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Fachkunde im STRAHLENSCHUTZ

Fachkunde im STRAHLENSCHUTZ. Die Inhalte dieser Vorlesung + Praktikum wurden vom Ministerium für Umwelt des Landes Rheinland-Pfalz als Basis für den Fachkundekurs für LehrerInnen offiziell anerkannt. Die Fachkunde-Bescheinigung ist bundesweit gültig. Dr. Hans-Jochen Foth Fachbereich Physik

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Fachkunde im STRAHLENSCHUTZ

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  1. Fachkunde im STRAHLENSCHUTZ Die Inhalte dieser Vorlesung + Praktikum wurden vom Ministerium für Umwelt des Landes Rheinland-Pfalz als Basis für den Fachkundekurs für LehrerInnen offiziell anerkannt. Die Fachkunde-Bescheinigung ist bundesweit gültig.

  2. Dr. Hans-Jochen Foth Fachbereich Physik Büro: 56/259 Tel.: 205-4983 E-Mail: foth@rhrk.uni-kl.de

  3. 1.Vorlesung Termin Do 17.00 / 17.15 Uhr ggf. Alternative?? Zur Organisation 2. Praktikum: Physikalisch-messtechnisches Praktikum, ab Mitte Februar, 1 Nachmittag (4 h), nach Vereinbarung 3. Anwesenheit: Anwesenheitspflicht!! (Anwesenheitsliste) für Studierende, die eine offizielle Fachkunde- bescheinigung benötigen! Anwesenheit + erfolgreicher Abschlusstest = Fachkundebescheinigung 4. Abschlusstest: MC-Klausur (mindestens 2/3 der erreichbaren Punkte!)

  4. Zur Organisation 5. Inhalt: s. Verzeichnis (ausführliche Information über naturwissenschaftliche Grundlagen, rechtliche Aspekte, praktische Auswirkungen u.a.m.) Problem: unterschiedliche Voraussetzungen 6. Ziele: Vermittelung der für die Tätigkeit im Strahlenschutz erforderlichen Fachkenntnisse und Fähigkeiten sowie des einschlägigen Gesetzes- wissens =Fachkunde im Strahlenschutz Aber auch: Realistische Einschätzung diverser Strahlen-Expositios- Gefährdungen, Möglichkeiten des Strahlenschutzes sowie der Genauigkeit kernphysikalischer Messmethoden!! 7. Weiterführung: Grundkurse im StrlSch nach StrlSchV bzw. RöV (z.B. TAS-Kurs im März 2007)

  5. Fachkunde im Strahlenschutz für Lehrer Lehrer, die im Unterricht selbständig mit Quellen ionisierender Strahlung (radioaktive Präparate mit A > FG oder Röntgen- strahlquellen umgehen wollen, müssen gemäß Richtlinien der StrlSchV (Fachkundegruppe 6) und RöV (Fachkundegruppe 4) fachkundig sein! • einschlägiges Gesetzes- • wissen sowie der Tätig- • keit entsprechende • Fachkenntnisse • Anwesenheit + erfolg- reicher Abschlusstest geeignete Berufsausbildung = Lehrer-Staatsexamen Fachkunde = +

  6. Literaturhinweise  Verordnungen, kommentierte Verordnungen  Allgemeine, ausführliche Monographien  Taschenbücher  Ständig aktualisierte „Loseblatt“-Sammlungen  Spezial-Literatur Literaturliste

  7. Inhaltsverzeichnis 1.Allgemeine physikalische und biologische Grundlagen 2.Grundlagen der Strahlenphysik 3.Strahlenmesstechnik 4.Abschirmung ionisierender Strahlung 5.Strahlenbiologische Grundlagen (Dr. Möhlmann) 6.Natürliche und zivilisationsbedingte Strahlenbelastung des Menschen 7.Kurze Risikobetrachtung zur Strahlenexposition 8.Strahlenschutzrecht 8.1Rechtliche Grundlagen 8.2 Anzeige und Genehmigung des Umgangs mit radioaktiven Material 8.3 Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung –StrlSchV–) 8.4 Die Röntgenverordnung –RöV– 8.5Stellung und Pflichten des Strahlenschutzverantwortlichen und – beauftragten 9.Praktische Auswirkungen der Strahlenschutz– und Röntgenverordnung

