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Österreich – Einwanderungsland wider Willen?

Österreich – Einwanderungsland wider Willen?. Prof. Heinz Fassmann Universität Wien. 1. Vorbemerkung. Österreich ist ein Einwanderungsland nicht selbst verordnet, aber de facto; Selbstverständnis hat das noch nicht akzeptiert (Begrifflichkeiten, historisches Selbstbild);

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Österreich – Einwanderungsland wider Willen?

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Presentation Transcript


  1. Österreich – Einwanderungsland wider Willen? Prof. Heinz Fassmann Universität Wien

  2. 1. Vorbemerkung • Österreich ist ein Einwanderungsland • nicht selbst verordnet, aber de facto; • Selbstverständnis hat das noch nicht akzeptiert (Begrifflichkeiten, historisches Selbstbild); • Politik hat diese Tatsache auch nicht offensiv vermarktet (Abwehrreflexe gegen das Thema; offizielle Zuwanderungsquote versus reale Entwicklung).

  3. Österreich ist ein Einwanderungsland, weil • Natürliche Bevölkerungsbilanz +- Null ist, aber • Wirtschaft rascher wächst als Produktivität und AZV  Nachfrage nach Arbeitskräften steigt; • Sektorale Nachfrage nicht durch das inländische Arbeitskräfteangebot gedeckt werden kann (Tourismus, Baugewerbe, Pflegeberufe); • Migrationskontrolle niemals lückenlos erfolgen kann (DDR).

  4. 2. Phasen der Zuwanderung • 1. Nachkriegszeit 1945-1960 • Erhebliche Zuwanderung, aber nicht als “normale” Migration gesehen - displaced persons, Flüchtlinge, die von Österreich aufzunehmen sind. • 1956 politische Flüchtlinge aus Ungarn, Sudetendeutsche aus Böhmen und Mähren, Gotscheer Deutsche aus Slowenien; • VZ 1961: ausländische Bev. 102,000 (1.4 %), ausländische Arbeitskräfte: 20,000 • Migration folgte nicht dem ökonomischen Push- und Pullmuster, keine Migrationspolitik wurde entwickelt; • In der öffentlichen Wahrnehmung, Migration war kein Thema des Wiederaufbaus.

  5. 2. Gastarbeiterwanderung bis 1973 • Verbreiterung des nationalen Arbeitsmarktes • Wachsende Wirtschaft bei Vollbeschäftigung (ALQ: 3%) und sinkendem inländischen AKangebot; • Geregelte Anwerbeabkommen mit Spanien (1962), Jugoslawien, Türkei; Rotationssystem bei Primat der Inländerbeschäftigung; • Zahlen: • foreign pop. 1963: 107,000 1973: 303,000 (+183%); • foreign labour force 1963: 21,000 1973: 227,000 (+980%)

  6. Intermediate phase I: From the beginning of guest worker immigration until 1973

  7. Zuwanderung war kein öffentliches Thema, die Interessen der Unternehmer dominierten; • Die Gastarbeiter wurde willkommen geheißen und wurden als Quelle zusätzlichen Wirtschaftswachstum gesehen; • Verdrängugn ging leicht: Unterbringung Behelfswohnung, Stadtrand, Baustelle; nur Männer, keine gesellschaftliche Sichtbarkeit; • Erst als die erste ökonomische Krise auftrat, änderte sich die öffentliche Meinung drastisch.

  8. 3. Anwerbestopp und Familiennachzug 74-84 • Erdölpreiskrise und Ende der Hochkunjunktur; • Zuwanderung wurde zu einem öffentlichen Thema, die Interessen der inländischen Arbeitnehmer standen im Vordergrund; • Gastarbeiter nun als Belastung für einen Prozess der Readjustierung des AM gesehen; Migrationspolitik war abermals AM-politik (Förderung der Rückwanderung);

  9. Aber: Anwerbestopp und Rückwanderung waren Signale sich in Österreich zu verfestigen; eine zirkuläre Migration mutiert zu einer Einwanderung; Familiennachzug wird wichtig. • Figures: • foreign pop. 1974: 311,000 1984: 296,000 (-5%) • foreign labour force 1974: 222,000 1984: 139,000 (-37%)

  10. Intermediate phase II, 1974-1984: Stagnation, return migration and family reunification

  11. 3. Neue Zuwanderung und beginnende Abschottung 1985-94 • Außergewöhnliche Umstände (wachsende Wirtschaft, Fall des Eisernen Vorhanges Kriege in Kroatien (91-95) und Bosnien-Hercegovina (92-95) • Zunahme des Arbeitskräfteangebots ohne aktive Rekrutierung (Asylwerber, Kriegsflüchtlinge, Arbeitstouristen) • Figures: • foreign pop. 1985: 301,000 1994: 669,000 (+122%) • foreign labour force 1985: 140,000 1994: 290,000 (+107%)

