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Die bisherigen Beschlüsse: Europäische Bankenaufsicht

Probleme einer europäischen Bankenunion Roland Vaubel Universität Mannheim CAWM-Kolloquium, Universität Münster, 17. Januar 2013. Die bisherigen Beschlüsse: Europäische Bankenaufsicht

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Die bisherigen Beschlüsse: Europäische Bankenaufsicht

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  1. Probleme einer europäischen BankenunionRoland VaubelUniversität MannheimCAWM-Kolloquium, Universität Münster, 17. Januar 2013

  2. Die bisherigen Beschlüsse: • Europäische Bankenaufsicht • Die EZB wird ein Jahr nach Inkrafttreten der geplanten Gesetzgebung, jedoch spätestens ab 1. März 2014 ungefähr 150 große Banken des Eurogebiets beaufsichtigen – davon etwa 30 in Deutschland. Auswahlkriterien: - Bilanzsumme von mindestens 30 Mrd. Euro oder - Bilanzsumme von mindestens einem Fünftel des BIP, - mindestens die drei größten Banken jedes Teilnehmerlandes. • Die EZB kann auch bei allen anderen Banken des Eurogebiets die Zuständigkeit an sich ziehen, wenn sie Gefahren für die Finanzmarktstabilität sieht. • Auf Wunsch des ESM können einzelne Banken bereits vor dem 1.3.13 von der EZB beaufsichtigt (und dann vom ESM rekapitalisiert) werden. • Dem Aufsichtsgremium gehören an: - die Vorsitzende (vom EU-Ministerrat ernannt, nicht Mitglied des EZB-Rats: Danièle Nouy) - ihr Stellvertreter (aus dem EZB-Direktorium gewählt: Ives Mersch), - vier weitere Vertreter der EZB, - je ein Vertreter der Aufsichtsbehörden der teilnehmenden Länder.

  3. Das Aufsichtsgremium entscheidet mit einfacher Mehrheit. Die Stimmen werden nicht nach der Größe des Landes bzw. seines Banksektors gewichtet. • Wenn der EZB-Rat nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch einlegt, wird die Entscheidung des Aufsichtsgremiums wirksam. • Wenn der EZB-Rat oder mindestens ein betroffener Teilnehmerstaat innerhalb der Frist widerspricht, entscheidet ein Vermittlungsausschuss mit einfacher Mehrheit. • Der Vermittlungsausschuss besteht aus je einem Vertreter der teilnehmenden Mitgliedstaaten. Die Regierungen sollen ihre Ausschussmitglieder unter den Mitgliedern des EZB-Rates und des Aufsichtsgremiums auswählen. • Entscheidungen der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) in London, die für alle 27 EU-Staaten zuständig ist, erfordern in Zukunft eine doppelte Mehrheit: eine einfache Mehrheit der an der EZB-Bankenaufsicht beteiligten Mitgliedstaaten und eine einfache Mehrheit der nicht daran beteiligten Mitgliedstaaten (Bedingung für die Zustimmung der britischen Regierung). Diese Regelung gilt jedoch nur so lange, wie mindestens vier EU-Mitgliedstaaten nicht an der EZB-Bankenaufsicht beteiligt sind. • Über die EZB-Bankenaufsicht entscheidet allein der Rat (einstimmig); über die Änderung der EBA-Verordnung entscheiden Parlament und Rat – letzterer mit qualifizierter Mehrheit.

  4. 2. Direkte Rekapitalisierung von Banken durch den ESM • Sobald die Gesetzgebung über die EZB-Bankenaufsicht in Kraft getreten ist, wird sich der ESM direkt am Kapital notleidender Banken beteiligen können. • Der Heimatstaat muss sich an der Rekapitalisierung seiner Banken beteiligen oder für alle Geldspritzen des ESM bürgen (Entwurf). • Der ESM wird auch Kredite übernehmen können, die vor der Einführung der EZB-Bankenaufsicht notleidend wurden („legacy assets“). • Die Vereinbarungen über die Rekapitalisierung der Banken sollen im ersten Halbjahr 2013 getroffen werden(d.h. vor der Bundestagswahl!) 3. Richtlinie für ein einheitliches Verfahren der Bankenabwicklung und der Finanzierung aus (vernetzten?) nationalen Bankenfonds (neuer Gesetzgebungsvorschlag der Kommission bis Mai 2013, Verabschiedung bis Sommer 2014) 4. Richtlinie für die stärkere Harmonisierung (und Vernetzung?) der nationalen Einlagenversicherungen (Gesetzgebungsvorschlag der Kommission bis Ende Mai 2013)