  8. Voraussichtliche Termine 09.11.06 Einführung, Grundlagen, Atomkerne und ihre Strahlung 16.11.06 Röntgenstrahlung, Größen und Einheiten der Strahlenschutzmesstechnik 30.11.06 Aufbau und Funktion von Strahlungsmessgeräten 14.12.06 Abschirmung ionisierender Strahlung 11.01.07 Strahlenbiologie (Dr. Torsten Möhlmann, FB Bologie) 25.01.07 Risikobetrachtungen 08.02.07 Strahlenschutzrecht

  9. Strahlenschutz Strahlenschutz gegenüber nichtionisierender Strahlung Strahlenschutz gegenüber Ionisierender Strahlung UV-Strahlung Photonen E = h    15 eV (harte UV-, Röntgen- und -Strahlung LASER Mikrowellen Teilchen (-, -, n- Strahlung u.a.m) VHF (Mobilfunk) niederfrequente Strahlung Verhinderung von Schäden und Funktionsstörungen

  10. 1. Historische Übersicht über die Physikalischen Grundlagen

  11. 2. Historische Dokumentation von Strahlenschäden • 1898Erste Berichte über Hautschädigungen (Rötungen, Verbrennungen 1. Grades) • nach intensiver Röntgenbestrahlung. Typischer Fokussiertest für Röntgen- • Bestrahlungsanordnungen: Kleiner oder großer roter Fleck auf der Handrück- • seite • 1901Becquerel berichtet über die Bildung eines Hautgeschwüres nach langem • Tragen eines Radiumpräparates • 1902Berichte über die Bildung bösartiger Geschwüre als Folge zu hoher • Bestrahlungs dosen • 1903Schädigung von Keimzellen für Strahlungsdosen nachgewiesen, die noch • nicht zur Rötung der Haut führen • SPÄTER: Berichte über die sogenannte „Bergkrankheit“ im erzgebirgischen • Uranbergbau (Lungenkrebs durch Einlagerung von radioaktivem Staub) • Berichte über typische Erkrankungen im Bereich des Mundes, Kehl- • kopfes und der Lunge in der Leuchtstoffindustrie (Strahlenkrebs)

  12. 2. Historische Dokumentation von Strahlenschäden 1949-5442 gemeldete Strahlenschäden in Deutschland (100% Röntgenstrahlung) 1942-5549 gemeldete Strahlenunfälle (2 Tote) aus dem Bereich der Kernspaltung, Kernindustrie – „Manhattan-Projekt“ 1950-895300 als Berufserkrankung anerkannte Lungenkrebserkrankungen bei der DSAG „Wismut“. 1950-90342 zugeordnete Strahlenkrebstote als Spätschäden der Kernwaffeneinsätze in Hiroshima/Nagasaki 1986 20 direkte Strahlenopfer Tschernobyl HEUTE:> 95% der zivilisatorisch bedingten Strahlenbelastung der gesamten Bevölkerung resultiert aus der Röntgendiagnostik

  13. Lange Zeit nur Verhaltensregeln beim Umgang mit Strahlung durch nationale Berufsverbände 3. Gesetzliche Regelung zur Beschränkung der Strahlenbelastung • 1920 Forderung der Ärzte nach einer gesetzlichen Regelung für • den Umgang mit Röntgenstrahlen • Erste berufsgenossenschaftliche Strahlenexpositionsbegrenzung: • 250 mR/Tag = Schwellwert, Toleranzdosis • 1941 1. Röntgenverordnung(RöV) für den nichtmedizinischen Bereich • 1950 Strahlenexpositionsbegrenzung: 300 mR/Woche • Maximale Strahlenexposition für beruflich strahlenexponierte • Personen Kat. A:5 R/a  50 mSv/a • 19601. Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)

  14. 3. Gesetzliche Regelung zur Beschrän- kung der Strahlenbelastung 2 1965 Neue Fassung der 1. StrlSchV 1967 (inkl. Regelung für Schulen) Erkenntnis: Es gibt keinen Schwellwert für absolut unschädliche Strahleneinwirkung, bereits ein - Quantkann Schäden hervorrufen! Maximal zulässige Dosis = Dosis, die toleriert werden kann, ohne größeren Schaden zu befürchten 300 SV – Konzept für die unkontrollierte Bevölke- rung, höher zulässige Dosiswerte nur bei Überwachung 1973 (RöV), erstmals auch gültig für Mediziner (mit 10jähriger Anpasszeit!) 1965 Neue StrlSchV: Grundsatz: Die Strahlenexposition ist „so gering wie möglich“ zu halten 2. Strahlenschutzverordnung Allgemeine Röntgenverordnung

