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dgdg. 5. November 2010. Hartz IV – Fragen und Lösungen, neu und alt. 25 Jahre GOAB. Dr. Markus Promberger Forschungsbereich ‚Erwerbslosigkeit und Teilhabe‘. dgdg. Vorbemerkung: Was wissen wir über Armut?. Es gibt sie, seit es ‚Gesellschaft‘ gibt

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Presentation Transcript


  1. dgdg 5. November 2010 Hartz IV – Fragen und Lösungen, neu und alt 25 Jahre GOAB Dr. Markus Promberger Forschungsbereich ‚Erwerbslosigkeit und Teilhabe‘ dgdg

  2. Vorbemerkung: Was wissen wir über Armut? • Es gibt sie, seit es ‚Gesellschaft‘ gibt • Sie existiert als wechselseitiger Prozess der Zuschreibung, Aushandlung, Wahrnehmung und Grenzziehung zwischen Gesellschaft und Betroffenen • Armut hat viele Ursachen (ist multifaktoriell) • Armut hat viele Gesichter (ist heterogen) • Armut ist nicht nur Status, sondern biografischer Prozess

  3. 1. Die Idee des SGB II materielle Grundversorgung Bildungsteilhabe Armut im konventionel-len Wohlfahrtsstaat Armutsfalle fiskalische Risiken Arbeit und Integration Anerkennung Kommunikation sinnvolle Tätigkeit materielle Grundversorgung fiskalische Risiken Armut im aktivierenden Wohlfahrtsstaat Bildungsteilhabe Armutsfalle Arbeit und Integration

  4. 1. Die Idee des SGB II Ziele des SGB II: • Beendigung der Hilfebedürftigkeit durch (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt • Erhalt und Verbesserung der Erwerbsfähigkeit • Versorgung (Deckung des Grundbedarfes) • Nicht explizit: Kulturelle und soziale Teilhabe (Art. 1, Art. 20 GG, SGB XII, BSHG)

  5. 1. Die Idee des SGB II • Zwei ‚Politiksphären‘, zwei wohlfahrtsstaatliche Grundaufgaben verbinden sich intensiver als zuvor: • Arbeitsmarktpolitik • Armutsbekämpfung = ‚workfare statt welfare‘

  6. 1. Die Idee des SGB II Getreu der Vorstellung vom aktivierenden Wohlfahrtsstaat: Wiederaufnahme einer existenzsichernden Erwerbsarbeit ist besser als dauernde Versorgung… …erfolgte eine Priorisierung von Arbeitsmarktintegration gegenüber anderen klassischen Zieldimensionen der Armutspolitik

  7. 2. SGB II – die Realität • Eine Million unerwartete Neuzugänge ins System 1.1.2005 • Teurer als erwartet • Extreme Heterogenität der Leistungsbezieher(-haushalte), stark differente Ursachen der Armut, differente Arbeitsmarktnähe und Beschäftigungsfähigkeit, nicht alle ‚aktivierbar‘ • Nur verhaltene Netto-Arbeitsmarkteffekte der Aktivierungspolitik • Arbeitsaufnahmen v.a. im Bereich prekärer Beschäftigung • Entlastungseffekte guter Konjunktur auf Grundsicherungsbezieher nur gering (1. Nur teils faktisch arbeitslos, 2. Mismatch bei Bildung, Qualifikation, Erwerbsfähigkeit)

  8. 2. SGB II – die Realität • Konflikt zwischen biografischer Gerechtigkeit (Alhi) und letzter Solidarität (Sozialhilfe) • Spannung zwischen adressatengerechter und standardisierter Betreuung • Vorrangigkeit schneller Erwerbsintegration: Normatives Leitbild des marktgängigen Arbeitsbürgers mit rationaler Lebensführung wirkt stigmatisierend auf Personen mit Abweichungen • Pauschalierung der Grundsicherung problematisch • Unterversorgungslagen bei Kranken, BDG mit Kindern, längerlebigen Haushaltsgütern • Neue/alte Stigmatisierungseffekte: Dekadenz, Unterschicht, „hartzen“

