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Geschichtsbewusstsein als zentrale geschichtsdidaktische Kategorie

Geschichtsbewusstsein als zentrale geschichtsdidaktische Kategorie. Was macht historisches Denken aus?. Erkenntnislogische Besonderheiten des Faches Geschichte im Kanon der Schulfächer. Thomas von Aquin (1225-1274). Geschichtsunterricht.

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Geschichtsbewusstsein als zentrale geschichtsdidaktische Kategorie

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Presentation Transcript


  1. Geschichtsbewusstsein als zentrale geschichtsdidaktische Kategorie Was macht historisches Denken aus?

  2. Erkenntnislogische Besonderheiten des Faches Geschichte im Kanon der Schulfächer Thomas von Aquin (1225-1274) Geschichtsunterricht Vergangene Wirklichkeit kann nie Teil unserer gegenwärtigen Realität sein fehlender direkter Gegenstandskontakt und fehlende unmittelbare Anschauung vergangenen Geschehens. • „Nichts ist im Verstand, was nicht zuvor in der Wahrnehmung wäre.“ • Anschauung gilt seit jeher als Lernsituation höchster Qualität.

  3. Geschichteals geistiges Konstrukt Mehrdeutigkeit des Begriffes Geschichte Geschichte kann verstanden werden als vergangenes Geschehen / gewesene Realität (res gestae) als Erinnerung und Darstellung vergangenen Geschehens (historia rerum gestarum)

  4. Geschichtsbewusstsein Johann Gustav Droysen (Historik, 1857 – verfasst in Jena): „Die Geschichte ist nicht die Summe der Geschehnisse, nicht aller Verlauf aller Dinge, sondern ein Wissen von dem Geschehenen. Ohne dies Wissen würde das Geschehene sein, als wäre es nicht geschehen; es würde vergangen sein. Nur er-innert, soweit und wie es der wissende Geist hat, ist es unvergangen.“ erkenntnistheoretische Grundentscheidung: Geschichte als retrospektives Konstrukt Geschichte entsteht im Kopf!

  5. … im Lehrbuch für den Anfangsunterricht Geschichte gleich Vergangenheit ? Wie entsteht Geschichte? Geschichte entsteht aus unseren Fragen an die Vergangenheit. Wenn wir wissen wollen, wie die Menschen früher gelebt haben, können wir nicht einfach in eine Zeitmaschine steigen, die Zeit zurückdrehen und den Bau der alten Pyramiden im alten Ägypten miterleben oder durch eine mittelalterliche Stadt bummeln. Allerdings hat die Vergangenheit zahllose Spuren in unserer Gegenwart hinterlassen. Sie begegnen uns überall. Historiker nennen diese Überreste aus früheren Zeiten Quellen. Sie sind die Grundlage für die Geschichtsschreibung. • Wenn wir von Geschichte (lat. historia) sprechen, meinen wir zunächst alles das, was in der Vergangenheit passiert ist. Aber Geschichte ist nicht gleich Vergangenheit, also nicht einfach alles, was vorbei ist. Sie ist nur der Teil davon, an den wir uns erinnern oder erinnert werden. Dargestellte Geschichte begegnet uns in Büchern wie diesem, in der Literatur, in Filmen, im Internet, im Fernsehen und in Museen. in: Das waren Zeiten, Bd. 1 Frühgeschichte und Antike. Ausgabe Thüringen, S. 10

  6. Ernst Jeismann: Geschichtsbewusstsein (1990) „Geschichte tritt uns entgegen • als ein auf Überreste und Tradition gestützter Vorstellungskomplex von Vergangenheit, • der durch das gegenwärtige Selbstverständnis • und durch Zukunftserwartungen strukturiert und gedeutet wird. Nur in dieser Form haben wir Geschichte in unserer Vorstellung; • sie ist eben nicht die reale Vergangenheit selbst oder ihr Abbild, • sondern ein Bewusstseinskonstrukt, • das von einfachen Slogans bis zu elaborierten, mit wissenschaftlichen Methoden gestützten Rekonstruktionen reicht. Wir haben Geschichte in der Form solcher Vorstellungen, • die Auslegungen von Auslegungen sind – Auslegungen, • die bereits konstitutiv in den Quellen stecken und nicht etwa nur Unvollkommenheiten späterer Erkenntnis sind.“