  15. 1986 Neue Röntgenverordnung (RöV) (noch heute mit Änderungen gültig!) 1989 Neue Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) Konzept der effektiven Äquivalent-Dosis nach (ICRP 1979) 3. Gesetzliche Regelung zur Beschrän- kung der Strahlenbelastung 3 1986 Strahlenschutzvorsorgegesetz (StrlSchVG) Gesetz 1990/1991 Ausführliche ICRP-Studie (Grundsatzempfehlung Nr. 60!) zur 40-jährigen Nachuntersuchung der Kernwaffenopfer von Hiroshima und Nagasaki; neue Erkenntnisse über die Langzeitwirkung der Strahlen- exposition (nur für E, Heff > 300 mSv) Ständige Zunahme des Alterskrebses nach einem Strahlungstrauma  neue Rechenmodelle, Vorschlag zur Reduzierung/Begrenzung der „Berufslebens “ – Dosis.

  16. 2001 Neue Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) Viele Neuerungen/Änderungen durch Vorgaben der EU (z.B. EU- Grundnormen-Richtlinie EURATOM 96/29) Begrenzung der Lebenszeitdosis, reduzierte Jahresexpositionen, reduzierte Genehmigungsgrenzen, 5-jährige FK-Erneuerung , Be- rücksichtigung der Exposition aus natürlichen Strahlungsquellen u.a.m. Neufassung/wesentliche Änderung der Röntgenverordnung (RöV) 2002 Viele Neuerungen/Änderungen durch Vorgaben der EU (z.B. EU- Patienten-Richtlinie EURATOM 97/43), zum großen Teil Über- nahme der neuen Regelungen der StrlSchV von 2001  Rechtfertigungsprinzip, Genehmigungserweiterungen u.v.a.m. 3. Gesetzliche Regelung zur Beschrän- kung der Strahlenbelastung 4

  17. Praktischer Strahlenschutz=Schutz des Menschen

  18. 2. Grundlagen der Strahlenphysik 2.1 Vorbemerkungen • Die der Strahlenphysik zugrundeliegenden physikalischen Phänomene, • Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge sind äußerst vielfältig und • teilweise sehr kompliziert. • Im Rahmen dieser Vorlesung kann nur auf die wesentlichen physikalischen • Grundlagen der Strahlenschutz-relevanten Kernphysik eingegangen werden. • Es wird deshalb trotz der angestrebten Selbstkonsistenz eventuell notwendig • sein, ein etwas ausführlicheres Lehrbuch zur Hand zu nehmen. In den „Grundlagen der Strahlenphysik“ soll erklärt werden:  Ursache der Strahlung  natürliche oder künstliche Radioaktivität  Wechselwirkung von hochenergetischen Teilchen mit Materie ( Röntgenstrahlung, Störstrahlung u. a. m.),  Welche Arten gibt es  verschiedene Arten von Teilchenstrahlung,  elektromagnetischer Wellenstrahlung)  Welchen Gesetzmäßigkeiten unterliegt sie? Die Wechselwirkung von Strahlung mit Materie, d. h. die Absorption der Strahlung und ihre Folgen wird in den Kap. 4-7 behandelt.

  19. 2.2 Radioaktivität Was ist Radioaktivität? 1896 Becquerell: Uransalzkristalle senden unsichtbare Strahlung aus! 1898 Marie und Pierre Curie: Entdeckung von „Radium“ = „das Strahlende“ „Radioaktivität“ = Strahlungsaktivität = (statistische) physikalische Eigenschaft von von bestimmten Elemente/Atomen (Kernen)  sog. „Radionukliden“ 1899 Rutherford: α-, β- und γ-Strahlung durch Streuversuche identifiziert Radioaktivität ist ein physikalischer Prozess, der in bestimmten, instabilen Atomkernen stattfindet! Die Instabilität kann entweder noch von der Entstehung unseres Sonnensystems herrühren  “natürliche Radioaktivität“ oder durch zivilisatorisch bedingte Kernumwandlungsprozesse (Kernreaktor, Be- schleuniger) erzeugt werden  sog. „künstliche Radioaktivität“

