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Neurowissenschaften und Forensik – Bereicherung oder Irrweg?

Jahrestagung der AERGB am 20.03.2010. Neurowissenschaften und Forensik – Bereicherung oder Irrweg?. PD Dr. Monika Sommer Zentrum für Emotionsforschung und soziale Kognition an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Regensburg.

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Neurowissenschaften und Forensik – Bereicherung oder Irrweg?

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Presentation Transcript


  1. Jahrestagung der AERGB am 20.03.2010 Neurowissenschaften und Forensik – Bereicherung oder Irrweg? PD Dr. Monika Sommer Zentrum für Emotionsforschung und soziale Kognition an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Regensburg

  2. Fragestellungen Forensik Warum ist der Mensch zu einem Täter geworden? Welche Faktoren sind für den Menschen besonders verhaltensrelevant? Wie kann der Mensch neue Denk- und Verhaltensmuster lernen? Wie geht der Mensch mit seiner Schuld / Verantwortung um? Rechtsprechung Was hat den Täter zu der Tat motiviert? Was hat der Täter während der Tat gedacht? Neurowissenschaften Was sind die neuronalen Grundlagen menschlichen Verhaltens / Denkens / Wahrnehmens und Fühlens?

  3. Impulsiv-aggressives Verhalten Der Fall Phineas Gage 25-jähriger verantwortungsvoller Mann, der sich zu einem herumziehenden, verantwortungslosen Vagabunden entwickelt Damasio, H. et al. (1994). Science, 264, 1102-1105.

  4. Pädophilie Hirntumor 40-jähriger Mann entwickelte pädophiles Verhalten gegenüber der eigenen Stieftochter Burns, J.M. & Swedlow, R.H. (2003). Archives of Neurology, 60, 437-440.

  5. Pädophilie 15 pädophile Männer; 15 nicht-pädophile Männer Volumenreduktion in der rechten Amygdala, sowie benachbarter Areale Schiltz et al. (2007). Archives of General Psychiatry, 64, 737-746..

  6. Glattheit / oberflächlicher Charme Übersteigertes Selbstwertgefühl Sensationslust / Erlebnisdrang Pathologisches Lügen und Täuschen Betrügerisches / manipulatives Verhalten Mangel an Reue und Schuld Affektflachheit Mangel an Empathie und emotionaler Tiefe Parasitärer Lebensstil Schwache Verhaltenskontrolle Promiskes Sexualverhalten Frühe Verhaltensprobleme Mangel an realistischen langfristige Zielen Impulsivität Verantwortungslosigkeit Viele kurze eheliche/eheähnliche Beziehungen Jugendkriminalität Verletzung von Bewährungsauflagen Kriminelle Vielseitigkeit Psychopathie Konzeptualisiert nach der Psychopathy-Check-List, Revised (PCL-R) von Robert D. Hare (2003)

  7. Psychopathie Herpertz & Saß(2000). Behavioral Sciences and the Law, 18, 567-580.

  8. Schreckreflex Patrick et al. (1993). Journal of Abnormal Psychology, 102, 82-92.

  9. Strukturelle Gehirnveränderungen Zusammenhang zwischen strukturellen Veränderungen (grey-matter volume) und Psychopathie Weber et al. (2008). Behavioral Sciences and the Law, 26, 7-28.

  10. Glattheit / oberflächlicher Charme Übersteigertes Selbstwertgefühl Sensationslust / Erlebnisdrang Pathologisches Lügen und Täuschen Betrügerisches / manipulatives Verhalten Mangel an Reue und Schuld Affektflachheit Mangel an Empathie und emotionaler Tiefe Parasitärer Lebensstil Schwache Verhaltenskontrolle Promiskes Sexualverhalten Frühe Verhaltensprobleme Mangel an realistischen langfristige Zielen Impulsivität Verantwortungslosigkeit Viele kurze eheliche/eheähnliche Beziehungen Jugendkriminalität Verletzung von Bewährungsauflagen Kriminelle Vielseitigkeit Psychopathie Konzeptualisiert nach der Psychopathy-Check-List, Revised (PCL-R) von Robert D. Hare (2003)

