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Nietzsche und die Philosophie des 19. Jahrhunderts

Nietzsche und die Philosophie des 19. Jahrhunderts Vorlesung, Mo. 09:50-11:30, S3 13/36, 16.11.09 von Marc Rölli. Nietzsche und die Philosophie des 19. Jahrhunderts. Wiederholung der letzten Stunde: „Hegel und das Philistertum“

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Nietzsche und die Philosophie des 19. Jahrhunderts

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Presentation Transcript


  1. Nietzsche und die Philosophie des 19. JahrhundertsVorlesung, Mo. 09:50-11:30, S3 13/36, 16.11.09von Marc Rölli

  2. Nietzsche und die Philosophie des 19. Jahrhunderts Wiederholung der letzten Stunde: „Hegel und das Philistertum“ • Schopenhauers Verhältnis zu Hegel (und überhaupt zum „spekulativen Idealismus“) • Nietzsches Erneuerung der Schopenhauerschen Philosophiekritik – am Beispiel des „neuen Glaubens“ von David Friedrich Strauss • Zur Erinnerung: Hegel und der Hegelianismus in der Philosophie des 19. Jahrhunderts • Kritik der optimistischen Vernunft • Kultur und Wissenschaft – die „Bildungsphilister“

  3. Nietzsche und die Philosophie des 19. Jahrhunderts Veranstaltungsüberblick (1) • 19.10.2009: Einführung • 26.10.2009: Schopenhauer als Vorbild • 09.11.2009: Hegel und das Philistertum: Der „neue Glaube“ des David Friedrich Strauss • 16.11.2009: Zum Problem des Historismus • 23.11.2009: Wissenschaft und Kunst in den Aphorismen-Büchern • 30.11.2009: Die „neue-Weltconception“, Zarathustra und die Figur des Übermenschen

  4. Nietzsche und die Philosophie des 19. Jahrhunderts Veranstaltungsüberblick (2) • 07.12.2009: Metaphysikkritik (Kant und Schopenhauer) • 14.12.2009: Wille zur Macht und Ewige Wiederkehr • 11.01.2010: „Was bedeuten asketische Ideale?“ Romantik, Pessimismus, Nihilismus • 18.01.2010: Moral- und Religionskritik, Der „Antichrist“ • 25.01.2010: Nietzsches Stellung zu Darwin • 01.02.2010: Die wahre und die scheinbare Welt • 08.02.2010: Klausur

  5. IV. Zum Problem des Historismus 16.11.2009 Gliederung • Geschichtswissenschaft versus Geschichtsphilosophie – ein neues Zeitalter der historischen Bildung • Historismus als historisches Phänomen • Schopenhauers Kritik der historischen Schule • Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben (1874) – die zweite der Unzeitgemässen Betrachtungen Nietzsches • Die Universitätsphilosophie

  6. IV. Zum Problem des Historismus 1. Geschichtswissenschaft versus Geschichtsphilosophie – ein neues Zeitalter der historischen Bildung • Historismus – ein polemischer Begriff? • Abgrenzung gegen jeden (ahistorischen) Vernunftdogmatismus – Aufklärung der Aufklärung oder Gegenaufklärung? • Historisierung der Geschichte durch idiographische Verfahren • Schwierigkeiten mit der wissenschaftlichen Objektivität und die „Wertlosigkeit“ des Relativismus • Die historische als hermeneutische, antinaturalistische Methode • Ist eine „Kritik der historischen Vernunft“ möglich?

  7. IV.1Geschichtswissenschaft versus Geschichtsphilosophie • Abgrenzung gegen jeden (ahistorischen) Vernunftdogmatismus „Wir verzichten auf alles Systematische; wir machen keinen Anspruch auf weltgeschichtliche Ideen, sondern begnügen uns mit Wahrnehmungen und geben Querdurchschnitte durch die Geschichte, und zwar in möglichst vielen Richtungen; wir geben vor allem keine Geschichtsphilosophie [Herv., M.R.]. Diese ist ein Kentaur, eine contradictio in adjecto; denn Geschichte, d. h. das Koordinieren, ist Nichtphilosophie, und Philosophie, d. h. Subordinieren, ist Nichtgeschichte.“ (Jakob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen, Stuttgart 1955, S. 4 – das Buch geht auf Vorlesungen zurück, die Burckhardt seit 1868 in Basel regelmäßig gehalten hat.)

