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Familien- und Erbrecht aus rechtsberatender Sicht

Familien- und Erbrecht aus rechtsberatender Sicht. Vorlesung im Wintersemester 2006/2007 im Schwerpunktbereich 3 RA Philipp Frhr. v. Gayl RA Karl-Michael Schmidt Kontakt: anwaltsinstitut@rewi.hu-berlin.de Download Materialien: http://www.rewi.hu-berlin.de/jura/inst/ifa.

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Familien- und Erbrecht aus rechtsberatender Sicht

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Presentation Transcript


  1. Familien- und Erbrecht aus rechtsberatender Sicht Vorlesung im Wintersemester 2006/2007im Schwerpunktbereich 3 RA Philipp Frhr. v. Gayl RA Karl-Michael Schmidt Kontakt: anwaltsinstitut@rewi.hu-berlin.de Download Materialien: http://www.rewi.hu-berlin.de/jura/inst/ifa

  2. Vorlesungstermine / Inhalt

  3. Was ist ein guter Vertrag? Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen Mandanteninteresse und rechtlichen Rahmenbedingungen Zwingende Regelungen Dispositive Regelungen

  4. Was ist ein guter Vertrag? Mandanteninteressen Verwirklichung gesichert durch Selbstbestimmungsrecht Art. 2 I GG Grenze: zwingendes Recht Privatautonomie Erkennt das Recht des Einzelnen an, seine Lebensverhältnisse im Rahmen der Rechtsordnung eigenverantwortlich zu gestalten. Gestaltungsspielraum

  5. Was ist ein guter Vertrag? Zukunftsorientierung des Vertragsjuristen Was sind die Mandanteninteressen ??? Blick in die Zukunft Wie muss Vertrag gestaltet werden, um nachhaltig zu sein? Welche Hürden müssen - rechtlich - tatsächlich genommen werden?

  6. Was ist ein guter Vertrag? • Sicherer Weg • Rechtsbeständige und streitvermeidende Lösungen (nicht immer primäres Parteiziel – Haftungsproblem!) BGH: Der Vertragsjurist ist verpflichtet von mehreren sicheren Wegen den sichersten Weg zu beschreiten (BGHZ 27, 274, 276)

  7. Was ist ein guter Vertrag? • Sachgerecht und kostengünstig (oft im Spannungsverhältnis zur Sicherheit, z.B. Eintragung Eigentumsvormerkung – teuer vs. sicher) • Angemessener Vertragsumfang • So eingehend wie nötig, so kurz wie möglich • Steuerrechtliche Erwägungen mit einbeziehen

  8. Rolle des Juristen Berufsfelder des Juristen Dezisionsjurisprudenz – Kautelarjurisprudenz ex post ex ante wertend gestaltend Richter Notar Prozessanwalt Vertragsanwalt Unternehmensjurist Verwaltungsjurist

  9. Rolle des Juristen Zweckverwirklichung und Störfallvorsorge • maßgeblich für Vertragsstruktur • Zweckverwirklichung: Entwurf eines auf die Bedürfnisse, Ziele und den Sachzweck des Mandanten abstellendes vertragliches Regelwerk (dient der unmittelbaren Verwirklichung der Mandantenziele) • Störfallvorsorge: Entwicklung ergänzender Normen im Hinblick auf die Regelung bzw. Vermeidung etwaiger Störfälle – vertragstypischer Gefahren(dient der begleitenden Wahrung der Mandanteninteressen)

  10. Störfallvorsorgetechnik Prognose von Störfällen • Generell störfälle führen: • Nichterfüllung, • Schlechterfüllung, • Späterfüllung, • Böswilligkeit, • Unerwarteter Aufwand, • Tod einer Vertragspartei, • Änderung persönlicher Verhältnisse • Allgemein gilt: Dauerverträge sind störanfälliger als kurzfristig abzuwickelnde Verträge

  11. Störfallvorsorgetechnik Vertragliche Störfallvorsorge – Regelungstechniken - konkrete Regelung der Konflikte, - Abwälzung des Risikos auf Dritte (Bürgen, etc.) - Sanktionierung vertragsstörenden Verhaltens (Vertragsstrafen) - Festschreibung von Sachverhalten im Vertrag, etwa durch Aufnahme von Mängellisten - Bestimmung von Schiedsgutachtern und Schiedsgerichten - Einsatz von Wertsicherungs- und Anpassungsklauseln