  7. Schlussfolgerungen GB • historisches Denken verknüpft sinnvoll Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft • „Sinnbildung über Zeiterfahrung“ • unterschiedliche Niveaustufen historischen Denkens: Geschichtsverlangen, Geschichtsbilder, reflektiertes Geschichtsbewusstsein • Geschichtsdidaktik und Geschichtsunterricht: sollten defizitäre historische Vorstellungen nicht so belassen wie sie sind, sondern diese kultivieren

  8. Geschichtsbewusstsein in seiner geistigen Gestalt - ein Konglomerat aus verschiedensten Bestandteilen Rezeptionsvoraussetzungen des Individuums (Lernsubjekt) • Alter, Sozialisation, Geschlecht, Interesse, Vorkenntnisse Vermittlungsinstanzen (Lernort)  • Schule, Medien, Museen usw. Reichweite, Kommunikationsgemeinschaften  • Individuum • Familie • Stadtteil/Stadt • Verein • Bundesland • Nation / Staat Religionsgemeinschaft usw. Inhalte • z.B. Reformation Kolonialismus Industrialisierung Nationalsozialismus Bestandteile (mental map)  • zeitliche Einordnungen, Ereignisse • Assoziationen, bildhafte Vorstellungen und Erzählungen • Identifikationen und Ablehnungen • Deutungen und Urteile • Nutzanwendungen usw.

  9. Historische Vorstellungen sind abhängigvon der Vermittlung durch Medien Jaques Louis David (1800) Napoleon 264x231 cm, Kunsthistorisches Museum Wien Reichspräsidentenwahl 1925 Fotografie Bundesarchiv Berlin

  10. Friedrich Ebert – starker oder schwacher Präsident der WR? „Frédéric le Gros" („Kladderadatsch" Nr. 36/1919). Der Reichspräsident mit Apfel und Regenschirm,statt Reichsapfel und Zepter, auf dem Thron. Friedrich Ebert und Gustav Noske in der Sommerfrische („Berliner Illustrierte Zeitung", 24. August 1919), Foto aufgenommen beim Baden in der Ostsee. Reichspräsident Friedrich Ebert Gemälde von Louis Corinth (1924)

  11. charakteristische Alterseffekte historischen Denkens Sachunterricht, Anfangsunterricht erst ab dem 12. und 14. Lebensjahr Fähigkeit zur Abstraktion ermöglicht das Bewusstsein von Strukturen und Ideen bei der Suche nach Idealen und Vorbildern haben Persönlichkeiten eine Chance, die in sich widersprüchlich sind  • bevorzugt werden aktionsreiche Inhalte, Kinder sind an spannenden Handlungsabläufen innerlich beteiligt • Identifikationsbedürfnis richtet sich vorzugsweise auf „geradlinige Helden“ • fachspezifische Begriffe werden in dieser Phase vielfach durch vertraute Alltagsbegriffe ersetzt, Orientierung an Nähe und Erfahrungen Rassenhass = Hunderassen die „Großen der Geschichte“ = Erwachsene die „kleinen Leute“ = Kinder Art der Beschäftigung mit Geschichte ändert sich im Laufe eines Lebens Inhalte historischen Denkens sind kulturellem Wandel unterworfen.

  12. Dimensionen von Geschichtsbewusstseins (Hans-Jürgen Pandel) mögliche weitere Dimensionen: Raum-, Gender-, Perspektivitätsbewusstsein

  13. Tafelanschrieb von Abiturienten an ihrem letzten Schultag (2009) Glaubst du, sie hat Bismarck mit Stresemann betrogen?

  14. Johanna von Bismarck geb. von Puttkamer (Aufnahme von 1885) Gustav Stresemann (Aufnahme 1925, BA Fotosammlung) Otto von Bismarck 1886 in seinem Arbeitszimmer (1815 bis 1898) Reichskanzler 1871 bis 1890 (1824 bis 1894) (1878 bis 1929) Reichskanzler 1923

  15. Christus teilt den drei Ständen ihre Aufgaben zuHolzschnitt, Mainz 1492 Die Beschriftungen heißen übersetzt: Du bete demütig! Du schütze! Und du arbeite!

  16. Die Grundherrschaft (Schema) Aufgaben LB: 1. Was ist ein Lehen? 2. Nenne Leistungen, die der Lehnsherr von seinen Vasallen und der Vasall von seinem Lehnsherr erwartet.

