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Stadtanthropologische Perspektiven

Stadtanthropologische Perspektiven. Prof. Dr. Johannes Moser Institut für Volkskunde/Europäische Ethnologie Sommersemester 2010. Stadtanthropologische Perspektiven 2. Zwei wichtige Theoretiker

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  1. Stadtanthropologische Perspektiven Prof. Dr. Johannes Moser Institut für Volkskunde/Europäische Ethnologie Sommersemester 2010

  2. Stadtanthropologische Perspektiven 2 Zwei wichtige Theoretiker • Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert rückten die planerischen und ver-waltungstechnischen Probleme der Großstädte in den Fokus der Stadtpolitik • Deutsche Städteausstellung 1903 in Dresden • Folgende Schwerpunkte: I. Verkehr, Beleuchtung, Straßenbau und Entwäs-serung, Brücken und Häfen, einschließlich des gesammten Tiefbau- und Vermessungswe-sens, der Straßenbahnen, u.s.w., 2

  3. Stadtanthropologische Perspektiven 3 II. Stadterweiterungen, Baupolizei und Wohnungs-wesen, III. öffentliche Kunst (Architektur, Malerei,Bildnerei) IV. allgemeine Gesundheit und Wohlfahrt, Polizei-wesen, V. Schulwesen, Volksbildung, VI. Armenwesen, Krankenpflege, Wohltätigkeitsan-stalten und Stiftungen VII. Kassen-, Finanz- und Steuerverwaltung, städt. Gewerbebetriebe, Grundbesitz, Sparkassen VIII. Registratur- und Bureau-Einrichtungen, Beam-tenschaft, Statistik und Literatur

  4. Stadtanthropologische Perspektiven 4 Plakat Deutsche Städteausstellung

  5. Stadtanthropologische Perspektiven 5 • Sonderausstellung über die Volkskrankheiten • Karl August Lingner – Odol-König • Ziel war Hygiene-Belehrung der Bevölkerung • Daraus folgte die Dresdner Hygieneausstellung 1911 mit 5 Millionen Besuchern • Gründung des Deutschen Hygienemuseums in Dresden

  6. Stadtanthropologische Perspektiven 6 Deutsches Hygienemuseum Dresden

  7. Stadtanthropologische Perspektiven 7 Georg Simmels Städtevortrag • Georg Simmel (1858-1918) • Vortrag bei der Gehe-Stiftung im Rahmen der Städteausstellung 1903 • Die Großstädte und das Geistesleben • Einflussreichster Text zur Stadtforschung • Simmel ging es um zwei Aspekte • Die Anpassungsleistungen des Menschen an veränderte gesellschaftliche Bedingungen – Industrialisierung, Kapitalismus, Bevölkerungs-wachstum • Den konkreten Fall großstädtischen Lebens

  8. Stadtanthropologische Perspektiven 8 Georg Simmel

  9. Stadtanthropologische Perspektiven 9 • Großstadt ist für Simmel ein Ort des Tempos und der Vielfalt wirtschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Lebens • Menschen reagieren darauf mit Verstand • Großstadt ist der Sitz der Geldwirtschaft • Geldwirtschaft und Verstandesherrschaft stehen in engem Zusammenhang • Der moderne Geist sei ein rechnender und das sei im großstädtischen Leben auch notwendig • Städtisches Leben verlangt Pünktlichkeit, Bere-chenbarkeit, Exaktheit

  10. Stadtanthropologische Perspektiven 10 Weitere Anforderungen und Folgen • Blasiertheit • Reserviertheit • Distanziertheit • Arbeitsteilung • Simmel sich für die Frage, wodurch sich groß-städtisches Leben auszeichnet und wie die Menschen mit diesen Zumutungen umgehen • War nach David Frisby der erste, der die Stadt nicht nur negativ charakterisierte • Im urbanen Kontext erweitern sich für ihn die Handlungsspielräume der Menschen

  11. Stadtanthropologische Perspektiven 11 • Lösung von traditionellen Bindungen • Frühe Individualisierungsthese, die nicht – wie bei anderen Denkern – negativ konnotiert ist • Vgl. etwa Riehl und Ferdinand Tönnies • Bei Simmel finden sich moralisch-praktische & ästhetisch-expressive Aspekte der Moderne • Simmel hatte eine Sensibilität für jene „psycho-logischen Prozesse, die sich als essentiell für eine Analyse der Erfahrungsweisen der Moder-ne herausstellte“ (Frisby) • Diese Weitsichtigkeit wurde damals nicht erkannt

