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Sterbehilfe und Strafrecht

Sterbehilfe und Strafrecht. Vorbereitung auf den Gastvortrag von Prof. Dr. med. F. Oehmichen am 27. Juni 2013 (17.00 Uhr im GER 037) (gemeinsame Veranstaltung von ELSA-Dresden und der Forschungsstelle Medizinstrafrecht an der Juristische Fakultät).

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Sterbehilfe und Strafrecht

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Presentation Transcript


  1. Sterbehilfe und Strafrecht Vorbereitung auf den Gastvortrag von Prof. Dr. med. F. Oehmichen am 27. Juni 2013 (17.00 Uhr im GER 037) (gemeinsame Veranstaltung von ELSA-Dresden und der Forschungsstelle Medizinstrafrecht an der Juristische Fakultät)

  2. allgemeine Vorbemerkung (ärztliches Handeln und Recht) allgemeines Spannungsverhältnis bei rechtlichen Regelungen im Arzt/Patienten-Verhältnis: einerseits: Unentbehrlichkeit rechtlicher Grenzziehung andererseits: Anerkennung eines sachnotwendig gebotenen ärztlichen „Freiraums“

  3. allgemeine Vorbemerkung (ärztliches Handeln und Recht) Konsequenz: Recht als bloßer Rahmen (zB iZm §§ 229, 222 StGB/Fahrlässigkeit): Freiheit der Therapiewahl => Grenze: „Kunstfehler)

  4. allgemeine Vorbemerkung (ärztliches Handeln und Recht) Aber: wesentliche Ausnahme: „Zugriffsberechtigung" bei körperlichen Eingriffen =>(mutmaßliche) Einwilligung des Patienten oder seines Vertreters als zwingende Voraussetzung rechtmäßigen ärztlichen Handelns (andernfalls: §§ 223 ff. StGB [+]

  5. allgemeine Vorbemerkung (ärztliches Handeln und Recht) ständige RSpr.: jeder (!) ärztliche Heileingriff als einwilligungsbedürftige Körperverletzung: auch bei vitaler Indikation keine ärztliche Befugnis zur eigenmächtigen Heilbehandlung ggf. Sanktionierung aus §§ 223 Strafgesetzbuch, 823 BGB (Schadensersatz)

  6. allgemeine Vorbemerkung (ärztliches Handeln und Recht) Also stets zu fragen: Ist Weiterbehandlung vom Willen des Patienten (bzw. seines Vertreters) gedeckt?

  7. allgemeine Vorbemerkung (ärztliches Handeln und Recht) Entscheidend: Ist die (Weiter)Behandlung vom (mutmaßlichen) Patientenwillen gedeckt? Wenn nicht: Fortfall der ärztlichen Berechtigung zur Heilbehandlung (§ 223 StGB!); dann aber auch: Fortfall der ärztlichen Pflicht zur Lebenserhaltung (=> §§ 212, 13 / 323c StGB entfallen!)

  8. Kein Problem ärztlicher Sterbehilfe: (unterlassene) Maßnahmen nach Eintritt des Todes: => Gesamt-Hirntod --------------------------------------------- Sterbebegleitung: Schmerzbekämpfung als auch strafbewehrte (§§ 223, 13StGB) arztethischePflicht

  9. Fehlende spezialgesetzliche Regelung für Sterbehilfe (außer: §§ 1901a ff. BGB) → Rechtslage aus allgemeinen gesetzlichen Vorgaben zu erschließen

  10. Verbot aktiver Tötung handelndes Setzen einer neuen, den Tod beschleunigenden „Noxe“ → grundsätzlich strafbar - auch auf Verlangen des Patienten (§ 216 StGB aber: Ausnahme =>

  11. indirekte „Sterbehilfe“ => als unbeabsichtigte Nebenfolge notwendiger Schmerzbekämpfung (Wille auf Schmerzlinderung und nicht auf Tötung gerichtet): → erlaubt (und geboten! → s.o. → Sterbebegleitung: Pflicht zur Schmerbekämpfung [auch aus §§ 223, 13 StGB]): - auch als „terminale Sedierung“

  12. indirekte „Sterbehilfe“ • → Abgrenzung zur verbotenen aktiven Tötung [o. (1)] gemäß Dosierungsindikation • → keine Beschränkung auf Todesnähe • → Einbeziehung auch sonstiger schwerer Leidenszustände (zB Luftnot)