  17. Die Stadt im Mittelalter Aufgabe im LB Stadt und Umland Wandbild für den Monat Dezember aus dem Adlerturm zu Trient. Um 1400 Was sagt das Bild über die Bedeutung des Umlandes für die Stadt aus?

  18. Kartoffelspalten auf einem Mittelaltermarkt, 2011

  19. Phasen der Neugründung von Städten in Mitteleuropa Jena 1182 erste urkundliche Erwähnung

  20. Lehrbuch: Das waren Zeiten, Bd. 1, Ausgabe Thüringen Hausarbeit, Schülerin, 11.Klasse (2012)

  21. Lenelotte von Bothmer Dürfen Frauen im Bundestag Hosen tragen? Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2010/11 • Würde das Verhalten, das damals als skandalös empfunden wurde, auch heute noch Empörung hervorrufen? • Hat der Skandal zur Überprüfung, zur Bestätigung oder zur Veränderung bestehender Wertvorstellungen beigetragen? • Inwieweit hat sich durch die Nachforschungen Euer Blick auf aktuelle Skandale und die Skandalberichterstattung geändert? • Welchen Nutzen für die Gesellschaft können Skandale aus eurer Sicht haben, und was für einen Schaden können sie anrichten? (Auszug aus dem Ausschreibungstext zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2010/11)

  22. Unterscheidung von Leistungsstufen historischen Denkens Karl Ernst Jeismann Jörn Rüsen

  23. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Geschichte (KMK, 2005), S. 4 EPA „Das Sachurteil beruht auf der Auswahl, Deutung und Verknüpfung historischer Sachverhalte innerhalb eines Bezugsrahmens, die zu einem Urteil führen. Gelungene Sachurteile weisen sich durch sachliche Angemessenheit, innere Stimmigkeit und ausreichende Triftigkeit von Argumenten aus. Darüber hinaus werden beim Werturteil ethische, moralische und normative Kategorien auf historische Sachverhalte angewendet und eigene Wertmaßstäbe reflektiert. Es werden Zeitbedingtheit bzw. Dauerhaftigkeit von Wertmaßstäben reflektiert.“

  24. Margaret Bourke-White: The Louisville-Flood, 1937Org. Whitney Museum of American, New York Afroamerikanische Opfer der Flutkatastrophe im Südosten der USA

  25. Sachanalyse / Historische WahrnehmungVeit, 7. Klasse Realschule • Ah (…), ich sehe Schriften, viele Leute mit Einkaufstaschen, eine Familie mit Katze in einem Auto. Nach allem Anschein sind die Menschen mit den Einkaufstaschen alle dunkelhäutig; äh (…) das ist vor allem ein Schwarz-Weiß-Bild, aus einer älteren Zeit (…) Die Familie besteht aus einem Mann, einer Frau, zwei Kindern, davon eins Mädchen, eins Junge, eins Junge und einem Haustier, wie schon gesagt eine Katze. Auch (…) im Hintergrund sieht man eine Landschaft mit Bäumen, in der Überschrift sieht man einen schwarzen Strich oben rechts, der einen der sechs Sterne verdeckt. Dann einmal die Schrift: World‘s – Highest – Strand of Living (…) also, das soll in Amerika spielen, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe (…) • Dann das Auto is‘n älteres Modell mit ner (…) leicht gerundeten Windschutzscheibe, Spiegel, Scheibenwischer, äh, Seitenfenster, Kühlerhaube, (…) naja, was kann man da noch sagen? Dass die Menschen unten im Bild versuchen etwas zu kaufen, da sie alle mit Taschen, Eimern, Tüten (schweres Ausatmen) gekommen sind, wenigstens die meisten, alle kann man nicht erkennen, wahrscheinlich Kohle holen oder (…) irgendwelchen anderen Heizstoff, Brennstoffe oder ähnliches – vielleicht auch Lebensmittel, ich weiß es nicht (…) • Dann die Familie sieht glücklich aus, die Menschen unten im Bild eher nicht, sondern eher bedrückt. Vielleicht geht es um eine Reisegesellschaft, dass die Menschen unten alle in einer Schlange stehen, um eine Reise anzutreten, während die Familie es oben im Auto es sich gut gehen lassen kann und hinfahren will, wo sie will und (…) mehr kann ich jetzt aus dem Bild nicht entnehmen.“ zit. nach Markus Bernhardt: „Ich sehe was, was Du nicht siehst!“, in: Saskia Handro, Bernd Schönemann (Hg.), Visualität und Geschichte, Berlin 2011, S. 37-54, zit. S. 49.

