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WuV -Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 07.04.2014

WuV -Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 07.04.2014. PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur . ( Oxon .). Semesterübersicht. Rechtliche Grundlagen (JAVO v. 15.2.2014) § 3 Prüfungsfächer Prüfungsfächer sind die Pflichtfächer. […] Pflichtfächer sind die Kernbereiche des Bürgerlichen Rechts, […]

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WuV -Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 07.04.2014

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  1. WuV-Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 07.04.2014 PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.)

  2. Semesterübersicht

  3. Rechtliche Grundlagen (JAVO v. 15.2.2014) § 3 Prüfungsfächer • Prüfungsfächer sind die Pflichtfächer. […] • Pflichtfächer sind die Kernbereiche des Bürgerlichen Rechts, […] • Kernbereiche des Bürgerlichen Rechts sind,[…] 1. Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) […]: c) aus dem Sachenrecht: aa) Besitz, die Allgemeinen Vorschriften über Rechte an Grundstücken, Inhalt, Erwerb und Verlust des Eigentums, die Ansprüche aus dem Eigentum, Hypothek und Grundschuld, bb) im Überblick: die anderen beschränkten dinglichen Rechte, 5. aus dem Zivilverfahrensrecht im Überblick: a) aus dem Erkenntnisverfahren: Gerichtsverfassungsrechtliche Grundlagen, Verfahrensgrundsätze, Verfahren im ersten Rechtszug und Arten der Rechtsbehelfe, b) aus dem Vollstreckungsverfahren: Rechtsbehelfe, Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen und Arten der Zwangsvollstreckung.

  4. § 1 Einführung I. Sachenrechtliche Grundbegriffe im BGB 1. Der Begriff der Sache • Weiter Begriff des ABGB: § 285 ABGB: Alles, was von der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im rechtlichen Sinne eine Sache genannt. • Enger Begriff des BGB: § 90 BGB: Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.

  5. Beispiel (nach BGHZ 124, 52):Der 31jährige K litt an einem Harnblasenkarzinom. Vor einer dringend notwendigen Operation, die zur Zeugungsunfähigkeit führen musste, ließ K bei der B Sperma einlagern, um auch später noch Kinder zeugen zu können. Nach ein paar Jahren vernichtete die B das eingelagerte Sperma des K, ohne ihn um Erlaubnis zu fragen. Als K nun sein Sperma nutzen will, erfährt er von der Vernichtung und ist schwer enttäuscht. Er verlangt Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens in Geld. Zurecht? Problem: § 253 BGB gewährt keine Entschädigung in Geld bei Eigentumsverletzungen.

  6. § 1 Einführung I. Sachenrechtliche Grundbegriffe im BGB 1. Der Begriff der Sache • Weiter Begriff des ABGB: § 285 ABGB: Alles, was von der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im rechtlichen Sinne eine Sache genannt. • Enger Begriff des BGB: § 90 BGB: Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände. • § 90a: Tiere sind keine Sachen. „Gefühlige Deklamation ohne wirklichen rechtlichen Inhalt“ (Palandt)?

  7. 2. Arten von Sachen • Bewegliche (z.B. § 929 BGB) und unbewegliche Sachen (Grundstücke) • Vertretbare (§ 91 BGB) und unvertretbare Sachen; • Sonderregeln für vertretbare Sachen etwa in §§ 607, 651 S. 3, 700, 783 BGB • Naturalrestitution idR nur bei vertretbaren Sachen möglich (Ausnahme: Gebrauchtwagen). • Bedeutung also vor allem im Schuldrecht! • Objektiv zu verstehen, Parteivereinbarungen ohne Bedeutung. • Definition: Vertretbar ist eine Sache, wenn sie sich von anderen der gleichen Art nicht durch ausgeprägte Individualisierungsmerkmale abhebt und daher ohne weiteres austauschbar ist (BGH NJW 1966, 2307).