  13. indirekte „Sterbehilfe“ Konstruktive Umsetzung der Straflosigkeit: - § 34 StGB: patienten-interne (!) Abwägung (Leben[srest] ./. Schmerz- und Leidensminderung)

  14. Suizidunterstützung aktive Hilfe zum freiverantwortlichenSuizid (Patient tötet sich selbst): - zwar standesrechtlich untersagt - aber straffrei (keine Anstiftung, § 26 StGB, oder Beihilfe, § 27 StGB, da keine teilnahmefähige Haupttat)

  15. Suizidunterstützung - Abgrenzung zur - strafbaren - täterschaftlichen Tötung (§§ 212, 216 StGB): => Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden Akt (zB Giftspritze => Arzt als Täter / Medikamentenüberlassung => Arzt als strafloser Gehilfe) => Tatherrschaft des Dritten (zB Arztes) trotz ubr. Handlungsvollzuges durch Suizidenten im Falle eines „unfreien“ Suizids (zB durch Dementen) Maßstab für fehlende Freiverantwortlichkeit str.: Einwilligungs - contra Exkulpationslösung

  16. Suizidunterstützung • Zusatzproblem: unterlassene Lebensrettung nach Suizidversuch • - nach BGHSt 32, 367 - Fall Wittig: • Unterlassungstäterschaft eines Garanten (hier: des Arztes) aus §§ 212/216, 13 StGB, sofern: • - Rettung möglich • - Rettung zumutbar • - [aA die ganz herrschende Lehre: „Kündigung der Garantenstellung“ / aktive • Suizidförderung ja ebenfalls straflos]

  17. Suizidunterstützung ferner: Unterlassungstäterschaft nach § 323c StGB: - für Jedermann (also auch für Arzt) - Suizidversuch als Unglücksfall (str.) - Rettung unzumutbar (bspw. bei Rettungsverbot durch Suizidenten oder bei wiederholtem Suizidversuch)

  18. Suizidunterstützung (de lege ferenda) Strafrechtliches Verbot von Organisationen zur Förderung des Suizids (zB „Exit“ oder „Dignitas“) RegE § 217 StGB (bei Fischer, Strafgesetzbuch, 60. Aufl. 2013): (1) Wer absichtlich und gewerbsmäßig einem anderen die Gelegenheit zu einer Selbsttötung gewährt, verschafft oder vermittelt, wir mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ein nicht gewerbsmäßig handelnder Teilnehmer ist straffrei, wenn der in Absatz 1 genannte andere sein Angehöriger oder eine ihm nahestehende Person ist.

  19. Passive Sterbehilfe (Behandlungsbegrenzung) = Unterlassen der auf Lebensverlängerung ausgerichteten Maximaltherapie (= lebensverkürzende Therapie-Umstellung auf palliative Versorgung) - bislang ebenfalls gesetzlich nicht speziell geregelt -

  20. Passive Sterbehilfe → für rechtliche Behandlung ohne Belang: Nichtaufnahme einer lebensverlängernden Behandlung oder deren Abbruch! Abbruch lebensverlängernder Behandlung durch Untätigbleiben (zB bei Begleitkrankheit) oder aktives Tun (sog. technischer Behandlungs-abbruch: „Abschalten“)!

  21. Passive Sterbehilfe • keine Todesnähe erforderlich • (bei entsprechendem Patientenwillen) • auch Absetzen der künstlichen • Ernährung (iwS) zulässig • entgegenstehende Gewissens- • entscheidung von Ärzten/Pflegekräften: • nicht legitimierend für Weiterbehandlung

  22. Dogmatische Umsetzung der passiven Sterbehilfe (= Behandlungsabbruch) a) sofern Unterlassen (zB keine weitere künstl. Ernährung) → Wegfall der Garantenstellung: §§ 212, 13 StGB (-)

  23. Dogmatische Umsetzung der passiven Sterbehilfe (= Behandlungsabbruch) b) sofern aktives Tun (zB Abschalten der künstlichen Beatmung) - Unterlassen durch Begehen (urspr. hL) → Wegfall der Garantenstellung: §§ 212, 13 StGB (-) - aktives Tun, aber rechtsfertigungsfähig (hL): [- MA: TB-Restriktion] - § 34 StGB ODER - Art. 2 I, 2 II GG als RFG ODER - (mutm.) Einwilligung in Behandlungsabbruch (BGH)