  5. Rechtfertigungsanalyse: • Europäische Bankenaufsicht A) Ökonomische Begründungen • Rechtfertigung Nr. 1: „Moral Hazard“ Die Rekapitalisierung der Banken aus Mitteln des ESM und die eventuelle Vernetzung der Bankenrettungsfonds und der Einlagenversicherungen würden die nationalen Bankenaufsichts-behörden veranlassen nicht streng genug zu sein. Kritik: - Sollten die Banken überhaupt durch den ESM rekapitalisiert werden? (wird in Teil 2 diskutiert) - Kann der Plan überhaupt gegen Steinbrück durchgesetzt werden? - Nach Walter Bagehot sollte ein „Lender of last resort“ nur zu einem Strafzins Kredite vergeben. Wenn der ESM und die EZB dies täten, gäbe es keinen „Moral hazard“.

  6. Rechtfertigung Nr. 2: „Vicious Circle“ Die nationale Bankenaufsicht führt zu einem „Teufelskreis“. Durch politischen Druck und die regulatorische Bevorzugung von Staatsanleihen (im Rahmen der Risikovorsorge) veranlassen die nationalen Aufsichtsbehörden die Banken, dem heimischen Staat zu viel Geld zu leihen. Wenn dann eine Finanzmarktkrise eine Verschuldungskrise des Staates auslöst, schlägt der Kursverfall der Staatsanleihen auf die Bilanzen der Banken zurück und verschärft die Finanzmarktkrise. Die europäische Bankenaufsicht ist notwendig, um diesen „Teufelskreis“ zu unterbrechen. Kritik: • Die Haushaltsprobleme der meisten überschuldeten Euro-Staaten haben wenig mit der Finanzmarktkrise zu tun: a) Griechenland und Portugal hatten schon vor der Finanzmarktkrise die zulässigen Defizitgrenzen mehrfach überschritten (Griechenland in jedem Jahr). b) In Griechenland, Portugal und Italien brauchte der Staat die Banken in der Finanzmarktkrise nicht zu stützen. • Der angebliche Teufelskreis kann ohne eine europäische Bankenaufsicht unterbrochen werden. Es genügt eine einfache Regel, dass die Forderungen an den Staat nicht mehr als x Prozent der Bankaktiva ausmachen dürfen. Diese Lösung haben zum Beispiel Clemens Fuest (FAZ 8.6.12) und Jens Weidmann (Handelsblatt 21.11.12) vorgeschlagen. Außerdem sollten die Forderungen an den Staat nicht mehr in der Risikovorsorge begünstigt werden.

  7. Rechtfertigung Nr. 3: „Regulatory Capture“ Auf der nationalen Ebene ist die Gefahr größer, dass die Banken – einzeln oder als Interessengruppe – die Aufsichtsbehörde vereinnahmen und dazu bewegen, ein Auge zuzudrücken. Eine europäische Bankenaufsicht kommt Lobbyisten weniger entgegen. Kritik: • Der Einfluss der Lobby hängt davon ab, was sie bieten kann. Wenn die Banken ihrem Heimatstaat kein Geld mehr leihen dürfen, wie Fuest vorschlägt, sind ihre Lockmittel auf nationaler Ebene nicht größer als auf europäischer Ebene. • Die Lobbyaktivitäten auf europäischer Ebene sind der Aufmerksamkeit der Wähler und der Medien stärker entzogen als die Lobbyaktivitäten im Heimatland. Dies mag erklären, weshalb zum Beispiel die empirische Untersuchung von S.S. Andersen und K.A. Eliassen zu folgendem Ergebnis gelangt: „The EC system is now more lobbying-oriented than any national European system“ (European Journal of Political Research 1991). Man denke z.B. an die Agrarpolitik und die protektionistische „Anti-Dumping“-Politik. • Wie lobby-resistent ist die franko-mediterrane Mehrheit im Aufsichtsgremium und im Rat der EZB? Madame Nouy? • Aus ihrem Stresstest von 2011 zog die EBA den Schluss, dass alle spanischen Banken solvent seien!