  8. IV.1Geschichtswissenschaft versus Geschichtsphilosophie • Die historische als hermeneutische, antinaturalistische Methode „Alle Gestaltungen und Wechsel in der sittlichen Welt vollziehen sich durch Willensakte, wie in der organischen Natur sich alles aus der Zelle bildet. Auch da durch Willensakte, wo wir sagen: Der Staat, das Volk, die Kirche, die Kunst usw. tun das und das.“ (Johann Gustav Droysen, Grundriß der Historik, Leipzig 1868, §72) Vgl. auch Ernst Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme, Tübingen 1923

  9. IV.1Geschichtswissenschaft versus Geschichtsphilosophie • Ist eine „Kritik der historischen Vernunft“ möglich? „Während die Geschichte uns lehrt, daß zu jeder zeit etwas Anderes gewesen, ist die Philosophie bemüht, uns zu der Einsicht zu verhelfen, daß zu allen Zeiten ganz das Selbe war, ist und seyn wird. In Wahrheit ist das Wesen des Menschenlebens, wie der Natur überall, in jeder Gegenwart ganz vorhanden, und bedarf daher, um erschöpfend erkannt zu werden, nur der Tiefe der Auffassung.“ (Schopenhauer 1844: 574)

  10. IV. Zum Problem des Historismus 2. Historismus als historisches Phänomen • Die geschichtspessimistischen Züge der romantischen Naturphilosophie und des Positivismus (Positivität von Individualität und Freiheit vs. historische Prinzipienwissenschaft bereits bei Herder, Novalis u. a.) • Hegels Begriff der Geschichte – und der Vergangenheitscharakter der nachhegelschen Philosophie • Normative Kraft des Historischen oder die Entstehung eines historischen Wissenschaftsideals (z. B. bei Niebuhr). Das Konzept des verstehenden Anschauens (Ranke, Droysen) einer vorgegebenen Objektivität der Geistesgeschichte (Traditionen und Strukturen) bzw. vorgegebener Wesenheiten historischer Individualitäten (Volksgeister, Klassen, Kulturen und Rassen --- Geister qua Lebensgestalten) • Faktizität der Geschichte und Wertfreiheitsforderung: die Krise des Historismus ist eine „Identitätskrise des historischen Bewußtseins selbst“ (Schnädelbach 1983: 58)

  11. IV. Zum Problem des Historismus 3. Schopenhauers Kritik der historischen Schule • Kommt der Weltgeist in der Geschichte schrittweise zu sich selbst? Die Ablehnung teleologischer Vorurteile, z. B. Verlaufsgesetze und Werthierarchien • Kritik der impliziten Geschichtsphilosophie des historischen Idealismus • Probleme der historistischen Wissenschaftlichkeit

  12. IV. 3. Schopenhauers Kritik der historischen Schule • Kommt der Weltgeist in der Geschichte schrittweise zu sich selbst? „Was endlich das, besonders durch die überall so geistesverderbliche und verdummende Hegelsche Afterphilosophie aufgekommene Bestreben, die Weltgeschichte als ein planmäßiges Ganzes zu fassen […] betrifft; so liegt demselben eigentlich ein roher und platter Realismus zum Grunde, der die Erscheinung für das Wesen an sich der Welt hält und vermeint, auf sie, auf ihre Gestalten und Vorgänge, käme es an […].“ „Endlich laufen die Konstruktionsgeschichten, von plattem Optimismus geleitet, zuletzt immer auf einen behaglichen, nahrhaften, fetten Staat, mit wohlgeregelter Konstitution, guter Justiz und Polizei, Technik und Industrie und höchstens auf intellektuelle Vervollkommnung hinaus; weil diese in der That die allein mögliche ist, da das Moralische im Wesentlichen unverändert bleibt.“ (Schopenhauer 1844: 575)