  20. Die Instabilität der Kerne führt durch Aussendung von radioaktiver Strahlung zu einer Kernumwandlung, die radioaktiver Zerfall genannt wird. Der radioaktive Zerfall ist ein physikalischer Prozess, der mit statistischer Gesetzmäßigkeit abläuft. Für die Wahrscheinlichkeit W des Zerfalls gilt: WZerfall  t WZerfall = l ·  t wobei ldie Proportionalitätskonstante, die sog. Zerfallskonstante ist. Sie ist ein Maß für die relative Häufigkeit des radioaktiven Zerfalls. Für die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kern nicht zerfällt, gilt dann: 1 – WZerfall = 1 –  ·  t Die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Kerns nach n Zeitintervallen ist gegeben durch: (1 – WZerfall) n = (1 –  · Δ t) n Ist n t = t die Gesamtzeit, so gilt als Grenzwert für die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kern nicht in dieser Zeit t zerfällt: lim (1 - ·t/n) n= e - ·t n ∞

  21. Werden N0 radioaktive Kerne betrachtet, so gilt für den Bruchteil N(t), der nicht in der Zeit t zerfallenen Kerne: N(t) / N0 = e– ·t oder N(t) = N0e–  ·t Diese Gesetzmäßigkeit wird als Zeitgesetz des radioaktiven Zerfalls oder kurz als Zerfallsgesetz bezeichnet.  = Zerfallskonstante Ist gerade die Hälfte der Ausgangskerne zerfallen, d. h. N(t) = N0/2, so gilt: t1/2 = TH = ln 2/= 0,693/ TH = Halbwertszeit Das Maß für die Radioaktivität einer Strahlungsquelle ist die sog. Aktivität A (oder Präparatstärke), das sind die Anzahl der radioaktiven Zerfallsereignisse pro Zeiteinheit, die in der Quelle stattfinden. Es gilt: A = – dN/dt = N Die Aktivität wird in der Einheit Bq (Becquerel) = sec–1 gemessen. Wann ist nur noch 1/1000 der Aktivität (Ausgangskerne) eines Nuklids vorhanden? d. h. A = N(t) = A0/1000 = N0/1000  t ≈ 10 TH (210 = 1024!)

  22. Rechenbeispiel: Aktivitätsabgabe Das Kernforschungszentrum Karlsruhe darf gemäß Genehmigungsauflage bei den dort stattfindenden Forschungsarbeiten maximal die Aktivitätsmenge A = 185 MBq (5 mCi) des Jod–Isotopes 131J = J131 pro Jahr an die Umgebung abgeben. Wieviel Gramm sind das? TH (J131) = 8 Tage  = ln 2/TH = 0,693 / 8  24  60  60 = 10–6 sec–1 N = A /  = 185  106 / 10–6 = 1,85  1014 Atome 1 Gramm-Atom J131 = 131 g  6  1023 Atome Abgabemenge J131 = 1,85  1014 131 / 6  1023 = 4  10–8 g Das ist zwar eine sehr geringe Menge, aber mit den äußerst empfindlichen kernphysikalischen Messtechniken können Aktivitäten von wenigen Becquerel, d. h. weniger als 10–14 g J131 noch nachgewiesen werden.

  23. 2.3 Eigenschaften der Atomkerne Das Atom,das aus dem kleinen, positiv geladenen Kern und der umgebenden Elektronenhülle besteht, hat einen Durchmesser von einigen 10–10 m. Der Kern besteht aus sog. Nukleonen, er ist nur ca. 10–15 m groß. Bei den Nukleonen unterscheidet man positiv geladene Protonen und elektrisch neutrale Neutronen. Die Massen mund Ladungenqvon Elektronen, Protonen und Neutronen betragen: Elektron: qe = – 1,6  10–19 C, me = 9,109  10–31 kg Proton: qp = + 1,6  10–19 C, mp = 1,67239  10–27 kg Neutron: qn = 0 C mn = 1,67470  10–27 kg Aus dem Verhältnis der Massen von Proton und Elektron mp / me = 1836 folgt, dass quasi die gesamte Atommasse im Kern konzentriert ist. Es hat sich als zweckmäßig herausgestellt, die Massen von Nukleonen und Atomkernen in atomaren Masseneinheiten(AME) auszudrücken. Eine atomare Masseneinheit ist definiert durch: 1 AME = 1 a.u. = 1 u = 1/12 x Masse des Kohlenstoffatoms 12C 1 u = 1,66044  10–27 kg

  24. Durch die Einsteinsche Äquivalenzbeziehung (Masse–Energie–Äquivalent) E = mc2 kann die Masse m mit Hilfe der Lichtgeschwindigkeit c in Energie E ausgedrückt werden. Es entspricht: 1 AMU = 1 u = 931,478 MeV wobei die Energieeinheit 1 MeV = 106 eV = 106 1,6  10–19 J beträgt