  8. 3. Funktionseinheiten von Sachen Unterscheide: Bestandteile und Zubehör • Wesentliche, einfache und Scheinbestandteile (§§ 93 ff. BGB) • Maßgebend für die Unterscheidung sind die Verkehrsauffassung und eine natürliche Betrachtung unter Zugrundelegung eines technisch-wirtschaftlichen Standpunkts (BGHZ 20, 154) • Automotor? • Entscheidend ist nicht der Einfluß der Trennung auf die Gesamtsache, sondern ob der eine oder der andere Bestandteil nach der Trennung noch genutzt werden kann.

  9. Zubehör (§ 97 BGB) • Es muß eine Hauptsache geben • Die Hauptsache muß eine wirtschaftlichen Zweck haben • Das Zubehör muß diesem Zweck dienen können • Es muß diesem Zweck gewidmet sein • Diese Widmung muß auf eine gewisse Dauer gerichtet sein • Es ist eine gewisse räumliche Nähe erforderlich • Ggf. Korrektur durch die Verkehrsauffassung

  10. 4. Nutzungen und Früchte (§§ 99f. BGB) • Früchte (§ 99 BGB) • Sachfrüchte (§ 99 Abs. 1 BGB), Bsp.: Eier, Küken, Kälber, Bäume, auch Sand, Kohle, Erz usw. Nach h.M. auch Raubbau. Keine Früchte sind aber Dinge, die unter Verbrauch der Sachsubstanz gewonnen werden, etwa das Fleisch eines Schlachttiers. • Rechtsfrüchte (§ 99 Abs. 2 BGB), Bsp. Jagdbeute beim Jagdrecht • mittelbare Sach- und Rechtsfrüchte (§ 99 Abs. 3 BGB), Bsp. Mietzins bei Mietshäusern; Lizenzgebühren bei Immaterialgüterrechten

  11. II. Das dingliche Rechtsgeschäft (Verfügung) • Die dingliche Rechtslage kann grundsätzlich nur durch ein Rechtsgeschäft verändert werden. Dies Rechtsgeschäft heißt Verfügung. Begriff der Verfügung: Ein Rechtsgeschäft, durch das unmittelbar auf ein bestehendes Recht eingewirkt wird, sei es durch Übertragung, Belastung, Inhaltsänderung oder Aufhebung. • Ausnahmen, in denen die dingliche Rechtslage anders als durch Rechtsgeschäft verändert wird: Gesetzlicher Eigentumserwerb; Erwerb vom Nichtberechtigten • Vorschriften des Allgemeinen Teilssind grundsätzlich anwendbar, da dingliches Rechtsgeschäft ein Vertrag ist. • Vorschriften des Schuldrechts sind grundsätzlich nicht anwendbar, da kein Verpflichtungsvertrag vorliegt. • Stets zu prüfen, ob es sachenrechtliche legesspecialesgibt!

  12. III. Prinzipien des deutschen Sachenrechts • Trennungs- und Abstraktionsprinzip a. Trennung von dinglichem Rechtsgeschäft und zugrundeliegender schuldrechtlicher causa Beispielsfall: Student S geht zum Bäcker B und kauft zwei Brezeln zum Preis von je 90 Cent. Er bezahlt mit einer 2 €-Münze und erhält ein Rückgeld von 20 Cent sowie die beiden Brezeln. Wieviele Rechtsgeschäfte sind vorgenommen worden?

  13. Abstraktheit des dinglichen Rechtsgeschäfts Das dingliche Rechtsgeschäft und das schuld-rechtliche Rechtsgeschäft sind hinsichtlich ihrer Rechtswirksamkeit jeweils für sich zu beurteilen. Beispielsfall: S hat etwas mehr Geld gespart und möchte ein Fahrrad von F kaufen. S und F einigen sich auf einen Preis von 400 Euro. Am Abend desselben Tages treffen sich S und F zufällig in einer Kneipe. F hat das Fahrrad dabei, und S ist auch gut bei Kasse. So wickeln S und F den Kaufvertrag ab. Allerdings hatte S bereits soviel getrunken, dass er nicht mehr zurechnungsfähig war. Wie ist die Rechtslage?