  12. Rolle des Juristen Belehrung und Beratung - Belehrung = Information über die rechtliche Tragweite einer bestimmten Gestaltung - Beratung = Mitwirkung an der Willensbildung des Mandanten auf der Suche nach der richtigen Gestaltung - Wechselspiel zwischen Sachverhaltserforschung und Belehrung/Beratung - dem Mandanten müssen seine Möglichkeiten und Aufgaben als zentraler Punkt der Vertragsgestaltung vor Augen geführt werden

  13. Belehrung / Beratung – Inhalt und Grenzen • § 17 Abs. 1 BeurkG Der Notar soll den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Dabei soll er darauf achten, daß Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden. -> Beteiligten müssen nach Inhalten, Gefahren und im Punkto Störfallvorsorge fallgruppengerecht beraten werden, ihre Willensbildung darf gesteuert, aber nicht der eigene Willen aufgezwungen werden.

  14. Vertragsgestaltung in der Ausbildungsliteratur • Materialien: - Entscheidungssammlungen - Kommentare - Lehrbücher - Formularbücher - Praktikerhandbücher mit Formularteilen

  15. Vertragsgestaltung in der Ausbildungsliteratur • Formularbücher • Nach Lebenssachverhalten aufgebaut • Formulierungsvorschlag einer Urkunde • Anmerkungen, in denen die Bedeutung der Klauseln erläutert und auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten und zwingendes Recht hingewiesen wird • Handbücher • Mischung aus systematisch aufgebauten Lehrbuch und Formularbuch

  16. Vertragsgestaltung in der Ausbildungsliteratur • Funktion von Formularbüchern: • Speichern Erfahrung und Wissen der Notare und anderer Kautelarjuristen • Spiegeln Rechtsentwicklung wider (z.T. früher als Rspr.) • Aktuelles Bild des Privatrechtsverkehrs • Erst Vertrag selbst entwerfen, dann mit Formularbuch prüfen, ob: • Sämtliche regelungsbedürftigen Punkte gesehen und geprüft • Sinnvoller Aufbau der Urkunde • Formulierung des Wortlauts der Klausel

  17. Vertragsgestaltung in der Ausbildungsliteratur • Risiken von Formularbüchern: • Dürfen das eigene Denken nicht ersetzen • Stichwort: „Maßschneiderei anstatt Konfektion von der Stange“ • Sonst könnte sich der Mandant wesentlich kostengünstiger selbst ein Formularbuch kaufen und abschreiben • Unterschiedliche Qualität der Formularbücher

  18. Haftungsrisiken • Angst vor dem Richter hat dazu beigetragen, dass Verträge immer länger und detaillierter werden • Sofern sich der Kautelarjurist bei der Regelung von Lebenssachverhalten an einem passenden Vertrags- oder Regelungstyp orientiert, hat er die durch den Konsens der Fachleute gebildete Richtigkeitsgewähr auf seiner Seite. • Gegenüber dem Vorwurf der Verletzung seiner Prüfungs-, Beratungs- und Gestaltungspflichten kann er sich darauf berufen, einen anerkannten Vertragstypus gewählt zu haben.

  19. Wissenschaftliche Grundlagen • Typenlehre = Fallgruppenbildung durch Betrachtung der Wirklichkeit unter rechtlichen Aspekten • Webers Schema zur Vertragsgestaltung • Abgrenzung obligatorischer und fakultativer Inhalt des Rechtsgeschäfts und entsprechende Gestaltung desselben

  20. Typenlehre„Vom Lebenstypus zum Regelungstypus“ Empirischer Typ = in der Lebenswirklichkeit vorfindbare Gebilde, die durch charakteristische Züge gekennzeichnet sind Normativer Realtyp = Empirischer Typ + Auswahl und Abgrenzung der maßgeblichen Erscheinungen unter rechtlichen Aspekten im Wege rechtlicher Wertung Rechtlicher Strukturtyp = insbes. Vertragstypen, durch ihren Charakter als rechtliche Regelungen gekennzeichnet

