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Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenerwerb: neurokognitive und psycholinguistische Aspekte

Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenerwerb: neurokognitive und psycholinguistische Aspekte. Deutschlehrertag in Barcelona, 19.-20. September 2008 Prof. Dr. Karin Aguado Universität Kassel karin.aguado@uni-kassel.de. Ausgangsfragen.

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Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenerwerb: neurokognitive und psycholinguistische Aspekte

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Presentation Transcript


  1. Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenerwerb:neurokognitive und psycholinguistische Aspekte Deutschlehrertag in Barcelona, 19.-20. September 2008 Prof. Dr. Karin Aguado Universität Kassel karin.aguado@uni-kassel.de

  2. Ausgangsfragen • Worin unterscheidet sich der Fremdsprachenerwerb einsprachiger und mehrsprachiger Sprecher? • Warum sind Mehrsprachige beim Fremdsprachenerwerb häufig erfolgreicher als Einsprachige? • Gibt es Unterschiede zwischen frühen und späten Mehrsprachigen? • Welche Schlussfolgerungen können aus den empirischen Erkenntnissen der Neurowissenschaften und der L3-Erwerbsforschung für den Fremdsprachenunterricht mit mehrsprachigen Sprechern gezogen werden?

  3. Gliederung • Einleitende Vorbemerkungen zur sprachlichen Ausgangs-situation des DaF-Unterrichts in Spanien • L1-Erwerb – L2-Erwerb – L3-Erwerb: Gemeinsamkeiten und Unterschiede • Mehrsprachigkeit: Definition, Merkmale, Arten • Empirische Ergebnisse zur Mehrsprachigkeit • Zusammenfassung und Empfehlungen für den DaF-Unterricht mit mehrsprachigen Lernenden

  4. Einleitende Vorbemerkungen • Viele DaF-Lernende sind frühbilingual. • Deutsch ist nicht die erste Fremdsprache. • Die ersten Fremdsprachen – Englisch und Französisch – weisen große Überlappungen mit den Erstsprachen der Lernenden auf. • Englisch und Deutsch sind genetisch verwandte Sprachen.

  5. L1-Erwerb – L2-Erwerb – L3-Erwerb INTERNE FAKTOREN • Alter • Sprache • Weltwissen • Aufwand • Erfolg/ultimate attainment • Individuelle Unterschiede

  6. L1-Erwerb – L2-Erwerb – L3-Erwerb EXTERNE FAKTOREN • Zeit • Input • Umgebung • Feedback

  7. Exkurs: Monolingualismus • Der monolinguale Muttersprachler ist eine Fiktion! • Nicht alle Muttersprachler sind perfekte Sprecher ihrer Sprache.

  8. Mehrsprachigkeit: Definition, Merkmale, Arten • Mehrsprachigkeit ist die funktionale sprachliche Handlungskompetenz in mehr als zwei Sprachen. • Mehrsprachig ist, wer sich regelmäßig mehrerer Sprachen bedient und dabei von der einen Sprache in die andere wechseln kann, wenn die Umstände dies erforderlich machen, und zwar unabhängig von: • Symmetrie der Sprachkompetenz • Erwerbsmodalitäten • Nähe/Distanz zwischen den beteiligten Sprachen

  9. Mehrsprachigkeit: Definition, Merkmale, Arten • additiv – subtraktiv • simultan – sukzessiv • symmetrisch – asymmetrisch • dominant – nicht-dominant • stark - schwach

  10. Lernen aus neurowissenschaftlicher Sicht • Lernen ist ein hochgradig individuell ablaufender Prozess. • Das Gehirn ist ein auf das Lernen spezialisiertes Kommunikationssystem, dazu zum einen durch die genetische Ausstattung eines Individuums („nature“) und zum anderen durch dessen Interaktion mit seiner Umwelt („nurture“) bestimmt wird. • Die neuronale Plastizität des Gehirns ist als natürliche Reaktion auf Veränderungen in der Umwelt lebenslang gegeben. • Das menschliche Gehirn ist in seiner Plastizität nutzungsabhängig.

  11. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit Neurowissenschaften • Monolinguale Sprecher und ausgewogen bilinguale Sprecher aktivieren identische Hirnareale. • Bei starken Kompetenzunterschieden und bei sehr unterschiedlichen Erwerbsaltern werden unterschiedliche Hirnareale aktiviert. (Wattendorf et al. (2001); vgl. auch Nitsch 2007)

  12. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit Macht es neurobiologisch für den L3-Erwerb einen Unterschied, ob ein Lernender frühbilingual oder spätbilingual ist? • Frühbilinguale aktivieren überlappende Subareale im Broca-Zentrum (mehr als 50%), und zwar in allen drei Sprachen – auch in der erst nach dem 9. Lebensjahr erlernten Fremdsprache. • Spätbilinguale aktivieren getrennte Subareale, die sich nur zu einem geringen Teil überlappen (weniger als 25%).

  13. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit Zwischenfazit I Eine frühe Bilingualität wirkt sich positiv auf den Erwerb weiterer Sprachen aus, weil diese Sprachen die bereits während des (doppelten) L1-Erwerbs aufgebauten Netzwerke nutzen können.

  14. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit Frühbilinguale aktivieren bei der Sprachverarbeitung bevorzugt präfrontale, motorische Hirnareale. Diese Areale sind v.a. für das Arbeitsgedächtnis zuständig. Die zentrale Funktion des Arbeitsgedächtnis besteht darin, aktuell relevante Informationen gegen Störungen von außen zu schützen und gleichzeitig die Aufmerksamkeit auf möglicherweise wichtige Veränderungen in der Umgebung aufrecht zu erhalten.