  12. Stadtanthropologische Perspektiven 12 Max Webers Typologie der Städte • Die nichtlegitime Herrschaft (Typologie der Städte) – In: Wirtschaft und Gesellschaft • Eine Stadt kann nach Weber in zweierlei Art begründet sein: • Im Vorhandensein eines grundherrlichen, vor allem eines Fürstensitzes als Mittelpunkt, für dessen ökonomischen oder politischen Bedarf unter Produktionsspezialisierung gewerblich gearbeitet wird und Güter gehandelt werden. • Das Bestehen eines Marktes

  13. Stadtanthropologische Perspektiven 13 Max Weber

  14. Stadtanthropologische Perspektiven 14 • Nach Weber macht allerdings nicht jeder Markt einen Ort zur Stadt • Stadt kann auch ohne Fürstensitz entstehen • Weber unterscheidet drei verschiedene Stadtformen: • Fürstenstadt • Produzentenstadt • Händlerstadt • Auf politischer Ebene trifft er eine Unterschei-dung zwischen Patrizierstadt und Plebejerstadt

  15. Stadtanthropologische Perspektiven 15 Frühe volkskundliche Zugänge zur Stadt • Ab Mitte der 1920er Jahre beginnt wieder eine Großstadtvolkskunde • Volkskundlicher Kanon wurde in der Stadt behandelt • Lutz Mackensen arbeitete zur Berliner Mundart • Hermann Kügler 1930 zur Geschichte der Weihnachtsfeier in Berlin • Kügler schrieb auch über charakterliche Be-sonderheiten der Großstadtbevölkerung • Richard Beitl legte Forschungen zum Volks-glauben der Großstadt (1930) vor

  16. Stadtanthropologische Perspektiven 16 • Am Volksglauben sollten die beharrenden Kräfte in der Großstadt gezeigt werden • Alfons Perlick (1924): Anregungen zu einer volkskundlichen Sammeltätigkeit in der Stadt • Karl Kollnig veröffentlichte 1938 eine Arbeit über „Mannheim. Volkstum und Volkskunde einer Großstadt“ • Martin Wählers Sammelband „Der deutsche Volkscharakter . Eine Wesenskunde der deutschen Volksstämme und Volksschläge“ enthielt einige Aufsätze über Stadtbewohner

  17. Stadtanthropologische Perspektiven 17 • Hermann Kügler über die „Berliner“ • Herbert Freudenthal über die „Hamburger“ • Friedrich Lüers über die Münchner, die er als eigenen Schlag bezeichnete • Gustav Gugitz über die Wiener • Über die kanonartige Beschäftigung hinaus gingen Ansätze einer Verbesserung großstäd-tischen Lebens in Hinblick auf eine Integration der proletarischen Massen • Georg Schreiber schreibt von der Entwicklung einer Art Heimatkultur, damit die Massensied-lung zu einer Heimatstadt werde (1930)

  18. Stadtanthropologische Perspektiven 18 • Negativ ist: Das „Unorganische“ und „Dishar-monische“ großstädtischen „Wildwuchses“, „das Massenmenschentum“, die Typisierung, das Serienmäßige, die Normung als blasses und eintöniges Gesellschaftsideal • Stattdessen: Volkskunde als Heimatpflege zur „Gestaltung eines sozial verbundenen Ichs“ • Rückbesinnung auf wurzelechtes Volkstum • Glaube an ein großstädtisches Seelentum • Volkskunde zu Beginn 1930er Jahre ambiva-lent: Nähe zur NS-Ideologie mit Überhöhung der bäuerlichen Gesellschaft, Blut und Boden

  19. Stadtanthropologische Perspektiven 19 • Stadt wird aber auch als Forschungsfeld „sui generis“ begriffen • Etwa Otto Lehmann: „Volkskunde und Groß-stadt“ (1934) • „Volkstum der Stadt“ aufgrund veränderter Ein-stellungen „notwendigerweise anderer Art“ als jenes auf dem Land, ohne aber den agrarisch geprägten Lebensformen nachzustehen • Andere Formen der Alltagskultur, die der Volkskundler erst sehen lernen müsse • Stellt eigene Forschungspalette auf

  20. Stadtanthropologische Perspektiven 20 • zwei volkskundliche Arten der Betrachtung von Großstadt: • Notwendigkeit der Erforschung der Großstadt durch die Disziplin • Großstadt als Negativum und daher kein For-schungsgegenstand für das Fach • Adolf Spamer, Will-Erich Peuckert und Leopold Schmidt sind wichtige Fachvertreter, die sich der Stadtforschung zuwandten • Adolf Spamer (1883-1953): • Stadt braucht komplexere Forschungsansätze und –strategien