  21. Typenlehre am Beispiel der Ehevertragsgestaltung • 1.Empirische Typen • Einverdienerehen • Zuverdienerehen • Doppelverdienerehen • 2.Normative Realtypen • Personenrechtl. – und güterrechtliche Beziehungen und daraus resultierende Scheidungsfolgen • 3. Rechtliche Strukturtypen • Expressis verbis stellen die rechtlichen Regelungen nicht auf einen bestimmten Ehetyp ab • Wertende Zuordnung ergibt, dass Gesetzgeber vorwiegend den Ehetyp der Alleinverdienerehe geregelt hat • =>Erfordernis anderweitiger vertraglicher Regelungen für die anderen Ehetypen

  22. TypenlehreEinsatz des Komparativs • Komparativ = Gültigkeit einer Annahme, die auf der Vergleichung mehrerer ähnlicher Dinge beruht - Dient der Bildung abgestufter Typenreihen • Bsp. Scheidungsfolgen • Zugewinn- und Versorgungsausgleich sollen dem nicht berufstätigen Partner den Zuwachs am Vermögen sichern und eine Existenz nach der Ehe gewährleisten • Sachgerecht bei Einverdienerehe • Nicht sachgerecht bei kinderloser Doppelverdienerehe • Viele Zwischenformen denkbar (z.B. Zuverdienerehe mit Kind)

  23. Typenlehre Bildung von Vertragstypen • Vertragstypus und Zuordnung von Rechtsfolgen werden durch Vertragszweck bestimmt • Folgerung aus „der Natur der Sache“ • Bsp.: aus der Natur der Sache der verschiedenen Ehetypen folgt, dass ein sachgerechter Ehevertrag bei einer Hausfrauenehe, den Zugewinnausgleich nicht kompensationslos ausschließen sollte, während das bei einer Doppelverdienerehe sachgemäß sein kann

  24. TypenlehreBildung von Vertragstypen • 1. Stufe: Bildung von Fallgruppen als Sachverhaltstypen • 2. Stufe: Bildung von Vertragstypen als Gestaltungstypen

  25. Beispiel zur TypenlehreWie würden Sie diesen Fall einordnen? Jochen Drempel (D) ist 32 Jahre alt, und arbeitet als Architekt in dem vor drei Jahren von seinem Bruder gegründeten Architekturbüro Drempel & First in Hamburg. Das Büro floriert und hat gute Aussichten, auch in der nächsten Zukunft gegen den allgemeinen Trend weiter zu wachsen. D will die achtundzwanzigjährige Anne-Kathrin Wesendonk (W) heiraten. W stammt aus einer wohlhabenden Hamburger Kaufmanns-familie und arbeitet nach ihrem BWL-Studium als leitende Angestellte bei einer Privatbank in der Hansestadt. Ihre Tätigkeit dort will sie auch nach der Heirat unbedingt fortsetzen. Selbst wenn sich nach der Eheschließung Kinder bei D und W einstellen sollten, was beide sich wünschen, will sie sobald wie möglich wieder in den Beruf. D ist der Auffassung, dass W zur Erziehung der Kinder besser im Beruf aussetzen solle, bis diese zur Schule gehen. Er meint, dass er W auch davon überzeugen könne, wenn es erst einmal soweit ist.

  26. Bildung von Vertragstypen am Beispiel der Ehevertragsgestaltung • „Vom Ehetyp zum Ehevertragstyp, der dem Ehetyp entspricht“ • 1. Ehetypen • Verschiedene Unterscheidungskriterien: • Berufstätigkeit der Ehepartner • Kinder • Lebensalter • Ehe mit großem Altersunterschied • Vermögen

  27. Bildung von Vertragstypen am Beispiel der Ehevertragsgestaltung • 2. Fallgruppenbildung • Nach rechtlichen Kriterien: Ehegüter- und Scheidungsfolgenrecht und die Freiheit abweichende Regelungen zu treffen • Aufarbeitung der Lebenswirklichkeit unter rechtlichen Gesichtspunkten • Die einzelnen Kriterien: • Berufstätigkeit: Zugewinn-, Versorgungsausgleich • Kind: Verzicht auf eigenen Vermögenserwerb, Alterssicherung • Vermögen: z.B. scheidungsbedingte Gefährdung des Betriebsvermögens des Unternehmers

