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Schuldrecht AT, 28.04.2014

Schuldrecht AT, 28.04.2014. PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.). Ort und Zeit der Leistung Einleitung Beispiel:

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Schuldrecht AT, 28.04.2014

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  1. Schuldrecht AT, 28.04.2014 PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.)

  2. Ort und Zeit der Leistung • Einleitung Beispiel: A entdeckt in einer Zeitungsannonce ein Angebot des Z, der seine Wohnung auflösen will und unter anderem ein Sofa für 100 Euro zum Verkauf stellt. A ruft unter der angegebenen Telephonnummer bei Z an, und beide einigen sich über den Kauf des Sofas. Am nächsten Tag ruft A noch einmal bei Z an und sagt ihm, er könne das Sofa dann am nächsten Wochenende liefern. Z ist erstaunt. Er meint A müsse sich das Sofa selbst abholen. Und auch nicht am nächsten Wochenende, sondern erst in einem halben Jahr. Denn solange brauche er, Z, das Sofa noch selbst. Wie ist die Rechtslage?

  3. Der Leistungsort a. § 269 Leistungsort (1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuld-verhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. • Leistungsort: Der Ort, an dem der Schuldner seine Leistungshandlung vornehmen muss. Unterscheide: Leistungsort und Erfolgsort! • Erfolgsort: Der Ort, an dem der Leistungserfolg eintritt. • Im Gesetz wird der Leistungsort gelegentlich als Erfüllungsort bezeichnet (§§ 447, 644 II BGB, 29 ZPO) • Auch für den Leistungsort ist die Unterscheidung zwischen Hol-, Bring- und Schickschuld maßgeblich!

  4. Holschuld: • Gesetzlicher Normalfall (§ 269 Abs. 1 BGB) • Der Schuldner kann seine Leistung bei sich vornehmen und dort tritt auch der Erfolg ein • Leistungs- und Erfolgsort liegen am Wohnsitz des Schuldners Beispiel:J möchte sich die Haare schneiden lassen. Er ruft deshalb bei dem Frisör F an und vereinbart einen Termin für den 15.04. um 15:00 Uhr. Als F um viertel nach drei immer noch nicht da ist, ruft J noch einmal bei F an. F fragt nun seinerseits, wo J bleibt. Er denkt, dass J zu ihm in den Salon kommen müsste. Wer hat Recht?

  5. Schickschuld • Schuldner muss den Leistungsgegenstand auf den Weg zum Gläubiger bringen, schuldet aber nicht den Transport und das Eintreffen • Leistungsort liegt am Wohnsitz des Schuldners, Erfolgsort am Wohnsitz des Gläubigers • Wichtige Fälle: Geldschuld (§ 270 BGB) und Versendungskauf (§ 447 BGB) Beispiel:Der Unternehmer U bestellt bei der japanischen Firma Sonni S zweitausend neue Smartphones. U und S vereinbaren, dass S die Geräte dem Spediteur P übergeben soll. Allerdings liefert P die Geräte nie bei U ab. U meint, dass er deshalb auch nichts zahlen müsse.

  6. Bringschuld • Der Schuldner muss den Vertragsgegenstand am Wohnsitz des Gläubigers leisten • Leistungs- und Erfolgsort liegen am Wohnsitz des Gläubigers • In der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner die Lieferung der Ware schuldet Beispiel:A hat großen Hunger. Er ruft beim Pizzaservice P an und bestellt eine Pizza „Tutti stagioni XXL“. Als nach einer halben Stunde immer noch niemand bei ihm geklingelt hat, ruft er noch einmal bei P an und fragt, wo seine Pizza bleibt. P meint, die Pizza sei schon lange fertig und warte auf ihn. Muss A sich die Pizza selber holen?

  7. Die Bedeutung des Leistungsortes • Für das materielle Recht regelt der Leistungsort den Ort, an dem der Schuldner tätig werden muss • Der Leistungsort bestimmt auch die örtliche Zuständig-keit für Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis: § 29 Abs. 1 ZPO Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Beispiel:Der Unternehmer U bestellt im Internet eine Maschine bei Händler H aus München. Als die Maschine bei ihm geliefert wird, entdeckt U einige Mängel. Da H nichts von irgendwelchen Mängeln wissen will, möchte U den H verklagen. Wo muss er das tun?