  13. IV. 3. Schopenhauers Kritik der historischen Schule • Kommt der Weltgeist in der Geschichte schrittweise zu sich selbst? „Die Hegelianer, welche die Philosophie der Geschichte sogar als den Hauptzweck aller Philosophie ansehn, sind auf Plato zu verweisen, der unermüdlich wiederholt, daß der Gegenstand der Philosophie das Unveränderliche und immerdar Bleibende sei, nicht aber Das, was bald so, bald anders ist. […] Die Thoren hingegen meinen, es solle erst etwas werden und kommen. Daher räumen sie der Geschichte eine Hauptstelle in ihrer Philosophie ein und konstruiren dieselbe nach einem vorausgesetzten Weltplane, welchem gemäß Alles zum Besten gelenkt wird, welches dann finaliter eintreten soll und eine große Herrlichkeit seyn wird. Demnach nehmen sie die Welt als vollkommen real und setzen den Zweck derselben in das armselige Erdenglück […]. Besagte Geschichts-Philosophen und -Verherrlicher sind demnach einfältige Realisten, dazu Optimisten und Eudämonisten, mithin platte Gesellen und eingefleischte Philister, zudem auch eigentlich schlechte Christen […].“ (Schopenhauer 1844: 577)

  14. IV. 3. Schopenhauers Kritik der historischen Schule • Probleme der historistischen Wissenschaftlichkeit „Bloß die Geschichte darf eigentlich nicht in jene Reihe [der Wissenschaften; MR] treten […]: denn ihr fehlt der Grundcharakter der Wissenschaft, die Subordination des Gewußten, statt deren sie bloße Koordination desselben aufzuweisen hat. Daher giebt es kein System der Geschichte, wie doch jeder andern Wissenschaft. […] Denn nirgends erkennt sie das Einzelne mittelst des Allgemeinen, sondern muß das Einzelne unmittelbar fassen und so gleichsam auf dem Boden der Erfahrung fortkriechen. […] Die Wissenschaften, da sie Systeme von Begriffen sind, reden stets von Gattungen; die Geschichte von Individuen. Sie wäre demnach eine Wissenschaft von Individuen; welches einen Widerspruch besagt.“ (Schopenhauer 1844: 571-572)

  15. IV. 4. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben • Leben und Geschichte: ein Spannungsverhältnis „Nur soweit die Historie dem Leben dient, wollen wir ihr dienen: aber es giebt einen Grad, Historie zu treiben und eine Schätzung derselben, bei der das Leben verkümmert.“ „Unzeitgemäss ist auch diese Betrachtung, weil ich etwas, worauf die Zeit mit Recht stolz ist, ihre historische Bildung, hier einmal als Schaden, Gebreste und Mangel der Zeit zu verstehen versuche, weil ich sogar glaube, dass wir Alle an einem verzehrenden historischen Fieber leiden […].“ (Nietzsche 1874: 245, 246)

  16. IV. 4. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben • Leben und Geschichte: ein Spannungsverhältnis • Historische Bildung und menschliches Leben – die unhistorischen und die überhistorischen Gegenkräfte • Vergessen-Können – Gegenwart, Augenblick und Jetztzeit • Plastische Kraft (als Gradmesser der historischen Aneignungskapazitäten eines Lebendigen – sei es „eines Menschen, eines Volkes, einer Cultur“) (Nietzsche 1874: 251) • Kulturelle Lebens-Horizonte „Jedes Lebendige kann nur innerhalb eines Horizontes gesund, stark und fruchtbar werden […].“ (Nietzsche 1874: 251)