  24. Passive Sterbehilfe und Wille des Patienten Unterscheide: Aktuell erklärte (Nicht-) Einwilligung des Patienten Vorab erklärte (Nicht-)Einwilligung Fehlende [mutmaßliche]) (Nicht-) Einwilligung

  25. Passive Sterbehilfe und Wille des Patienten Aktuell erklärte (Nicht-) Einwilligung des Patienten => Weiterbehandlung als rechtswidrige Verletzung des Körpers sowie (zivilr.) des allg. Persönlichkeitsrechts!

  26. Passive Sterbehilfe und Wille des Patienten Vorab erklärte (Nicht-)Einwilligung Gesetzliche Regelung in §§ 1901a ff. BGB (Betreuungsrecht) Zur Patientenverfügung =>

  27. Zur Patientenverfügung Patientenverfügung (§ 1901a Absatz 1 BGB) = • eine schriftliche Vorausverfügung • einer einwilligungsfähigen volljährigen Person • für den Fall ihrer Einwilligungsunfähigkeit, • ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende • Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt. Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  28. Abgrenzung zu Vorsorgevollmacht u. Betreuungsverfügung Die Patientenverfügung ist von Vorsorgevollmacht u. Betreuungsverfügung zu unterscheiden: • Vorsorgevollmacht = Vollmacht für den Fall, dass der Vollmachtgeber seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann (z.B. Gesundheitsfürsorge, Pflege, Vermögens- u. Behördenangelegenheiten). => Konsequenzen: ggf. wie bei Patientenverfügung • Betreuungsverfügung = Vorschlag des Verfügen-den, welche Person vom Betreuungsgericht als Be-treuer im Bedarfsfall eingesetzt werden soll. Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  29. Rechtliche Behandlung von Patientenverfügungen (I) Rechtslage bis September 2009: • Keine ausdrückliche gesetzliche Regelung. • Geprägt durch Rechtsprechung der Gerichte. • Grundsatzentscheidung BGH vom 17.03.2003: - Patientenverfügungen prinzipiell verbindlich, da Selbstbestimmungsrecht und Menschenwürde Beachtung dieser eigenverantwortlichen Entschei- dung gebieten. - Voraussetzung: Wille des Patienten eindeutig und sicher für die konkrete Behandlungssituation fest- stellbar (Todesnähe? Gericht nur bei Dissens Arzt/Betreuer). Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät 29

