfriedensbruch (Art. 186) – Subjektiver Tatbestand • Vorsatz; wobei Eventualvorsatz ausreicht • Irrtum über das tatsächliche Vorliegen der Voraussetzungen der Rechtmässigkeit des Eindringens: Sachverhaltsirrtum gemäss Art. 13 Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 35

  36. Hausfriedensbruch (Art. 186) – Konkurrenzen • Einbruchdiebstahl: echte Konkurrenz zwischen Hausfriedensbruch und Diebstahl gemäss Art. 139 (sowie u.U. Sachbeschädigung gemäss Art. 144); ausnahmsweise unechte Konkurrenz, wenn Hausfriedensbruch im Einzelfall die besondere Gefährlichkeit gemäss Art. 139 Ziff. 3 Abs. 4 begründet; dann ist der Hausfriedensbruch durch die Qualifikation des Diebstahls bereits abgegolten Art. 139: Diebstahl 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. (...) 3. Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen bestraft, (...) wenn er sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart. Straftaten gegen die Freiheit (Teil 2)  Folie 36

More Related