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Formen der Wirtschaftsf?hrung. J?ger und Sammler / WildbeuterNomaden / HirtenAckerbauernIndustrielle Gesellschaft. 1. J?ger und Sammler / Wildbeuter 1.1 Definition. "Wildbeuter sind mobile und flexible Gesell-schaften mit aneignender Wirtschaftsweise, die weder Ackerbau noch Tierzucht betreiben,
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1. Grundkurs WirtschaftsethnologieMarc Murschhauser, M.A. Formen der Wirtschaftsführung
2. Formen der Wirtschaftsführung Jäger und Sammler / Wildbeuter
Nomaden / Hirten
Ackerbauern
Industrielle Gesellschaft
3. 1. Jäger und Sammler / Wildbeuter1.1 Definition "Wildbeuter sind mobile und flexible Gesell-schaften mit aneignender Wirtschaftsweise, die weder Ackerbau noch Tierzucht betreiben, sondern sich durch das Sammeln wild wachsender Pflanzen und durch das Jagen und Sammeln kleinerer Beutetiere Subsistenzmittel bedienen."
4. 1. Jäger und Sammler / Wildbeuter1.2 Merkmale niedrige Bevölkerungsdichte
Organisation in kleinen Gruppen, Horden
nichtsesshafte Lebensweise
hohe Mobilität
flexible Sozialorganisation
soziale Beziehungen über Verwandtschaft geregelt
egalitäre Gesellschaftsform
keine formal definierten Führungspositionen
kein Eigentum an Land und Ressourcen
im Zentrum steht der Haushalt
religiöse Funktionen übernimmt der Haushalt
Rolle des Schamanen
geschlechts- und altersspezifische Arbeitsteilung
geringe Vorratshaltung, geringe Zukunftssicherung
typisch der Überfluss und Mangel, gemildert durch charakteristisches Teilen
5. 1. Jäger und Sammler / Wildbeuter1.3 Historie Vor der neolithischen Wende (10.000 v. u. Z.), deren Erwerb die Domestikation von Tieren und Pflanzen ist, waren 100%, d.h. ca. 10 Millionen Menschen, Jäger und Sammler. Bis ca. 1.500 n. u. Z. waren von den dato ca. 350 Millionen Menschen nur noch 1% Wildbeuter in Südamerika, Australien und Teilen Afrikas, Asiens und Nordamerikas, bis ins Jahr 1970 gar nur noch 0,001% bei einer Bevölkerung von ungefähr drei Milliarden.
6. 1. Jäger und Sammler / Wildbeuter1.3 Historie Richard Lee und Irven DeVore (Man the Hunter) schätzen, dass von den rund 80 Milliarden Menschen, die bisher (also seit zwei Millionen Jahren) auf der Erde gelebt haben, über 90% Jäger und Sammler waren, lediglich 3-4% lebten in Industriegesellschaften. Heute sind sie in Marginalgebiete abgedrängt, in Savannen, Wüsten, tropischen Regenwäldern und um den nördlichen Polarkreis. Nach Richard Lees Encyclopedia of Hunters and Gatherers (1999) sind in Afrika noch ca. 450.000 Wildbeuter zu verzeichnen, in Südostasien ca. 60.000 und in Australien ca. 350.000.
7. 1. Jäger und Sammler / Wildbeuter1.4 Vorkommen Franz Josef Thiel (1983) spricht von heute nur noch sieben Wildbeuterkulturen, Peter Murdock (1968) von 27 Gruppen.
Afrika: San (Buschleute der Kalahari), Mbuti, Pygmäen (Kongo), Ogiek (Kenia) Koroca (ostafrikanische und äthiopische Jäger), Hadza (Tansania)
Asien: Ewenken (China/Russland), Khanti bzw. Ostjaken/Keten und Nganasan (Sibirien), Ainu (Japan), Tasaday (Philippinen), Vaedda (Zylon/ausgestorben), Batek (Malaysia), Andamanen, Chenchu und Pandaram (Indien)
Ozeanien: Aborigines (Australien/verschiedene Gruppen), Tasmanier (Australien/ausgestorben), Melanesische u.a. Gruppen (ausgestorben)
Amerikas: Inuit (Zirkumpolarer Raum), Algonkin (Neu England), Blackfoot (Plains), Cree, Dene (Kanada), Shoshone (Arizona), Selk’nam, Yamana, Halakwulup (Patago- nien/ ausgestorben), Aché (Paraguay), Toba (Gran Chaco)
8. 1. Jäger und Sammler / Wildbeuter1.5 Literatur Burch, Ernest S. Jr. & Linda J. Ellanna (Hg.), 1996: Key Issues in Hunter-Gatherer Research. Oxford
Lee, Richard & Richard Daly (Hg.), 1999: The Cambridge Encyclopedia of Hunters and Gatherers. Cambridge.
Lee, Richard & Irven DeVore (Hg.),1968: Man the Hunter. Chicago.