  12. Intermediate phase III, 1985-1994: Re-immigration and walling off by law

  13. Migration wurde ein extrem wichtiges politisches Thema; • Öffentliche Wahrnehmung war gekennzeichnet durch das Gefühl „wir werden überflutet“; tatsächliche Zunahme der ausländischen Bürger und der urbanen Konzentration; • Die FPÖ erhöht ihren Stimmenanteil von 5% (1986) to 30%, 1992 wurde das Volksbegehren „Österreich zuerst“ gestartet; das „Lichtermeer“ war die zivilgesellschaftliche Antwort; • In der Folge wurde das Asylgesetz verschärft und erstmals ein Niederlassungsgesetz verabschiedet, welches Elemente einer Zuwanderungskontrolle enthielt (Quote, Antrag vor Einreise)

  14. 4. Stabilisierung auf hohem Niveau • Familienzusammenführung als ein Echo auf die hohe Zuwanderung Anfang der 90er Jahre und die später erfolgte Einbürgerung; • Figures: • foreign pop. 1995: 677,000 2002: 743,000 (+9%) • foreign labour force 1995: 300,000 2002: 334,000 (+11%)

  15. ‘New normality’, 1995-2002: Stagnation on a high level

  16. Migration ist weiterhin ein wichtiges Thema, aber die öffentliche Meinung ist resistenter geworden gegenüber simplen Parolen (Fall Zogaj macht mich skeptisch); • Verlagerung der Debatte von Zuwanderung zum Islam; • Der Gesetzgeber hat 2005 mit dem Fremdenrechtspaket eine umfassende Neuregelung vorgenommen (Asylgesetz, Fremdenpolizeigesetz, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) • Kontrolle der Zuwanderung aus Drittsaaten; • Verordnete Integrationsmaßnahmen (language courses, history courses); • Klare Unterscheidung zwischen Asyl, Aufenthalt und Niederlassung

  17. 3. Strukturmerkmale • 1. Bestand an Ausländern • Von den 8.182.000 Einwohnern Österreichs (LFS 2006) • Haben rund 1.150.000 ihren Geburtsort im Ausland (15%); • Haben rund 10% bzw. 790.000 keine österreichische Staatsbürgerschaft; • Zwei Unschärfen: im Inland geborene Ausländer, im Ausland geborene Inländer

  18. 2. Herkunft • die Hälfte der ausländischen Wohnbevölkerung stammt aus dem ehemaligen Jugoslawiens (328.300 oder 45%) bzw. 130.100 Personen bzw. 18% aus der Türkei; • 19% aus der EU15 und 13% aus den neuen MS der EU-27; stark steigend • Rest aus aller Herren Länder;

  19. Abbildung: Verteilung der Zuzüge ausländischer Staatsangehöriger 1996-2000

  20. 3. Altersstruktur • Die ausländische Wohnbevölkerung ist jünger als die inländische • Altersgruppe Ö Ausländer • 0 - 15 17 20 • 15-60 61 73 • 60 + 22 7 • Aber: Differenzierung nach Herkunft

  21. 4. Verteilung in Österreich • sehr ungleich; abhängig von • Struktur der Industrie • Vorhandensein eines ethnischen Netzes (Pforte „Familiennachzug“) • Landschaftlicher Attraktivität • Absolute Zahl: • W (300.000), OÖ (102.200), NÖ (95.800) • Relativer Anteil an der Bevölkerung: • W (16%), V (14%), S (12%) • K. (6%), Stmk. (5%) und B.(5%)

  22. 5. Berufstätigkeit - soziale Stellung • Heterogenität der Ausländerbeschäftigung: Sanduhr-Modell • Ex-Yu + Türkei: 75% Hilfs- und angelernte Arbeiter • EU + Nordamerika: 45% leitende Angestellte oder Selbständige • Dieses Muster erweist sich als zeitlich und generational stabil: • Vererbung der schlechten Schulausbildung • Gläserne Barrieren und die Selbsterfüllung von Vorurteilen

  23. 6. Berufstätigkeit - sektorale Verteilung • Hohe Konzentration auf 6 Branchen • Bauwirtschaft, Tourismus, Handel plus Reparaturwesen, unternehmensorientierte Dienste, Erzeugung und Verarbeitung von Metallen sowie Verkehr und Nachrichtenübermittlung. • 3-D-Branchen: dirty, danger, dreadful • Spezifische Kennzeichen: wenig Geld, flexible Zeit, geringes Prestige

  24. 4. Rechtliche Neuorientierung • Schwierige und komplexe Materie  gebe Beispiele • 4.1 NAG • Neuregelung des Zuwanderungsrechts • unterscheidet grundsätzlich zwischen Aufenthalt und Niederlassung. • Aufenthalt = vorübergehend und befristet • Niederlassung = nach 5 Jahren Aufenthalt mit Dauercharakter • Unterscheidet zwischen EWR-Bürgern und Drittstaatsangehörigen

  25. EWR-BürgerInnen • Recht auf Freizügigkeit, nur Dokumentation in Form einer Anmeldebescheinigung (3 Monate nach Niederlassung) • Drittstaatsangehörige • Aufenthalt quotenfrei • auf ein Jahr befristet • Zweckorientiert: Rotationsarbeitskraft, Betriebsentsandter, Selbständiger, Künstler, Sonderfälle