  30. Rechtliche Behandlung von Patientenverfügungen (II) Neue Rechtslage seit September 2009: • Patientenverfügung seit September 2009 in den §§ 1901a ff. BGB verbindlich gesetzlich normiert. • Betreuer/Bevollmächtigter als Vertreter des Patienten müssen dem geäußerten Willen des Patienten Ausdruck verleihen und diesen zusammen mit Arzt umsetzen, wenn - die getroffenen Festlegungen zur konkreten Lebens- und Behandlungssituation passen, - kein gesetzliches Verbot (zB Tötung auf Verlangen) betroffen ist, - kein äußerer Druck oder Irrtum ersichtlich ist, - es sich um den noch aktuellen Willen handelt. Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  31. Keine Reichweitenbeschränkung • Patientenverfügungen sind für jedes Krankheitsbild rechtlich zulässig. • Keine Beschränkung der Gültigkeit von Behand-lungsverzichtserklärungen in Patientenverfügungen auf Fälle, in denen der Patient an einer „irreversibel tödlich verlaufenden Grunderkrankung“ (so BGH vor 2009) leidet. • Behandlungsentscheidung des Patienten „unab-hängig von Art und Stadium der Erkrankung“ (§ 1901a Absatz 3 BGB): keine „Todesnähe“ erforderlich. Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  32. Formerfordernisse • Keine ärztliche und rechtliche Beratung notwendig, um eine verbindliche Patientenverfügung aufzu-setzen • Einziges Formerfordernis: Schriftlichkeit. (also kein notarielles/ärztliches Beglaubigungs-erfordernis) Der Widerruf der Patientenverfügung ist allerdings formlos - etwa mündlich - möglich (Problem: schlüssiges Verhalten?). • Kein Aktualisierungszwang Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  33. Gleichstellung von Bevollmächtigtem u. Betreuer • Gesetzliche Regelung sieht Gleichbehandlung von Betreuer und Bevollmächtigtem vor. (Siehe: §§ 1901a Absatz 5, 1901b Absatz 3, 1904 Absatz 5 Satz 1 BGB) • Sachgerecht, da meist Bevollmächtigter und Betreuer ohnehin aus dem selben Personenkreis stammen. - Bevollmächtigter: Patient wählt zumeist enge Vertrauenspersonen aus Freundeskreis und Fa- milie (Ehegatte, Kinder, Eltern) aus. - Betreuer: Betreuungsgericht wählt nach gesetzlichen Vorgaben (§ 1897 Absatz 4 Satz 1 BGB) – sofern möglich - aus genau demselben Personenkreis eine geeignete Person aus. Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  34. Missbrauchskontrolle iZm §§ 1901a ff. BGB Dem Schutz vor missbräuchlichem Verhalten dienen: • Arzt und Betreuer/Bevollmächtigtem gemeinsam mit Wahrung der Patienteninteressen betraut • Einschaltung der Angehörigen (=> Anhörung) im Rahmen der „sozialen Kontrolle“ gemäß § 1901b BGB. [aber: kein ärztl./pflegerisches Konzil erforderlich] • Gerichtliche Kontrolle: Nur vorgesehen für den Fall, dass kein Einvernehmen zwischen Arzt und Vertreter herzustellen ist in Bezug auf den Patientenwillen hinsichtlich einer medizinischen Maßnahme (§ 1904 Absatz 4 BGB). Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  35. Strafbarkeits- und Haftungsrisiken des Arztes • Die körperliche Unversehrtheit des Menschen und sein Selbstbestimmungsrecht sind grundrechtlich geschützt (Art. 2 Absatz 1, 2 sowie Art. 1 I GG). • Jeder Eingriff in die körperliche Integrität stellt rechtlich eine Körperverletzung dar, auch wenn Ziel des Eingriffs die Heilung des Patienten ist. • Ärztliche Behandlungen bedürfen deshalb zu ihrer Rechtfertigung die Einwilligung des Patienten. Liegt eine solche Einwilligung nicht vor, bleibt die Maßnahme zivilrechtswidrig und strafbar. • Also: Genau zu prüfen, welche Maßnahmen dem Patientenwillen entsprechen und wie diesbezüglich vorzugehen ist. Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  36. Verantwortung u. Indikationsstellung des Arztes • Ärztliche Feststellung, ob eine bestimmte Maßnahme medizinisch indiziert ist oder nicht, ist von ent-scheidender Bedeutung. • Liegt keine medizinische Indikation vor, so erübrigen sich alle Überlegungen zur Einschlägigkeit der Patientenverfügung, Konsensfindung mit Vertreter sowie Einschaltung des Betreuungsgerichts. • Medizinische Indikation hat objektiv und neutral zu erfolgen, nicht unter Zugrundelegung der Wert-vorstellungen des Arztes selbst (etwa was er unter „menschenwürdigem Leben bzw. Sterben“ versteht). Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  37. Entscheidungsweg u. Verfahrensgang im ärztlichen Alltag (I)[s.Beckmann, MedR 2009, S. 582, 585] • Behandlung gemäß aktuell erklärtem Patientenwillen: Medizinische Indikation? Patient aktuell entscheidungsfähig? + Aktuelle Willens-entscheidung des Patienten + - Patientenverfügung vorhanden? - s.u.