Sahlins, Marshall, 1974: Stone Age Economics. London. Kap. 1 & 2.
Wilmsen, Edwin, 1989: Land Filled with Flies. A Political Economy of the Kalahari. Chicago.
Woodburn, James, 1982: Egalitarian societies. In: Man Vol. 17 (The Journal of the Royal Anthropological Institute). S. 431-451.
9. 2. Nomaden / Hirten2.1 Definition "Nomaden sind mobile und flexible Gesellschaften mit produzierender Wirtschaftsweise, die (meist) keinen Ackerbau betreiben, sondern mit ihren (Vieh-) Herden, die die Basis ihres Nahrungserwerbs bilden, aus kulturellen, ökonomischen und weltanschau-lichen Gründen von Ort zu Ort umherziehen, diese aufziehen und halten. Hirten hingegen können auch sesshaft und, wie Schäfer oder Pastoren, Teil einer bäuerlichen Gesellschaft sein. Zu unterscheiden ist ebenfalls die Transhumanz, eine Form der saisonal betriebenen Fernweidewirtschaft."
10. 2. Nomaden / Hirten2.2 Merkmale niedrige Bevölkerungsdichte
Organisation in kleinen Gruppen
(meist) nichtsesshafte Lebensweise, aber Kontakt
mit sesshafter Bevölkerung
hohe Mobilität, auch als politische Strategie
flexible Sozialordnung
segmentäre Gesellschaftsform
Altersklassen und schwach ausgeprägte Autoritäten
kein Eigentum an Land und Ressourcen, aber Zugangs- und Nutzungsrechte - Territorialität
soziale Beziehungen über Verwandtschaft und Verbund mit Tieren geregelt
im Zentrum steht die Familie bzw. Gruppe - Lineage
Rolle des Ahnenkults und Monotheismus'
geschlechts- und altersspezifische Arbeitsteilung
arbeitsintensive Tierhaltung
ökologische Anpassung, saisonale und zyklische Wanderungen
verschiedene Hütesysteme
Subsidiarität (vs. Autarkie)
11. 2. Nomaden / Hirten2.3 Historie Seit der neolithischen Revolution tauchen in verschiedenen Regionen der Alten Welt Formen des Nomadismus (Viehzucht) auf. Ansonsten handelt es sich um Sekundärformen bzw. Nachahmung. Zu den historischen Nomadenvölkern zählen u.a. die Hebräer, im heutigen Syrien, Ägypten und Kuwait lebende Rinder- und Kamelzüchter im 2. Jahrtausend v.Chr., die Skythen, ein ostiranisches Steppenvolk im 1. Jahrtausend v.Chr., die Hunnen, zentralasiatische Reitervölker, die im 4. und 5. Jh. n.Chr. vom Kaspischen Meer weit in den Westen vordrangen und vermutlich von den Xiongnu abstammen, Reiternomaden in Zentralasien im 3. und 4. Jh. v. Chr., deren Widerstand gegen Chinas Eroberungspolitik zum Bau der ersten chinesischen Mauer führte, und die Mauren, all jene in Nordafrika lebenden Berber, die im 7. Jh. n.Chr. von Arabern islamisiert wurden und sich auf der iberischen Halbinsel ausbreiteten.
12. 2. Nomaden / Hirten2.4 Vorkommen Typen: Ostafrikanischer, Nordeurasischer/Zirkumpolarer, Eurasischer Typ, Naher Osten, Mittlerer Osten, Innerasiatische Hochländer
Afrika: Rendille, Samburu, Maasai, Dinka, Turkana, Borana, Zulu (Ostafrika: Kenia, Tansania, Äthiopien, Somalia), Kababish, Baggara, Nuer (Sudan), Tuareg, Berber (Nordafrika), Koikoi, Herero (Südafrika: Botswana, Namibia)
Asien: turkstämmische und mongolische Gesellschaften, Kaschgai, Luren (Iran), Kuchis (Afghanistan), Changpa (Kashmir), Burjaten (Mongolei), Mlabri (Thailand)
Nordeurasien: Saami, Samojeden (Skandinavien), Nenzen, Tungusen, Jakuten, Jakugieren, Tschuktschen, u.a. (Sibirien)
13. 2. Nomaden / Hirten2.5 Literatur Galaty, John & Douglas Johnson (Hg.), 1990: The World of Pastoralism. Herding Systems in Comparative Perspective. New York.
Johnson, D. L., 1969: The Nature of Nomadism: A Comparative Study of Pastoral Migration in Southwestern Asia and Northern Africa. Chicago.
Scholz, Fred, 1995: Nomadismus. Theorie und Wandel einer sozio-ökologischen Kulturweise. Stuttgart.
Spencer, Paul, 1998: The Pastoral Continuum. London.