  21. Stadtanthropologische Perspektiven 21 • nichtbäuerliche Volksgruppen untersuchen • Fach als Gegenwartswissenschaft, aber Gegenwart ein Produkt der Geschichte • Will-Erich Peuckert (1895-1969): • Stadt aufgrund seines Interesses für eine „Volks-kunde des Proletariats“ interessant • Vorstellung einzelner Arbeiterviertel in seiner „Schlesischen Volkskunde“ (1928) • Gleichsetzung von Stadt- und Arbeitervolkskunde • Großstadtforschung auch in verwandten Disziplinen • Max Rumpf (Soziologe)

  22. Stadtanthropologische Perspektiven 22 • Max Rumpf (Soziologe) • Wandte sich gegen Betrachtung der Großstadt als Ort sozialen Verfalls und der Auflösung aller Ord-nungen • plädiert für eine Gegenwartsvolkskunde • Fordert Beschäftigung mit dem Leben der modernen großstädtischen Bevölkerung • Erkennt das Urbane an den Städten • Analyse einer einzigen Stadt kann daher für alle gelten • Metapher der Riesenmaschine für die Großstadt (vgl. Fritz Langs Film „Metropolis“ von 1927)

  23. Stadtanthropologische Perspektiven 23 • Willy Hellpach (1877-1955) • Mediziner, Sozialpsychologe und Großstadtfeind • In der Volkskunde viel rezipiert • Verband seine großstädtischen Fragestellungen mit solchen der Erbbiologie und der „Rassenforschung“ • „Mensch und Volk in der Großstadt“ • Deutet Großstadtspezifisches als „soziobiologische Vorgänge“ • Großstadt ist „widernatürlich und volkszerrüttend“ • Seine Beobachtungen sind allerdings interessant • Grundbefindlichkeit des Großstadtmenschen sei ein „Überreizungszustand“ und „Nervosität“

  24. Stadtanthropologische Perspektiven 24 • Ursache in biochemischen Momenten • Fehlen der beruhigenden Landschaftsfarben und die Besonderheiten von Stadtluft und Stadtboden • sozialphysische Standorteigentümlichkeiten der Stadt: Enge, Gedränge und Gewühl • permanenter Wechsel von Wahrnehmungsimpulsen • Sinne müssten sich öffnen und der Mensch müsse dem raschen Wechsel von vorüberflitzenden Einhei-ten gewachsen werden • Großstadtmensch durch die beiden Pole „emotio-nale Indifferenz“ und „sensuelle Vigilanz“ geprägt • Emotionale Indifferenz meint eine Form von routinisierter Abgestumpftheit

  25. Stadtanthropologische Perspektiven 25 • Sensuelle Vigilanz bedeutet jene angestrengte, energiegeladene Sinneswachheit, die offen ist für neue Anmutungen, für neue Erlebnismodelle • Großstädte prägen die Menschen, formen Sprache, Mimik und Gestik, prägen ihr Temperament • Leopold Schmidt (1912-1981) • Wiener Volkskunde (1940) • Verlangte als erster Volkskundler eine Stadtvolkskunde • Großstadtmenschen in seinen geistigen, materiellen und alltagsbestimmten Bezügen untersuchen • Bemüht um eine akribische, historisch-philogische Darstellung der Wiener Verhältnisse

  26. Stadtanthropologische Perspektiven 26 • erkennt besondere Dynamik in den verschiedenen Formen der Immigration • Widerspiel zwischen Erbe und Neuwuchs • Sieht in „Siedlung“, „Kleidung“ und „Nahrung“ typen-bildende Faktoren für die Stadt, die sie vom Land unterscheiden • Rolle der Mode etwa als Innovationsträger • Hans Commenda • zweibändige „Volkskunde der Stadt Linz“ (1958/59) • Materialreich, aber theoretisch weniger ambitioniert • Interessanter Gedanke: Stadt sei ein im Wesentli-chen geschichtlich gewordenes Wesen von ausge-prägter Persönlichkeit (leider nicht ausgeführt)

  27. Stadtanthropologische Perspektiven 27 • Ansätze zunächst isoliert, es entwickelte sich noch kein richtiger Fachdiskurs zur Stadt • Nach dem 2. Weltkrieg einzelne Arbeiten, die Themen in der Stadt aufgriffen • Herbert Freudenthals Studie „Vereine in Hamburg“ (1968) • Gerda Grober Glücks Beitrag über den „Volks-lesestoff ‚Sportberichte’ • Ingeborg Weber-Kellermanns (1918-1993): „Der Berliner. Versuch einer Großstadtvolks-kunde und Stammescharakteristik“ (1965)

  28. Stadtanthropologische Perspektiven 28 • Interessierte sich für drei Aspekte: • Ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung; • Soziales und ökonomisches Erscheinungsbild • der Bereich des überlieferten gemeinschaftli-chen Kulturbesitzes

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