  17. IV. 4. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben • Drei Arten der Historie • Monumentalische Geschichte: Gebrauch des „Großen“ zur Wiederholung des Möglichen (das antike Rom und die frz. Revolution) bzw. zur Abwehr gegenwärtiger Abweichungen vom Idealbild • Antiquarische Geschichte: Bewahrung und Pflege der Tradition. „Die antiquarische Historie entartet selbst in dem Augenblicke, in dem das frische Leben der Gegenwart sie nicht mehr beseelt und begeistert. Jetzt dorrt die Pietät ab, die gelehrtenhafte Gewöhnung besteht ohne sie fort […]. Dann erblickt man wohl das widrige Schauspiel einer blinden Sammelwuth, eines rastlosen Zusammenscharrens alles einmal Dagewesenen.“ (Nietzsche 1874: 268) • Kritische Geschichte: Verneinung, Auflösung, Verurteilung einer Vergangenheit – wiederum im Dienst des Lebens oder aber, in den extremen und nicht austarierten Formen, mit lebensfeindlichen Konsequenzen…

  18. IV. 4. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben • Kritik der Geschichtswissenschaft • Das Verhältnis zwischen Leben und Geschichte verändert sich „durch die Forderung, dass die Historie Wissenschaft sein soll.“ (Nietzsche 1874: 271) • Das Problem der Innerlichkeit, des Bruchs zwischen Innen und Außen bzw. Inhalt und Form (Vgl. ebd.: 272-274, 276) – und die „höhere Einheit“ der Kultur (ebd.: 275) • Die „reine Objectivität“ der historischen Bildung (ebd.: 281). – „Sind das noch Menschen, fragt man sich dann, oder vielleicht nur Denk-, Schreib- und Redemaschinen?“ (Ebd.: 282) Objektive Wahrheit „wie es denn eigentlich gewesen ist“, Zeitgeist und Fortschritt, Einfühlung als Methode, theorielose und konstruktionsvergessene Arbeit an der Empirie, historische Erfahrung vs. allgemeines Bild der Vergangenheit, Vorbild ästhetischer Kontemplation – interesseloses Wohlgefallen und/oder künstlerische Komposition (vgl. dazu auch die geschichtsphilosophischen Thesen Walter Benjamins in „Über den Begriff der Geschichte“ [1940]).

  19. IV. 4. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben • Kritik der Geschichtswissenschaft „Nur aus der höchsten Kraft der Gegenwart dürft ihr das Vergangene deuten: nur in der stärksten Anspannung eurer edelsten Eigenschaften werdet ihr errathen, was in dem Vergangnen wissens- und bewahrenswürdig und gross ist.“ (Nietzsche 1874: 293-294) „Jene naiven Historiker nennen Objectivität das Messen vergangener Meinungen und Thaten an den Allerwelts-Meinungen des Augenblicks […]: ihre Arbeit ist, die Vergangenheit der zeitgemässen Trivialität anzupassen.“ (Ebd.: 289)

  20. IV. 4. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben • Bildung als welthistorischer Prozess? „Ich glaube, dass es keine gefährliche Schwankung oder Wendung der deutschen Bildung in diesem Jahrhundert gegeben hat, die nicht durch die ungeheure bis diesen Augenblick fortströmende Einwirkung dieser Philosophie, der Hegelischen, gefährlicher geworden ist. Wahrhaftig, lähmend und verstimmend ist der Glaube, ein Spätling der Zeiten zu sein: furchtbar und zerstörend muss es aber erscheinen, wenn ein solcher Glaube eines Tages mit kecker Umstülpung diesen Spätling als den wahren Sinn und Zweck alles früher Geschehenen vergöttert, wenn sein wissendes Elend einer Vollendung der Weltgeschichte gleichgesetzt wird. Eine solche Betrachtungsart hat die Deutschen daran gewöhnt, vom 'Weltprozess' zu reden und die eigne Zeit als das nothwendige Resultat dieses Weltprozesses zu rechtfertigen; eine solche Betrachtungsart hat die Geschichte an Stelle der anderen geistigen Mächte, Kunst und Religion, als einzig souverän gesetzt, insofern sie ‘der sich selbst realisirende Begriff‘, in sofern sie ‘die Dialektik der Völkergeister‘ und das ‘Weltgericht‘ ist.” (Ebd.: 308)