  14. 2. Spezialitäts- und Bestimmtheitsgrundsatz Dingliche Rechtsgeschäfte müssen sich auf bestimmte individualisierte Gegenstände beziehen; keine „Gattungsgeschäfte“ Beispielsfall:B ist der Inhaber eines Bücherladens und schon ziemlich alt. Der Laden befindet sich in der Passauer Altstadt in gemieteten Räumen. Da B sich zur Ruhe setzen möchte, verkauft er sein Geschäft an K. Wie können B und K den Kaufvertrag durchführen?

  15. 3. Publizitätsprinzip • Dingliche Rechtslage soll möglichst offenkundig sein • Verfügungen über dingliche Rechte erfordern deshalb grundsätzlich einen Publizitätsakt (Übergabe, Eintragung und Anzeige) • Vermutungswirkung des Besitzes (§ 1006 BGB) • Besitz als Grundlage des gutgläubigen Erwerbs • Durchbrechungen des Publizitätsprinzips durch „besitzlose Pfandrechte“?

  16. 4. Absolutheit dinglicher Rechte • (Nur) Dingliche Rechte verleihen ihrem Inhaber Schutz gegenüber jedermann • Erste Gegentendenz:Verdinglichung obligatorischer Rechte Beispielsfall: S wohnt zur Miete im Wohnheim des Studentenwerks W. W soll nun privatisiert werden, und deshalb wird das Wohnheim an den Investor I veräußert. I möchte das Wohnheim zu Luxuswohnungen umbauen und fordert daher auch S auf auszuziehen. Zurecht? § 566 BGB (1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

  17. Zweite Gegentendenz:Relativierung dinglicher Rechte (Treuhand; Veräußerungsverbote) Beispielsfall:Der reiche V ist sterbenskrank. Um seine Kinder zu versorgen, übereignet er seinem Freund F ein großes Zinshaus, das dieser für die Kinder verwalten und ihnen bei Volljährigkeit übereignen soll. V stirbt, und F hält sich auch einige Jahre an die Abmachung. Dann aber bietet ihm der I, der genau um die Verhältnisse weiß, viel Geld für das Zinshaus. F wird schwach und verkauft und übereignet das Haus. Wie ist die Rechtslage?

  18. 5. Prioritätsgrundsatz • Prior in tempore, potior in iure Beispielsfall: K steckt in großen finanziellen Schwierigkeiten. Er besitzt nur noch eine goldene Uhr. Diese Uhr verpfändet er an den W zur Sicherheit für ein Darlehen von 300 Euro. Freilich reichen auch die 300 Euro nur kurze Zeit, dann ist K wieder pleite. Er geht deshalb zu B, von dem er weitere 200 Euro bekommt. Auch B wird durch ein Pfandrecht an der Uhr gesichert. Als K die Darlehen nicht zurückzahlen kann, wird die Uhr öffentlich versteigert. Dabei wird ein Erlös von 400 Euro erzielt. Wer bekommt wie viel von diesem Erlös? • §§ 185 II, 1209 BGB; für Grundstücke: § 879 BGB

  19. 6. Numerus clausus der dinglichen Rechte Bedeutung des numerus clausus • Typenzwang:Nur die rechtlich vorgesehenen Typen können verwendet werden.Beispiele: Dingliche Rechte im Sachenrecht;Ehe und Lebenspartnerschaft im Familienrecht; Gesellschaftsformen im Gesellschaftsrecht • Typenfixierung:Der Inhalt der Typen ist vom Gesetz verbindlich, dh. nicht abänderbar, ausgestaltet.Beispiel: Inhalt eines Pfandrechts; Satzung einer AG

  20. IV. Grundsätze der Fallbearbeitung im Sachenrecht • Mögliche Fallfragen Kann K X von B verlangen? • Normaler Anspruchsaufbau • Obersatz muss antworten auf die Frage: Wer will was von wem woraus? Hat K das Recht X? • Der mögliche Rechtserwerb (und –verlust) des K müssen diskutiert werden. • Zwei Aufbaumöglichkeiten: • Chronologisch vom Ursprung bis zur Gegenwart • Rückwärts von der letzten (möglichen) Rechtsänderung bis zum Ursprung