  25. Nukleonenzahl A, Massenzahl M: Die Gesamtzahl der Nukleonen im Kern (Protonen und Neutronen) wird Nukleonenzahl A = Z + N genannt. Da die Masse eines Protons ungefähr gleich der eines Neutrons, ungefähr eine atomare Masseneinheit u ist, wird A auch als Massenzahl M bezeichnet. Die Beschreibung eines Atomkernes erfolgt über die Abkürzung A X, wobei X die Kurzform des chemischen Elementes ist. Z Zur Beschreibung eines Atomkerns werden folgende Größen/Zahlen verwendet : Ordnungszahl Z: Da das Atom elektrisch neutral ist, muss die Anzahl der Protonen im Kern gleich der Anzahl der Elektronen in der Hülle sein. Diese Zahl, die Ordnungszahl Z, bestimmt das chemische Verhalten. Neutronenzahl N: Die Anzahl der Neutronen N erhält man durch N = A – Z. Die Atomkerne/ Nuklide in Nuklide gleicher Charakterisierungszahlen einteilen: ·      Isotope: Nuklide gleicher Kernladungszahl bzw. Ordnungszahl Z ·      Isobare: Nuklide gleicher Massenzahl/Nukleonenzahl A = N + Z ·      Isotone: Nuklide gleicher Neutronenzahl N ·      Isomere: Nuklide mit gleichen A und Z, aber in unterschiedlichen Energiezuständen.

  26. Z.Z. sind ca.1900 Nuklide bekannt, aber nur 274 davon sind stabil (s. Bild 2.1). Damit Nukleonen einen stabilen Atomkern bilden, muss für Z 2 die elektrostatische Abstoßung zwischen den Protonen kompensiert werden. Dies erfolgt durch die soge- nannten Kernkräfte oder starke Wechselwirkung, die zwischen den Nukleonen wirken (p  p, p  n, n  n) und eine nur sehr kurze Reichweite von 10–14 m besitzen. Im minimalen Abstand zweier Nukleonen von ca. 10–15 m ist sie allerdings ca. 100 mal so groß wie die elektrostatische Abstoßung zweier Protonen. Bei leichten Kernen sind Nuklide mit etwa gleicher Protonen– und Neutronenzahl stabil, während bei schweren Kernen die Neutronenzahl größer als die der Protonen sein muss, damit der Kern stabil ist. Verantwortlich für die Stabilität des Kerns ist die Bindungsenergie der Nukleonen ,EB. Diese Bindungsenergie ist letztlich eine Bilanz von bindenden Kernkräften (alle Nukleonen) und abstoßenden Coulomb–Kräften (nur Protonen) unter Berücksich- tigung der Kernstruktur.Sie kann in einem einfachen Modell, das den Kern wie ein Flüssigkeitströpfchen behandelt („Tröpfchenmodell“), wie folgt dargestellt werden: EB = EB (0) + EB (1) + EB (2) + EB (3) + EB (4)  mit EB(0) = Volumen–Term (Kernkraft) , EB(1) = Oberflächen–Term (Kernkraft) EB(2) = Coulombabstoßung, EB(3) = Asymmetrie–Term ( (N–Z)2) EB(4) = Paarungs–Energie–Term

  27. N–Z–Diagramm der bekannten Atomkerne (Nuklide). Die Pfeile markieren die Verschiebung der Kerne bei den verschiedenen Zerfallsarten (s. Kap. 2.4). Der schraffierte Bereich kennzeichnet die bisher be­ kannten Nuklide, Punkte stellen stabile Atomkerne dar. Oberhalb von Z = 92 existieren nur künstlich erzeugte Kerne

  28. Aus der Bilanz der Kräfte folgt unter Berücksichtigung ihrer Stärke und Reichweite, dass die Bindungsenergie je Nukleon bei kleinen Kernen mit jedem hinzukommenden Nukleon stark ansteigt. Bei großen Kernen bringt das Hinzufügen eines Protons im Nahbereich Gewinn an Bindungs- energie, bewirkt aber im Fernbereich letztlich mehr abstoßende Kräfte. Deshalb nimmt die Bindungsenergie je Nukleon des Gesamtkerns für große M oder Z leicht ab. Kerne mit M > 250 sind nicht mehr stabil, weil ein weiteres Proton (nur bei diesem ist die sehr einfache Argumentation anschaulich verständlich) von den bereits vorhandenen ca. 100 Protonen des Kerns mehr Abstoßung erfährt, als durch die Bindungskräfte der Oberflächennukleonen, an die es angelagert würde. Die Bindungsenergie pro Nukleon beträgt, abgesehen von sehr kleinen Nukliden, EB ≈ 8 MeV und besitzt im Bereich 20 Z 40 ihr Maximum.