  21. IV. Zum Problem des Historismus 5. Die Universitätsphilosophie • Humboldt-Universität und philosophisches Bildungsideal • Umformungen (z. B. Privatisierung) des Bildungsideals im Zuge der Industrialisierung und Professionalisierung des Wissens • Universitätsphilosophen als „Bildungsphilister“: Historischer Fortschritt und quasi-industrielle Organisation der Forschung; Triumph der Tatsachenwahrheiten und die politische Abstinenz und zunehmende Praxisirrelevanz des Wissen • Gegen das Bildungsversprechen durch Wissenschaft: Die polemische Grundhaltung von Schopenhauer und Nietzsche

  22. IV. 5. Die Universitätsphilosophie „Genauer zugesehn, ist jene 'Freiheit', mit welcher der Staat jetzt, wie ich sagte, einige Menschen zu Gunsten der Philosophie beglückt, schon gar keine Freiheit, sondern ein Amt, das seinen Mann nährt. […] Sollte wohl je ein Universitätsphilosoph sich den ganzen Umfang seiner Verpflichtung und Beschränkung klar gemacht haben? […] Mindestens solange er begünstigt und angestellt ist, muss er über der Wahrheit noch etwas Höheres anerkennen, den Staat.“ (Nietzsche 1874: 413, 415) „Erstens, der Staat wählt sich seine philosophischen Diener aus […]. Zweitens: er zwingt [sie] […] zu einem Aufenthalte an einem bestimmten Orte, unter bestimmten Menschen, zu einer bestimmten Thätigkeit. […] Frage: kann sich eigentlich ein Philosoph mit gutem Gewissen verpflichten, täglich etwas zu haben, was er lehrt? […] Muss er sich nicht den Anschein geben, mehr zu wissen als er weiss? Und überhaupt: beraubt er sich nicht seiner herrlichsten Freiheit, seinem Genius zu folgen, wann dieser ruft und wohin dieser ruft? – dadurch dass er zu bestimmten Stunden öffentlich über Vorher-Bestimmtes zu denken verpflichtet ist. […] Die dritte höchst gefährliche Concession an den Staat [ist], wenn sie sich ihm verpflichtet, zuerst und hauptsächlich als Gelehrsamkeit aufzutreten. Vor allem als Kenntnis der Geschichte der Philosophie.“ (Ebd.: 416)

  23. IV. 5. Die Universitätsphilosophie Philosophiehistoriker (416 f.), Hegelianer (418, 423) und Kantianer (als Erkenntnistheoretiker) (419), Herbartianer (421) – „aber zugegeben dass diese Schar von schlechten Philosophen lächerlich ist – und wer wird es nicht zugeben? – inwiefern sind sie denn auch schädlich? Kurz geantwortet: dadurch dass sie die Philosophie zu einer lächerlichen Sache machen. So lange das staatlich anerkannte Afterdenkerthum bestehen bleibt, wird jede grossartige Wirkung einer wahren Philosophie vereitelt […]. Deshalb nenne ich es eine Forderung der Kultur, der Philosophie jede staatliche und akademische Anerkennung zu entziehn und überhaupt Staat und Akademie der für sie unlösbaren Aufgabe zu entheben, zwischen wahrer und scheinbarer Philosophie zu unterscheiden. […] Zuletzt aber – was gilt uns die Existenz eines Staates, die Förderung der Universitäten, wenn es sich doch vor Allem um die Existenz der Philosophie auf Erden handelt! oder […] wenn so unsäglich mehr daran gelegen ist, dass ein Philosoph auf Erden entsteht, als dass ein Staat oder eine Universität fortbesteht.“ (Nietzsche 1874: 421, 425)

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