  8. Rechtfertigung Nr. 4: Das Versagen der nationalen Bankenaufsichts- behörden in der Finanzmarktkrise Die nationalen Bankaufsichtsbehörden haben nicht vor der Finanzmarktkrise gewarnt und waren nicht darauf vorbereitet. Kritik: • Die europäischen Institutionen haben die Finanzmarktkrise auch nicht kommen sehen – weder die EZB noch die Generaldirektion Binnenmarkt der EU-Kommission, die für die europäische Finanzmarktgesetzgebung zuständig ist. • Die Stützung der in mehreren Mitgliedstaaten beheimateten Banken (wie Dexia und Fortis) war kein gravierendes Problem. Die Bankenaufsichtsbehörden der beteiligten Länder haben gut zusammengearbeitet. Sie wussten wahrscheinlich besser, was zu tun war, als es die 27 Mitglieder des EBA-Aufsichtsgremiums oder die 17+ Mitglieder eines EZB-Aufsichtsgremiums getan hätten. Bilaterale oder trilaterale Kooperation ist oft effektiver als multilaterale.

  9. Rechtfertigung Nr. 5: „Race to the Bottom“ Die nationalen Bankaufsichtsbehörden waren nicht streng genug, weil sie einen möglichst großen Teil des internationalen Bankgeschäfts attrahieren wollten. Kritik: Der (De-)Regulierungswettbewerb hätte nicht zur Finanzmarktkrise geführt, wenn die nationalen Aufsichtsbehörden erkannt hätten, dass sie zu große Risiken zuließen. Die Krise beruhte auf einem Irrtum. Die Aufsichtsbehörden glaubten (ebenso wie die Banken), dass die Risikovorsorge ausreichen würde. Die Innovation der Hypothekenverbriefung und –tranchierung führte zu einem Irrtum („trial and error“). Viele Ökonomen sind so sehr auf das Anreizthema fixiert, dass sie überhaupt nicht mehr den schlichten Irrtum wahrnehmen.

  10. Rechtfertigung Nr. 6: internationale Externalitäten Die nationalen Aufsichtsbehörden sind nicht streng genug, weil sie nicht (hinreichend) berücksichtigen, dass sich ihre Maßnahmen auch in anderen Ländern auswirken. Kritik: • Es gibt keinerlei empirische Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzmarktkrise auf derartige Anreizprobleme zurückzuführen war. • Die externen Wirkungen der nationalen Bankenaufsicht sind viel geringer als die internen Wirkungen im eigenen Land. Die nationale Bankenaufsicht hat stärkere Anreize, das Richtige zu tun, als eine europäische Bankenaufsicht – zum Beispiel als eine Mehrheit der 27 EBA-Aufseher oder der 17+ EZB-Aufseher. Ihre Anreize sind vollkommen ausreichend. • Wenn Rechtfertigung Nr. 6 zuträfe, bestünde die Lösung im übrigen nicht darin, die Zuständigkeit für die Aufsicht über die systemrelevanten Banken ganz von der nationalen auf die europäische Ebene zu verlagern, sondern der europäischen Bankenaufsicht als zweiter Instanz das Recht zu geben, nur strenger als die jeweilige nationale Bankenaufsicht zu sein. • Die Mehrheit der hochregulierten Teilnehmerstaaten hat jedoch im Allgemeinen eher ein Interesse daran zu streng zu sein. Denn dadurch, dass sie den liberaleren Teilnehmerstaaten schärfere Regulierungen aufzwingt, kann sie ihren eigenen Banken Wettbewerbsvorteile verschaffen („strategy of raising rivals‘ costs“).

  11. Rechtfertigung Nr. 7: Binnenmarkt und „Level Playing Field“ Zu einem gemeinsamen Kapitalmarkt gehört auch eine einheitliche Bankenaufsicht, die einheitliche Wettbewerbsbedingungen schafft und die Informationskosten senkt. Kritik: • Der Begriff des Binnenmarkts impliziert nicht eine einheitliche Wirtschaftspolitik, sondern die Beseitigung der nationalstaatlichen Beschränkungen für internationale Transaktionen. Artikel 26 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) definiert den Binnenmarkt als „einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital … gewährleistet ist“. Die Freiheit des Kapitalverkehrs ist mit internationalen Unterschieden in der Bankenregulierung und –aufsicht voll vereinbar. • Ein „Level Playing Field“ ist nicht optimal, wenn die gewachsenen Bankenstrukturen und die Bedürfnisse der Unternehmen in den einzelnen Ländern unterschiedlich sind. • Für eine dezentrale Bankenaufsicht sprechen nicht nur Informationsvorteile und Anreizaspekte, sondern auch die Diversifikation der Risiken – insbesondere in einem sehr innovativen Markt, in dem die Irrtumswahrscheinlichkeit hoch ist.