  15. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit Zwischenfazit II Frühbilinguale vermeiden mittels Aktivierung präfrontaler Hirnareale effizient ungewollte Interferenzen und optimieren so ihren Sprachgebrauch. Diese Verarbeitungsstrategie wenden sie offenbar auch bei später hinzukommenden Fremdsprachen an. Spätbilinguale aktivieren eher hintere sensorische Hirnareale, d.h. sie kontrollieren später gelernte Fremdsprachen anders – sie benötigen dafür möglicherweise mehr kognitive Energie.

  16. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit L2-/L3-Erwerbsforschung • Metasprachliches Wissen • Sprachsensibilität/Sprachbewusstheit • Sprachliche Kreativität • Soziale und kommunikative Kompetenz • Ambiguitätstoleranz • Empathie • Offenheit/Flexibilität

  17. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit Interlingualer Transfer Übertragung von Wissen (deklarativ) und Fertigkeiten (prozedural) aus einem Kontext auf einen situativ, inhaltlich und zeitlich anderen Kontext. Lernersprache/Interlanguage Formal und funktional reduziertes, aber dennoch strukturiertes Sprachsystem, das beim L2-/L3-Erwerb strukturell zwischen den zuvor gelernten Sprachen und der jeweiligen Zielsprache angesiedelt ist, aber auch einige spezifische Merkmale aufweist, hinsichtlich derer es sich von den bereits vorhandenen Sprachsystemen klar unterscheidet.

  18. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit „a bilingual ist not the sum of two complete or incomplete monolinguals; rather, he or she has a unique and specific configuration.” (Grosjean 1985: 467) Ein mehrsprachiger Sprecher ist nicht die Summe mehrerer einsprachiger Sprecher in einer Person. Erworbene Sprachen werden nicht einfach addiert. Sie interagieren miteinander und ergeben eine ganz spezifische Multikompetenz. (Vgl. Cook 1992)

  19. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit „Fremdspracheneffekt“ • Der L3-Erwerb zeichnet sich durch einen spezifischen kognitiven Modus aus, der den Interlanguage-Transfer begünstigt. (Gass & Selinker 1994) • Beim L3-Erwerb wird der Fremdsprachenerwerbsmechanismus und damit die L2 aktiviert. (Hammarberg 2001) • L3-Lernende blenden gezielt die L1 zugunsten der L2 aus.

  20. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit „Vermeide Transfer aus der Muttersprache zugunsten Transfer aus anderen Fremdsprachen!“ (Edmondson 2001:149) • Erwartung, dass die Fremdsprache anders sein muss als die L1. • Nicht-Transfer aus der L1 als Versuch, nicht als Sprecher einer bestimmten L1 erkannt zu werden. • Transfer aus der Identitätssprache L1 wird so lange vermieden wird, wie Übertragungen aus anderen Sprachen möglich sind. • Nicht-Transfer aus der L1 als Langzeitfolge eines Fremdsprachenunterrichts, in dem die Benutzung der L1 stigmatisiert war.

  21. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit Zwischenfazit III „Gesteuerte“ L3-Lernende scheinen den L1-Transfer bewusst zu vermeiden und sich damit potentiell nützlicher Transferquellen zu berauben. Im Unterschied dazu scheint die Nutzung aller vorhandenen Ressourcen – auch der L1 – für frühbilinguale L3-Lernende eine natürliche Strategie zur Kompensation nicht vorhandenen Wissens zu sein. (vgl. z.B. Jessner 1999)

  22. Empirische Forschung zur Mehrsprachigkeit „Psychotypologie“ (Kellerman 1986) • L3-Lernende transferieren nur solche Elemente, Merkmale oder Strukturen, die von ihnen subjektiv für ähnlich gehalten werden: • Je häufiger, transparenter und unmarkierter ein sprachliches Merkmal/eine sprachliche Struktur aus der Sicht eines Lerners ist, desto eher wird es/sie transferiert. • Wenn ein Merkmal/eine Struktur als selten, unregelmäßig, semantisch oder strukturell undurchsichtig oder als sonst wie markiert wahrgenommen wird, findet weniger Transfer statt. • Wenn etwas als für eine Sprache spezifisch empfunden wird, wird es i.d.R. nicht transferiert.

  23. Zusammenfassung • Mit zunehmender Sprachlernerfahrung und wachsendem Sprachbesitz entwickelt sich allmählich ein immer höherer Grad an metasprachlicher Bewusstheit, was letztlich dazu führt, das Lernende das gesamte ihnen zur Verfügung stehende sprachliche Wissen nutzen. • Je mehr positive Erfahrungen Lernende durch die Ausschöpfung ihrer gesamten Ressourcen machen, desto größer ist ihr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und desto autonomer können sie werden. • Der Sprachgebrauch multikompetenter Sprecher zeichnet sich durch multidirektionalen interlingualen Transfer aus.

  24. Empfehlungen für den DaF-Unterricht in Spanien • Systematische Nutzung des gesamten sprachlichen Vorwissens ressourcen- und nicht defizitorientiertes Lernen • Altersgerechter DaF-Unterricht, bei dem sprachlernerfahrene L3-Lernende von ihrer expliziten, reflexiven Lernfähigkeit profitieren • Fokussierung der Aufmerksamkeit auf sprachliche Ähnlichkeiten • Gezieltes Training des interlingualen Transfers unter Einbeziehung aller zuvor erworbenen/gelernten Sprachen • Massiver Input und intensives Üben und Anwenden

  25. Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenerwerb Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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