  26. Sachanalyse / Historische WahrnehmungSabine, 7. Klasse (Realschule) • „Ja, das is ne fröhliche Familie – und die sind anscheinend in Amerika und fahren da irgendwo (…) amerikanischer Weg oder so was. Da unten da sind irgendwie nich so fröhliche Menschen (…) Dann is da noch n kleiner Hund. Mehr fällt mir eigentlich gar nicht dazu ein. Das ist von ner Welt. Ach so jetzt versteh ich‘s. Ich schätze mal oben das is, das sind Deutsche und das unten Amerikaner. Und die sind in Amerika und scheinen nicht so fröhlich da zu sein: Und oben, die sind irgendwo anders und sind fröhlicher. Mehr weiß ich nich. Nö, nur, dass da noch n Hund herguckt und dass das Auto halt hinter den ganzen Menschen is. Nur größer.“ Markus Bernhardt: „Ich sehe was, was Du nicht siehst!“, in: Saskia Handro, Bernd Schönemann (Hg.), Visualität und Geschichte, Berlin 2011, S. 37-54, zit. S. 39.

  27. Beschreibe die Plakate im Detail. • Erläutere, welche Aussagen oder Emotionen jeweils mit den Farben schwarz-rot-gold bzw. schwarz-weiß-rot verknüpft werden. • Formuliere mit eigenen Worten die Aussage. Die die jeweilige Partei bzw. Gruppierung mit dem Plakat machen will. Wahlplakat der DNVP 1924 Wahlplakat der DDP 1928 Beispiel Bildinterpretation: Leistungsstufen und Aufgaben

  28. Fachdidaktik und GeschichtsbewusstseinForschungsfelder

  29. Lehrplan Geschichte Gymnasium ThüringenKlasse 5-10 Entwurfsfassung 2011 Der Geschichtsunterricht hat daher die Aufgabe, die Entwicklung eines reflektierten und (selbst)reflexiven Geschichtsbewusstseins zu fördern. Ein solches Geschichtsbewusstsein ist ausgeprägt, • wenn der Schüler Vergangenheitsdeutung, Gegenwartserfahrung und Zukunftserwartung sinnbildend aufeinander beziehen kann, • indem er historische Sachverhalte mit Hilfe fachspezifischer Methoden kompetent erschließt, • sich dabei der Standortgebundenheit seiner Deutung bewusst ist • und die gewonnenen Einsichten für die eigene Orientierung in Gegenwart und Zukunft zu nutzen vermag.

  30. Literatur • Michael Sauer, Geschichte unterrichten, 3. Aufl., Seelze-Veelber 2004, S. 9-17. • Bernd Schönemann, Geschichtsdidaktik, Geschichtskultur, Geschichtswissenschaft, in: Hilke Günther-Arndt (Hg.): Geschichtsdidaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II, Berlin 2003, S. 11-20. • Hans-Jürgen Pandel, Geschichtsbewusstsein, in: Ulrich Mayer u.a. (Hg.): Wörterbuch Geschichtsdidaktik, Schwalbach / Ts. 2006, S. 69f. • Hans-Jürgen Pandel, Geschichtsunterricht nach PISA. Kompetenzen, Bildungsstandards und Kerncurricula, 2. Aufl., Schwalbach / Ts. 2005, S. 24-65. • Peter Gautschi, Guter Geschichtsunterricht, Schwalbach / Ts. 2009, S. 48-66. • Karl-Ernst Jeismann, Geschichtsbewusstsein. Überlegungen zu einer zentralen Kategorie, in: Gerhard Schneider (Hg.): Geschichtsbewusstsein und historisch-politisches Lernen (Jahrbuch für Geschichtsdidaktik, 1) Pfaffenweiler 1988, S. 1-24. • Karl-Ernst Jeismann, Geschichtsbewusstsein als zentrale Kategorie des Geschichtsunterrichts. In: Gerold Niemetz, Aktuelle Probleme der Geschichtsdidaktik, Stuttgart 1990, S. 49. • Johann Gustav Droysen, Historik. Rekonstruktion der ersten vollständigen Fassung der Vorlesungen (1857). Grundriß der Historik in der ersten handschriftlichen (1857/58) und in der letzten gedruckten Fassung (1882). Textausgabe von Peter Leyh, Stuttgart 1977, S. 397.

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