  11. Glattheit / oberflächlicher Charme Übersteigertes Selbstwertgefühl Sensationslust / Erlebnisdrang Pathologisches Lügen und Täuschen Betrügerisches / manipulatives Verhalten Mangel an Reue und Schuld Affektflachheit Mangel an Empathie und emotionaler Tiefe Parasitärer Lebensstil Schwache Verhaltenskontrolle Promiskes Sexualverhalten Frühe Verhaltensprobleme Mangel an realistischen langfristige Zielen Impulsivität Verantwortungslosigkeit Viele kurze eheliche/eheähnliche Beziehungen Jugendkriminalität Verletzung von Bewährungsauflagen Kriminelle Vielseitigkeit Psychopathie Konzeptualisiert nach der Psychopathy-Check-List, Revised (PCL-R) von Robert D. Hare (2003) • Psychopathie ist eine Erkrankung, die sich insbesondere auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirkt

  12. Geburt 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr Präferenz für menschliche Gesichter und soziale Reize Geteilte Aufmerksamkeit: verstehen, dass unterschiedliche Menschen ihre Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Dinge richten Intentionsverständnis: Erwartung, dass andere Personen ihr Ziel auf die ökonomischte Weise versuchen zu erreichen Pretend play: verschiedene Modelle der Welt werden gleichzeitig repräsentiert Empathieentwicklung: Zeigen von Mitleid, auch wenn man selber nicht betroffen ist; trösten Verständnis für die Beziehung zwischen einem Wunsch, einem Handlungsausgang und einer Emotion entwickelt sich Es kann zwischen der mentalen und realen Welt unterschieden werden (False Belief Verständnis) Moralisches Verständnis entwickelt sich; unterschiedliche Emotionen können in Bewertungsprozess einbezogen werden Die Entwicklung des sozialen Verständnisses

  13. Wie fühlt sich Tim? Tim will das Auto zu Lena rollen Tim rollt das Auto zu Lena Wie fühlt sich Lena? Lena will den Fußball zu Marie spielen Lena spielt den Fußball zu Tim Einfache Emotionsattribution Neutrale Intention – erfüllt Outcome Attribution Antwort Intention Neutrale Intention – nicht erfüllt Outcome Attribution Antwort Intention Sommer et al. (2010). Psychiatry Research: Neuroimaging, in press.

  14. Neuronale Grundlagen der wunschbasierten Emotionsattribution Psychopathische, forensische Patienten Nicht-psychopathische, forensische Patienten Sommer et al. (2010). Psychiatry Research: Neuroimaging, in press.

  15. Funktionelle Unterschiede bei Psychopathie • PP höhere Aktivierung in outcome-orientierten Arealen (OFC) • PP zeigen Aktivierung aufmerksamkeitsbezogener Areale bei Emotionsattribution im Kontext unerfüllter und erfüllter Wünsche. 1 / 24 Theorie Sommer et al. (2010). Psychiatry Research: Neuroimaging, in press.

  16. Was sagt uns das? • Obwohl es zwischen psychopathischen und nicht-psychopathischen Patienten keine Unterschiede auf der Verhaltensebene gibt, zeigen psychopathische Patienten divergente neuronale Strategien, die auf eine eher outcome-orientierte Verarbeitung sozialer Reize hindeutet. • Diese Unterschiede treten schon bei einer Aufgabe auf, deren Bewältigung mit ca. 2 Jahren gelernt wird. • Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, dass sich die unterschiedliche Prozessierung sozialer Reize bei psychopathischen Patienten schon in einem sehr frühen Alter entwickelt.

  17. Neuronale Grundlagen der Moral Gehirnareale, die an Moralverarbeitung beteiligt sind: Medialer ventraler Frontalkortex (1) Orbitaler Frontalkortex (4) Lateraler dorsaler Frontalkortex (7) Posteriores Cingulum / Precuneus (2) Superiorer Temporalkortex, inferiorer Parietalkortex (3) Temporalpol (5) Amygdala (6) Greene and Haidt(2002). Trends in Cognitive Science, 6, 517-523.