  12. Rechtfertigung Nr. 8: „Die EZB muss kontrollieren dürfen, was mit dem Geld geschieht, das sie in den Markt gibt“ (Peter Praet, Chefvolkswirt der EZB, Handelsblatt 31.10.12). Kritik: • Ziel der Geldpolitik ist die Preisstabilität. • Dies ist eine makroökonomische Aufgabe. • Die EZB hat nicht die Aufgabe, sich in mikro-ökonomische Fragen einzumischen. • Die Geldpolitik sollte wettbewerbsneutral sein.

  13. B) Rechtlich-institutionelle Probleme • Problem Nr. 1: Art. 127 Abs. 6 AEUV ist keine tragfähige Rechtsgrundlage für die Bankenaufsicht der EZB: „Der Rat kann einstimmig … besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute … der Europäischen Zentralbank übertragen“. Nach Abs. 5 trägt die EZB generell „zur reibungslosen Durchführung der von den (nationalen) Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.“ Grundsätzlich zuständig sind also die nationalen Behörden. Die EZB wird nicht spezielle Aufgaben im Zusammenhang mit der nationalen Bankenaufsicht wahrnehmen, sondern sie wird alle Aufgaben in der Beaufsichtigung einer speziellen Gruppe von Banken übernehmen. Der deutsche Teilnehmer an den Beratungen über Art. 127 (Dr. Günther Baer) hat bezeugt, dass die Vertragsparteien Art. 127 Abs. 6 nicht als Rechtsgrundlage für eine EZB-Bankenaufsicht intendierten. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann und fast alle Rechtsexperten vertreten daher die Auffassung, dass die EZB-Bankenaufsicht nur auf dem Weg einer Vertragsänderung eingeführt werden kann.

  14. Problem Nr. 2: Art. 129 AEUV sieht für das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) nur zwei Beschlussorgane vor: den EZB-Rat und das EZB-Direktorium. Das Letztentscheidungsrecht kann daher nicht bei einem „Vermittlungsausschuss“ liegen, zu dessen Mitgliedern auch – im Extremfall sogar nur – Vertreter der nationalen Aufsichtsbehörden gehören. Dabei ist es unerheblich, dass die Zentralbank auch in den meisten der Teilnehmerstaaten an der Bankenaufsicht beteiligt ist. Die Beschlussorgane des ESZB dürfen ihre Entscheidungs- befugnisse nicht an irgendwelche anderen Gremien delegieren. Das ist unter anderem das Ergebnis eines Gutachtens, das der Juristische Dienst des EU-Ministerrats im Auftrag der EU- Finanzminister im Oktober 2012 erstellt hat (FT 18.10.12, FAZ 19.10.12).

  15. Problem Nr. 3: Wenn dieselbe Institution für die Bankenaufsicht und die Geldpolitik zuständig ist, kann es leicht zu Zielkonflikten kommen. Beispiele: • Die EZB könnte versucht sein, auf die stabilitätsorientierte Geldpolitik, zu der sie nach Art. 127 AEUV verpflichtet ist, zu verzichten, um Schwierigkeiten bei den Banken zu vermeiden. • Sie könnte aus diesem Grund vor dem bald notwendigen „Exit“ aus der derzeitigen hyperexpansiven Geldpolitik zurückschrecken. • Sie könnte auf Fehler in ihrer Bankenaufsicht mit einer zu expansiven Geldpolitik reagieren. • Da die EZB Kredite an die Banken vergibt und dafür Sicherheiten von fragwürdigem Wert akzeptiert hat, könnte sie davor zurückscheuen, Banken für insolvent zu erklären und abzuwickeln, denn dann müsste sie ihre eigenen Forderungen an diese Banken abschreiben.