14. 3. Ackerbauern3.1 Definition "Ackerbauern sind sesshafte oder temporär sesshafte Gesellschaften mit produzierender Wirtschaftsweise, die eine Form des intensiven oder extensiven Feldbaus betreiben, d.h. Kulturpflanzen zur Gewinnung von Erträgen und zur Sicherung der Nahrungsversorgung nutzen und produzieren."
15. 3. Ackerbauern3.2 Merkmale Niederer Bodenbau Brandrodungsfeldbau, Wanderfeldbau, Gartenfeldbau, Regenfeldbau
extensiver Anbau: viel Land, niedrige Bevölkerungsdichte
intensiver Anbau: wenig Land, größere Bevölkerungsdichte
Fruchtwechsel, Düngung, Terrassenbau, Bewässerung
16. 3. Ackerbauern3.2 Merkmale temporäre Sesshaftigkeit
uneinheitliche Sozialorganisation
stabile Deszendenz- oder Verwandtschaftsgruppen
komplexe politische Organisation, Rechten und Pflichten
größere Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung sorgt für größere Populationen
Vorratshaltung
Zugehörigkeit zu größeren sozialen Gebilden als der Familie gewinnt an Bedeutung
Führungspositionen entstehen
Eigentumsrecht an Produkten
Territorialität inkl. Besitz- und Erbrechten
soziale Schichtung
geschlechts- und altersspezifische Arbeitsteilung, aber auch erste Formen von Arbeitsspezialisierung
religiöse Handlungen auf kollektiver Ebene
Ahnenkult und Polytheismus
17. 3. Ackerbauern3.2 Merkmale
Höherer Bodenbau
Gebrauch des Pfluges und von Zugtieren
künstliche Bewässerungssysteme
elaborierte Formen der Agrartechnik
18. 3. Ackerbauern3.2 Merkmale sesshafte und stabile Gesellschaften, Urbanisierung
Bedeutung des Verwandtschaftsbeziehungen nimmt ab
komplexe Systeme der politischen Organisation
kalkulierbarer Ernteüberschuss führen zu größerer Bevölkerung
Staat: Ordnung, Abgaben, Gewaltmonopol
staatliche Systeme mit Zentralgewalt und Autoritätspositionen
Eigentum an Land und Ressourcen
nichtegalitäre Gesellschaften - Hierarchien
soziale Klassen und Schichten
umfassende Arbeitsteilung
religiöse Funktionäre, Polytheismus und Monotheismus
19. 3. Ackerbauern3.3 Historie Die neolithische Revolution wird neben der industriellen Revolution als die bislang bedeutendste in der Mensch-heitsgeschichte bezeichnet, da die Menschen neben der Viehzucht ebenfalls mit der Produktion von Nahrung durch Ackerbau begannen. Es handelte sich um Bodenbau mit "einfachen" Werkzeugen, Plug und Zugtiere waren zunächst noch nicht bekannt. Der Brandrodungsfeldbau war zunächst die meist verbreitete Form der Landbewirtschaftung.
Frühe Beispiele stratifizierter Gesellschaftssysteme basierend auf höherem Bodenbau waren das historische China, das alte Ägypten, das mittelalterliche Europa und die altamerikanischen Kulturen der Maya, Inka und Azteken, bzw. deren Vorfahren.
20. 3. Ackerbauern 3.4 Literatur Malinowski, Bronislaw, 1922: Argonauten des westlichen Pazifik. New York.
Malinowski, Bronislaw, 1935: Korallengärten und ihre Magie. Bodenherstellung und bäuerliche Riten auf den Trobriand-Inseln.
Wolf, Eric, 1986: Die Völker ohne Geschichte. Europa und die Welt seit 1400. Frankfurt/New York.
21. 4. Industrielle Gesellschaften Die industrielle Revolution markierte den zweiten großen Einschnitt in der Geschichte der Menschheit. Der genaue Wendepunkt wird unterschiedlich determiniert, jedoch wird stets der Gebrauch neuer Energiequellen angesprochen, v.a. der Einsatz von Dampfmaschinen.
Kennzeichnend für Industriegesellschaften sind große Bevölkerungen, Urbanisierung, die individuelle Arbeitseinheit, effiziente Techniken in der Nahrungsmittelproduktion, das höhere Maß an Verkauf von Arbeitskraft, selbstregulierende Märkte, neue Formen der sozialen Beziehungen, ein geändertes Geschlechterverhältnis und eine größere Arbeitsspezialisierung, eine formale Ausbildung, soziale Mobilität und erhöhte Territorialität, die zu stärkeren Auseinandersetzungen führt, und religiöse Spezialisten im Hauptberuf.
22. Anmerkung Nicht übersehen werden dürfen die Interaktion zwischen ökonomisch unterschiedlich funktionierenden Gesellschaften und die teils fließenden Übergänge von einem Wirtschaftstyp zum anderen.
23. Ausblick Geschichte und Theorie I:
Frühe Wirtschaftswissenschaften
Teil 1
Antike, Mittelalter, Merkantilismus, Physiokratismus, klassische Nationalökonomie