  28. Bildung von Vertragstypen am Beispiel der Ehevertragsgestaltung • 3. Die gesetzlich geregelte Fallgruppe • Einverdienerehe • 4. Der Bereich des Ehevertrages • Folge: je weiter sich der Ehetyp von der kindbestimmten Einverdienerehe entfernt, desto verfehlter ist die gesetzliche Regelung • 5. Ehevertragstypen • Verschiedene typ. Ehevertragsgestaltungen • Kein Numerus clausus • z.T. Prognoseprobleme (z.B. bei jungen kinderlosen Ehen – wie wird sich die Berufstätigkeit entwickeln, Kinder etc.?) Solange der Vertragstyp fallgruppengerecht ist, ist er legitim und konsensfähig.

  29. Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber Obligatorischer Inhalt des Rechtsgeschäfts Fakultativer Inhalt des Rechtsgeschäfts (accidentalia negotii) Mußinhalt essentialia negotii Sollinhalt 1. Schritt: Ermitteln der gesetzlichen Ausgangslage Es besteht eine gesetzliche oder vertragliche Pflicht, das betreffende Rechtsgeschäft abzuschließen. Das Gesetz schreibt den Inhalt oder einen Teil davon durch eine zwingende Norm vor. Damit ist die Frage, ob es zweckmäßig ist eine bestimmte Klausel in das Rechtsgeschäft aufzunehmen, gegenstandslos. Die Klausel muß in den Vertrag aufgenommen werden. Es besteht keine gesetzliche oder vertragliche Pflicht, das betreffende Rechtsgeschäft abzuschließen. Als Vorfrage ist nun zu klären, ob es zweckmäßig ist, das betreffende Rechtsgeschäft überhaupt zu schließen. Die Zweckmäßigkeit wird hier soweit unterstellt. Das betreffende Rechtsgeschäft kommt nur zustande, wenn seine essentialia negotii erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall kann kein Vertrag entstehen und die gewünschte Rechtsfolge tritt nicht ein. Damit ist es diesbezüglich zwar nicht rechtlich, jedoch faktisch geboten, die entsprechende Klausel in den Vertrag aufzunehmen. Es bestehen Ordnungsvorschriften, wonach eine bestimmte Klausel in den Vertrag aufgenommen werden soll. Wird dies unterlassen, zieht dies zwar nicht die Nichtigkeit des Vertrages als Rechtsfolge nach sich, es können aber sonstige Rechtsfolgen ausgelöst werden (z.B. Aufsichts- oder Disziplinarmaßnahmen). Es besteht damit hier rein praktisch eine Pflicht, eine entsprechende Klausel aufzunehmen. Gesetz ist zwingend Gesetz ist dispositiv • 2. Schritt: Knappe Analyse der wichtigsten Rechtsfolgen, der rechtlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten: • Gestaltungsmöglichkeit 1 • Gestaltungsmöglichkeit 2 • Gestaltungsmöglichkeit 3 etc... 2. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Entweder: Keine Aufnahme der Klausel in den Vertrag, da diese aufgrund der zwingenden gesetzlichen Vorschriften keinen Regelungsgehalt hat. Oder: Aufnahme der Klausel in den Vertrag trotz zwingender gesetzlicher Vorschriften, um die Rechtslage klarzustellen. Klausel hat deklaratorischen Charakter. 3. Schritt: Abwägen zwischen der dispositiven gesetzlichen Regelung und den jeweiligen zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der verschiedenartigen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte.  4. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung • Im Ergebnis ist Abgrenzung • Muß-Inhalt • essentialia negotii • Soll-Inhalt • aus dem Blickwinkel der Vertragsgestaltung unerheblich. Der Kautelarjurist ist rechtlich oder mindestens faktisch gezwungen eine solche Klausel in den Vertrag aufzunehmen. Lediglich die Begründung, warum die Klausel aufzunehmen ist und die Rechtsfolge, wenn die Klausel fehlt ist unterschiedlich. Entweder: Beibehalten der dispositiven gesetzl. Regelung als zweckmäßiger als jede Gestaltungsmöglichkeit. Da nicht abbedungen, tritt dispositive gesetzl. Regelung ein, ohne das Klausel notwendig ist. Klausel kann nur das Gesetz wiederholen oder auf Norm verweisen (deklaratorische Klausel zur Klarstellung) Oder: Eine Gestaltungsmöglichkeit ist zweckmäßiger als die dispositive gesetzl. Regelung und alle weiteren Gestaltungsmöglichkeiten: Die dispositive gesetzl. Regelung wird durch Aufnahme dieser Gestaltungsmöglichkeit als Klausel im Vertrag abbedungen. Die Klausel besitzt einen Regelungsgehalt. Sie ist konstitutiv. Hier liegt der Schwerpunkt der Kautelarjurisprudenz ! 5. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Entweder: Keine Aufnahme der Klausel in den Vertrag, da sie keinen eigenständigen Regelungsgehalt hat. Oder: Aufnahme der Klausel in den Vertrag, um die Rechtslage klarzustellen.