  29. Mittlere Bindungs­ energie pro Nukleon EB/A als Funktion der Massenzahl M (Nuklidzahl A). Als Beispiele sind einige spezielle Kerne eingetragen

  30. Die Bindungsenergie der Nukleonen wird gemäß der Einsteinschen Beziehung durch „Masseumwandlung“ gewonnen. Bei der Atomkernsynthese tritt also ein Massen- schwund auf, der als Massendefekt bezeichnet wird, Kerne sind deshalb leichter als die Massensumme ihrer Bestandteile (s. Beispiel). Rechenbeispiel: Massendefekt des Kohlenstoffisotopes 12C (p + n + e) = 6 mp + 6 mn + 6 me = 6  1,0072852 u + 6  1,0086654 u + 6  0,0005486 u = 12,0989958 u M = (p+ n + e) – m (12C) = 12,0989958 u – 12 u M = 0,0989958 u = 1,643766  10–28 kg E = Mc2 1,48–11 kg  m2 s–292,3 MeV *) EB(Kern) = E – EB (e–) **)E EB/A = 7,69 MeV/Nukleon *)1 kg m2 s–2 = 6,24 . 1018 eV **)EB(e–)  534 eV

  31. Es ist daher leicht ersichtlich, dass beim Zusammenfügen von Kernbauteilen bzw. • leichten Kernen Energie gewonnen werden kann, weil die Bindungsenergie je • Nukleon größer wird (es wird Masse in Energie umgewandelt = Massendefekt) • Energieerzeugung durch Fusion (Zusammenfügen) leichter Kerne • Fusionsreaktorder Zukunft Bei schweren Kernen kann durch Spaltung (Fission)Energie erzeugt werden kann, weil die Bindungsenergie je Nukleon der entstandenen • mittelgroßen Kernbruchstücke größer ist als die des Ursprungskerns! • Kernspaltungsreaktor (bereits seit 50 Jahren realisiert).

  32. 2.4 Verschiedene Arten des radioaktiven Zerfalls Der instabile Kern des Ausgangsnuklids (Mutternuklid mit A, N, Z) zerfällt unter Aussendung unterschiedlicher Strahlung in den Kern des Zwischen– oder Endnuklids (Tochternuklid mit A *, N *, Z *). Mit den verschiedenen Strahlungsarten sind charakteristische Übergänge im N, Z, A – Diagramm verbunden. Übersicht über die verschiedenen Arten des radioaktiven Zerfalls Es wird zwischen langsamen ZerfällenTH 10–7 s ... 1011 a und schnellen ZerfällenTH 10–12 ... 10–7 s unterschieden. Langsame Zerfälle erfolgen i. d. R. über die Emission geladener Teilchen.

  33. –Zerfall, isomere Kerne Das End– bzw. Zwischennuklid liegt nach erfolgter Teilchenemission (langsamer Zerfall) gewöhnlich nicht im Grundzustand vor. Normalerweise entsteht ein Nuklid im angeregten Zustand. Dieser angeregte Zustand des End– bzw. Zwischennuklids geht i. d. R. in schnellen Übergängen unter Aussendung von –Strahlung in den Grundzustand des End– bzw. Zwischennuklids über (schneller –Zerfall). Der Zerfallsprozess ist beendet, wenn entweder direkt oder über verschiedene Zwischenkerne und Anregungszustände ein stabiler Endkern im Grundzustand entstanden ist. Isomere Kerne sind (durch vorangehenden langsamen Zerfall entste- hende) metastabile „quasiangeregte“ Kernzustände mit TH 10–7 s. Diese Kerne sind aber nicht einfach angeregte Zustände, sondern unterscheiden sich bei gleicher Nukleonenzahl (= isomer) durch eine unterschiedliche Nukleonenkonfiguration vom stabilen Grundzu- stand. Diese Nukleonenkonfiguration entspricht einem metastabilen Zustand höherer Energie (Instabilität), dessen Umordnung Zeit erfor- dert (metastabil!) und der schließlich durch –Emission(sog. langsamer/verzögerter –Zerfall) in den (stabilen) Endzustand aufgehoben wird.  wichtiges Beispiel: Tc 99m (TH = 6h)