  18. Welche neuronalen Aktivierungsmuster liegen moralischen Entscheidungen im Alltag zugrunde? Moralische Alltagkonflikte

  19. Alltagskonflikte Moralischer Inhalt Ich soll meine alte Wohnung an meine Vermieterin übergeben. Während ich dort wohnte, ruinierte ich den Wasserboiler. Ohne einen Hinweis von mir würde ihr dies nicht auffallen und ich würde die volle Kaution zurückbekommen. Ich gebe eine Annonce für einen Schrank auf. Eine Frau, die diesen nächste Woche abholen will, bietet mir 140€ und ich gehe auf das Angebot ein. Kurz darauf ruft ein Mann an, der mir dafür 200€ bezahlen will. Ich möchte mir neue Turnschuhe kaufen. In einem Sportgeschäft finde ich ein Paar, das mir sehr gut gefällt. Die Marke wurde erst kürzlich wegen eines Ausbeutungsskandals in China in den Nachrichten erwähnt. Ich laufe zum Bus, der jeden Augenblick abfährt und nur stündlich fährt. Vor mir fallen einer Frau mit zwei Kleinkindern mehrere Gegenstände aus der Handtasche. Sonst ist niemand in der Nähe, der der Frau helfen könnte. Neutraler Inhalt Ich möchte meine Wohnung renovieren. Ich kalkuliere die Kosten und kommen auf einen Gesamtbetrag von 1500€ wenn ich selbst renoviere. Meine Anfrage bei einem ansässigen Malerbetrieb ergibt Gesamtkosten von 2000€. Ich ziehe aus einer Mietwohnung aus und muss diese ausweißeln. Ich könnte dies selber in zwei Tagen machen. Ein befreundeter Maler macht mir jedoch ein Angebot dies an einem Tag für 100 € zu erledigen. Mein Fahrrad ist kaputt. Ich könnte es bei einer Reparaturwerkstatt für 200 € richten lassen. Wenn ich mir die benötigten Teile einzeln kaufe und versuche das Fahrrad selbst zu reparieren komme ich auf 80 €. Ich muss um 8.00 Uhr in der Arbeit sein. Falls ich noch frühstücken will, müsste ich täglich ca. 20 Minuten früher aufstehen. Wenn ich das Früh-stück ausfallen lasse, könnte ich in dieser Zeit noch schlafen und müsste erst später aufstehen.

  20. Psychopathische Patienten Moralische Konflikte Gesunde Probanden Sommer, et al. (2006). Progress in Brain Research, 156, 457-466. Sommer, et al. (2010), Neuropsychologia, in press

  21. Psychopathische Patienten * * Unmoralische Entscheidungen Gesunde Probanden Sommer, et al. (2010), Neuropsychologia, in press.

  22. Was sagt uns das? • Obwohl psychopathische Patienten auf der Verhaltensebene nicht häufiger unmoralisch antworten als gesunde Probanden, zeigen sich Unterschiede hinsichtlich der Bewertungsprozesse, die mit unmoralischen Entscheidungen einhergehen. • Die fehlende Aktivierung der Amygdala psychopathischer Patienten bei unmoralischen Entscheidungen könnte darauf hindeuten, dass die Patienten die negativen Konsequenzen unmoralischer Entscheidungen weniger aversiv wahrnehmen.

  23. Die Bedeutung neurokognitiver Forschung für die Forensik • Bildgebende Untersuchungen können uns Einblicke geben, die rein behaviorale Forschung nicht ermöglichen kann. Damit kann sie helfen, neue Fragen zu formulieren. • Das Zusammenwirken neurowissenschaftlicher und behavioraler Forschung kann uns zu einem besseren Verständnis menschlichen Verhaltens führen, was sich positiv auf das Verstehen klinischer Störungen auswirkt. • Auf Grundlage dieses Verstehens können Therapien entwickelt werden, die konkret am Problem (Emotion, Motivation, Kognition) ansetzen. • Unser bisheriges Wissen über die neuronalen Grundlagen menschlichen Verhaltens reicht nicht aus, um Einzelfallentscheidungen zu treffen.

  24. Danke für Ihre Aufmerksamkeit

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