  21. Bearbeitungstechniken • Sachverhalt gründlich lesen • Fallfrage notieren • Sachverhalt noch einmal lesen und dabei mögliche Änderungen der dinglichen Rechtslage und Probleme markieren • Skizze aller Beteiligten erstellen • Dingliche und schuldrechtliche Rechtsgeschäfte in die Skizze eintragen • Zeitstrahl erstellen • Lösungsskizze anfertigen • Lösung ausarbeiten

  22. Beispielsfall: Der Student S hat bei dem Fahrradverleih V ein Mountainbike für eine Woche gemietet. Als ihn sein Kumpel K auf das coole neue Rad anspricht, bietet S dem K das Rad spontan zum Kauf an, weil er gerade dringend ein bisschen Bargeld benötigt. S und K werden sich einig, und S händigt dem K auch sogleich das Rad aus. Als V später am Tag den K auf dem Rad sieht, stellt er ihn zur Rede. V ist gar nicht amüsiert von dem Geschäft zwischen S und K und verlangt sein Rad von K zurück. Zurecht?

  23. Mietvertrag (§ 535) V S Skizze: Zeitstrahl: Kaufvertrag(§ 433) Übereignung (§§ 929, 932) Anspruch? § 985? K Übergabe des Rads von S an K Kaufvertrag zwischen S und K Herausgabe-begehren des V von K Mietvertrag zwischen V und S Übergabe des Rads von V an S

  24. § 2 Besitz I. Der rechtliche Begriff des Besitzes • Der rechtliche Begriff des Besitzes knüpft an den natürlichen Begriff an: Definition: Die vom Verkehr anerkannte tatsächliche Sachherrschaft (§ 854 BGB) einer Person über eine Sache. • Ein normatives Element kommt über die not-wendige „Anerkennung durch den Verkehr“ hinzu. • Herrschaft setzt grundsätzlich einen (natürlichen) Besitzwillen voraus. • Die Sachherrschaft muss hinreichend gefestigt sein, so dass es gerechtfertigt erscheint, die Rechtsfolgen des Besitzes zu begründen.

  25. Beispiel 1: Prof. M hat die FAZ abonniert. Sie wird jeden Morgen in einer Tüte am Eingang seines Hauses um 5:00 Uhr abgelegt. M holt die Zeitung dann gegen 7:00 Uhr rein. Hat er auch zwischen 5:00 und 7:00 Uhr schon Besitz an der FAZ? Beispiel 2: M und C sind mit ihrem Pkw auf der Suche nach einem Parkplatz. Als M auf der gegenüber-liegenden Seite der Straße eine freie Lücke ent-deckt, springt er aus dem Auto, läuft über die Straße und stellt sich in die Lücke. Ist er Besitzer des Parkplatzes geworden?

  26. Die Besonderheit der Besitzdienerschaft § 855 BesitzdienerÜbt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der andere Besitzer. • Ein Besitzdiener hat zwar die tatsächliche Sachherrschaft, aber er ist jemandem anderen untergeordnet, den man (dh. „der Verkehr“) als den „wahren“ Besitzer ansieht.

  27. VoraussetzungeneinerBesitzdienerschaftnach§ 855 BGB: • Weisungsabhängigkeit des potentiellenBesitzdieners • Ausübung seiner tatsächlichenGewaltfür den Besitzherrn Beispiel 1:A istalsFahrerbei U angestellt und hat hierfüreinen 5er BMW erhalten. WeristBesitzer des Autos? Beispiel 2:G istGastim Hotel des H. G hat seinenZimmerschlüssel an derRezeptionbeidemPortier P des H abgegeben. WeristBesitzer des Schlüssels?

  28. II. Formen des Besitzes 1. Eigen- und Fremdbesitz § 872 EigenbesitzWer eine Sache als ihm gehörend besitzt, ist Eigenbesitzer. Beispiel: S hat sich bei F ein Fahrrad geliehen. Weil ihm das Rad so gut gefällt, beschließt er nach einer Woche, daß er es behalten möchte. Hat er nun Eigenbesitz an dem Fahrrad erworben? • Nicht selten besitzt jemand als Fremdbesitzer eine Sache, die einem anderen gehört. Achtung: Besitzdiener ist nur, wer weisungsabhängig von dem Besitzherrn ist!