- Behandlung/Nicht-behandlung Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  38. Entscheidungsweg u. Verfahrensgang im ärztlichen Alltag (II) [s.Beckmann, MedR 2009, S. 582, 585] 2. Behandlung gemäß Patientenverfügung: Patientenverfü-gung vorhanden? Einschlägig für aktuelle Lebens- u. Behandlungssituation? + - + - Betreuungs-gericht - Einver-nehmen zw. Arzt u. Vertreter Mutmaßlicher Patientenwille? - s.u. - Behandlung/Nichtbehand-lung + Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  39. Entscheidungsweg u. Verfahrensgang im ärztlichen Alltag (III) [s.Beckmann, MedR 2009, S. 582, 585] 3. Behandlung gemäß mutmaßlichem Patientenwillen: Mutmaßlicher Patientenwille? Behandlungswünsche des Patienten konkret ermittelbar? - + Betreuungs-gericht - Einver-nehmen zw. Arzt u. Vertreter Wohl des Patienten?? - s.u. - Behandlung/Nichtbehand-lung + Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  40. Entscheidungsweg u. Verfahrensgang im ärztlichen Alltag (IV) 4. Behandlung gemäß dem Wohl des Patienten: Wohl des Patienten? = Teil der Indikation objektive, allgemeine Wertvorstellungen („in dubio pro vita“)? Betreuungs-gericht - Einvernehmen zw. Arzt u. Vertreter Behandlung/Nichtbehand-lung + Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  41. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen • Einseitiger Behandlungsabbruch => nach wie vor ungelöst! • Ausweichen auf mutmaßliche Einwilligung? =>bloße Fiktion bzw. Gefahr verschleierter Fremdbestimmung Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  42. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen Weitere Ansätze: Güterabwägung - § 34 StGB (wie bei indirekter Sterbehilfe)? • aber: Für patienten-interne Abwägung (Leben[srest] ./. Schmerzbekämpfung) hier kein Raum: • stattdessen [Merkel]: Güterabwägung: "biologisches" Leben ./. fehlendes Lebensinteresse"? Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  43. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen • Weitere - isoliert nicht überzeugende - Ansätze: • Sinnlosigkeit weiterer ärztlicher Bemühungen • Unzumutbarkeit der Weiterbehandlung für den Arzt • Menschenwürde des „Sterbenden“ • Unverhältnismäßigkeit von Aufwand und potentiellem Erfolg • Zielsetzung ärztlichen Auftrags => Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  44. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen • Zielsetzung ärztlichen Auftrags: • gerichtet auf „Erhaltung und Ermöglichung menschlicher Selbstverwirklichung“ [Eser] • Endet mangels Möglichkeit weiterer Selbstwahrnehmung => bei unwiderruflichem Verlustes jeglicher Reaktions- und Kommunikations-fähigkeit Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  45. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen • Zukünftig rechtswissenschaftlich zu klären: => Behandlungsabbruch bei fehlender medizinischer Indikation? Problem: Indikation • primär als fachliches Urteil über den Wert einer Behandlungsmethode im Einzelfall • aber eben auch: Tor, durch das Ethik Eingang findet in den ärztlichen Entscheidungsprozess (bspw. bei Behandlungsbegrenzung aus utilitaristisch-ökonomischer Erwägung?) Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  46. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen • Abstellen auf Fortfall der Indikation zur weiteren (Maximal-) Behandlung Konsequenz: Fortfall der strafbewehrten Behand- lungspflicht Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  47. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen Fehlende Indikation für Weiterbehan-lung als von Rspr. und Gesetzgebung relativ kritiklos verwandter Schlüsselbegriff der Sterbehilfe, vgl. etwa: - BGHZ 154, 205, 224 (2003) - § 1901b Abs. 1 BGB (2009) - s.a. BÄK (Sterbebegleitung 2011) Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  48. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen • zB BGHZ (2003): „Die medizinische Indikation, verstanden als das fachliche Urteil über den Wert oder Unwert einer medizinischen Behand-lungsmethode in ihrer Anwendung auf den konkreten Fall, begrenzt insoweit den Inhalt des ärztlichen Heilauftrags. … im Schnittfeld naturwissenschaftlicher und medizinethischer Überlegungen nicht immer scharfe Begrenzung.“…. Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  49. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen • Aber: es gibt nicht die Indikation: => Indikation (insb. auch iZm Nicht-behandlung am Lebensende) von Zielstellung abhängig • zu unterscheiden (z.B. Neitzke): - medizinische Indikation - ärztliche Indikation Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

  50. Passive Sterbehilfe bei nicht feststellbarem Patientenwillen • medizinische Indikation = „fachliche Rechtfertigung dafür, dass eine geplante ärztliche Maßnahme in vergleich-baren Fällen medizinisch sinnvoll und damit angezeigt ist“ (Neitzke) bzw. „Grund…, welcher es erlaubt, eine bestimm-te ärztliche Maßnahme durchzuführen, die nach Abschätzung des möglichen Nutzen und Risikos - unter Beachtung etwaiger Kontraindikationen - für den Patienten sinnvoll ist.“ (Oehmichen) Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben - TU Dresden / Juristische Fakultät

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