  30. Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber (2) Obligatorischer Inhalt des Rechtsgeschäfts Fakultativer Inhalt des Rechtsgeschäfts (accidentalia negotii) Mußinhalt essentialia negotii Sollinhalt Es besteht eine gesetzliche oder vertragliche Pflicht, das betreffende Rechtsgeschäft abzuschließen. Das Gesetz schreibt den Inhalt oder einen Teil davon durch eine zwingende Norm vor. Damit ist die Frage, ob es zweckmäßig ist eine bestimmte Klausel in das Rechtsgeschäft aufzunehmen, gegenstandslos. Die Klausel muß in den Vertrag aufgenommen werden. Es besteht keine gesetzliche oder vertragliche Pflicht, das betreffende Rechtsgeschäft abzuschließen. Als Vorfrage ist nun zu klären, ob es zweckmäßig ist, das betreffende Rechtsgeschäft überhaupt zu schließen. Die Zweckmäßigkeit wird hier soweit unterstellt. Das betreffende Rechtsgeschäft kommt nur zustande, wenn seine essentialia negotii erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall kann kein Vertrag entstehen und die gewünschte Rechtsfolge tritt nicht ein. Damit ist es diesbezüglich zwar nicht rechtlich, jedoch faktisch geboten, die entsprechende Klausel in den Vertrag aufzunehmen. Es bestehen Ordnungsvorschriften, wonach eine bestimmte Klausel in den Vertrag aufgenommen werden soll. Wird dies unterlassen, zieht dies zwar nicht die Nichtigkeit des Vertrages als Rechtsfolge nach sich, es können aber sonstige Rechtsfolgen ausgelöst werden (z.B. Aufsichts- oder Disziplinarmaßnahmen). Es besteht damit hier rein praktisch eine Pflicht, eine entsprechende Klausel aufzunehmen.  Im Ergebnis ist Abgrenzung Muß-Inhalt, essentialia negotii, Soll-Inhalt aus dem Blickwinkel der Vertragsgestaltung unerheblich. Der Kautelarjurist ist rechtlich oder mindestens faktisch gezwungen eine solche Klausel in den Vertrag aufzunehmen. Lediglich die Begründung, warum die Klausel aufzunehmen ist und die Rechtsfolge, wenn die Klausel fehlt ist unterschiedlich.

  31. Weiter auf Folie Weber 4 Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber (3) Fakultativer Inhalt des Rechtsgeschäfts (accidentalia negotii) 1. Schritt: Ermitteln der gesetzlichen Ausgangslage Gesetz ist zwingend Gesetz ist dispositiv 2. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung • 2. Schritt: Knappe Analyse der wichtigsten Rechtsfolgen, der rechtlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten: • Gestaltungsmöglichkeit 1 • Gestaltungsmöglichkeit 2 • Gestaltungsmöglichkeit 3 etc... Entweder: Keine Aufnahme der Klausel in den Vertrag, da diese aufgrund der zwingenden gesetzlichen Vorschriften keinen Regelungsgehalt hat. Oder: Aufnahme der Klausel in den Vertrag trotz zwingender gesetzlicher Vorschriften, um die Rechtslage klarzustellen. Klausel hat deklaratorischen Charakter.