  9. 2. SGB II – die Realität • Neue/alte Differenzierungen im öffentlichen Diskurs: anständige Arme versus Unterschichtler = deserving/undeserving poor • Ungelöste Teilhabeprobleme. Z. T. Teilhabechancen eingeschränkt, aber auch bestehende Chancen werden z.T. nicht wahrgenommen: Gesundheit, Bildung, politische Teilhabe, kulturelle Teilhabe. Forschungsdefizite…. • Weiteres Vordringen des Grundrechtsgedankens • Abwertung der ehem. Alhi-Empfänger, Aufwertung der ehem. Sozhi-Empfänger. • Zielsystem unter ‚allmählicher‘ Revision • Kaum Patentrezepte für ‚Arbeitsmarktferne‘.

  10. 3. SGB II – Weiterentwicklung der Praxis 3.1 Rückbesinnung auf das Problem der Sozialintegration „…wir haben gemerkt, ham lernen müssen, dass das anders läuft als im SGB III. Da müssen‘s dann schon mal, bei manchen auch mal die Familie einbestellen, wenn‘s komisch is, dann mit ‘m Sozialdienst reden, die Zeitung ham‘s ja gelesen, mit dem vernachlässigten Kind, damit sowas net passiert. Gibt’s nicht oft, aber gibt’s. “ (Beraterin, ARGE, Mittelfranken) „…schauen, dass die Kinder überhaupt in die Schul‘ kommen, der Mann an Entzug, der Frau a Kinderbetreuung besorgen, dass‘ arbeiten gehen kann“ (Persönlicher Ansprechpartner, ARGE, Ostbayern) „…das entscheidet sich letztlich auch mit hier bei uns, ob der vielleicht doch noch eine Lehrstelle als Automechaniker bekommt, oder bei seinen Kumpels an der Ecke anfängt, die die Autos knacken“ (Betreuer U-25, NRW) (Zitate aus IAB-Projekten „Armutsdynamik“ und „Soziale Aktivierung“)

  11. Krawalle Kriminalität/Inkarzeration politische Spannungen Abnehmende öff. Sicherheit Ausgrenzung/Exklusion Unzureichend bekämpfte Armut 3. SGB II – Weiterentwicklung der Praxis 3.2 Rückbesinnung auf das Problem der Sozialintegration

  12. 3. SGB II – Weiterentwicklung der Praxis 3.3 Übergang zu erweitertem Verständnis von Aktivierung und Teilhabe „die Frau versteht sich als Künstlerin, normal zu arbeiten macht die depressiv. Jahrelang hab ich mir gedacht, was kann man mit der denn machen. In Therapie geschickt, aber das hat auch nicht geklappt. Jetzt habe ich ihr gesagt, so geht das nicht weiter, wir müssen jetzt was probieren. Habe ihr eine AGH in einem Kunstprojekt für Kinder vermittelt, dann mit ihr eine Vernissage organisiert. Sie ist stabiler jetzt, langsam draußen aus dem Tief und hat ihre ersten Bilder verkauft.“ (Fallmanagerin, Ende 40, ARGE, Mittelfranken) „…habe noch ein bisschen Glück gehabt, mit Ein-Euro-Jobs oder so, kannst du auch hier ein bisschen auf die Beine, hat dich ermuntert so sich wieder zu bewegen“(…) “Nun, ich meine, den (einen Euro pro Stunde) nimmt man auch gerne mit, aber das Wichtigste ist, wieder draußen sein, wieder Beschäftigung haben, morgens aufstehen, mit der Frau Frühstück machen (…) dieser geregelte Tagesablauf , nicht das hier noch eine Zigarette, dort nimm noch einen Kaffee, du hast ja nix vor“ (Herr B, 44 Jahre, Baufacharbeiter, seit 10 Jahren arbeitslos) „Sie werden lachen, manche schicke ich in einen Tanzkurs, ne, das ist eigentlich kein Tanzkurs, sondern mehr so Körperarbeit, Bewegung, Gymnastik in der Gruppe, mit Musik. Sonst gehen die nie vor die Tür, sondern bleiben den ganzen Tag in ihrer Wohnung. Zu nem Arbeitgeber gehen, da können Se erstmal mit denen gar nicht drüber reden, da kriegen die schon Angstzustände.“ (Fallmanagerin, Mitte 30, ARGE, Niedersachsen) (Zitate aus IAB-Projekten „Armutsdynamik“ und „Soziale Aktivierung“)