  26. Niederlassung quotenpflichtig • zunächst auf ein Jahr befristet • Zweckorientiert: Schlüsselkraft, unbeschränkter oder beschränkter Arbeitsmarktzugang, Angehöriger. • Nach 5 Jahren „Daueraufenthalt-EG“ • Niederlassung quotenfrei • Familienangehörige (EhegattInnen und minderjährige unverheiratete Kinder) von EWR-BürgerInnen • zunächst auf ein Jahr befristet • nach 5 Jahren „DA – Familienangehöriger“

  27. NAG regelt Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels • Abs. Versagungsgründe (Aufenthaltsverbot, Ausweisung, Überschreitung der Dauer des visumfreien Aufenthalts, Umgehung der Grenzkontrolle, Aufenthaltsehe oder -adoption) • allgemeine Voraussetzungen (freier Quotenplatz, Eingehen der IV) • speziellen Voraussetzungen (ortsübliche Unterkunft, Krankenversicherungsschutz, regelmäßige Einkünfte: €726/€1.091

  28. Neuregelung der IV • zwei Module: M1 Alphabetisierung von Drittstaatsangehörigen (75 E), M2 Erlernung der deutschen Sprache und Elemente der Landeskunde (300 E) • Befreit sind Kinder > 9 Jahre, Personen auf Grund eines amtsärztlichen Attests • Die IV gilt als erfüllt, wenn Schulabschluss mit positiver Deutschnote, allgemeine Universitätsreife, Schlüsselkraft • Kurskosten von M1 bis zu 375 Euro ersetzt, M2 750 Euro

  29. 4.2 Asylgesetz 2005 • Regelt Aufnahme von Flüchtlingen und polit. Asyl (GFK) • Zielrichtung  Beschleunigung der Verfahren; • Bei klaren Zuständigkeiten (Dublinverfahren, Eurodac-Treffer) kann (Einzelfallprüfung und Verhältnismäßigkeit) Schubhaft verhängt werden; • explizite Mitwirkungsverpflichtungen; • Beschleunigte Asylverfahren bei „negativer Prognoseentscheidung“ hinsichtlich Asyl

  30. 4.3 Staatsbürgerschaftsrechtsnovelle • Staatsbürgerschaft als Abschluss einer gelungenen Integration eines Fremden • Nach 30 Jahren Anspruch, nach 10 Jahren tatsächlicher Aufenthalt (Unterbrechung < 2 J) • Verleihungsvoraussetzungen (bejahende Einstellung zu Ö, keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Lebensunterhalt) • Verleihungshindernissen (Aufenhaltsverbot, Naheverhältnis extremistischer Gruppierung) • bundesweit einheitliches Mindestniveau: Sprache, Geschichte, polit. System

  31. 4.4 Ausländerbeschäftigungsgesetz • unterwirft unselb. Beschäftigung der Bewilligungspflicht • Formen der Zulassung • Beschäftigungsbewilligung: erstmalige Beschäftigung; keine Quote, daher nur Pers. mit Aufenthaltstitels (Familienang., EU) • Arbeitserlaubnis nach einem Jahr erlaubter Beschäftigung innerhalb der letzten 14 Monate • Befreiungsschein:5jähriger Beschäftigung (2. Generation, wenn letztes PSjahres in Ö)

  32. Saisonkräfte • befristete, nicht verlängerbare Beschäftigungsbewilligung (Saisonierregelung) • durch Verordnung festgelegte Kontingente (Ministerverantwortung); • Beschäftigungsbewilligungen mit einer maximalen Geltungsdauer von 6 Monaten • Person darf bei einem Arbeitgeber wiederholt angestellt werden, nach einem Jahr Beschäftigung aber Pause von 2 Monaten

  33. Schlüsselkraft • Mindestentlohnung von 60% der Höchstbeitragsgrundlage (2007: 2.304,-- €) sowie Führungskraft, Uniausbildung oder sonstiges. • Ausnahmen • EWR (Übergangsbestimmungen) • Top-Manager (4.608 Euro monatl) • Wissenschaftler und Forscher

  34. Quotensystem; Schnittstelle zum NAG • Schlüsselkraftquote • Familiennachzugsquote • Mobilitätsquote: Drittstaatsangehörige, in einem anderen EU-Staat niedergelassen; • Zweckwechslerquote: Drittstaatsangehörigen nach Familienzusammenführung zum Zweck der Arbeitsaufnahme. • Privatierquote: Drittstaatsangehörige ohne Arbeitsaufnahme (wenn ca. 1.500 Euro monatl.)

  35. 5.Ausblick • Österreich wird ein „reifes“ Einwanderungsland; • Rechtlich differenziertes System der Kontrolle und Selektion; • Einen Common Sense über die grundsätzliche politische Ausrichtung; • Herausforderungen • Schwierige Trennung von „Wirtschafts“- und GFK-Flüchtlingen; • Schwieriger Interessensausgleich zwischen „mehr“ (WKÖ, IV) und „weniger“ (AK, ÖGB) • Schwierige öffentliche Vermittlung, dass Zuwanderung langfristig konstitutiv für Ö ist

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