  29. 2. Unmittelbarer und mittelbarer Besitz § 868 Mittelbarer BesitzBesitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläu-biger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer Besitz). • Manche Schuldverhältnisse berechtigen oder ver-pflichten eine Person zum Besitz gegenüber einer anderen Person, dem mittelbaren Besitzer. • Man spricht von abgestuftem Besitz. Achtung:Beim mittelbaren Besitz hat der unmittelbare Besitzer „echten“ Besitz iSd § 854 BGB und ist nicht bloß Besitzdiener nach § 855 BGB!

  30. Voraussetzungen eines Besitzmittlungsverhältnisses: Unmittelbarer Besitz einer Fremdperson Der unmittelbare Besitzer muss sein Besitzrecht vom mittelbaren Besitzer ableiten Zeitliche Begrenzung des Besitzmittlungs-verhältnisses Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers nach Ende des Besitzmittlungsverhältnisses Beispiel: A hat ein spannendes Buch gelesen. Weil A dem F davon soviel erzählt hat, leiht der F sich das Buch von A aus. Auch F ist ganz begeistert und gibt das Buch nach der Lektüre an seine Schwester S weiter. Wie sind nun die Besitzverhältnisse an dem Buch?

  31. 3. Allein- und Mitbesitz § 866 MitbesitzBesitzen mehrere eine Sache gemeinschaftlich, so findet in ihrem Verhältnis zueinander ein Besitzschutz insoweit nicht statt, als es sich um die Grenzen des den einzelnen zustehenden Gebrauchs handelt. • Der Alleinbesitzer ist einziger Besitzer seiner Stufe. • Mitbesitzer üben den Besitz ihrer Stufe gemeinschaftlich aus.

  32. 4. Teilbesitz (§ 865 BGB) § 865 TeilbesitzDie Vorschriften der §§ 858 bis 864 gelten auch zugunsten desjenigen, welcher nur einen Teil einer Sache, insbesondere abgesonderte Wohnräume oder andere Räume, besitzt. Beispiel: A, B, C und D leben als Mieter des V in einem Haus in der Altstadt von Passau. Sie haben jeweils eigene Wohnungen und einen Verschlag im Keller. Die Waschküche und das Treppenhaus nutzen sie gemeinsam. Wie sind die Besitzverhältnisse?

  33. III. Erwerb und Verlust des Besitzes 1. Erwerb des unmittelbaren Besitzes • Originärer Erwerb des Besitzes • Der Besitzer kann den Besitz nach § 854 Abs. 1 BGBselbst ohne Beteiligung anderer, insbesondere des Vorbesitzers, erwerben. • Voraussetzungen: • Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft • Besitzerwerbswille Beispiel: S findet in der Mensa das Portemonnaie der F. Er nimmt den Geldbeutel an sich und will seinen Inhalt künftig für sich selbst nutzen. Wer ist nun Besitzer des Geldbeutels?

  34. b. Abgeleiteter Erwerb • Durch Übertragung der tatsächlichen Sachherrschaft (§ 854 Abs. 1 BGB). • Durch bloße Einigung § 854 Abs. 2 BGBDie Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers genügt zum Erwerb, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben. Beispiel: Holzfäller H besitzt einen Haufen frisch geschlagener Fichtenstämme im Wald. Er verkauft das Holz an K. Sie einigen sich darauf, daß das Holz nun K gehören soll und er fortan damit machen kann, was er will. Wer ist nun Besitzer des Holzes?

  35. iii. Durch Gesamtrechtsnachfolge § 857 BGB. VererblichkeitDer Besitz geht auf den Erben über. • Nach § 1922 Abs. 1 BGB geht das Vermögen des Erblassers als Ganzes auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger über. • Weil der Besitz keine Rechtsposition ist, greift § 1922 Abs. 1 BGB insoweit nicht. • § 857 BGB ergänzt § 1922 BGB und fingiert den Besitz des Erben. • § 857 BGB gilt nur für den zivilrechtlichen Besitz und nicht für den strafrechtlichen Gewahrsam.