  34. ––Zerfall von Kernen mit Neutronen–Überschuss Bei Kernen mit Neutronen (n)–Überschuss wird praktisch ein Neutron des Mutternuklids in ein Proton und ein Elektron umgewandelt, wobei aus Erhaltungsgründen (der Leptonen- zahl) neben dem Elektron ein weiteres Teilchen, das Antineutrino, emittiert wird. –Zerfälle werden durch die sog. schwache Wechselwirkung verursacht. . ––Zerfall = ––Strahlung hat eine kontinuierliche Energieverteilung

  35. - In der Nuklidkarte „ rot“

  36. p + e– n + e p + (1MeV)  n + e+ + e +–Zerfall oder Elektroneneinfang von Kernen mit Neutronen–Defizit oder Protonen-Überschuss Kerne mit Neutronen–(n–)Defizit bzw. Protonen–(p–)Über- schuss können ihre dadurch bedingte Instabilität durch eine p  n–Umwandlung aufheben. Wegen der größeren Masse (Ruheenergie) des Neutrons ist diese Umwandlung jedoch nur möglich, wenn der Kern über einen Energieüberschuss (geeignete energetische Verhältnisse bzw. Kernstruktur) von ca. 1 MeV verfügt (+–Zerfall) oder sich ein Elektron der Hülle (meist aus der innersten sog. „K–Schale“) einfängt (K–Einfang oder EC = electron capture).

  37. Beim +–Zerfall wird ein sog. Positron (positiv geladenes Anti–Teilchen zum Elektron) und ein Neutrino emittiert. Die Energiebilanz beim +–Zer- fall ist ähnlich wie beim ––Zerfall, auch hier kann die bei der Umwandlung freiwerdende Energie EB auf das +–Teilchen und das Neutrino verteilt werden. Für den Strahlenschutz ist das Neutrino wieder ohne Bedeutung, das Positron weist gegenüber dem Elektron jedoch eine für den Strahlen- schutz wichtige Eigenschaft auf. Trifft das Positron auf Materie, reagiert es als sog. Antimaterieteilchen sofort mit einem Elektron. Positron und Elektron vernichten sich gegenseitig unter Aussendung sog. Vernichtungsstrahlung. Das heißt, das Masseäquivalent beider Teilchen und ihre eventuell vorhandene kinetische Energie wird in zwei (aus Impuls- erhaltungsgründen)–Quanten umgewandelt. Diese –Vernichtungsstrah­ lung ist sehr hart, da ihre Mindestenergie (bei Ekin(+) = 0) bereits 0,511 MeV beträgt. Sie ist sehr durchdringend und muss für den Strahlenschutz berück- sichtigt werden.

  38. Verfügt der Mutterkern nicht über die ausreichende Energie, um den p–Überschuss durch +–Strahlung abzubauen, kann der Kern sich durch sog. Elektroneneinfang stabilisieren. Dabei werden Elektronen der niedrigsten Energiezustände (innersten „Schalen“, meist K–Schale  K–Einfang) eingefangen. Aus Teilchen– und Energie­ erhaltungsgründen muss dabei ein Neutrino emittiert werden, das die freiwerdende Energie übernimmt. Führt der Elektroneneinfang zu einem Tochternuklid im Grund­ zustand, ist für den Strahlenschutz nur die charakteristische Röntgenstrahlung relevant, die dadurch entsteht, dass Elektronenübergänge in der Elektronenhülle erfolgen, bei denen freiwerdende, innere Elektronenzustände wieder besetzt werden (meist in sog. Kaskaden). • +–Zerfall und EC finden oft als sog. Konkurrenzprozesse statt (s. Prozentangaben hinter dem jeweiligen Prozess). Bei Kernen mit großer Ordnungszahl überwiegt EC, während bei kleinem Z sowohl EC als auch +–Emission stattfindet.