  16. Problem Nr. 4: Die Zuständigkeit der EZB für die Bankenaufsicht gefährdet ihre geldpolitische Unabhängigkeit nach Art. 130 AEUV. • Die Regierungen der Mitgliedstaaten wählen die Mitglieder des Bankenaufsichtsgremiums der EZB und des Vermittlungsausschusses aus. Um diesbezügliche Wünsche erfüllt zu bekommen, könnte der EZB-Rat versucht sein, den Politikern Gegenleistungen im Bereich der Geldpolitik anzubieten. • Die EZB-Bankenaufsicht muss sich den Entscheidungen der EBA beugen. Die EBA-Verordnung ermächtigt die EBA, verbindliche technische Standards zu erlassen (Art. 10) und über den Kopf der EZB hinweg einzelnen Banken direkte Anweisungen zu geben, wenn sie der Meinung ist, dass die Mitglieder des EZB-Aufsichtsgremiums EU-Recht verletzen (Art. 17) oder der Ministerrat Gefahren für die Finanzmarktstabilität sieht (Art. 18). Die geplante Revision der EBA-Verordnung ändert daran nichts.

  17. Problem Nr. 5: Die Übertragung der Bankenaufsicht an die EZB widerspricht dem Demokratiegebot. Es gibt keinen triftigen Grund, einem Gremium wie dem EZB-Rat, das politisch unabhängig sein soll, Entscheidungsbefugnisse im Rahmen der Bankenaufsicht zu übertragen. Die Schließung einer Bank hat häufig Konse-quenzen für den Staatshaushalt und muss daher von demokratisch legitimierten Akteuren verantwortet werden.

  18. Zusammenfassung Aus allen diesen Gründen raten die Expertengremien, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, davon ab, die Bankenaufsicht der EZB zu übertragen: • „While the Group supports an extended role for the ECB in macro-prudential oversight, it does not support any role for the ECB for micro-prudential supervision“ (Report of the High-Level-Group of Experts chaired by Jacques de La Rosière, 2009, Ziffer 171). Die Gruppe betont die Probleme Nr. 3 (Zielkonflikte) und Nr. 5 (Haushaltsrelevanz) und fügt hinzu: „Conferring a micro-prudential role on the ECB would be particularly difficult given the fact that a number of ECB/ESCB members have no competence in terms of supervision“. • „Die Nachteile einer Zusammenlegung der Bankenaufsicht und der Geldpolitik würden gerade in der Eurozone besonders zum Vorschein kommen“ (Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Zur Stabilität des europäischen Finanzsystems, September 2012). • „Um Geldpolitik und Aufsicht klar zu trennen …, sollte die europäische Aufsicht in einer von der EZB getrennten Institution angesiedelt werden“ (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, Jahresgutachten, November 2012).

  19. Europäische Regelungen für die Rekapitalisierung, Restrukturierung und Abwicklung insolventer Banken? • Das Bankgeschäft ist besonders krisen- und konkursanfällig, weil schon geringe Zweifel an der Solvenz eines Finanzintermediärs dazu führen können, dass eine an sich solvente Bank insolvent wird. Denn das Misstrauen der Gläubiger kann einen Run auslösen, der die Bank – aufgrund ihrer Fristentransformation – zwingt, Forderungen unter ihrem langfristigen Wert zu verkaufen. • Der Staat kann systemrelevante Banken nicht Konkurs gehen lassen, ohne eine schwere Wirtschaftskrise zu riskieren. Deshalb muss er sie regulieren und stützen. • Die Risiken der Banken hängen vor allem von ihrer Geschäftspolitik ab (Risiko 1). Deshalb ist es vorrangig, die Eigenverantwortung der Banken zu stärken. Deshalb muss der Staat den Banken eine (Mindest-)Eigenkapitalquote vorschreiben. Diese sollte m.E. – ohne Risikogewichtung – 25-30 Prozent betragen, denn die Ausfallquote der griechischen Banken liegt zur Zeit zwischen 24 und 25 Prozent, und eine Eigenkapitalquote von etwa 30 Prozent reichte der Deutschen Bank aus, die Weltwirtschaftskrise (1929-33) ohne staatliche Rekapitalisierung zu überstehen.