  36. c. Besitzerwerb durch Stellvertreter? • Die Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB ermöglicht eine Zurechnung von Willenserklärungen. • Da es beim unmittelbaren Besitz auf die tatsächliche Sachherrschaft ankommt, ist hier eine Stellvertretung nach § 164 BGB nicht möglich. Beispiel: S beauftragt den A, ihm ein neues Sachenrechtslehr-buch zu kaufen. A geht in den nächsten Buchladen und kauft die neueste Auflage des Baur/Stürner im Namen des S, was er auch gegenüber dem Verkäufer deutlich macht. Wer ist nun Besitzer des Buches? • Durch einen Stellvertreter kann man höchstens mittelbarer Besitzer werden.

  37. 2. Erwerb des mittelbaren Besitzes • (Neu-)Begründung eines Besitzmittlungsver-hältnisses nach § 868 BGB Beispiel: Student M mietet eine Wohnung von V. • Ein Besitzmittlungsverhältnis kann auch durch einen Stellvertreter mittels erlaubten Insichgeschäfts nach § 181 BGB begründet werden. Beispiel (noch einmal): S beauftragt den A, ihm ein neues Sachenrechtslehr-buch zu kaufen. A geht in den nächsten Buchladen und kauft die neueste Auflage des Baur/Stürner im Namen des S, was er auch gegenüber dem Verkäufer deutlich macht. Wer ist nun Besitzer des Buches?

  38. b. Übertragung eines Besitzmittlungsverhältnisses § 870 Übertragung des mittelbaren BesitzesDer mittelbare Besitz kann dadurch auf einen anderen übertragen werden, dass diesem der An-spruch auf Herausgabe der Sache abgetreten wird. • Das Besitzmittlungsverhältnis beruht auf einem Schuldverhältnis, dessen Ausfluss es ist. • Das Besitzmittlungsverhältnis geht mit dem schuldrechtlichen Herausgabeanspruch über. Beispiel: Der Vermieter V tritt seine Rechte aus dem Miet-verhältnis mit dem Mieter M zur Sicherheit an seine Bank B ab. Wie sind nun die Besitzverhältnisse an der Wohnung?

  39. 3. Verlust des Besitzes • Verlust des unmittelbaren Besitzes § 856 BGB. Beendigung des Besitzes(1) Der Besitz wird dadurch beendigt, dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert.(2) Durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhin-derung in der Ausübung der Gewalt wird der Besitz nicht beendigt. Beispiel: Die etwas tüdelige alte Dame D vergisst ihren Geld-beutel nach einem Beratungstermin in der Bank. Noch auf dem Nachhauseweg fällt ihr der Verlust auf, und sie erinnert sich. Wer ist nun Besitzer des Geldbeutels?

  40. c. Verlust des mittelbaren Besitzes Der mittelbare Besitz erlischt, wenn seine Voraussetzungen nicht mehr vorliegen: • Beendigung des Besitzmittlungsverhältnisses und Erlöschen des Herausgabeanspruchs Beispiel: Mieter M bleibt nach Ablauf des Mietverhältnisses in der Wohnung des V. Wie sind nun die Besitzverhält-nisse? • Besitzmittler verliert unmittelbaren Besitz • Aufgabe des Besitzmittlungswillens durch den Besitzmittler • Nach h.M. muss die Aufgabe des Besitzmittlungswillensnach Außen erkennbar sein.

  41. IV. Schutz des Besitzes Überblick:

  42. Der sachenrechtliche Besitzschutz • Grundlagen Der Schutz des Besitzes im BGB ist zweigeteilt: • Der Besitz als solcher wird durch erweiterte Selbsthilferechte und spezielle („possessorische“) Ansprüche geschützt. • Der berechtigte Besitz wird durch den („petitorischen“) Anspruch des § 1007 BGB sowie das Delikts- und Bereicherungsrecht geschützt. • Der Schutz des bloßen Besitzes dient dem Rechtsfrieden und der Stabilisierung der bestehenden Güterlage.