  39. Beispiele für reinen bzw. gemischten +–Zerfall und EC sind:

  40. In der Nuklidkarte „ blau“ +, EC

  41. Energieverteilungen deremittierten -Teilchen beim- und+–Zerfall :

  42. –Zerfall schwerer Kerne Bei schweren Kernen wird die Emission von sog. Alpha–Teilchen beobachtet, die aus zwei Protonen und zwei Neutronen bestehen. Diese Nukleonenkonfiguration, die dem Kern des 4He–Atoms ent- spricht, ist besonders stabil (EB = 28,4 MeV; 7,1 MeV/Nukleon). In der hohen Stabilität der (2p + 2n)–Konfiguration, die z. B. zu –artiger Clusterung von Nukleonen in Kernen führt, liegt die Ursache für den –Zerfall. Für schwere Kerne A 150 ist es nach dem Tröpfchenmodell energetisch günstiger, ein –Teil- chen abzustoßen, als die Nukleonen im Kern zu behalten. Zwar ist für A 150 die mittlere Bindungsenergie pro Nukleon immer noch deutlich größer als 7,1 MeV/Nu- kleon aber die an der Kernoberfläche liegenden Nukleonen sind schwächer gebunden

  43. Energiebilanz des –Zerfalls: Aus der Energiebilanzgleichung des –Zerfalls ergibt sich, dass –Teil­ chen ein diskretes Energiespektrum besitzen müssen, die gesamte Über­ schussenergie EB wird i. d. R. auf das –Teilchen übertragen Die –Emission ein Paradebeispiel für den quantenmechanischen Tunnel- effekt (Theorie von Gamov). Je höher die –Teilchen–Energie ist, um so geringer ist die Halbwertszeit des –Strahlers (Geiger-Nutallsche Regel) Beispiele: –Strahler mit mittleren TH haben Energien 4 MeV < E  < 7 MeV

  44. In der Nuklidkarte „ gelb“

  45. Kernspaltung Neben den bisher beschriebenen „klassischen“ Zerfallsarten besteht für schwere Kerne die Möglichkeit, sich spontan zu spalten (engl.: spontanious fission, sf). Die Ursache für diese Spaltung liegt im Bindungsenergiegewinn, der gemäß EB = f(M) bei der Spaltung eines schweren Kernes in zwei Teilkerne anfällt. Theoretisch besteht ab ca. M = 100 die Möglichkeit der Spaltung mit Energiegewinn, praktisch wird sie erst ab M = 230 beobachtet. Spontane Kernspaltung stellt für einen instabilen Kern eine Möglichkeit dar, sich zu stabilisieren. Sie tritt daher neben anderen Zerfallsarten auf und wird für sehr schwere Kerne (Z 98) dominant.

  46. 2.5 Kernreaktionen, Nuklidkarte, Isotopentabelle Strahlungsaktivität kann entweder auf natürliche oder sog. künstliche Radioaktivität zurückgeführt werden. Künstliche Radioaktivität bedeutet die Erzeugung instabiler Kerne durch sog. Kernreaktionen. Kernreaktionen werden in folgender Weise angegeben: Targetkern (Beschussteilchen, emittiertes Reaktionsteilchen) Endkern Die Reaktion 19F(, p) 22Ne bedeutet, dass beim Beschuss von F–19 mit –Teilchen Ne–22 entsteht und Protonen emittiert werden. Die für die praktische Arbeit benötigten detaillierten Informationen über Radionuklide können gezielt aus der Nuklidkarte bzw. aus den sog. Isotopentabellen entnommen werden.

  47. Die Nuklidkarte (z. B. des Kernforschungszentrums Karlsruhe) enthält in einem relativ kompakten Karten- diagramm alle bekannten stabilen (schwarz markiert) und radioaktiven Isotope. Die Kästchen enthalten: das Isotop die Isotopenhäufigkeit (in %); die Halbwertszeit; die Art des Zerfalls (farbige Unterlegung der Kästchen) die Art der emittierten Strahlung; den Wirkungsquerschnitt für thermische Neutronen die häufigsten (maximalen) –, –, –Energien • Folgende Nuklide werden unterschieden: • Primordiale Radionuklide • Kosmogene Radionuklide • Medizinische Radionuklide • Nuklide für die Kernmesstechnik • Abfallnuklide der Kernenergietechnik

  48. Darstellung der Kernübergänge, die mit den verschiedenen Zerfallsarten im N, Z, A – Diagramm verbunden sind

  49. Die Isotopen–Tabellen enthalten das genaue Termschema des Zerfalls mit allen möglichen –, –, –, EC–, IC–Übergängen und den zugehörigen Energien; die relativen Häufigkeiten (Übergangswahrscheinlichkeiten) bei Parallelprozessen (Aufspaltung EC und + u. a. m.).

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