  20. Soweit es um unvermeidliche Risiken des Bankgeschäfts geht (Risiko 2), sind darüber hinaus Versicherungen (Einlagenversicherung, Restrukturierungs-fonds) sinnvoll, die von der Gesamtheit der Banken finanziert werden. Denn wenn die Banken aus Steuermitteln subventioniert werden, wird die Branchenstruktur verzerrt. Die Subvention bewirkt, dass der Bankensektor im Verhältnis zu den anderen Branchen zu groß ist. • Der bisherige Kommissionsentwurf einer Richtlinie für die Restrukturierung und Abwicklung von Banken (COM (2012) 280/3, Art. 97) vom Juni 2012 gibt den nationalen Restrukturierungsfonds das Recht, sich im Notfall von den Fonds der anderen Mitgliedstaaten Geld zu leihen – vermutlich zu einem subventionierten Zins. Der zuständige Rapporteur des Europa-Parlaments (Gunnar Hökmark) lehnt dies jedoch ab. • EU-Kommissar Barnier strebt auch eine Vernetzung der nationalen Einlagen-versicherungen an. Die bisherige EU-Richtlinie über die Einlagenversicherung, die im Januar 2011 in Kraft getreten ist, sieht keine Vernetzung vor. • Gegen die Vernetzung spricht, dass die Risiken der Banken auch in erheb- lichem Umfang von der Wirtschaftspolitik ihres Landes abhängen (Risiko 3). Deshalb ist es effizienter, wenn der jeweilige Heimatstaat im Notfall einspringt.

  21. Aus dem gleichen Grund sollten die Banken grundsätzlich nicht vom ESM rekapitalisiert werden. Dass die Banken eines Landes von den Steuerzahlern anderer Länder rekapitalisiert werden, kommt zumindest so lange nicht in Frage, wie das Land zahlungsfähig ist. Spanien und Irland brauchten bisher nicht umzuschulden. Sie sind eindeutig zahlungsfähig. Über Griechenland kann man streiten. • Gilt dieses Nein zur ESM-Rekapitalisierung nur für die – laut Beschluss des Ministerrats einbezogenen – Altrisiken der Banken, die vor Einführung der europäischen Bankenaufsicht entstanden sind, wie der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium (Sept. 2012) und Jens Weidmann (Handelsblatt vom 16.11.12) meinen? Leider nein. In dem Aufruf der 190+ Wirtschafts-professoren vom Juli 2012 heißt es dazu richtig: „Die Politiker mögen hoffen, die Haftungssumme begrenzen und Missbrauch durch eine gemeinsame Bankenaufsicht verhindern zu können. Das wird ihnen aber kaum gelingen, solange die Schuldnerländer über die strukturelle Mehrheit im Euroraum verfügen“.

  22. Wer soll über die Eigenkapitalanforderungen, den Umfang der Einlagenversicherung und des Bankenrettungsfonds sowie des Restrukturierungs- und Abwicklungsverfahren entscheiden – die Mitgliedstaaten, die Europäische Union oder der Baseler Ausschuss? • Als Anhänger des Regulierungswettbewerbs plädiere ich für das Subsidiaritätsprinzip – also die Mitgliedstaaten. • Jeder einzelne Mitgliedstaat hat einen hinreichenden Anreiz, die Stabilität seiner Banken optimal zu sichern. • Die einzelnen Staaten haben aus der Finanzmarktkrise gelernt und sind längst dabei, ihre Finanzmarktregulierungen zu verbessern. Sie erhöhen die Eigenkapitalanforderungen (zum Teil mehr als international vereinbart). Die Mehrheit der EU-Staaten hat bereits Bankenrettungsfonds eingerichtet. • Da das optimale Regulierungsregime nicht bekannt ist, bedarf es einer Vielzahl von Experimenten, um aus den Erfahrungen zu lernen und die Risiken von Fehlentscheidungen zu diversifizieren. • Ein Erfahrungsaustausch ist wichtig, denn dieses Wissen ist ein internationales öffentliches Gut. Auch gemeinsame Empfehlungen sind eine wertvolle Information. Solche Erkenntnisse betreffen aber nicht nur die Mitgliedstaaten der Eurozone oder der Europäischen Union, sondern auch die USA, die Schweiz und andere internationale Finanzzentren. Deshalb ist der Baseler Ausschuss dafür ein geeigneteres Forum als die Europäische Union.

  23. Zur politisch-ökonomischen Erklärung: „‘We can only achieve political union if we have a crisis’ Mr. Schäuble said“ (New York Times, 18.11.11).

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