  32. Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber (4) Fortsetzung von Folie Weber 3 3. Schritt: Abwägen zwischen der dispositiven gesetzlichen Regelung und den jeweiligen zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der verschiedenartigen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte. 4. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Entweder: Beibehalten der dispositiven gesetzl. Regelung als zweckmäßiger als jede Gestaltungsmöglichkeit. Da nicht abbedungen, tritt dispositive gesetzl. Regelung ein, ohne das Klausel notwendig ist. Klausel kann nur das Gesetz wiederholen oder auf Norm verweisen (deklaratorische Klausel zur Klarstellung) Oder: Eine Gestaltungsmöglichkeit ist zweckmäßiger als die dispositive gesetzl. Regelung und alle weiteren Gestaltungsmöglichkeiten: Die dispositive gesetzl. Regelung wird durch Aufnahme dieser Gestaltungsmöglichkeit als Klausel im Vertrag abbedungen. Die Klausel besitzt einen Regelungsgehalt. Sie ist konstitutiv. Hier liegt der Schwerpunktder Kautelarjurisprudenz ! Weiter auf Folie Weber 5

  33. Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber (5) Fortsetzung von Folie Weber 4 4. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Oder: Eine Gestaltungsmöglichkeit ist zweckmäßiger als die dispositive gesetzl. Regelung und alle weiteren Gestaltungsmöglichkeiten: Die dispositive gesetzl. Regelung wird durch Aufnahme dieser Gestaltungsmöglichkeit als Klausel im Vertrag abbedungen. Die Klausel besitzt einen Regelungsgehalt. Sie ist konstitutiv. Hier liegt der Schwerpunktder Kautelarjurisprudenz ! Entweder: Beibehalten der dispositiven gesetzl. Regelung als zweckmäßiger als jede Gestaltungsmög-lichkeit. Da nicht abbedungen, tritt dispositive gesetzl. Regelung ein, ohne das Klausel notwendig ist. Klausel kann nur das Gesetz wiederholen oder auf Norm verweisen (deklaratorische Klausel zur Klarstellung) 5. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Entweder: Keine Aufnahme der Klausel in den Vertrag, da sie keinen eigenständigen Regelungsgehalt hat. Oder: Aufnahme der Klausel in den Vertrag, um die Rechtslage klarzustellen.

  34. Informationsgewinnung

  35. Informationsgewinnung - Ausgangssituation Aufgabe des Rechtsanwalts: Beschaffung weiterer Informationen durch gutes Zuhören und gezieltes Fragen Schilderungen des Mandanten: Fehlen zahlreicher juristisch relevanter Informationen und Schilderung zahlreicher juristisch irrelevanter oder vager Informationen Kein fertiger Sachverhalt

  36. Soziale Problemlage / Konfliktkonstellation Unspezifisches Hilfeersuchen Wahrnehmung Allgemeine Problemdefinition Problemdefinition in rechtlichen Kategorien Problemerkenntnis Rechtsberatung Verengung auf rechtliche Durchsetzung Vertragsentwurf Filterfunktion des Rechtsanwalts

  37. Das Mandantengespräch Unmögliches Ziel Zielkonflikte (Möglichkeit einer Vorrangzuweisung prüfen) Offener Regelungsbedarf = Ausdrücklich geschildertes Ziel des Mandanten Versteckter Regelungsbedarf = bislang nicht berücksichtigte Gesichtspunkte

  38. MandantengesprächKommunikationsebenen Sachebene Beziehungsebene Rückkopplung Mandant Anwalt Rückkopplung Reflexives Verhalten Rückkopplung Regelmäßig Divergenz in der Relevanzstruktur asymmetrischer Entscheidungshorizont

  39. Sachinhalt Appell Selbstoffenbarung Sender Nachricht Empfänger Beziehung Differenziertes Kommunikationsmodell nach Schulz v. Thun[1] [1]nach Schulz v. Thun, Friedemann, Psychologische Vorgänge in der zwischenmenschlichen Kommunikation, in Fittkau / Müller / Schulz v. Thun, Kommunizieren lernen, Braunschweig 1977

  40. Mandantengespräch - Gesprächstechnik • Aufklärung des relevanten Parteiwillens • Zuhören können – Grundlage der VertrauensbasisTechnik des „Aktiven Zuhörens“ • Strukturiertes Fragen - Differenzierungs- und AuswahlprozessSteuerung durch offene und geschlossene Fragen • Zeitlich punktuelle und zukunftsoffene Gestaltungen • Interaktion und Kooperation • Adäquate Sprachebene