  13. 3. SGB II – Weiterentwicklung der Praxis 3.4 Übergang zu erweitertem Verständnis von Aktivierung und Teilhabe • Auch das Verlassen der Wohnung oder die Teilnahme an einem Kurs kann schon Aktivierung sein • Arbeit (Erwerbsarbeit und ihre Ersatzmaßnahmen) produziert i.d.R. ‚naturwüchsig‘ nicht nur materielle Teilhabe, sondern auch psychosoziale Stabilisierung, nahräumliche soziale Teilhabe, Sinnerfahrung, soziale Anerkennung • Nicht für alle Betroffenen ist eine kurz- oder mittelfristige Arbeitsmarktintegration möglich, Zwischenziele sind sinnvoll.

  14. 3. SGB II – Weiterentwicklung der Praxis …Das bedeutet letztlich einige Eingeständnisse: Notwendigkeit von Ersatzarbeitsmärkten: Vorsichtige längerfristige oder Zwischenlösungen für Arbeitsmarktferne: AGH-Ketten, §16 e, Bürgerarbeit. Aufsprießen von Konzepten „sozialer Aktivierung“: Vom Aikido-Kurs bis zum Arbeitslosenfrühstück, Grundsicherungsträger öffnen sich gegenüber sozialarbeiterischen Konzepten, bekunden Kompetenzbedarf in Sachen Case-Management, Betreuung, Befähigung

  15. 3. SGB II – Weiterentwicklung der Praxis …Reflexionen und Modifikationen des SGB II durch den Gesetzgeber • Neuberechnung des Regelsatzes • Rückkehr des Begriffs der Menschenwürde (Neufassung § 1) • Abkehr vom Begriff des Hilfebedürftigen, wird zum ‚Leistungsberechtigten‘ • Möglichkeiten für ‚dritten Arbeitsmarkt‘ § 16e, Bürgerarbeit.

  16. 4. Ausblick Was lässt sich daraus lernen? • Wir brauchen einen differenzierten Ersatzarbeitsmarkt, bei aller Vorsicht, und mit checks and balances. • Geförderte Arbeit ist ein Vielzweckinstrument: Sozialintegration, Arbeitstherapie, Kontrolle, Sicherung öffentlicher Infrastruktur. Die Leistungsfähigkeit darf nicht an der Arbeitsmarktwirkung alleine gemessen werden. Doch es gibt auch Risiken: Schlechte Gestaltung, Verfestigung. Es gibt erhebliche Forschungslücken. • Armutsbekämpfung ist nicht nur Arbeitsmarktpolitik, besteht nicht nur aus Arbeitsförderung, sondern bleibt auch Sozialpolitik und Sozialarbeit. Wie seinerzeit im BSHG. NB: Es gehört noch weit mehr dazu: Bildungs-, Familienpolitik, Lohnpolitik…

  17. 4. Ausblick Was bleibt offen? • Gerechtigkeit im Hinblick auf biographische Leistungen und Ansprüche • Gerechtigkeit im Hinblick auf unterschiedliche Lebenssituationen • Politische Mitbestimmung. Es gibt Politik für die Armen, es gibt politischen Dialog über die Armen, kaum Politik mit den Armen (oder durch sie).

  18. dgdg 5. November 2010 • Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Für weitere Informationen: www.iab.de oder E-mail an: markus.promberger@iab.de dgdg

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