  43. b. Selbsthilfe § 859 Selbsthilfe des Besitzers(1) Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren. • § 859 BGB regelt Ausnahmen vom Gewaltmonopol des Staates. • § 859 BGB erweitert als lex specialis die Rechtfertigungsgründe: • Gegenüber § 227 BGB (Notwehr) bei einem gegenwärtigen Angriff auf den Besitz (Besitzwehr). • Gegenüber § 229 BGB (Selbsthilfe) bei einem bereits erfolgten Angriff, dessen Ergebnis der ehemalige Besitzer umkehren will (Besitzkehr).

  44. Die Selbsthilferechte des Besitzers nach § 859 BGB setzen voraus, dass ihm gegenüber verbotene Eigenmacht begangen wurde. § 858 Verbotene Eigenmacht(1) Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht). Voraussetzungen einer verbotenen Eigenmacht: • Besitzentziehung oder Besitzstörung • Ohne Willen des Besitzers • Kein Rechtfertigungsgrund: Die eigenmächtige Handlung muss als solche erlaubt sein, ein Anspruch auf Besitzeinräumung genügt nicht!

  45. Besitzstörung oder Besitzentziehung? Beispiele: • A braucht dringend einen Schönfelder und nimmt sich deshalb das Exemplar des B. • Die Kernkraftgegner X und Y versperren den Zugang zum Endlager Gorleben, sodass niemand es betreten kann. • K betritt trotz Hausverbots die Kneipe Z. • I steckt einen Prospekt in einen Briefkasten, obwohl „Keine Werbung einwerfen“ darauf steht. • I klebt auch Plakate auf Bauzäune in derselben Straße. Im Rahmen des § 858 Abs. 1 BGB ist die Unterscheidung zwischen Störung und Entziehung irrelevant. Sie wirkt sich aber bei § 859 BGB aus.

  46. Ohne Willen des Besitzers? Beispiel 1: Student S hat sich von V ein Fahrrad gekauft und mit ihm vereinbart, daß er sich das Fahrrad aus dem un-verschlossenen Keller des V abholen darf. Noch bevor S das Fahrrad abholen kann, ruft ihn der V per Handy an und untersagt ihm das Betreten des Kellers. Das Fahrrad wolle er ihm später lieber persönlich überge-ben. S hält das für allzu umständlich. Außerdem denkt er, daß V ihm ja vertraglich die Abholung ge-stattet habe und ihm dieses vertragliche Recht nicht nachträglich wieder entziehen könne. Er holt sich deshalb das Fahrrad heimlich trotzdem. Hat er dabei gegenüber V verbotene Eigenmacht begangen?

  47. Beispiel 2: S hat von V eine Wohnung in Passau gemietet. Es stellt sich aber heraus, dass die Wohnung viel zu teuer für S ist. Er kann seine Miete nicht bezahlen, und V kündigt ihm deshalb wirksam zum 31.10.2012. S bleibt aber auch nach Ablauf des 31.10.2012 weiter in der Wohnung, obwohl V ihn ausdrücklich zum Ausziehen aufgefordert hat. Hat S gegenüber V verbotene Eigenmacht begangen?

  48. Beispiel 3: S parkt seinen Pkw am Freitagabend auf dem Kundenparkplatz des V und kauft auch dort ein. Nachdem er seine Einkäufe im Kofferraum seines Wagens verstaut hat. Lässt er den Pkw allerdings stehen und feiert das Wochenende. V entdeckt am Samstagmorgen, dass der Pkw des S immer noch auf seinem Parkplatz steht, obwohl man dort nur für zwei Stunden parken darf. Hat S verbotene Eigenmacht gegenüber V begangen? Wie wäre es, wenn S erst nach Betriebsschluss auf dem Parkplatz des V geparkt hätte?

  49. § 859 BGB enthält verschiedene Selbsthilferechte des Besitzers: • § 859 Abs. 1 BGB, sogenannte Besitzwehr: • Notwehr gegen unmittelbar drohenden, aber noch nicht eingetretenen Besitzentzug • erlaubte Selbsthilfe bei anhaltender Störung Beispiel: R liegt friedlich schlummernd in einem Liegestuhl auf seiner Terrasse, als ihn plötzlich ein kalter Wasserstrahl trifft. Nachbar N hat nämlich seinen Sprenger so eingestellt, dass er bis zu R spritzt. R klettert über den Zaun und stellt den Sprenger um. Zurecht?

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