  41. Typen des Mandanten nach B. Heussen

  42. Mandantengespräch Kommunikationsablauf zwischen Anwalt und Mandant[1] Vorphase Soziale Kommunikation, Herstellung der Beziehungsebene,Begründung des Mandatsverhältnisses 1. Phase Mandant informiert Anwalt 2. Phase Anwalt erfragt weitere Informationen. Je nachdem für wie groß er die Kongruenz in der Relevanzstruktur hält, lässt er den Mandan-ten alles chronologisch erzählen, oder er fragt gezielt nach. 3. Phase Anwalt subsumiert. Anwalt informiert den Mandanten über die Rechtslage und die möglichen Vorgehensstrategien. 4. Phase [1] nach Bähring, Winfried / Roschmann, Christian / Schäffner, Lothar: Das Mandantengespräch, Essen 1989

  43. Kommunikationsablauf zwischen Anwalt und Mandant (2) 4. Phase Anwalt informiert den Mandanten über die Rechtslage und die möglichen Vorgehensstrategien. 5. Phase Rückkopplung der Entscheidungsfolgen beim Mandanten: Nachdem der Anwalt dem Mandanten seine Auffassung mitgeteilt hat, beteiligt er diesen an der Entscheidung, ob die Konsequen-zen der anwaltlichen Auffassung weiter verfolgt werden sollen oder nicht: dies insbesondere, wenn mehrere Alternativen zur Dis-kussion stehen oder eventuelle Konsequenzen für den Mandan-ten nicht erkennbar oder eindeutig sind. Wenn der Mandant dies nun wünscht, erbringt der Anwalt Folgeleistungen (zum Beispiel Entwurf Vertrag). 6. Phase Phase 2 bis 6 erfolgen nach jedem weiteren kommunikativen Austausch, ob dieser vom Mandanten, vom Gegner oder von einem Dritten kommt.

  44. Nutzung von zusätzlichen Informationsquellen • Informationsdateien (z.B. Creditreform, Schimmelpfeng) • Telefonbuch, Branchenverzeichnis • Internet • Register (Handelsregister, Grundbuch, Familienregister etc.) • Beauftragung eines Sachverständigen oder Spezialisten (z.B. Wirtschaftsprüfer, Marktanalyst, technischer Gutachter, etc.) • Auskünfte von Behörden • Gespräch mit dem Vertragsgegner

  45. Informationsgewinnung als Rechtspflicht • Verpflichtung des RA, vor rechtlicher Beratung den zu begutachtenden Sachverhalt genau aufzuklären • grundsätzlich darf der Richtigkeit der Angaben des Mandanten vertraut werden • bei lückenhaften Informationen auf Vervollständigung drängen • Klärung von Rechtsbehauptungen des Mandanten • Umfang der Pflicht richtet sich nach dem erteilten Mandat • Verpflichtung zur Abwehr wirtschaftlicher Gefahren • Belehrung des Mandanten über das rechtliche Risiko, falls Mandant Mitwirkungspflicht bei Informationsbeschaffung verletzt

  46. Informationsgewinnung als Rechtspflicht (2) • Kein Verpflichtung zu eigenen Ermittlungen wenngleich öffentlich zugängliche Informationsquellen genutzt werden sollten

  47. Formulieren des Vertrages

  48. Technik (1) • Ermitteln des Regelungsziels: des zugrunde liegenden Sachverhalts, der Zielvorstellungen und Interessen • Ermittlung des generellen Regelungsbereichs (Erfüllungsplanung und Risikoplanung mit Blick in die Zukunft) • Ermittlung der Regelungsnotwendigkeiten (Feststellung der bestehenden Rechtslage zur Ermittlung des Regelungsbedarfs)

  49. Technik (2) • Erarbeitung des Vorschlags im Detail • Zusammenstellung der in Betracht kommenden Gestaltungsmöglichkeiten • Sammeln und Analysieren der Vor- und Nachteile der verschiedenen Regelungsmöglichkeiten • Abwägung mit anschließendem Vorschlag

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