  8. Bestimmung des Leistungsortes • Parteivereinbarung („ist ein Ort … bestimmt“): • Die Parteien können Leistungsort und Erfolgsort grundsätzlich frei vereinbaren • Auch konkludente Vereinbarung möglich • Leistungsort kann auch nachträglich vereinbart oder geändert werden • Einseitige Bestimmung des Leistungsorts ist nicht möglich! • Vereinbarung über den Leistungsort wirkt sich auf die gerichtliche Zuständigkeit nur aus, wenn Vertragsparteien Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind (§ 29 Abs. 2 ZPO)

  9. Gesetzliche Sonderregelungen In manchen Ausnahmefällen bestimmt das Gesetz (idR dispositiv) den Leistungsort, u.a. §§ 697, 700 I 3 BGB (Rückgabeort bei der Verwahrung), § 811 I BGB (Vorlegung), § 1194 BGB (Zahlungsort bei der Grundschuld) • Natur des Schuldverhältnisses • Natur heißt nichts anderes als „aus den Umständen zu entnehmen“ • Neben den besonderen Umständen des Einzelfalls vor allem Verkehrsbräuche und Handelssitten zu beachten

  10. Gegenseitige Verträge • Bei gegenseitigen Verträgen (Kauf, Miete, Werk- und Dienstvertrag usw.) gibt es nicht notwendig einen einheitlichen Leistungsort • Frühere Rechtsprechung sah idR den Ort der vertragscharakteristischen Leistung als Schwerpunkt des Vertrags und Leistungsort für beide Leistungen an • Heute differenziertere Betrachtung je nach Vertrag und Umständen • Für Rückgewähransprüche beim Rücktritt von einem Kaufvertrag ist gemeinsamer Leistungsort dort, wo sich die Sache vertragsgemäß befindet.

  11. Beispiele:Wo sind jeweils die Leistungs- und Erfolgsorte der vertraglichen Pflichten? • Der in München wohnende M bringt sein Auto in Hamburg zur Reparatur in die Werkstatt. • Der Kölner K kauft in Berlin ein Bild. • F aus Frankfurt nimmt sich einen Rechtsanwalt aus Mainz für ein Verfahren vor dem dortigen LG. • T wohnt die Tübingen in einer Wohnung zur Miete, die dem S aus Stuttgart gehört. • Der Heidelberger Student H bricht sich im Skiurlaub das Bein und wird in Garmisch-Patenkirchen ins Krankenhaus eingeliefert. • Der Bonner B arbeitet in Düsseldorf.

  12. Sonderfall Geldschuld (§ 270 BGB) • § 270 Abs. 1 BGB: „Geld hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln“ • Aber: § 270 Abs. 4 BGB: „Die Vorschriften über den Leistungsort [dh. § 269 Abs. 1 BGB] bleiben unberührt.“ • Geldschulden sind daher sog. „qualifizierte Schickschulden“ • „Gefahr“ iSd § 270 Abs. 1 BGB meint die Leistungsgefahr: Der Schuldner muss noch einmal leisten, wenn das Geld auf dem Weg verloren geht.

  13. Unterschied zur Bringschuld: Für die Rechtzeitigkeit der Leistung kommt es auf die Handlung am Leistungsort an; für die Verzögerungsgefahr gilt § 270 I BGB nicht (h.M.) • Bei Überweisungen strittig: • EuGH (NJW 2008, 1935) hat entschieden, dass eine Zahlung mittels Überweisung nur dann „rechtzeitig“ iSd Zahlungsverzugsrichtlinie ist, wenn sie dem Konto des Gläubigers rechtzeitig gutgeschrieben worden ist. • Erste Ansicht: Geld ist nunmehr als qualifizierte Bringschuld zu qualifizieren • Zweite Ansicht: Weiterhin qualifizierte Schick-schuld. Auch nach EuGH ist Schuldner nur für ihm zurechenbare Verzögerungen verantwortlich

  14. Beispiel:Die T-AG treibt für das Telekommunikations-unternehmen 0123-AG Kundengelder bei, die sie nach Zugang der Rechnungen auf das Konto der 0123-AG überweisen soll. Die Parteien vereinbaren, dass die T-AG auch ohne Mahnung 30 Tage nach Zugang der Rechnungen in Verzug geraten soll. Die T-AG nimmt ihre Überweisungen stets pünktlich 30 Tage nach Zugang der Rechnungen vor, die Beträge werden allerdings immer erst einige Tage später auf dem Konto der 0123-AG gutgeschrieben. Die 0123-AG verlangt nun Verzugszinsen von der T-AG. Zu Recht? Zur Lösung: Martens, Jus 2014, 200 (203)

  15. Die Leistungszeit § 271 BGB Leistungszeit • Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. • Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

  16. Unterscheide:Fälligkeit und Erfüllbarkeit • Fälligkeit: Zeitpunkt, ab dem der Gläubiger die Leistung fordern kann. • Erfüllbarkeit: Zeitpunkt, ab dem der Schuldner leisten darf und der Gläubiger die Leistung annehmen muss, wenn er nicht in Annahmeverzug (§§ 293 ff. BGB) geraten will. Beispiel:K hat beim Autohändler A einen neuen Sportwagen ge-kauft. Da es gerade Lieferengpässe gibt, vereinbaren A und K, dass A den Wagen erst sechs Monaten liefern muss. Per Zufall bekommt A aber doch schon zwei Wochen später den Wagen. Nun will K das Auto aber nicht abnehmen, weil er sich auf den späteren Termin einge-stellt und gerade nicht genug Geld zur Bezahlung hat.

  17. Schuldner kann idR auch vor Fälligkeit leisten (§ 271 Abs. 2 BGB) • Bei Leistung vor Fälligkeit kein Recht auf Abzug von Zwischenzinsen (§ 272 BGB, kein Recht auf Skonto) • Sonderfall verzinsliches Darlehen: DerSchuldner ist vor Fälligkeit des Rückzahl-ungsanspruchs nicht zur vorzeitigen Rück-zahlung berechtigt, um so dem Zinsanspruch zu entgehen.(Umkehrschluss aus § 488 Abs. 3 S. 3 BGB)

  18. Auch die Leistungszeit kann durch die Parteien grundsätzlich frei bestimmt werden • Rechnung ist grds. keine Voraussetzung der Fälligkeit • Gesetzliche (idR dispositive) Regelungen ausnahmsweise in §§ 556b I, 579 (Miete), 587 (Pacht), 604 (Leihe), 609 (Sachdarlehen), 614 (Dienstvertrag), 641 (Werkvertrag), 695ff. (Verwahrung), 721 (Gesellschaft) BGB • Bestimmung nach den Umständen: • wenn keine vertragliche Vereinbarung oder gesetzliche Sonderregelung • Zu beachten: Natur des Schuldverhältnisses, Verkehrssitte und Beschaffenheit der Leistung

  19. Beispiel:J hatte lange Jahre zufrieden in seiner von V gemieteten Wohnung gewohnt. Zum 31.12.2012 hatte er den Miet-vertrag aber ordnungsgemäß gekündigt und war mit seiner Freundin in eine neue gemeinsame Wohnung gezogen. Die Kaution der alten Wohnung hat V indes immer noch nicht zurückgezahlt. Wann wird der Rückzahlungsanspruch fällig? Lösung: Wenn die Ansprüche des Vermieters betrags-mäßig festliegen, dh. wenn sie berechnet werden können. • Die Tageszeit der Leistung bestimmt sich nach § 242 BGB, § 358 HGB: Schuldner darf nicht zu unpassender Zeit leisten und muss bei Handelsge-schäften die gewöhnlichen Geschäftszeiten beachten

  20. Unterscheide:Befristung und vereinbarte Fälligkeit (Stundung) • Aufschiebende Befristung (§ 163 1. Fall BGB):Die Forderung entsteht erst nach Ablauf der Frist • Stundung: Die Forderung entsteht bereits mit Abschluss des Rechtsgeschäfts, aber sie kann erst nach Ablauf der Stundungsfrist gefordert werden (wird erst dann fällig) • Durch Auslegung zu ermitteln, ob Befristung oder Stundung (auch Betagung)

  21. Beispiel:A vertreibt Zeitschriftenabonnements des B-Verlags. Als Vergütung erhält er monatlich eine Provision, deren Höhe sich nach der Anzahl der laufenden, von ihm eingeworbenen Abonnements bestimmt. Als A insolvent wird, schuldet er dem B-Verlag wegen betrügerischer Handlungen eine große Summe, mit der der B-Verlag nun gegen die Provisionsforderungen nach und nach aufrechnen möchte. Lösung: Möglichkeit der Aufrechnung für die B-Bank hängt gemäß § 96 I Nr. 1 InsO davon ab, ob sie ihre Provisionszahlungen gegenüber A vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schuldig wird, d.h. wann diese Zahlungspflichten entstehen.

  22. Literaturhinweise: • Bernhard, Holschuld, Schickschuld, Bringschuld – Auswirkungen auf Gerichtsstand, Konkretisierung und Gefahrübergang, JuS 2011, 9-15 • Balthasar, Der besondere Gerichtsstand am Erfüllungsort gem § 29 I ZPO – BGH, NJW 2004, 54, JuS 2004, 571-573 • Coester-Waltjen, Der Erfüllungsort, Jura 2011, 821-826 • Heyers, Rechtsnatur der Geldschuld und Überweisung – welche Konsequenzen sind aus der Rechtsprechung des EuGH für das nationale Recht zu ziehen?, JZ 2012, 398-403 • Schäfer/Herden, Der unbrauchbare Laptop oder Jede Minute zählt, Jura 2009, 543-549 (ehemalige Semesterabschlußklausur in Osnabrück)

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